THE AMITY AFFLICTION haben sich einen Ruf als furiose und sympathische Liveband erarbeitet. Die Shows der Australier sind oft pickepacke voll und funktionieren dank des hervorragenden Entertainers Joel am Mikro in der Regel ziemlich gut. Auf Platte ist das bisherige THE AMITY AFFLICTION-Schaffen eher durchwachsen; richtig überzeugt hat noch kein Album von Anfang bis Ende. "This Could Be Hertbreak" startet mit "I Bring The Weather With Me" kraftvoll und mit gelungenem Wechselspiel aus düsterer Atmosphäre und der positive Vibes vermittelndes Stimme. Danach geht es mit dem Niveau etwas bergab und werden die Songs zu austauschbar. zwar sind Songs wie "Fight My Regrets" oder "Some Friends" wahlweise knackig oder pathetisch, aber sehr berechenbar und sich kaum von anderen Songs des Albums unterscheidend. Jetzt ist es ein schmaler Grad zwischen Homogenität und Wiederholung immergleicher Ideen auf einem Album, THE AMITY AFFLICTION haben diesen schmalen Grad nicht sicher wandeln können. Zu viele Songs sind sich zu ähnlich, zu berechenbar, zu glattpoliert. Tiefpunkt ist das viel zu poppig-zahme "Oh My God I`m Missing You" aka "(O.M.G.I.M.Y.)": THE AMITY AFFLICTION würden damit auf keiner Kuschelrock-CD aus dem Raster fallen.
Die Band wirkt, als hätte sie beim Songwirting jegliche Spontanität verloren und sich stattdessen auf ein Nummer-Sicher-Album konzentriert. So entstanden seelenlose Songs ohne Ecken und Kanten - und mit erschreckend schwachem Wiedererkennungswert. Zwar waren auch die bisherigen THE AMITY AFFLICTION-Alben nicht voller Hits, ließen aber eine eigene Handschrift und ein Gespür für Eingängigkeit in Verbindung mit Heavyness erkennen. Das ist auf "This Could Be Heartbreak" leider nicht der Fall. Einige Songs werden in Setlist einer Liveshow funktionieren, aber als Album ist das neue Werk der Australier eine schwache Leistung.
OF MICE AND MEN haben sich spätestens mit ihrem Drittwerk "Restoring Force" in der Metalcore-Szene ganz weit an die Spitze gesetzt - und werden jetzt mit "Cold World" einen ähnlichen Kracher nachschieben. So jedenfalls die Erwartung von Band, Label und Fans.
Tja. Und dann bleibt der geneigte Hörer nach den ersten Durchäufen von "Cold World" ratlos zurück. Kaum ein Song will im Ohr hängen bleiben, ganz anders als beim Vorgängeralbum. "The Lie" kommt gefällig aus den Boxen, "Real" ist nicht minder nett und schon fast poppig und selbst das knackige - und eines der wenigen heftigen Lieder der Scheibe - "Pain" will sich nicht im Ohr festfressen. Merkwürdige Ausflüge in LINKIN PARK ("Contagious")- und KORN ("Like A Ghost")-Gefilde hat eine gestandene Band wie OF MICE AND MEN eigentlich nicht nötig. Umso bitterer, wenn die Nummern dann nicht mal zünden. Leider kann weder Shouter Austin Carlile die Kohlen aus dem Feuer holen, denn selbt seine verbesserte Gesangsleistung und Shoutings können das biedere Songwriting nicht überspielen. Die clean gesungenen vom 2012 in die Band gekommenen Aaron Pauley retten ebenfalls gar nichts; in der Tat sind die erschreckend kraftlos und tragen eher zur "Cold World"-Misere bei. Am Ende bleibt ein müdes Album zurück. "Cold World" kann "Restoring Force" weder beim Songwriting noch beim Härtegrad das Wasser reichen, von der Hitdichte ganz zu schweigen - da ist bei "Cold World" gar nichts zu holen. OF MICE AND MEN machen mit diesem Album keinen Schritt vorwärts, sondern müssen froh sein, wenn sie auf der Stelle treten und mit Album Nummer Fünf einen neuen Anlauf wagen können. (lh)
ATOMS AND VOID präsentieren mit "And Nothing Else" endlich ihr Debütwerk als schicke LP-Pressung via Arctic Records, nachdem die Band das Album 2014 schon einmal online veröffentlicht hat. Geboten wird hier ein unglaublich großes wie minimalistisches Stück Musik. Musikalisch bewegen sich ATOMS AND VOID hauptsächlich irgendwo zwischen (atmospherischem) Post Rock, Ambient, düsterer Elektronica, Indie Rock und Pop. Doch aufgrund des Mitwirkens zahlreicher Musiker (unter anderem von JUNO, den FOO FIGHTERS und THE FIRE THEFT) scheinen auf"And Nothing Else" noch viele andere Musikrichtungen durch.
