Was macht man als etablierte Post Metal-Band, wenn einem nach zwei Veröffentlichungen und über hundert Konzerten (mit Bands wie AMENRA, RUSSIAN CIRCLAES und KYLESA) den Sänger verliert? Richtig: Man sucht sich einen neuen. Oder eben nicht. Die aus Mailand stammenden RISE ABOVE DEAD haben sich dazu entschlossen ohne Sänger weiterzumachen – „Heavy Gravity“ ist nun das erste rein instrumentale Album der Band.
Was hat sich sonst getan, seit der „Stellar Filth“ (2012)? Zunächst einmal nicht viel. Der Opener („The Last Migration“) macht zunächst einmal genau da weiter, wo RISE ABOVE DEAD zuletzt aufgehört haben und beginnt (als Instrumental-Album) mit eingesprochenen Worten. Die Gitarrenarbeit ist hier härter, leicht sludgeig mit einem gewissen Hauch Psychedelic. „ The Last Migration“ entwickelt sich stätig, bringt schöne Melodien mit sich und ist mit seinen knapp vier Minuten höchstens eines: Nämlich zu kurz. Das folgende „Mountain Of The Divine“ schlägt da schon etwas ruhigere, spacigere und auch progressivere Töne an, während man bei dem knapp acht Minütigen „By The Lights“ getrost von Post-Rock sprechen kann. „By The Lights“ ist sehr ausufernd, klingt wenig bis gar nicht nach früheren RISE ABOVE THE DEAD, weiß aber trotzdem auf ganzer Strecke zu unterhalten und ist sehr schön detailliert.
Bis hier hin ist den Herren der Übergang so gut wie nahtlos geglückt.
Leider geht es ab hier leicht bergab, wie ich finde. Der Titelsong ist zwar wieder etwas härter, hat einginge, leicht hypnotisierende Riffs aber weiß über seine komplette Länge leider nicht ganz zu fesseln. Selbiges gilt leider für „The Lone Tower“, bevor es mit dem etwas abwechslungsreicherem „March Of The Locusts“ wieder leicht nach oben geht.
Unter dem Strich ist „Heavy Gravity“ dennoch ein überraschend gutes Album. Natürlich klingen RISE ABOVE DEAD ohne Sänger anders, weniger hart aber dafür atmosphärischer. Doch wer ein komplettes Album im Stil von „End Of Kingdom“ („Stellar Filth“ (2012)) erwartet kann definitiv positiv überrascht werden. Fans von sehr instrumentallastigem Post-Rock sollten hier auf jeden fall mal rein hören.
Anspieltipps: „The Last Migration“ und „By The Lights“.
Frauen im Metal und Hard Rock haben in Japan eine lange Tradition. Und eine der ersten war (neben SHOW-YA, HONJOH MISAKE und RAJAS) MARI HAMADA. Nach den ersten, recht metallischen Alben veränderte sich ihr Stil hin zum AOR und J-Pop. Seit einigen Jahren jedoch sind ihre Alben wieder härter geworden und bieten blitzsauberen Bombast Metal, der manchmal Erinnerungen an LANA LANE zulässt.
Frau Hamada ließ sich nicht lumpen und karrte gleich eine ganze Wagenladung namhafter Musiker ins Studio. Neben japanischen Stars (Akira Takasaki (LOUDNESS), Nozomu Wakai (DESTINIA, BLIZARD)), sind auch internationale Musiker am Start (Gitarrist Michael Landau (gefragter Studiomusiker) u.a. STEVE LUKATHER, RICHARD MARX, ROD STEWART, CHICAGO, MICHAEL BOLTON aber auch CHER, CELINE DION oder MADONNA und noch so einige hundert mehr, Drummer Gregg Bisonette (u.a. STEVE VAI, DAVID LEE ROTH, JOE SATRIANI) und Bassist Billy Sheehan (MR.BIG, TALAS, DAVID LEE ROTH und aktuell THE WINERY DOGS)). Über die handwerkliche Klasse von „Mission“ muss man sich so keine Gedanken machen. Hier stimmt jeder Ton, klanglich fett und bombastisch in Szene gesetzt.
