Über die Schweden HIGHRIDER ist noch gar nicht einmal so viel bekannt. Egal, das schicke Artwork macht schon einmal neugierig auf „Armageddon Rock“. Harter Schwedenrock heißt hier die (wie so oft) schlagkräftige Devise, aufgehübst mit etwas unüblichem Orgelspiel – was HIGHRIDER Wiedererkennungswert beschert. Denn HIGHRIDER gehören nicht zur Gothic- oder Psychedelic-Fraktion, wo man eine Orgel vermuten würde. Nein, hier kontrastiert das Tasteninstrument hervorragend zu harten, dreckigen Metal-Klängen und sorgt für einen leichten „Space“-Touch. So schwankt „Armageddon Rock“ stetig zwischen den harten Gesangparts, teils frickeligem, mal aber auch ordentlich groovendem Gitarrenspiel und den so deplatziert wie stimmig wirkenden Orgeltönen. HIGHRIDER sind auf jeden Fall interessant, hier lohnt es sich dran zu bleiben. Von den vier Songs wissen alle zu gefallen, wobei „S=TxI“ und „The Moment (Plutonium)“ am stärksten ausfallen. Eins ist klar: Armageddon rockt!
EMBALMER, die bereits im Februar mit ihrer Kompilation „Into The Oven / Taxidermist“ die Lust auf klassischen 90’er Death Metal bei dem ein oder anderen entfacht haben, bringen nun mit „Emanations From The Crypt“ ihr neues Album heraus. Stilistisch werden hier keine neuen Welten erkundet, EMBALMER knüppeln ohne Gnade alles klein. Das beweist bereits der brachiale Opener „Dead Female Stalker“, und auch das folgende „I Am The Embalmer“ lässt mit seinen knappen zwei Minuten Spielzeit keinen Zweifel an der Spielrichtung der US-Amerikaner. Wer auf Bands wie AUTOPSY, DYING FETUS oder BROKEN HOPE stehet ist hier goldrichtig.
„Emanations From The Crypt“ kann trotzdem am meisten punkten, wenn die Band etwas das Tempo etwas zurück schraubt und die Instrumente nicht allzu sehr im Donner versinken – so wie es den Herren vor allem im Titelsong sehr gut geglückt ist. Leicht technisches Gitarrenspiel und ein fetter Groove setzen hier Akzente, was das Stück von vielen anderen etwas ab hebt. Einen ähnlichen Ansatz kann man in dem abschließenden „They Can Smell Your Blood“ sehen, wo im Übrigen Gesanglich besonders viel Gas gegeben wird. „The Casket Calls“ hingegen ist ganz und gar im Low-Tempo gehalten, liefert eine verdiente Pause zur Hälfte der Spielzeit und gefällt mir persönlich auch recht gut. Insgesamt ist mir „Emanations From The Crypt“ allerdings noch ein Wenig unabwechslungsreich. Manches klingt hier ähnlich, vieles klingt gleich. Somit ist „Emanations From The Crypt“ nur ganz großen Genre-Fans ans Herz zulegen.
Heute bin ich mal in geber Laune und zeige meinen Nachbarn wie sich ANTHRAX im Jahr 2016 anhören!. Den geeigneten Longplayer dazu lieferten die Männer rund um Scott Ian Ende Februar, u.a. auf Vinyl. Mit "For All Kings" legen die fünf New Yorker ein hoch melodisches Meisterwerk vor, welches im Vergleich zum Vorgänger "Worship Music" noch eine gute Schippe ANTHRAX nachlegt.
Los geht es mit "You Gotta Belive" - Ein bischen Kirchen Gedödel am Anfang...und es geht los, es entwickelt sich ein typischer ANTHRAX-Song der neueren Generation Charlie Banante zeigt, eindrucksvoll, das er seine Double Bass beherscht, die beiden Axtmänner liefern eine eindringliche Melodie ab, wobei sich der Neue, Jonathan Donais, anscheinend bestens eingelebt hat. Frank Bellos Bass sorgt für den richtigen Druck und Herr Beladonna leiht dem Song seine persönliche Note. Ein Opener der alles hat was er braucht, Härte, Melodie, Groove - das macht Lust auf mehr.