Der Opener "The Architect And The Atomizer" zündet zum Beispiel sofort mit seiner wunderbar post-rockigem Grundstimmung und wird im letzten viertel sogar noch etwas lauter, was sehr gespannt auf den Rest des Albums macht. Bis zum wieder etwas Schlagzeug-lastigeren "Waves Of Blood" dümpeln mit "Lay Down Your Weapons" und "Feathers From A Bird" erst einmal zwei ziemlich ruhige Stücke daher, deren Spannungsbogen sich irgendwie an mir vorbei windet. "Waves Of Blood" erschafft dafür wieder eine schöne post-apokalyptische Grundstimmung, bevor wir mit "For Sharon, With Love" zu einer ziemlich ruhigen Ballade kommen. Und auch das ambientalere "Golden Shivers" verschenkt mit seiner fast nervtötenden Hauptmelodie einiges an Potetial. Interessant wird es dafür wieder mit dem etwas rockigerm "Destroyed, The Sword Of Saint Michael", das mit Gitarren und (auch) weiblichen Background-Vocals aufwartet. Die zweite Hälfte des Albums wird zunehmend experimenteller, wovon sich gerade das atmosphärisch-spirituelle "The Earth Countered" behaupten kann.
ATOMS AND VOID können wahrhaft geniale Stimmungen erschaffen ( wie zum Beispiel bei dem Opener oder "The Earth Countered"), machen das aber leider viel zu selten. Ein paar mehr Gitarren und ein bisschen weniger Endlosschleifen-Musik ("Feathers From A Bird" , "Golden Shivers") hätten dem Album vielleicht gut getan.
Herzlichen Glückwunsch zu eurem neusten Album „Mogontiacum (Nachdem die Nacht herabgesunken...)", auch wenn es sich dabei letztlich um gar nicht so viel Neues handelt, da hier vieles aus 2004 / 2005 stammt. Wie schwierig war es sich da wieder rein zu finden und wie lange habt ihr gebraucht die einzelnen Fragmente wieder zusammen zu setzen?
Das lässt sich so eindeutig gar nicht beantworten, das Album als Konzept seit seinem ersten Anlauf 2004 quasi unaufhörlich durch meinen Kopf geisterte. Es ist nicht einmal so, dass der Schwerpunkt aus den Jahren 2004/05 stammt, denn schon damals wurde teilweise auf älteres Material zurückgegriffen, das natürlich nicht eins zu eins übernommen wurde. Ebenso wenig wurde diesmal der Zustand von 2004/05 kopiert, sondern vielmehr das damals erdachte Konzept zugrunde gelegt. Von der ursprünglichen Version des Albums sind eigentlich nur die Lieder „Am Ende des Sommers“ und „Glückliche Kinder“ in mehr oder weniger gleicher Version erhalten geblieben.
Andere Lieder haben sich stark gewandelt. So wurde aus dem damaligen „Ein Hauch Anis“, dass wichtige Parts an „Töte das Jahr für mich“ von Dinner Auf Uranos verlor, irgendwann das wesentlich einfachere „Ein Ouzo auf den Nordwind“, beide Lieder gründen sich allerdings massiv auf ein Lied von 1994.
Die erste Version des damals noch titellosen „Löschkommando Walpurgisnacht“ war wesentlich langsamer und verträumter und ist völlig in Vergessenheit geraten, dasselbe gilt für das damals nur grob skizzierte „Die Pfähler“, das dafür aber schneller und roher war.
Das auf einigen Konzerten 2005 sogar live präsentierte zentrale Stück „Operation: Traumreise“ fiel wie so manche rohe Skizze der Schere zum Opfer, insbesondere weil der Longtrack „Desîhra Mogontiacum“ wuchs und wuchs und inhaltlich quasi en Raum beanspruchte, der vorher von anderen Stücken ausgefüllt worden war. Dieses Stück beinhaltet ebenfalls Parts, die bis in die frühen 90er zurückreichen, entstand als fertiger Song aber tatsächlich erst 2013. Die meisten Jahre zwischen 1993 und 2013 dürften in irgendeiner Form auf dieser Scheibe vertreten sein, es gibt aber mit „Löschkommando Walpurgisnacht“, „Am Waldrand“ und „Die Phähler“ drei von Grund auf neue Stücke aus dem Jahr 2013.
Ihr habt nach „Nektar“ einige Alben herausgebracht. Wer oder was gab euch den Anstoß das Album („Mogontiacum“) erneut anzugehen?
