Marcus Deml, der Saitenvirtuose (ERRORHEAD, KINGDOM COME) aus Hamburg, war gefrustet von dem Business und seinen bösen, gierigen Orks, aber auch private Schicksalsschläge deprimierten den Künstler. Und was gibt es da besseres als diesen Ärger und Blues in musikalischen Blues zu packen und abzuleinen. Gesagt - getan, er scharte eine Handvoll Musiker um sich und gründete THE BLUE POETS.
Erdig, mit einer tief groovenden Gitarre begrüßt er die Hörer passend mit "Goodbye". Die Stimme des jungen, aus Australien stammenden Straßenmusikers Gordon Grey veredelt klar und hochmelodiös die elf Stücke. Für mein Gusto könnten die Vocals etwas mehr Patina und Rohheit besitzen, gerade weil der Sound der Platte so phantastisch klar und differenziert ist. Das ist aber auch das einzige, was ich bemängeln kann. Konsequent und geradezu selbstverständlich wurde das Teil live aufgenommen und ohne Computer, Tricks oder Korrekturen eingetütet. Greifbare Atmosphäre, eine immens gefühlvolle, Gänsehaut auftürmende Gitarre, gepaart mit klasse Songs heben das Debüt über den Durchschnitt.
Eigentlich können wir den Ex-Geschäftspartnern von Marcus Deml dankbar sein. Denn der verursachte Ärger war letztendlich der Anstoß, die Zündung und die Inspiration für den Start von THE BLUE POETS.
RUNNING WILD nach der Reunion die Dritte. Nachdem sich in manchen Foren schon wieder einige darüber lustig gemacht haben, dass sich bei einer neuen RUNNING WILD alle Hobbyrezensenten bemüht fühlen würden, mit maritimen Begriffen um sich zu werfen, werde ich versuchen bei der folgenden Rezension Wörter wie „Schlachtschiff“, „Kogge“, „Kiel holen“ oder „Trockendock“ zu vermeiden. Da Rolf ja fast genauso gerne wie über Piraten auch über Cowboys und Indianer schreibt, fällt mir ja vielleicht hierzu ein Klischee ein, welches ich verbraten kann. Aber erstmal zu „Rapid Foray“: Ich fand im Gegensatz zu vielen ja „Resilient“ schon gut und „Rapid Foray“ -so viel sei jetzt schon gesagt- ist in der Tat noch besser. Natürlich kann man auch hier wieder über den nach wie vor etwas künstlichen Sound meckern, was ich mir an der Stelle schenke, denn das Album ist trotzdem gut hörbar und ich habe so das Gefühl, dass das dem Großteil der Hörerschaft eh ziemlich wurscht ist. Zumindest klingen RUNNING WILD auf „Rapid Foray“ zu 100 % nach RUNNING WILD und das schließt eine „riesige“ Snare, eher verhaltene Bassdrums und etwas flirrende Gitarren mit ein und war im Endeffekt auf der „Blazon Stone“ auch schon so. Rolf hat das Problem, dass, wenn er was Neues versucht, alle schreien, dass das nicht nach RUNNING WILD klingt, und wenn er klassischen Stoff bringt, heißt es er kopiere sich selbst. Deshalb bleibt ihm nichts Anderes übrig, als darauf zu scheißen was andere sagen und einfach stur das zu machen worauf er Bock hat. Der Rocker „Stick To Your Guns“ sagt im Endeffekt genau das aus. Sich selbst treu bleiben, Augen zu und durch. Mit „Warmongers“ oder „Black Bart“ gibt es auch endlich wieder mal richtig geile RUNNING WILD Up-Tempo Nummern, auch wenn für mich persönlich ne richtige Speed Nummer wie „Pile Of Skulls“ oder „Riding The Storm“ immer noch fehlt, was das Album richtig rund gemacht hätte. Aber positive, typische RUNNING WILD Songs wie das Titelstück, „Blood Moon Rising“, „Hellectrified“ oder das leicht an „Billy The Kid“ angelehnte „Into The West“ dürften jeden RUNNING WILD Anhänger happy machen. Mit der Mid-Tempo Hymne „By The Blood In Your Heart“ wird es dann etwas kitschig, aber auch das hatten RUNNING WILD schon in der verklärten guten Zeit („Heads Or Tails“, „Win Or Be Drowned“) und gehört zum Bandsound dazu. Das Instrumental „By The Death Of The Sea (Nautilus)“ ist atmosphärisch toll geworden und setzt einen super Farbtupfer auf „Rapid Foray”. Den Abschluss bildet der mit einem starken Refrain ausgestattete 11-Minüter „The Last Of The Mohicans“, welcher sich knapp hinter „Genesis“ und „Treasure Island“ einreiht.