Das aktuelle Werk „Mission“ startet mit dem epischen Melodiefeuerwerk „Sparks“ mehr als standesgemäß. Mit „Superior“ wird auch mal wieder richtig Gas gegeben. „Tears Of Asyura“ markiert den Bombasthöhepunkt und „Rainbow After The Storm“ ist dann schon fast melodischer Speed Metal. „Beautiful Misunderstanding“ zeigt die AOR-Seite MARI HAMADAS und das abschließende „Orion“ ist eine traurige und irgendwie auch typische Japan-Ballade. Die Erstauflage bietet eine Bonussingle mit dem Titel „Obsidian“. Ebenfalls ein sehr ruhiger Titel, nur mit Piano und Streicherbegleitung.
Wem die letzten zwei, drei Alben MARI HAMADAS gefallen haben, der kann bedenkenlos zugreifen. Wer noch nichts von ihr gehört hat (was die Meisten hier sein dürften) und sich im Dunstkreis bombastischer, melodischer und leicht angeproggter Mucke mit klarem, kraftvollem Gesang wohlfühlt, der darf sich ebenfalls angesprochen fühlen.
Endlich. Goldkehlchen Attila Tóth ist seit 6 Jahren in den Reihen von POKOLGÉP unterwegs und da erscheint mit „Metalbomb“ das erste Studioalbum mit seiner Beteiligung erst jetzt. Aber lieber spät als nie. In den etwas mehr als 8 Jahren seit dem letzten Werk „Pokoli Mesék“ hat sich glücklicherweise nicht allzuviel getan im Hause der ungarischen Metalurgesteine. Außer, dass man vielleicht noch eine Spur weiter zurück in die eigene Vergangenheit gegangen ist. So hat „Metalbomb“ bedeutend mehr mit frühen Werken wie „Totális Métal“, „Pokoli Színjátékáték“ und „Éjszakai Bevetés“ gemein als mit den Werken aus den frühen 2000ern. Was aus meiner Warte durchaus als positiv zu bewerten ist. So gibt es fetten klassischen Heavy Metal mit starkem ungarischem Gesang. Attilas Screams können es durchaus mit denen eines Eric Adams aufnehmen. Mit dem treibenden, rifflastigen „Az Alarc Lehull“ erwischen POKOLGÉP einen Start nach Maß. Das folgende „Szemtöl Szembe“ dann tönt etwas melodischer, was POKOLGÉP aber ebenso gut zu Gesicht steht. Das flotte „Ringben“ hätte auch auf den ganz frühen Alben eine tolle Figur gemacht und schreit nach einer Liveumsetzung. Dass POKOLGÉP aber auch Balladen schreiben können, ist spätestens seit HAMMERFALL „Sent Me A Sign“ (im Original „Hol Van A Szó“) gecovert haben, bekannt. Auf dem neuen Album heißen diese „Ne Köss Belem!“ und „Emlekszem“ und sind wieder typische, traurige POKOLGÉP-Nummern geworden, zu denen man auch als harter Metaller gerne mal ein, zwei Tränchen verdrückt. Das melodische „Acelkemeny“ darf als weiteres Highlight genannt werden. Und auch sonst sind auf weiter Flur keine Filler auszumachen. Wer also z.B. mit den letzten ACCEPT Alben gut kann, der darf sich gerne auch mit POKOLGÉP beschäftigen. Nachdem OMEN (HU) vorgelegt haben, haben POKOLGÉP fulminant nachgezogen, und wenn im April OSSIAN mit einem neuen Album vorstellig werden, ist der Ungarn-Hattrick hoffentlich komplett.