Das Album war immer nur aufgeschoben, es war nie wirklich vom Tisch. Dass wir uns im Winter 2005/06 spontan zu „Sequenzen“ entschlossen, war vor allem äußeren Umständen geschuldet. Man kann viel spekulieren, aber ich denke, dass ein Album wie „Mogontiacum“ den Abbruch der Aufnahmen wesentlich schlechter verkraftet hätte als seinerzeit „Sequenzen“, denn das war flexibler, deutlich kürzer und inhaltlich nicht von einem solchen Gewicht.
Als wir uns dann 2010 entschlossen, die zwischenzeitlich ausgestiegenen Herren Flange und Torsten zumindest für das Studio wieder ins Boot zu holen, war „Verderbnis“ bereits geschrieben. Es hatte sich aus einem BM-Soloprojekt von mir entwickelt, und Flange überzeugte mich eines Tages im Frühling 2010 davon, dass es albern sei, wenn ich ein BM-Album aufnähme, dessen Besetzung weitgehend mit der von Nocte übereinstimmte und auch auf altes Material zurückgreife, die ganze Geschichte dann aber anders nenne.
„Umbriel“ präsentierte ebenfalls Material, an dem wir schwerpunktmäßig in der Zeit zwischen 2006 und 2010 gearbeitet hatten, das konnten wir unmöglich einfach über den Haufen werfen. Diese beiden Alben geben außerdem den Jahren 2006 bis 2011 ein musikalisches Gesicht. Und auch wenn ich die damalige Zeit absolut nicht noch einmal erleben muss, ist ihre Verarbeitung doch eine Herzensangelegenheit gewesen. „Verderbnis“ und „Umbriel“ sind für mich persönlich zwei dunkle Geschwister, wobei das rein optisch wesentlich hellere „Umbriel“ in seiner gefühlten Schwärze für mich locker an „Schwarzmetall“ heranreicht.
Der Titel, als auch die Lyrics erwecken den Eindruck, dass es sich hier um ein sehr persönliches Werk handelt. Was verbindet ihr mit eurer Heimatstadt Mainz?
Persönlich sind die Alben alle, aber die Bezüge zur Bandgeschichte sind auf „Mogontiacum“ tatsächlich allgegenwärtig. Die ständigen Querverweise auf Ausschnitte der Bandbio und teils stark verklausulierte Beschreibung reeller Orte brachten uns nach diversen anderen Vorschlägen irgendwann auf den Titel. Man sollte ihn aber keineswegs überinterpretieren, er bot sich lediglich an.
Mir ist aufgefallen, dass ihr in euren Songtexten sehr oft zurück blickt und früher Tage, Jugend und Kindheit reflektiert. In „Glückliche Kinder“ und „Desîhra Mogontiacum“ wird das besonders deutlich. Wie kommt das?
Die retrospektive Betrachtung der Dinge war immer schon ein Merkmal der Texte, ich selber bin auch ein Mensch, der viel zurück schaut. Die beiden erwähnten Lieder beschreiben an vielen Stellen sehr konkrete Ereignisse, ganz besonders „Glückliche Kinder“, noch stärker ist das aber bei „Ein Ouzo auf den Nordwind“ der Fall. Gleichzeitig warnt das Album allerdings davor, sich zu sehr in Rückblicken zu. Wer krampfhaft versucht, eine gute Zeit dadurch aufrecht zu erhalten, indem er ihre Merkmale ritualisiert, beraubt sie all jener Dynamik, die sie vermutlich eigentlich auszeichnete. Und so ist „Mogontiacum“ eine reflektierte Bearbeitung der Lieder, die „Desîhras Tagebuch“ von „Nektar 2“ beinhaltet, denn das geschah damals bewusst unkritisch und rein erzählend.
Der Eindruck der ewigen Rückblicke entsteht allerdings hier und da sicherlich auch irrtümlicher Weise, weil ich sehr oft mit wiederkehrenden Begriffen wie beispielsweise „Lethe“ oder „Aschefrühling“ arbeite. Diese Begriffe haben aber symbolische Bedeutung und eine Aussage und sind keine bloßen Rückgriffe auf bereits Gesagtes.
Unter dem Namen DESÎHRA habt ihr nie etwas veröffentlicht und dennoch gibt es jetzt einen Song über die Band mit der alles anfing. Wie viel DESÎHRA steckt denn noch in den heutigen NOCTE OBDUCTA?
Wie oben angedeutet so einiges, denn es gibt immer wieder Rückgriffe auf Desîhra-Parts, da wir früher nie etwas veröffentlichten und Songs sogar meist verwarfen, sobald wir sie spielen konnten. Der bekannteste Part dürfte wohl die Leitmelodie von „Und Pan spielt die Flöte“ sein.