Fazit: Rolf zäumt sein Pferd nicht komplett neu auf (ha…Westernklischee…einer ging doch noch), liefert aber starke und glücklicherweise typische RUNNING WILD Kost ab. Damit sollten die meisten Anhänger mehr als zufrieden sein. Bei mir jedenfalls wird „Rapid Foray“ sicher noch die eine oder andere Runde drehen. Und bevor jetzt wieder einer tönt „du musst ja nix bezahlen, dann würde ich das Album auch leichter gut finden“. Neben dem Promo-DL steht seit gestern auch die limitierte Box im Regal. Ich steh‘ also dazu.
Ihr sucht ein heftiges und doch melodiöses Black/Death Metal Album made in Norway? Dann seid ihr bei THE WRETCHED END, die mit „In These Woods, From These Mountains“ ihr drittes Album via Indie Records herausbringen, genau richtig.
Dass mit THE WRETCHED END nicht zu spaßen ist, beweist gleich der sehr schwärzliche und ungehalten herein bretternde Opener „Dead Icons“: Volle Feuerkraft gibt es hier, und dennoch ist Platz für jede Menge Spielereien. „Old Norwegian Soul“ intensiviert diese Stimmung noch mit etwas düsterem Clean-Gesang. In Songs wie „Generic Drone“ oder „The Decline And Fall“ werden die Death Metal-Einflüsse der Band hörbar und das extrem eingängige „Misery Harbour“ kommt mit einer nicht zu knappen Portion Groove daher. Mit „Burrowing Deep“ und dem sehr experimentellen Outro-Song „Dewy Falls“ bekommt das Album zum Ende hinn noch einmal eine sehr überraschende, düster atmosphärische-Wendung mit viel Melodie und Clean Vocals. Ziemlich viel Abwechslung steht hier also auf dem Programm. Und auch wenn Songs wie der Opener oder „Atheos“ ziemlich knüppeln, bleiben die Songs der Norweger doch immer sehr melodisch.
Anspieltipps: „Old Norwegian Soul“, „Misery Harnour“ und „Burrowing Deep“
Was kommt dabei heraus, wenn sich ein Musiker für einen Monat wegschließt und nur Musik schreibt? "A Little Death". Kein Wunder also, dass die Musik, die MY JERUSALEM praktizieren alles andere als fröhlich ist. Das Album bietet zu großen Teilen ruhigen bis sehr ruhigen ("Candy Lions", "Chrysalis") 50'er, 60'er-Jahre Rock. Das entäuscht ein Wenig, nachdem die Band mit "Young Leather" einen doch wirklich eingängigen wie rockigen "Wüsten"-Opener hingelegt hat, der wohl zu so manchen alten s/w -Western dieser Zeit passt und verdammt gut im Ohr bleibt. Mit "Rabbit Rabbit" werden MY JERUSALEM radiotauglicher, bleiben aber eingängich und wissen durch stimmiges Gitarrenspiel und die angenehmen Vocals zu gefallen. Schade, dass das nicht so bleibt. Denn mit "It's Torture!" legen MY JERUSALEM richtig los, beziehungsweise gehen einen Schritt zurück. Der Hörer wird in die 50'er zurück versetzt. Und was bei düsteren Ballade wie "Done Or Dusted" oder "Jive For Protection" wirklich noch zu gefallen weiß, nervt bei Songs wie "No One Give You Love" oder "Candy Lions" einfach nur noch mit zahlreichen "Uuuhhhs". Songs wie "Flashes" oder "Chrysalis" entführen in schlummrige Traumwelten. Ein paar mehr schnellere Songs hätten "A Little Death" echt gut getan! Das MY JERUSALEM wissen wie man eingängige Rock-Songs schreibt haben sie mit den ersten beiden Songs nämlich bewiesen.
