CONTINENTS haben mit ihrem - an sich unspektakulären - Debüt "Idle Hands" für so viel Aufmerksamkeit gesorgt, dass Victory Records weiterhin mit ihnen arbeiten wollte. So erscheint "Reprisal" dann auch beim US-Label und dürfte die UK-Band weiter nach vorne bringen. Große Überraschungen sollte dabei niemand erwarten, denn die Fokussierung auf groovigen, metallischen Hardcore mit fetter Produktion behalten CONTINENTS bei. Fans von THE GHOST INSIDE, STRAY FROM THE PATH, NORTHLANE werden hier glücklich werden, auch wenn die "Reprisal"-Song nicht das ganz große Hitpotential haben. Die Songs sind durchweg aggressiv, haben dank der melodischen Einschübe aber eine Eingängigkeit, die als Gegengewicht dient ("Life Of Misery"). Alles auf gehobenem Niveau, aber ohne große Überraschungen oder den einen Megahit am Start zu haben. Ab der Mitte des Albums werden die Songs etwas experimenteller, stellenweise sogar mit leichtem Postcore-Touch. Der verbirgt sich in den Tiefen des immer noch saubrutalen Materials, ist aber bei aufmerksamem Hören zu finden ("Alone"). CONTINENTS geben möglicherweise einen Hinweis auf ihre weitere musikalische Veränderung, ohne dass dies auf "Reprisal" zu dominant werden - dafür sorgen Abrissnummern Marke "Love, Loathe, Loss" oder "The Defeatist". Für Freunde des gepflegt-brutalen Hardcores ist "Reprisal" einen Versuch wert.
Irgendwo zwischen Klassik und Metal, zwischen teils nervig-tönendem Orchester und kraftvollem Todesblei bewegen sich FLESHGOD APOCALYSE nicht erst seit „Labyrinth“ (2013). Das eine so prunkvoll, königlich betitelte wie gestaltete Scheibe („King“) ganz neue Maßstäbe in Punkto Bombast setzt, dürfte nicht überraschen.
Nach der standesgemäßen Einleitung „Marche Royale“ geht es mit „In Aeternum“ auch schon gleich aufs Ganze: Hier setzen FLESHGOD APOCALYPSE eines ihrer besten Stücke direkt an den Beginn. Fast nahtlos ist der Übergang von Intro zu Song, welcher sehr orchestral Beginnt, um in den Strophen seine ganze (symphonische) Death Metal-Kraft zu entfalten und in einem heroischen Refrain zu münden. Wieder nahezu nahtlos geht es mit „Healing Through War“ weiter. Leicht symphonische Death Metal-Kost, die an die alten Veröffentlichungen der Italiener erinnert wird hier geboten. „The Fool“ stellt sich wie eine Highspeed-Mischung der ersten beiden Songs dar, was sich (für mich) als sehr anstrengend erweist. Hier wird ein gewisser Hang zu klassischer Musik zwingend, womit „The Fool“ sich als perfekte Einleitung für die folgenden Songs entpuppt: Auch alles andere als „leicht zugänglich“ ist das folgende „Cold As Perfection“. Sehr komplex und vielschichtig das Ganze, auch warten die Italiener hier mit Opern-Sängerin auf, welche im letzten Drittel besonders zum Einsatz kommt und den Bombast von „King“ weiter unterstreicht. Als geballtes Todesblei-Feuerwerk entpuppt sich „Mitra“, bevor FLESHGOD APOCALYPS mit „Paramour (Die Leidenschaft bringt Leiden)“ die Grenzen des Extremen endgültig ausloten. Hier hat besagte Opernsängerin ihren großen Auftritt. Das bringt Leiden… Tatsächlich wird hier auf Deutsch gesungen, wie ein Blick in das Booklet verrät. Die folgenden Songs liefern wieder gewohnten Symphonic Death Metal, von denen sich „And The Vulture Beholds“ mit seiner tiefen Leidenschaft und „Gravity“ mit gehöriger Stampfkraft am meisten behaupten können.
Für mich hat die Band es auf „King“ mit dem Bombast etwas übertrieben, weniger klassisches Orchester und mehr klar herauszuhörende Gitarrenarbeit wären doch echt wünschenswert. Wem hingegen „King“ noch nicht orchestral genug war, kann sich an der Doppel-CD erfreuen: Hier gibt es die Songs noch einmal in „Orchestral Version“. Wem das „Labyrinth“ (2013) in die richtige Richtung wies und wer sich nach einer Mischung von KATAKLYSM und (LUCA TURILLI’S) RHAPSODY seht, hat hier eindeutig etwas zum anbeten.
Anspieltipps: „In Aeternum”, „And The Vulture Beholds“ und „Gravity“.