Das die aktuelle Platte beschließende „Im Dunst am ewigen Grab der Sonne“ wurde fast unverändert von 1994 übernommen. Als ich im Herbst 1999 „Der Regen“ bzw. „The Rain“ ausgrub und völlig überarbeitete, wurde auch der Text vom Grab der Sonne ins Deutsche übersetzt (wir hatten bis Mitte 1996 sowohl englische als auch deutsche Texte) und ein Lead-Part als Outro hinzugefügt, ansonsten haben wir es hier mit einem meiner liebsten alten Desîhra-Stücke zu tun. Das liegt vor allem daran, dass es mich an eine nachdenkliche aber unheimlich gute Zeit erinnert.
Das von Dir angesprochene Lied beinhaltet aber keinen größeren Anteil an Bezügen zur Band als manch anderes Lied auf dem Album, bzw. entsteht dieser Eindruck nur über die Länge und den Titel. „Ein Ouzo auf den Nordwind“, „Glückliche Kinder“ oder „Löschkommando Walpurgisnacht“ sind wesentlich näher an konkreten Geschehnissen aus der Zeit unter dem alten Bandnamen.
Auch „Lethe“ gab es bei euch schon mal. Seht ihr „Lethe, Stein und See“ als konzeptionelle Weiterentwicklung zu den beiden „Lethe“-Instrumental-Stücken eures ersten Albums?
Jein. Der erste Teil entstand damals unmittelbar vor den beiden „Lethe“-Songs, ich hatte dazu aber erstmal einen See im Kopf. Erst 1998 wurde daraus dann der Fluss. Ich habe dann im Vorfeld von „Mogontiacum“ tatsächlich versucht, das Arrangement ein wenig dem von „Lethe“ anzugleichen, um es dann in den zweiten Teil übergehen zu lassen. Erst kurz vorm Studiotermin habe ich die Stücke dann wieder getrennt und sehr lange überlegt, ob ich daraus nicht „Lethe III“ und „Lethe IV“ mache, zumal die Bilder sich zunehmend mit denen von „Lethe“ vermischten. Der Aspekt des Sees und der Felsen war mir dann aber einfach zu wichtig, das sind halt einfach Erinnerungen.
Ihr habt „Am Ende Des Sommers“ als Instrumentalstück aufgenommen – und doch finden sich dazu Lyrics im Booklet. Was hat es damit auf sich?
Nichts eigentlich. Das Lied war immer als Instrumental geplant, hatte aber schon immer diesen Text. Den einleitenden Gitarrenpart schrieb ich sogar während der Aufnahmen von „Nektar“ in der kleinen Wohnung über dem Studio, in der wir zu dieser Zeit untergebracht waren. Es ist auch das erste Lied, das wir mit Flange im Proberaum spielten, nachdem Steffen im Sommer 2004 ausgestiegen war, und irgendwann im Spätsommer kam dann der Text dazu, der aber immer nur für das Booklet gedacht war.
Trotz allen technischen Fortschritts klingt „Mogontiacum“ ursprünglich und als stünde man direkt im Proberaum. Ich nehme an, dass ihr mit den Aufnahmen zufrieden seid! Wie hätte das Album vor zehn Jahren geklungen? (Und wäre so ein vielspuriger Song wie „Desîhra Mogontiacum“ damals überhaupt möglich gewesen?)
Technisch möglich gewesen wäre das Ganze auch damals schon, hinsichtlich der eingesetzten Mittel sind wir bei „Mogontiacum“ sogar wieder wesentlich analoger vorgegangen als zu Zeiten von „Nektar“. Das Album hätte 2006 trotzdem anders geklungen, weil das einfach eine andere Zeit war. Die Kompositionen waren damals über weite Strecken metallischer, ich gehe außerdem davon aus, dass wir die Scheibe wesentlich glatter gemischt hätten. Vielleicht nicht ganz so glatt und komprimiert wie „Nektar“, aber eben auch nicht so dynamisch wie es jetzt der Fall war. Auch hätten wir vermutlich nicht solch radikal fuzzig verzerrte Gitarren wie bei „Löschkommando“ und „Waldrand“ eingesetzt. Die Komplexität und generell breit gefächerte Stilistik des Albums wäre in jedem Fall gegebenen gewesen, allerdings mit weniger Schmutz und roher Dynamik, dafür mit mehr klassischen Metal-Sounds.
Zusätzlicher Krach aus „Schlimmheim“ aus dem Jahr 1994 hat seinen Weg auf das Album gefunden. War es geplant das irgendwann zu verwenden oder eher eine spontane Idee?