Wenn von OMEN die Rede ist, dann meint man meist die Amerikaner, welche drei legendäre Alben in den 80ern veröffentlichten, aber seit Jahren ihrer ursprünglichen Form und Klasse hinterherhecheln. Besser machen es da ihre in unseren Breitengraden eher unbekannten ungarischen Namensvettern. Anfang der 90er als neue Spielwiese von den Ex-POKOLGÉP Leuten Joszef Kalapács und László Nagyfi gegründet, hat man sich mittlerweile längst aus dem Schatten des ungarischen Metalgotts Kalapács emanzipiert und begeistert mit hartem, zeitlosem Heavy Metal, welcher manchmal die Grenze zum Thrash streift. Die rauen, aber immer melodischen ungarischen Vocals von Árpád Koroknai passen dabei wie die Faust aufs Auge. OMEN sind modern und oldschool zugleich, lassen dabei immer wieder Erinnerungen an andere Ost-Bands wie zum Beispiel die tschechischen ARAKAIN zu. Auch wenn sich OMEN meist in Mid-Tempo Gefilden aufhalten, sind ihre Kompositionen doch alle sehr treibend und mitreißend. Wenn METAL CHURCH mal wieder eine Nummer raushauen würden wie OMEN mit „Fáradt Ez A Hely“, die Metalwelt wäre selig. Selbst bei einem ruhigeren Song wie „Keresem“ machen OMEN eine tolle Figur und umschiffen jedwede Kitschklippe mehr als gekonnt. Und bei „Testvér, Te Játssz A Mélynek“ beweisen OMEN, dass sie auch noch wie zu seligen „Feketében“-Zeiten Gas geben können. Dass das Ganze dann auch noch fett produziert aus den Boxen ballert, versteht sich fast von selbst.
Wer also auf harten, zeitlosen Heavy Metal mit hymnischen Refrains steht, sollte sich nicht von den (sehr passenden) ungarischen Vocals abschrecken lassen. OMEN brauchen einen internationalen Vergleich zu keiner Sekunde zu scheuen. Fettes Teil.
Es ist immer wieder faszinierend wer alles nach vielen Jahren aus seinen Löchern gekrochen kommt. In diesem Fall die New Yorker WICKED MARAYA, die es 18 Jahre nach ihrem letzten Album „Counterculture“ (unter dem Namen MARAYA) noch einmal wissen wollen. Jedoch stellt „Lifetime In Hell“ mitnichten ein neues Album dar, vielmehr handelt es sich um das nie veröffentlichte Debut der Herren aus dem Jahre 1991. Angereichert mit zwei neuen Songs steht es für den noch etwas roheren Beginn WICKED MARAYAs. Aber schon auf „Lifetime In Hell“ zeigte sich die Klasse, die sich auf dem Zweitwerk „Cycles“ (`94) zur vollen Blüte entfalten sollte. Der düstere Power Metal, welcher zwar den Geist der 90er atmet und doch die Antithese zu damaligen Trends darstellt, sollte US Metal Gourmets mit der Zunge schnalzen lassen. Bei den melodischeren Stücken lugen ab und zu CRIMSON GLORY um die Ecke, härtere JACOBS DREAM aber auch Combos wie SYRIS, WARRIOR, VICIOUS RUMORS und RADAKKA lassen Vergleiche mit WICKED MARAYA zu. Dabei soll aber nicht verschwiegen werden, dass WICKED MARAYA immer mit einem Höchstmaß an Eigenständigkeit unterwegs waren und sich bis heute nicht haben verbiegen lassen. Getragen wird das Ganze von der extrem wandlungsfähigen Stimme eines Lou Falco, der singt, schreit, flüstert und vor allem so glaubhaft leidet, dass es eine wahre Freude ist. Melodien wie im Refrain von „Tomorrow’s Child“ sind ganz große Kunst und zeigen wie weit WICKED MARAYA anno dazumal schon waren. Allerdings müssen die Jungs schon damals recht selbstbewusst am Weg gewesen sein, denn von den unveröffentlichten 9 Nummern ihres Debüts schaffte es einzig und allein der Megahit „Johnny“, in einer etwas überarbeiteten Fassung, auf das „richtige“ Erstlingswerk „Cycles“.
Auf der aktuellen Veröffentlichung von „Lifetime In Hell“ finden sich mit dem flotten „Far From Grace“ und dem düsteren „Suicidal Dawn“ zwei aktuelle Stücke, die perfekt zum alten Material passen und keinerlei Bruch darstellen.
Ich erinnere mich noch gut an die schweißtreibenden Shows im Vorprogramm von METAL CHURCH 1994 oder ein paar Jahre später zusammen mit SKYCLAD. Da die Songwritingfähigkeiten ohrenscheinlich nicht gelitten haben, kann ich es kaum erwarten WICKED MARAYA wieder auf einer Bühne zu sehen. Welcome back!