„Waterfront” ist einer der Songs der 80er die in ihrer Mixtur aus Rock, Wave und Pop, aus Eingängigkeit und Anspruch einen für immer im Ohr bleiben. Das sich dahinter mit „Sparkle In The Rain“ das beachtenswerte sechste Album der SIMPLE MINDS versteckt wissen wenige. Denn vor allem den Singlefreunden dürfte nur die Übernummer „Waterfront“ bekannt sein – aber nicht, dass das 1984er-Album den Übergang zwischen dem qualitativen New-Wave der Vorgängerwerke („New Gold Dream 81, 82, 83, 84“) und dem sehr erfolgreichen Rock-Pop-Album „Once Upon A Time“ markiert (dem ja direkt der Singlehit „Don’t You (Forget About Me)“ vorausging).
Die SIMPLE MINDS waren auf „Sparkle In The Rain“ also kurz vor ihrem internationalen Durchbruch und noch frei von Zwängen. Auch Sound und Songwriting waren noch stark schottisch und durchaus zwischen punk-beeinflußten Rock-Pop und Wave anzusiedeln. Dass die Marschrichtung von Jim Kerr (Gesang), Charles Burchill (Gitarre), Michael MacNeil (Keyboards), Derek Forbes (Bass) und Mel Gaynor (Schlagzeug) zukünftig wohl gen Rock gehen wird, kann man aber vor allem den ersten Songs bereits anhören. Neben o.g. „Waterfront“ sollte man vor allem mal in „Up On The Catwalk”, „Book Of Brilliant Things”, „East At Easter” und „Speed Your Love To Me” reinhören.
Die Doppel-CD-Edition von „Sparkle In The Rain“ kommt mit dem Originalalbum neu remastert daher. Auf CD 2 finden sich dann seltene B-Seiten, darunter eine Liveversion von ‘Hunter And The Hunted’ vom Album „New Gold Dream“, an dem man bereits den sich weiter entwickelnden Sound der Band erkennen kann. Dazu Remixe von „Waterfront“, „Speed Your Love To Me“ oder „Up On The Catwalk“. Kein schlechtes Packet für Fans und jene die sich mit den SIMPLE MINDS mal näher beschäftigen möchten.
CD 1
Up On The Catwalk
Book Of Brilliant Things
Speed Your Love To Me
Waterfront
East At Easter
Street Hassle
White Hot Day
"C" Moon Cry Like A Baby
The Kick Inside Of Me
Shake Off The Ghosts
CD 2
Waterfront - edit
Hunter And The Hunted Live (recorded at Newcastle City Hall, 20th November 1982)
CALISTO haben sich mal schlanke sechs Jahre Zeit für "Secret Youth" gelassen, sich in der Zeit aber hörbar wenig geändert. Heißt für Fans der Finnen, dass auch in den zehn neuen Songs atmosphärisch dichter Postcore mit Sludge-Einschlag zu hören ist, was mal an KHOMA ("Grey Light") und mal an verdreckte mittelalte ANATHEMA ("Acts") erinnert. Dreh- und Angelpunkt ist weiterhin Sänger Jani, der klarem Gesang und starkem Timbre die Akzente setzt, womit sich die Instrumentalfraktion hörbar gut arrangieren kann. CALLISTO verstehen es, die klassischen Dynamiken wie laut/leise in schöne Songs einzubauen und zu nutzen, ohne dass das Ergebnis vorhersehbar oder altbacken klingt. Zudem haben sie ein Händchen für fesselnde Melodien, die sich in jedem Song finden und "Secret Youth" zu einer Platte werden lassen, die in einem durch gehört werden. Mal poppig, mal knackig, überzeugen alle Songs. Mal wütend, mal zerbrechlich. "Secret Youth" ist ein atmosphärisch dichtes Album, das durch fokussierteres Songwriting als beim Vorgänger einen Tick besser auf den Punkt kommt und den Hörer in seinen Bann ziehen wird. Schön.
Es ist schon praktisch, wenn man als Band einen Labelchef in seinen Reihen hat. Im Fale von DEFEAT THE LOW ist es der Rise Records-Chef, der gleichzeitig die Sechssaitige bedient. Da überrascht es wenig, dass er seine Band auf sein Label gebracht hat, auch wenn DEFEAT THE LOW mit dem Roster wenig gemeinsam haben. Wie weit die Band ihren Plattenvertrag Vitamin B verdankt und wie weit vorhandenem Talent ist die naheliegende Frage. "A Nervous Smile" überzeugt in den ersten Durchläufen mit eingängigen, dezent poppigen Songs, die irgendwo zwischen Poppunk, Victory Records in den frühen 2000ern und dezentem Postcore angesiedelt sind. Keine schlechte Mischung und in gut geschriebene Songs verpackt. Tatsächlich macht die halbe Stunde Laune, denn kaum ein Song fällt qualitativ ab. Eingängige Refrains, immer wieder schöne Gitarrenspielereien und ein starker Gesang sind die wichtigen Eckpunkte, um die DEFEAT THE LOW ihr Album zimmern. Die Band hat die Aufmerksamkeit, die ihr durch den Deal mit Rise Records zuteil wird, redlich verdient. Eine schöne Platte für Freunde gepflegt rockender Alternative-Töne.