Das war einigermaßen spontan. Der Mittelteil von „Glückliche Kinder“ gründet sich auf eine Jam-Session, die ich mit unserem damaligen Gitarristen Jan im Herbst 1994 aufgenommen habe. Ich wechselte zwischen zwei übertriebenen Raum-Effekten, von denen einer irgendeine Modulation dabei hatte, er hatte einen ätzenden Reverse-Sound an, im Hintergrund meldete sich immer wieder der Schleudergang einer Waschmaschine. Die Aufnahme hatte eine Spielzeit von rund 20 Minuten und hieß „Between the Planets“, worauf auch die doppeldeutige Zeile „Und wir spielten zwischen den Sternen“ in „Glückliche Kinder“ anspielt. Dieses Tape ist einer meiner kostbarsten Schätze aus der Bandgeschichte, und als ich es eines Nachts im letzten Dezember bei Kerzenschein und zunehmender Trunkenheit digitalisierte, da dachte ich mir, es wäre schon eine Sünde, nicht wenigstens einen Schnipsel davon zu verwenden.
Habt ihr noch Kontakt zu den ehemaligen Bandmitgliedern?
Das kommt ganz darauf an. Mit Alex (1996 bis 1999), Kesa (2003 bis 2004) und Thomas (2002 bis 2004) besteht weiterhin ein enger freundschaftlicher Kontakt, das ist alles noch Nocte-Familie. Auch mit Emanon (1999 bis 2004) pflege ich weiterhin einen freundschaftlichen Kontakt, wenn auch deutlich eingeschränkter hinsichtlich der Häufigkeit unserer Treffen. Der Kontakt zu S. Magic M. (1993 bis 2000) bestand auch nach seinem Ausstieg noch einige Jahre, riss dann aber um 2007 herum irgendwie ab. Das ändert sich aber gerade wieder. Der erste zaghafte Kontakt kam tragischer Weise zustande, als er mir Ende 2012 die Todesanzeige eines ehemaligen gemeinsamen Freundes schickte, der mich mit ihm und Limbach (1993 bis 1997) bekannt gemacht und damit letztlich die Gründung der Band ermöglicht hatte.
Der Kontakt zu den übrigen Ex-Members ist entweder sehr sporadisch und zufällig oder auch nicht mehr existent, aber das heißt nicht, dass das so bleiben muss.
Seit eurer zwischenzeitlichen Auflösung ist Torsten mit AGRYPNIE beschäftigt und auch ziemlich viel unterwegs. Wie geht ihr mit der damit um? Wird es dadurch schwieriger gemeinsam zu proben oder habt ihr genug Zeit?
Das gestaltet sich tatsächlich alles andere als einfach, aber es ist ja nicht so, dass er der Einzige wäre, der noch in mindestens einer anderen Band spielt, von daher kann man das nicht auf Torsten beschränken.
Wird es eine Tour geben und bekommt man euch dieses Jahr noch irgendwo einmal live zu sehen?
Eine Tour ist für den Frühling 2017 in Planung, Auftritte dieses Jahr wird es nicht mehr geben.
Habt ihr schon Material für ein weiteres Album beisammen? (Und wenn ja: „recycelt“ ihr viel, oder schreibt ihr viel neu?)
Ich habe quasi immer Material für ein paar neue Alben beisammen, auch wenn immer nur ein Teil fertig durcharrangiert ist. Und natürlich kommt auch immer neues dazu.
Es mag vielleicht auf den ersten Blick überstürzt klingen, aber das nächste Album ist schon seit Juli fertig geschrieben und konzipiert, ich sitze gerade an einer Art Vorproduktion bzw. schließe sie soeben ab, denn Ende November soll es schon wieder ins Studio gehen.
Das Material für das kommende Album mit dem Arbeitstitel „Totholz“ wird metallischer, dunkler und kompakter ausfallen, ohne aber auf Soundspielereien gänzlich zu verzichten. Dass wie immer ein gewisses Augenmerk auf den instrumentalen Passagen liegt, dürfte niemanden überraschen, aber alles in allem ist es uns ein Bedürfnis, diesmal schneller auf den Punkt zu kommen. „Umbriel“ war zwar in meinen Ohren recht straight, aber unglaublich ausladend, „Mogontiacum“ ein vertracktes Wechselspiel, das den ein oder anderen vielleicht auch schlichtweg genervt hat, „Totholz“ geht die Sache da deutlich frontaler an.
Dankeschön für eure Zeit! Wenn ihr unseren Lesern noch etwas mitteilen möchtet, dann könnt ihr das hier tun:
Glitschige Moore, Doom Death Metal und Sludge gibt es auf dem wunderbar herbstlichen Debüt „The Slithering Bog“ von SWAMP WITCH auf die Ohren – Und zwar aus Transilvanien. Während die ersten beiden Songs hier eine sehr schleppende, zähe Mischung an Doom und Tod bieten, lässt „Slither Into The Circle“ erstmals aufhorchen: Hier zaubert die Sumpfhexe düstere Melodien hervor, unerwartete Breaks und Tempo-Variationen sind an der Tagesordnung und die Band schafft es ein doomiges Stück Finsternis ohne Längen zu präsentieren. Das folgende „Bayou Tomb“ zieht einen (auch mit einprägsamen Riffing) noch tiefer in den Sumpf. Hier liegt der Fokus allerdings etwas mehr auf klassischem Death Doom Metal. Der letzte Song („Lost Symbols“) lebt wieder durch ziemlich kranke Melodien und – wie die ganze Scheibe – durch moooorgige Vocals.