Schlaghosen? Leuchtfackeln? Beides? Das obskure Ein-Mann-Retro-Doom-Projekt THE FLARE macht mit nicht ganz eindeutigem Bandnamen und hereinbrechendem Sternentod auf sich aufmerksam: "Stardead" ist die erste Single von Multiinstrumentalist D. Grave, welche passender Weise via dem dänischen Label Horror Records veröffentlicht wird. Download oder CD sind hier ausgeschlossen, "Stardead" gibt es nur auf Vinyl. Stilistisch bewegen sich THE FLARE in doomigen, aber auch sehr gotischen Heavy Rock-Welten der Siebziger. Während der Opener "Stardead" noch als klassischer Retro-Doom mit rockiger Basis gesehen werden kann, wird es mit dem zweiten Song "The Vampire's Sanctuary" nämlich richtig finster. THE FLARE wissen wie man Horror-Atmosphäre aufbaut ohne dabei die Coolness zu verlieren. Instrumental wird man hier komplett und sogar inklusive Orgel bedient, wovon D.Grave (bis auf die Drums) alles selbst eingespielt hat. Der leicht hallige Klargesang fügt sich sehr gut in das Gesamtbild ein. THE FLARE haben mit ihrer Single alles richtig gemacht und liefern ohne Schwachstellen eine super Single ab, "Stardead" wird auch mehrmals hintereinander nicht so schnell langweilig. Hoffentlich kann das Niveau auch über eine Album-Länge gehalten werden! Wer THE FLARE unterstützen möchte, der sollte sich beeilen, denn "Stardead" gibt es nur einhundert Mal. Erhältlich ist die Vinyl-Single hier.
Es ist immer schön, wenn Bands ihren Werken einprägsame Namen geben. CAPSIZE sehen das anders und geben ihrem Zweitwerk den schön-sperrigen Titel "A Reintroduction: The Essence Of All That Surrounds Me". Mit ihrem Debütwerk "The Angst In My Veins" konnten sie für Aufsehen sorgen, mit dem Nachfolger sollten sie das fortsetzen können. Das Niveau des Songwritings ist hoch, vom fast scon poppigen "The Same Pain" bis zum aggressiven "XX" und dem knackigen "Favorite Secret" reicht die Platte und setzt mit dem 90er-Vibe die Linie des Vorgängers fort. Das Fundament für eine emotional intensive Platte ist schnell gelegt, um dann von Shouter Daniel veredelt zu werden, welcher in den letzten Jahren seiner Stimme viele Facetten antrainieren konnte. So wird "A Reintroduction: The Essence Of All That Surrounds Me" erst durch seine Akzente ("Split My Soul") zu einer intensiven Platte, die über die brutale Rohheit des Instrumentalfundaments hinauswächst. Dazu passt die sich im Songaufbau findende Verbindung aus verstörender, emotional intensiver Atmosphäre und eingängigen Parts. CAPSIZE wollen ihre Hörer überraschen und sie auf Zack halten, was ihnen in den ersten 25 Minuten gut gelingt. Danach baut "A Reintroduction: The Essence Of All That Surrounds Me" ob der Homogenität ein wenig ab und lässt in seiner Intensität nach. Das ist aber nur ein kleiner Spannungsabfall, als Ganzes gesehen funktioniert die Platte extrem gut und kann musikalisch, textlich und atmosphärisch voll überzeugen. Keine leicht verdauliche Kost und sicher nichts zum Nebenbeihören. "A Reintroduction: The Essence Of All That Surrounds Me" verlangt viel vom Hörer, gibt aber auch genauso viel zurück.
A Reintroduction: The Essence Of All That Surrounds Me