Aus der Post Metal-Metropole Chicago (die schon Bands wie PELICAN, RUSSIAN CIRCLES, SNOW BURIAL oder MINSK hervorgebracht hat) kommen BLOODIEST, die mit „Bloodiest“ bereits ihr zweites Album via Relapse Records veröffentlichen. BLOODIEST warten mit bis zu vier (!) Bassisten und mit Ex-Mitgliedern von Bands wie 90 DAY MEN, RUSSIAN CIRCLES und STERLING auf. Der Mann am Mikro ist Bruce Lamont, der auch als Sänger und Saxophonist bei CORRECTIONS HOUSE und YAKUZA tätig ist.
Stilistisch bewegt die Band sich auf der weiten, experimentellen Ebene zwischen Metal und Post Rock, nicht ohne ständige Abstecher in Sludge- und Drone-Welten zu tätigen. Das alles wird in einen zähen Ambient-/ Doom-Matsch gehüllt. Hin und wieder kann man industrielle oder psychedelische Elemente raus hören, was der Scheibe einen etwas ritulesken Klang beschert.
Ja, hier geht es sehr experimentell zu. BLOODIEST kreieren düstere Klangwelten, schaffen eine mal mehr, mal weniger packende – aber kontinuierlich beklemmende – Atmosphäre. Die Instrumente kommen in jedem Fall sehr klar zur Geltung, man fühlt sich mittendrinn. Viel zu entdecken gibt es auf „Bloodiest“ auch, die Songs sind in sich sehr verschlungen und haben durchweg einen komplizierten Aufbau. Dabei gelingt es den Musikern leider jedoch nicht immer ganz zum Hörer durchzudringen: Während Songs wie das düstere „The Window“, oder „Broken Teeth“, „He Is Disease“ und „Seperation“ durchaus ihre Höhepunkte besitzen, wollen andere Stücke einfach nicht ganz zum Punkt kommen („Condition“, „Mind Overlaps“). Auch wenn BLOODIEST vieles richtig gemacht haben ist hier dennoch Platz nach oben. Ich finde vor allem die Vocals etwas verbesserungswürdig, wenn auch Herr Lamont sich hier etwas abwechslungsreicher und besser als bei der letzten CORRECTIONS HOUSE-Scheibe („Know How To Carry A Whip“) gibt.
Wer das Debüt „Descent“ (2011) schon gefeiert hat, kann hier aber problemlos zulangen. Selbiges gilt für Fans der oben genannten Bands und insbesondere CORRECTIONS HOUSE.
BLACK BREATH lassen auf "Slaves Beyond Death" leichte nostalgische Verklärung beim Hörer enstehen: irgendwie erinnert die neue Scheibe der Washington State-Jungs an die seligen Headbanger's Ball-Tage von MTV. Damals, als alles noch entschleunigter war, mit beginnendem Internet und dem ganzen Kram. "Seed Of Cain" beispielsweise passt mit seinem 90s Vibe und der Schwedentodverehrung als Soundtrack zur Nostalgie. Dabei ist der Song eine logische Fortsetzung des BLACK BREATH-Sounds, bringt also einen leichten Hardcore-Touch in den ansonsten knackigen, schwedischen Death Metal der Band. Überhaupt zeigen sich BLACK BREATH in den acht neuen Songs etwas experimentierfreudiger als erwartet, ohne dass sie die selbst gesteckten Grenzen überschreiten - wo BLACK BREATH draufsteht, ist Death Metal drin.
Dank der God City Studios-Produktion (DOOMRIDERS, DISFEAR, KVELERTAK) bringt die Gitarren voll zur Geltung, ohne dass Gesang oder Schlagzeug - vom Bass ganz zu schweigen - das nötige Spotlight verweigert werden. So werden Nummern wie das mit interessanter Schlagzeugarbeit aufwartende "Pleasure, Pain, Disease" zu gut aus den Boxen kommenden Death Metal-Songs. Bei "Reaping Flesh" setzt Shouter Neil McAdams die Akzente, während beim rasanten "Arc Of Violence" die Gitarren im Mittelpunkt stehen. Auffällig ist das Auge für Details; an vielen Stellen wirken die Songs durchdachter, kopflastiger als erwartet. Ebenso auffällig ist das Spiel mit Tempovariationen ("A Place Of Insane Cruelty"), was zwar etwas zu Lasten des chaotisch-unberechenbaren Songaufbaus geht, für den BLACK BREATH bisher bekannt waren, "Slaves Beyond Death" aber zu einem interessanten Album werden lässt, denn die Band übertreibt es mit den Experimenten glücklicherweise nicht. Sie bleiben sich treu: wer auf Death Metal schwedischer Art steht, wird mit "Slaves Beyond Death" bestens bedient. Lecker Futter für DISMEMBER- und ENTOMBED-Jünger!