Wer düsteren, schwermütigen Doom Death Metal mit einem Fünkchen Sludge hören möchte ist hier nicht verkehrt.
Mit ihrer letzten Veröffentlichung "High Country" lehnten sich THE SWORD schon recht weit aus dem Fenster. Hier überraschte die stilistisch eigentlich ziemlich gefestigte Band mit einem etwas schnelleren, weniger doomigen und ja – stellenweise fast sogar country-artigem Sound. Mit ihrer jüngsten Veröffentlichung namens „Low Country“ treiben die jungen Texaner es nun auf die Spitze und beweisen erneut, dass sie sehr wandlungsfähig sind.
Doch was heißt hier jetzt „Low Country“?
„Low Country“ ist nichts anderes als die Akustik-Version von “High Country”. Dabei erstrahlen die flotten Songs der letzten Scheibe oftmals in einem ganz anderen Licht, denn „Low Country“ setzt ganz klar auf gemütliches Lagerfeuerlicht. Die Akustikgitarren und die Clean-Vocals von John Cronise schaffen hier flächendeckend chillige Lagerfeuerstimmung, welche die Band mit dem ultimativen Country-Beginning von „Early Snow“ oder dem schön chilligem „The Bees Of Spring“ auf die Spitze treibt. THE SWORD wirken hierbei in jedem Fall original – auch wenn man es zu Zeiten des „Age Of Winters“-Albums niemals für möglich gehalten hätte, dass THE SWORD („The Masters Of Heavy Doom“) jemals so klingen.
Allerdings gibt es trotz musikalisch ziemlich guter Ausführung leichte Abzüge in der B-Note, denn „Low Country“ ist um fünf Songs und zwanzig Minuten kürzer als „High Country“. Trotz kürzerer Spielzeit bleiben aber auch in „Low Country“ ein paar versteckte Längen („Mist & Shadow“) leider nicht aus, und auf ein paar „Uuuuhs“ und „Oooohs“ hätten THE SWORD auch ruhig verzichten können.
Insgesamt war die Aufnahme eines Akustik-Albums dennoch eine gute Idee und „Low Country“ kann sich sehen lassen: Wer auf akustischen Country-Rock mit unüberhörbaren Stoner und Blues- Einflüssen („The Dreamthieves“) steht, der sollte hier zugreifen oder zumindest einmal reinhören.
Anspieltipps: „High Country“, „Early Snow“ und “Ghost Eye”.
„Sarkomand“ wurde erst vor fünf Jahren veröffentlicht. Wieso habt ihr euch dazu entschlossen das Album erneut zu veröffentlichen?
M.: Einerseits, weil Sarkomand bis dato unser stärkstes Album war und auf CD so gut wie ausverkauft, andererseits wollte unser Label MDD Records den Namen Ctulu erst wieder ins Rennen schmeißen, bevor es ein brandneues Release gibt.
Wird es auch ein Re-Release von „Freie Geister“ geben?
M.: Haha, ich habe wirklich schon öfter darüber nachgedacht und vielleicht wäre das auch eine tolle Idee für das 10 jährige Jubiläum des Albums aber da ist derzeit nichts geplant.
Euer letztes Werk „Seelenspiegelsplitter“ kam (völlig zu unrecht!) nicht bei allen Fans gut an. Woran liegt das eurer Meinung nach und wie seid ihr damit umgegangen?
A.: Ich meine, dass es zu Recht nicht angekommen ist, wo es hinsollte. Aber da das eine Geschmackssache ist, braucht man das nicht totzudiskutieren. Ich halte das Album nicht für schlecht, aber definitiv für zur falschen Zeit am falschen Ort erschienen. Hätten wir das Album in der Form allerdings nicht gemacht, würde das aktuelle nicht aussehen, wie es aussieht. Und da ich das neue für gelungen halte, hat Seelenspiegelsplitter als unfreiwilliger Wegbereiter der etwas anderen Art durchaus seine Daseinsberechtigung. So sind wir damit umgegangen.
„Seelenspiegelsplitter“ liegt auch schon drei Jahre zurück… Und ihr habt mittlerweile Material für ein neues Album beisammen. Wann wird es veröffentlicht und wie liefen die Aufnahmen?
M.: Ja, so ist es. Das neue Album ist sogar schon fertig aufgenommen und wird am 18. November 2016 via MDD Records veröffentlicht.