Danac schließt sich "Monsters At The End" an: Der Titel hätte auch genausogut auf "Worship Music" stehen können. Ein knüppelharter Einstieg, bevor es etwas gemäßigter weiter geht, toller Refrain, alles richtig gemacht! Weiter gehts mit dem Titelsong, der in den ersten Sekunden nach ANTHRAX auf MANOWAR klingt. HMM... dieser Gedanke verwirft sich allerdings als Herr Benante seine Bass Drum bedient. Ein etwas ruhigerer Song, mit einem Refrain der sich in die Gehirnwindungen einbrennt. Belladonna überzeugt auf ganzer Linie!
"Breathing Lightning" bietet ruhige Gitarren am Anfang, die sich zu einem eingängigen und ruhigem Metal Song entwickeln. ANTHRAX muss nicht immer Vollgas heoßen! Die ruhigen Gitarren vom Anfang lassen den Song ausklingen. "Suzerain" liefert dann wieder THRASH! In die High Tops geschlüpft, Snap Back auf, Kutte rüber und ab in den Pit...schade doch nicht... Mich hätte es persönlich gefreut wenn das Lied im Anfangstempo weitergeführt worden wäre. Zwischenzeitig gibt der Song immer mal wieder gut Gas, ist abwechslungsreich und gut gespielt, lässt den Hörer aber auf den Höhepunkt warten. "Evil Twin", die erste Auskopplung des Albums, macht das besser und überzeugt: schnell, wütend, durchdacht, top ( " gesprochener ") Refrain...Hier geht`s rund bis die Milz brennt. "Blood Eagle Wings" lässt dann die New Yorker tief in die " Groove " Kiste greifen. Der Adler verteilt das Blut mit kräftigen Flügelschlägen, um danach sanft zu landen. Definitiv unter den Top drei Songs des Albums! "Defend Avenge" ist ein lebendiger Song, der einfach nur Spass macht. Melodie gepaart mit Zugkraft: DAS IST ANTHRAX!
"All Of Them Thieves": Wie ein Bulldozer bewegt sich das Lied stetig nach vorne, in Fahrt gekommen geht es abwechslungsreich weiter, thrashige Parts wechseln sich mit tonnenschweren Gewalze gekonnt ab. "This Battle Chose Us" lässt danach das gewisse i-Tüpfelchen vermissen. "Zero Tolerence" sagt zum Ende hin noch einmal: 80ies HERE WE COME MOTHERF***ERS! Ein absolutes Sahnestück: Schnell, angepisst, abwechslungsreich, ein gelungener Abschluss eines, für meinen Geschmack, sehr guten Albums! ANTHRAX klingen auch 2016 thrashig wie gewohnt und abwechslungsreich wie selten; trotzdem ist jeder Song auf "For All Kings" klar als Song der New Yorker zu erkennen.
Mit der EP „Post Society“ gibt es nach „Target Earth“ von 2013 endlich wieder neues Material der kanadischen Progressive Thrasher zu hören. Abgesehen natürlich von den beiden Split-Singles des vergangenen Jahres, deren beide Beiträge auch auf „Post Society“ enthalten sind. Was „Target Earth“ nicht einlösen konnte, gelingt VOIVOD hier mit neu gewonnener Leichtigkeit: an ihre Hochphase Ende der 80er bis Anfang der 90er Jahre anzuknüpfen. Seltsam bemüht und auch etwas träge klang die Band auf „Target Earth“, und es mangelte an zündenden Song-Ideen. Ganz anders klingt sie auf „Post Society“: Da gibt es wieder diese, eigentlich Piggy-typischen, schrägen Harmonien, die ohne Ende treibenden Beats, krumme Takte, überraschende Breaks und Tempowechsel und immer wieder auch die an die frühen PINK FLOYD erinnernden psychedelische Momente.
Mit dem Opener und Titeltrack geht es tempomäßig erst mal in die Vollen, beim folgenden „Forever Mountain“ wird es dann richtig vertrackt, ohne aber an Energie zu verlieren. „Fall“ beginnt ruhig und türmt sich bis zum Ende immer weiter auf, und bei „We Are Connected“ wird wieder Fahrt aufgenommen, bis der psychedelische Mittelteil einsetzt, der zum Ende hin wieder bis zum Anfangstempo gesteigert wird. Mit „Silver Machine“ folgt dann noch ein HAWKWIND-Cover, das für VOIVOD-Verhältnisse natürlich sehr gerade daherkommt, sich aber trotzdem gut einfügt. Man kann davon ausgehen, dass es sich hierbei um einen Würdigung Lemmys handelt, der den Song im Original auch gesungen hat, und Snake gelingt es sogar ziemlich gut, ein bisschen wie der Ex-MOTÖRHEAD Frontmann zu klingen.