THE NEW ROSES, die mit „Dead Man’s Voice“ ihr zweites Album herausbringen sind für Überraschungen gut: Nicht nur, dass die so amerikanisch klingende Rock-Band bei dem Metal-Label Napalm Records landen konnte, nein, man kommt auch noch aus dem nicht gerade für seine Rock- und Metal-Szene berüchtigten Wiesbaden. THE NEW ROSES trugen aktiv zum Soundtrack von „Sons Of Anarchy“ bei und schafften es beim Champions-League-Finale 2015 Massen zu mobilisieren. (Natürlich nicht nur da, THE NEW ROSES sind live nämlich ausgesprochen aktiv.)
Stilistisch gibt es auf „Dead Man’s Voice“ im Vergleich zum Vorgänger „Without A Trace“ (2013) nicht allzu viele Neuerungen. „Dead Man’s Voice“ ist ein waschechtes Rock-Album, das ohne zu wuchtige Produktion, zu viel „Vintage-Flair“ und ohne staubige Sandwüsten auskommt. Kurzum, die Wiesbadener orientieren sich eher im Glam- und Sleaze-Bereich und allen voran an amerikanischen Hard Rock-Größen wie CINDERELLA, AEROSMITH und BON JOVI. Dabei geht es mal schneller („Heads Or Trails“), mal lässiger („Dead Man’s Voice“, „From Guns & Shovels“), mal gefühlvoll-balladesk („What If It Was You“) zur Sache. Hier dürfte für jeden klassischen Rock-Fan was dabei sein – und sei es nur fas herrlich stilechte Artwork.
Wieso die finnischen CEMENTERY FOG ihren Namen in ASPHODELUS (das ist eine krautige Mittelmeerpflanze (Ästiger Affodill) geändert haben ist mir ein Rätsel. „Dying Beauty & The Silent Sky“ ist die erste Veröffentlichung der Band unter neuem Namen. Was hat sich geändert? Gar nicht mal so viel. ASHONDELUS spielen immer noch leicht rumpeligen, aber zeitgleich melodiösen Death-/Doom Metal, der auch vor den ein oder anderen Gothic-Einschüben (Marke KATATONIA) nicht zurückschreckt. In letzterem Punkt unterscheiden sich ASPHODELUS von CEMENTERY FOG, die eine etwas düstere Ausrichtung hatten. Zwei vollwertige Lieder „Illusion Of Life“ und „Nemo Ante Mortem Beatus“ sind auf der EP enthalten, ein Instrumental Stück und ein Intro. Die beiden Songs wissen zugefallen: Die Finnen versprühen eine gewisse Düsternis, bringen eingängige Gitarren-Melodien und viele Tempowechsel mit und kombinieren Death Metal gekonnt mit hintergründigem Frauengesang, was dem ganzen einen leichten (aber absolut unkitschigen) Gothic-Touch verleiht. Das Intro und den Titelsong hätte man sich schenken können, da man hier nicht wirklich viel entdecken kann. Neugierig auf mehr macht „Dying Beauty & The Silent Sky“ aber in jedem Fall, als geneigter Düster-Doom-Fan sollte man hier mal reinhören.
Künstler wie JANIS JOPLIN gibt es heute leider nicht mehr: ungecastet, zerbrechlich, authentisch, ein in seiner Musik verglühender Komet. Diese Veröffentlichung ist der Soundtrack zum gleichnamigen Film, der die viel zu früh "verglühte" Rocksängerin versucht, zu erklären und zu feiern. Mehr als die Hälfte der Songs sind Live-Aufnahmen. Und da sind wir bei der Krux des Releases. Es war sicherlich ein Erlebnis zu sehen, wie JANIS ohne Seil und doppelten Boden auf der Bühne ihr innerstes nach außen kehrt, nur leider haben manche der Aufnahmen - egal ob rar und unveröffentlicht - nicht die Qualität, die gleiche Wirkung akustisch auszustrahlen. Sicher weht beim Hören der Scheibe ein Hauch der Geschichte durch die Wohnstube. Nur mutet das manchmal ein wenig an, wie im History Channel Schwarz-Weiß-Dokumentationen auf einem HD-Gerät anzuschauen.
Anyway, mit "Little Girl Blue", "Maybe" und "Summertime" sind die must haves in Studio-Qualität dabei, was ein stückweit "entschädigt". Nur hat der geneigte Rockhörer, der Wert auf seine Sammlung legt, diese sowieso schon zu Hause. Somit sehe ich diese Veröffentlichung eher geeignet für Sammler oder eben Fans des Filmes. Das Booklet der CD ist ganz schön gestaltet, aufgewertet mit Bildern von JANIS, könnte aber letztendlich ein wenig unfangreicher sein. Generell gilt, wer von unseren Lesern nicht genau wissen sollte, wer JANIS JOPLIN war, der hat in jedem Fall etwas nachzuholen - ob nun mit diesem Longplayer oder aber mit den unzählig anderen "Best of's", ist seine Entscheidung.