Hierzu haben wir uns bei Jörg Uken in der Soundlodge - Rhauderfehen eingefunden, was sich als absolut gute Entscheidung erwies und ganz im Gegensatz zu früheren Studiobesuchen lief diesmal alles wie am Schnürchen.
Das Arbeiten mit Jörg war wirklich äußerst angenehm und wir sind mit dem Ergebnis sehr zufrieden; kann ich nur jeder Band empfehlen.
Wird das neue Album wieder „klassischer“ oder experimenteller klingen?
A.: Sowohl als auch. Dabei kann man das Klassische aber eher in Richtung unserer Demos und des Debüts verorten und das Experimentelle auf einer anderen Ebene als Seelenspiegelsplitter. Es gibt keine x Intros mehr und keine überflüssigen Wiederholungen. Wir wollten uns darauf konzentrieren, nur das Wesentliche rüberzubringen und das so gut wie möglich zu machen. Mit den begrenzten Möglichkeiten, die wir haben. Für mich war das im Grunde das größte Experiment, uns zu begrenzen und hörbar zu machen, was wir wirklich können und auch nicht können.
Bleibt ihr H.P. Lovecraft was eure Lyrics betrifft treu?
A.: Ich lehne mich mal aus dem Fenster und sage, dass wir das immer tun werden. Lovecraft ist die Essenz von Ctulu.
Ihr hättet die 2013-Akustik-Version von „Nachtwind“ auch auf eine EP / Single / das neue Album packen können. Wieso habt ihr euch dagegen entschieden?
M.: ''Dagegen entschieden'' ist so nicht richtig. Wir haben nachdem die Akustikversion im Kasten war, relativ oft versucht, sie auf einem Tonträger ( EP / Single / 7'') zu veröffentlichen, nur leider gerät man oftmals an Leute, die mehr reden als sie zu leisten imstande sind, oder die Plattenfirma wird verklagt, weshalb unser Vorhaben einige Male scheiterte.
Die Wiederveröffentlichung von Sarkomand war die einzig reelle Chance, die sich uns bot. Außerdem möchte man seinen Hörern ja auch einen kleinen Bonus bieten können, wenn es schon ein Re-Release geben soll.
Geht ihr noch in 2016 mit dem neuen Material auf Tour?
M.: Für dieses Jahr haben wir unsere Konzerttermine schon abgearbeitet und im Moment steht auch nichts Weiteres an. Das kann sich natürlich noch ändern, das Jahr ist ja schließlich noch nicht vorbei. Mal sehen, was nach dem Release am 18. November passiert.
Ihr wart in diesem Jahr auf einigen Festivals, unter anderem sogar in Tschechen und Österreich. Welches Festival / Welchen Auftritt fandet ihr am gelungensten?
M.: Also rein vom spielerischen Standpunkt aus gab es mehrere gute Auftritte, wo wirklich alles glatt lief, zum Beispiel das Ragnarök Festival in Lichtenfels, oder das Heathen Rock Festival in Hamburg... aber im Großen und Ganzen hat mir das Czech Death Fest Open Air am besten gefallen, da stimmte von der Organisation bis zum Auftritt einfach alles.
Welches der Festivals fandet ihr am empfehlenswertesten?
A.: Das Czech Death Fest war beide Male großartig. Sowohl vor als auch hinter der Bühne. Leider gab es dieses Jahr nicht ganz so viele Überraschungen aus der tschechischen Szene für uns. 2013 haben wir sehr empfehlenswerte Bands wie fdk dort kennengelernt, von denen wir vorher nicht einmal den Namen gehört hatten. Neben dem Czech Death Fest war auch das Unaussprechliche Culthe Festival in Münster ein Meilenstein für mich. Unfassbar gute Bandauswahl, angenehme Halle, freundliche und kompetente Veranstalter. Und dann kommt da keine Sau hin. Ich verstehe bis heute nicht, warum das Festival so mager besucht war.
M.: Echt, das war wirklich ein Ding der Unmöglichkeit, alle jammern immer, dass die geilen Bands nie in der Nähe auftreten und wenn es dann doch mal dazu kommt, kriegen die Leute ihren Arsch nicht hoch. Da muss man sich nicht wundern, wenn die ganzen kleineren Events der Reihe nach zu Grunde gehen... traurig!
Habt ihr alle das „Necronomicon“ komplett gelesen?