Vier fantastische Stücke plus ein gelungenes Cover – da kann man nicht meckern. Höchstens, dass es noch kein neues volles Album gibt, ist natürlich schade, aber „Post Society“ sorgt dafür, dass man sich jetzt richtig darauf freut.
Mit THE RECORD COMPANY stellt sich eine junge Truppe vor, welche als klassisches Rock-Trio unterwegs ist – Sänger Chris Vos hat es noch mit der Gitarre (und der Mundharmonika), Alex Stiff sorgt mit dem Bass für das Fundament und Schlagzeuger Marc Cazorla bedient noch das Klavier. Der von Künstler/Bands wie MUDDY WATERS, JOHN LEE HOOKER, den STOOGES oder den alten ROLLING STONES beinflusste Sound würde so auch in jeden alten schwarz/weiß-Schinken aus dem alten Süden der Staaten passen um die dortige rauchige Barszenen zu untermalen. Die Truppe hat beim Komponieren aller 10 Songs des Debüts wert auf Eingängigkeit und Melodie gelegt und liefert das mit ordentlich Groove und Atmosphäre ab. Die Single „Off The Ground“ liefert dann auch schon genau das gerade oben beschriebene ab und zeigt, dass THE RECORD COMPANY das Rüstzeug für die Zukunft an Bord haben. Allerdings darf man schon erwähnen, dass noch etwas „instrumentale“ Luft nach oben ist– was man aber problemlos mit Enthusiasmus überspielt. Wer auf Blues und den Rock der Anfangstage steht (und in diese Richtung wurde auch der Sound produziert) sollte sich mit „Give It Back To You“ von THE RECORD COMPANY unbedingt mal beschäftigen.
ERIK COHEN, das Kind von SMOKE BLOW-Sänger Jack Letten plus großer Teile der SMOKE BLOW-Mannschaft, geht mit ""Weisses Rauschen" in die zweite Runde. Nachdem "Nostalgie für die Zukunft" 2014 gute Kritiken eingefahren hat, dürfte es den Kielern leicht gefallen sein, den Weg weiter zu beschreiten. So sind auch die zehn neuen Songs eine Hommage an DANZIG, TYPE O NEGATIVE und Dark Wave. Stärker als beim Debüt finden sich JOY DIVISION- und vor allem SISTERS OF MERCY-Einflüsse ("Deine Dämonen"), die der Atmosphäre einen düsteren, melancholischeren Touch verleihen ("Hier ist nicht Hollywood"). Selbst vor Country schreckt ERIK COHEN nicht zurück, wobei das Ergebnis nicht nur zu gefallen weiß; so ist "Nur ein Herzschlag" schon hart an der Grenze zur Peinlichkeit angesiedelt.
Die Stimme des Herrn Letten trägt über weite Strecken des Albums die Songs und setzt immer wieder Akzente, was die Kollegen Mitmusiker manchmal sehr zur Begleitband runterstuft, was aber angesichts der hervorragenden Gesangsleistung zu vertreten ist. Wer der Herr ist Haus ist, macht ja schon das - saucoole! - Coverartwork klar. "Weisses Rausches" wirkt in seiner Melancholie nachdenklicher und weniger wild als sein Vorgänger. Dadurch braucht es einige Durchläufe, ehe es sein volles Potential entfalten kann und klar wird, dass Songs wie das abschließende „Der heilige Gral“, „Tapete“ und „Das gute Gefühl“ (letzteres inklusiver saucooler Orgelparts) richtig gut sind. Kein Album fürs lässige Nebenbeihören. "Weisses Rauschen" verlangt ungeteilte Aufmerksamkeit. Wer ihm die gibt, wird mit einer fesselnden, interessanten Platte belohnt, die in der Tradition der schwermütigen Künstler vergangener Zeiten steht.