Wer sind eigentlich die BLACK STAR RIDERS? Eine neue Band? Oder ist es eine alteingesessene Größe, die auf ein beträchtliches Erbe zurückblicken kann? Ein bisschen von beidem vielleicht. Übrig geblieben sind von der einst gestarteten THIN LIZZY "Tribut"-Version nur Ur-Blechliesel Scott Gorham sowie Sänger Ricky Warwick. Neu am Bass ist heuer u.a. Robbi Crane, der Langzeit-Mitglied und Szenen-Größe Marco Mendoza ersetzt.
Also alles zurück auf Anfang. Die zweite Scheibe "The Killer Instinct" macht auf den ersten Blick doch irgendwie da weiter, wo einst Phil Lynott aufgehört hat. Ricky Warwicks Vocals stapfen nach wie vor 1:1 in den Spuren des dunkelhäutigen Iren und dies fast, ohne eigenes Profil zu hinterlassen, zumindest am Anfang der Scheibe. Eine Nummer wie "Finest Hour" dreht sich auf mindestens zwei THIN LIZZY-Alben, so oder sehr ähnlich, und das schon seit zig Jahren. Oder ein Song wie "Soldiertown" ist so nahe am Original "Military Man", dass man sich die Frage stellt, wer hier die Tantiemen kassiert - Gary Moors oder Phil Lynotts Hinterbliebene?
Aber im weiteren Verlauf bekommt "The Killer Instinct" ein Mehr an Eigenanteil: "Blindside" schleicht akustisch und auf eigener Gesangsmelodie daher. Auch "Sex, Guns & Gasoline" und "You Little Liar" dürfen nach BLACK STAR RIDERS klingen und mehr von Ricky Warwicks eigener Handschrift tragen.
Alles in allem betrachtet, habe ich zwar nach wie vor bei der ein oder anderen Nummer Probleme damit, dass man sich mit fremden Federn schmückt oder sich gar einen gekräuselten Afro übers Haupthaar zieht. Aber das machen BLACK STAR RIDERS dann zugegebenermaßen sehr gekonnt. Hintenheraus zeigen sie ureigenes Profil, denn gerade eine Nummer wie "You Little Liar" macht Freude und Hoffnung auf das, was da in Zukunft noch kommen mag.
SURRENDER THE COAST legen auf "Lost Souls" mit "Aurora Skies" ohne Umschweife los, der Song kommt direkt auf den Punkt und gibt die Marschrichtung für die kommende gute halbe Stunde vor: Hardcore mit leichter Metalkante und immer schön auf die Fresse. Schon beim Opener imponieren die Gitarren mit schönen Melodien und eingängigen Riffs und setzen hier wie auch im weiteren Verlauf der Platte immer wieder Akzente ("Dreamcatcher"). Dazu kommt ein kraftvoll-fieser Gesang, der im richtigen Moment in den Vordergrund drängt ("Southpaw"). Die Platte macht echt Spaß und kann dank guter Produktion ihr volles Aggressionspotential entfalten - und das ist durchweg hoch. Selbst in den langsameren Songs machen SURRENDER THE COAST permanent Druck und gönnen dem Hörer keine Verschnaufpause. Wer auf intelligenten, modernen Hardcore steht, sollte sich die acht Songs gönnen. Ein wenig werden Erinnerungen an THIS IS HELL geweckt, ebenso an die aktuelle UK-Szene um FEED THE RHINO oder WHILE SHE SLEEPS. Alles in Allem ein sehr gelungener Einstand einer vielversprechenden Band. Fett!
Die meisten Bands werden den Anspruch haben, sich mit jedem Release zu steigern, aber wenige haben das so klar gesagt wie STICK TO YOUR GUNS. Da müssen die Amis jetzt liefern und "Disobedient" so gut werden lassen, dass das bereits saustarke "Diamond"-Album getoppt werden kann. Den Einstieg in das Album verkapern STICK TO YOUR GUNS direkt, "It Starts With Me" startet ganz schwach, gerade beim Gesang, und kann sich erst nach gut der Hälfte retten. Ein guter Einstieg in ein Album sieht anders aus. "What Choice Did You Give Us" und "Nobody" retten den Einstieg dann und zeigen STICK TO YOUR GUNS mit gut aufgebauten, eingängigen Songs. Dabei wird deutlich, dass "Disobedient" einen im Vergleich mit "Diamond" reduzierten Härtegrad hat. Nicht, dass die neue Platte jetzt softer Poppunk ist, aber stellenweise fällt schon auf, dass anno 2015 nicht mehr der pure Hardcore regiert. Dafür sind die Songs einen Ticken besser strukturiert als bisher gewohnt und geben öfter die Möglichkeit zu Klargesang, was Shouter Jesse für eindrucksvolle Leistungen nutzt ("The Crown"). Bei dem mit H2O-Toby eingespieltem "RMA" wird die Metalkante deutlich, die STICK TO YOUR GUNS schon immer hatten, was den Song zu einem Highlight der Platte macht. Bei "I Choose Nothing" hat sich Scott Vogel (TERROR) ins Studio geschlichen, kein Wunder also, dass es der heftigste Song der Platte ist. Auch die Einlage von ROTTING OUT-Fronter Walter bei "Nothing You Can Do To Me" darf nicht unerwähnt bleiben, ebenso wenig die wirklich guten politischen Texte der Platte. STICK TO YOUR GUNS runden "Disobedient" mit einer Ballade ab, was so nicht zu erwarten war... und relativ überflüssig ist. Den sehr guten Eindruck, den die Platte hinerlässt, kann das aber nicht schmälern. "Disobedient" klingt anders und zeigt, dass in drei Jahren viel passieren kann. STICK TO YOUR GUNS haben ihren Sound leicht geändert, dabei zum Glück aber ihren inhaltlichen Anspruch nicht heruntergeschraubt. Die neuen Songs machen Spaß und sind auf Augenhöhe mit den "Diamond"-Nummern. Wirklich besser sind sie nicht, was sich nicht komplett mit dem STICK TO YOUR GUNS-Anspruch der konstanten Verbesserung deckt, aber das ist jammern auf hohem Niveau.