A.: Soweit ich das überblicke, hat das keiner von uns komplett gelesen. Da das Buch ja auch alles andere als eine zusammenhängende Geschichte ist, halte ich das auch für ziemlich überflüssig. Für mich ist das Necronomicon so etwas wie eine Kurzgeschichtensammlung, die man relativ beliebig aufschlagen kann. Es bietet ja auch jede Seite ein solches Füllhorn an Material zur Weiterbeschäftigung in der sumerischen Mythologie, dass man ziemlich schnell ganz woanders landet und dann wieder ein Geschichtsbuch vor der Nase hat. Auch die häufigen Wiederholungen im Necronomicon machen eine komplette Lektüre ähnlich sinnvoll wie die der Bibel. Ich suche für gewöhnlich nach bestimmten Symbolen (im übertragenen Sinne) und Atmosphären, die sich mit der geschriebenen Musik decken und verwebe das zu einem thematischen Skelett, das die Musik dann halten kann.
Was bedeuten H. P. Lovecraft’s Texte für euch?
A.: Lovecraft war arg vom Leben gebeutelt und hat in einer Zeit gelebt, in die er vorn und hinten nicht hineingepasst hat. Um dem zu entfliehen, hat er Kunst geschaffen, von der er wusste, dass sie kommerziell nicht funktioniert. Damit ist das Geschriebene unheimlich authentisch und auch wenn manche Formulierungen gar zu weit über die Stränge schlagen, muss man anerkennen, dass da jemand aus vollster Überzeugung arbeitet. Das kann man kaum hoch genug einwerten. Und ich muss neidvoll anerkennen, dass ich dem wahrscheinlich nicht folgen könnte, käme es hart auf hart. Um es mit einem Titel unseres aktuellen Albums zu sagen: der Mann war verbittert, enttäuscht und zu allem bereit. Das ist gleichzeitig ein absolut beschissener Zustand, andererseits gibt es keine größere Freiheit.
Davon ab bietet Lovecraft einen thematischen Fundus, aus dem wir noch 20 Alben schöpfen können. Worum geht es in „Windschreiter“?
A.: Die Inspiration kam durch Lovecrafts Traumsuche nach dem unbekannten Kadath. Es geht um eine luzide Träumerin, die die Kontrolle über ihren (Alb-)traum verliert. Abgesehen davon bedeutet der Text für jeden Leser etwas anderes und ich gebe ungern Musterlösungen zur Interpretation heraus.
Dankeschön für eure Zeit!:) Wenn ihr unseren Lesern noch etwas mitteilen möchtet, dann könnt ihr das hier tun:
A.: Alles, was wir mitzuteilen gedenken, gibt es auf dem Album zu hören. Danke für deine Zeit!
Ich mag SAXON! Ach was, ich finde sie immer wieder klasse. Schon immer, schon seit Anfang der 80er. Und auch immer wieder unheimlich gerne live. Denn SAXON sind Live eine Macht – Biff Byford hat noch sein unverwechselbares Organ und kann es auch im Vergleich zu weniger gut gealterten Sangeskollegen immer noch. Und dem stehen seine Bandmates in Punkto Spielfreude und Heaviness Nichts nach. So bekommt man auch mit der Doppel-CD + DVD „Let Me Feel Your Power“ die Vollbedienung in Sachen SAXON-Live. Aufgenommen Ende 2015 in München und Brighton bei der Tour mit MOTÖRHEAD (Lemmy R.I.P.), und mit ihrem letzten starken Longplayer „Battering Ram“ im Gepäck. Aus diesem schafften es neben dem furiosen Titeltrack auch das thrashige „Devils Footprint“ und der Live hervorragend funktionierende Stampfer „Queen Of Hearts“ zu Liveehren („Eye Of The Storm“ finde ich eher schwach) und demzufolge auf Konserve. Dazu noch die unvermeidlichen Klassiker (Aufzählung spare ich mir) und ein paar ansonsten eher selten dargebotene Stücke (u.a. „Battalions Of Steel“sowie die geilen Tracks „Just Let Me Rock“ und „Requiem“).
Bei der Bonus-CD und DVD handelt es sich um eine Liveshow in einer kleineren Venue in Chicago – eng, laut, schweißtreibend – Metal vom Feinsten also. Diese wurde noch vor Veröffentlichung von „Battering Ram“ aufgezeichnet und enthält dementsprechend eine andere Setlist. Die Soundqualität kann mit den Aufnahmen der ersten CD (München) nicht ganz mithalten. Über die Songauswahl kann man wie immer streiten (siehe unten). Über die Qualität mal wieder nicht. Denn wo SAXON draufsteht ist auch SAXON drin. Aber wie schon Anfangs erwähnt, wird es langsam auch für Fans - ja wohl selbst für SAXON-Nerds - ein wenig zu viel des Guten. Deswegen – wer tatsächlich noch nichts von SAXON in dieser Form zu Hause hat, kann bei „Let Me Feel Your Power” bedenkenlos zugreifen. Ansonsten darf man auch ruhig mal Geld für eine der vielen tollen Nachwuchscombos des Genres ausgeben.