Anfang dieses Jahres haben die deutsche Hardcore-Truppe WOLF DOWN mit „Incite & Conspire“ ihr zweites Album veröffentlicht, dass vor allem wegen des neuen Sängers und des musikalischen Gewandes besticht. Auf dem neuen Silberling geht es wesentlich tiefer und basslastiger zu als noch auf „Stray From The Path“. Doch der neue Sound steht der Band gut zu Gesicht, wissen sie doch immer noch, sich musikalisch gut zu inszenieren. Direkt, Kompromisslos und dennoch abwechslungsreich wird hier in guter alter auf-die-Fresse-Manier geholzt. Dazu gesellen sich Metal-Elemente, die sich mit satten Breakdowns und recht eingängigen Refrains abwechseln. So ruft „Incite & Conspire“ immer wieder Erinnerungen an HATEBREED und TERROR wach – der ein oder andere Song - z.B. mit "Invisible War" oder "At Daggers Drawn" - hätte wohl problemlos auch auf „Supremacy“ erscheinen können. Musikalisch wird das Rad also nicht neu erfunden. Dafür muss man WOLF DOWN zugestehen, dass sie qualitativ sehr viel aus dieser doch recht engen Sparte rausgeholt haben. Kurz: kennt man schon, geht trotzdem gut ab.
Weitaus interessanter wird es sobald man die Texte und Attitude der Band genauer unter die Lupe nimmt. Sicherlich kann man jetzt sagen: „Völlig gleich, was die Singen. Mukke knallt. Rest is‘ egal.“ Aber Texte dürfen hier nicht vernachlässigt wird, denn die politische/ethische Haltung macht einen nicht unwesentlichen Teil dessen aus, was WOLF DOWN ist – nicht zuletzt in der Selbstbeschreibung der Band. Außerdem wird die Trennung von Musik und Text (oder Form und Inhalt) umso schwieriger, je mehr sich eine Band über die jeweiligen Inhalte definiert. Nicht zuletzt weil die Musik von WOLF DOWN zugleich eine Plattform für die Überzeugungen und Philosophie der Musikerbildet, wird es meiner Meinung nach wichtig sich bewusst zu machen, womit man sich identifizieren möchte und womit nicht.
Aber worum geht’s nun? Die Gruppe aus dem Ruhrgebiet macht keinen Hehl aus ihrer politischen Haltung, schwimmt in vielerlei Hinsicht gegen den politischen Mainstream und besingt gesellschaftliche Missstände bei gleichzeitiger Präsentation ihrer anarchistischen, antifaschistischen und veganen Haltung. Widerstand und Veränderung sind hier die Stichworte. Faschisten (“fascist scum off our streets, we'll fight them tooth and nail)”, Großkonzerne (“greedy, lying corporations”), die Religion (“We'll dig a grave for the corpse of all religions”) und auch der Exekutive (“protecting the system, defending the powerful, a badge and a gun - no more than violent thugs”) – allen wird kompromisslos der Stinkefinger gezeigt. Kann man Machen, muss man aber nicht. Denn so wird vieles gleich gemacht, was nicht gleich ist und zeitgleich produziert man undifferenzierte Feindbilder. Sicherlich ist es immer noch ein Hardcore-Album und keine sozial- oder politikwissenschaftliche Arbeit und lässt insofern keine weitreichenden Differenzierungen zu. aber wenn sie das nicht vermag, kann man berechtigten Zweifel anbringen, ob Musik als Medium für politische Botschaften geeignet ist. Eine übertriebene Emotionalisierung politischer Inhalte hat der Politik bisher selten gut getan. Letzten Endes muss aber jeder selbst wissen, ob er bzw. sie Musik und Text für sich trennen kann oder dies überhaupt möchte (der Überzeugungen gibt es schließlich viele und bei so einigen werden die Inhalte von „Incite & Conspire“ Anklang finden).
Long story short: Die Songs haben viel Power und an Leidenschaft oder Energie mangelt keineswegs. Auch gibt es rein musikalisch nicht wirklich was zu meckern, sofern man auf 30-minütige Prügelattacken in im wütenden hardcore-Gewand steht. Kompromisse werden keine gemacht und das wird wohl einige Hörer sowie Hörerinnen verstören, aber andere ebenso begeistern.