Das dreifarbige Vinyl, leider ein US-exklusiver Release, ist zudem wirklich schick.
HELRUNAR, zuletzt spätestens 2011 mit „Sól I & II“ durchaus positiv aufgefallen, sind mit „Niederkunfft“ mit einer guten Stunde deutschem (Pagan?) Black Metal zurück. Die Band tritt dabei in ihre eigenen Fußstapfen und präsentiert eine gute Stunde atmosphärischen Black Metal mit wenig aggressiven Double Bass Orgien, dafür mit klarem Konzept und viel bedrückend-doomigen Elementen.
„Niederkunfft“ befasst sich dabei mit der europäischen Menschheit in der Zeit zwischen den Mittelalter und der Neuzeit – und dementsprechend textlich viel mit Religion, Krieg, Armut, Hungersnöten und Aufklärung – nun, bei HELRUNAR sollte man eben kein Abstract von einem Scheibenwelt-Roman erwarten (Anm.: Das sei an dieser Stelle mal mein Tribut an den kürzlich verstorbenen Terry Pratchett).
Doch genau diese textliche und musikalische Ausgestaltung sorgt dafür, dass das Album eine verdammt starke, pressende Atmosphäre aufbaut und über die gesamte Laufzeit von knapp einer Stunde an keiner Stelle wirklich nachlässt. Zugegeben: Wenngleich der englische Song „Devils, Devils Everywhere“ zwar sowohl textlich wie musikalisch auf die Scheibe passt, zwischen „Totentanz“ und „Magdeburg brennt“ wirkt er etwas arg deplaziert. Das macht allerdings weder die Nummer, noch denn das Album, wirklich schlechter. Ihr werdet spätestens dann entschädigt, wenn mit „Grimmig Tod“ 3 Minuten lang ein kurzer, rein gesanglicher Einspieler im Stile eines Klageliedes mit Geräuschen von lodernden Flammen hinterlegt die letzten 20 Minuten des Albums einleutet – übrigens wörtlich. „Die Kirch Ist Umgekehret“ erlaubt sich einige Glockenschläge bevor die ersten, tiefen Powerchords in den Raum hineinhallen. In Kurzform, es mangelt nicht an einer gelungenen Umgebung für den fiesen Black Metal.
Wer also auf drückend-doomigen, deutschsprachigen Black Metal mit tiefen Vocals und ernsten Texten steht, der wird mit HELRUNARs neuer Platte sicher mehr als zufrieden sein.
Der zweite Release von IMPLORE aus Hamburg dröhnt und macht Lust auf mehr. Power It Up hat diese neun Minuten Spaß veröffentlicht, ein Name der für Grindcore Größen und so manche Perlen gilt. “Black Knell" ist das allerneuste Kunststück dieser Band und was soll man sagen außer: diese knapp zehn Minuten sind ganz schön trve.
IMPLORE wurde in der schönsten Hansestadt 2013 nach einem gemeinsamen Abend in der Roten Flora gegründet: Daniel (Gitarre) traft Gabriel (Bass+Vocals), zeigte ihm Demos, Begeisterung folgte und eine Zusammenarbeit die bis heute geht. Unterstützung gab es eine zeitlang von Chris Bass von HEAVEN SHALL BURN. Doch auch wenn dieser Name fällt, der Schein trügt. IMPLORE sind einfach mal hart dreckiger Deathgrind, da wird nicht lange gefackelt. Die einzelnen Tracks, das Cover, die Stimmung. Aufgenommen wurden die Drums von Kevin Talley, der unter anderem mit SUFFOCATION, HATE ETERNAL oder DYING FETUS gespielt hat. So gesehen, ist “Black Knell“ erbarmungslos. Es ist einer dieser Platten die man eigentlich auf Endlosschleife setzen könnte, man will mehr und sobald man richtig heiß wird ist es schon wieder vorbei. Nun, da haben wir es wieder. Immer hört es auf, wenn es am schönsten ist. Aber hey, gutes Zeichen ist es allemal!