Gut zwei Jahre nach ihrer letzten Platte melden sich TAKING BACK SUNDAY mit "Tidal Wave" zurück - und überraschen beim ersten Hören mit punkigen Klängen, die THE CLASH und RAMONES zitieren ("Tidal Wave"). Ein wenig überraschend, sofern die Band nur auf Emocore reduziert wird. Wer sich in Erinnerung ruft, dass auch TAKING BACK SUNDAY älter werden - shocking! - und sich Kollektiv unterschiedlicher Persönlichkeiten verändern, wird "Tidal Wave" leichter einordnen können. Die Band hat sich US-Singer/Songwriter-Folk ("Homecoming") und dem Punkrock in der Poppunkvariante ("Fences") zugewandt, ohne dass die TAKING BACK SUNDAY-Trademarks wie der charismatische Gesang oder die emotional dichten Songs darunter leiden müssen.
Im Grunde ist "Tidal Wave" die konsequente Weiterentwicklung des Bandsounds - und vor allem der Lyrics. Über die Jahre sind TAKING BACK SUNDAY in denen - auch wenn das Wort oft negativ konnotiert ist - erwachsener geworden. Die in den Songs und Alben verarbeiteten Probleme haben sich geändert, genau wie sich der Blick auf die Welt verändert hat. Am Ende macht "Tidal Wave" einfach Spaß, dank der facettenreichen und super eingängigen Songs, des positiven Vibes und der Gelassenheit, die gleichzeitig spürbar wird. Wer mit der Band großgeworden ist, wird hier Brüder im Geiste finden. Ebenso sollten THE GASLIGHT ANTHEM-Fans und SOCIAL DISTORTION-Anhänger ruhig reinhören, auf Klischee-Emokids werden sie nicht stoßen. Ein schönes Album und ein schönes Beispiel für die Veränderung einer Band.
Via Sony kommt neue Ware auf den Plattenteller. Die Grunge-Urväter von PEARL JAM dürfen sich diesmal mit ihrem vierten und fünften Album ihrer Discographie in 33UpM drehen.
"No Code" ist sowohl vom Inhalt als auch von der "Verpackung" her recht ambitioniert - vielleicht sogar ein wenig zuviel. Die Vinyl-Version ist wie bei der CD mit vier aufklappbaren Teilen gesegnet, die in diesem Format das Entnehmen des Tonträgers doch recht unhandlich machen. Und auch die gebotene Musik, allen voran deren Facettenreichtum, verlangt schon einige Aufmerksamkeit vom Hörer. So reicht das Spektrum von Folk mit Klanghölzern, leise gesäuselten Balladen - sogar als Opener -, über puren energischen Rock bis hin zur Barmusik. Kreativ, abwechslungsreich und auch irgendwie spannend ist das Ding ohne Frage, aber zugegeben läuft mir der etwas einfacher gestrickte und direkter konsumierbare Nachfolger "Yield" um einiges besser rein. Hier sind das Cover mit dem ausgeschnittenen Schild, welches sich mit dem bedruckten Inner Sleeve herausziehen lässt, wie auch die meisten Songs der Platte einfach ein guter Einfall. "Yield" ist gelöster, homogener und entschiedener. PEARL JAM halten den Energie-Level hoch und zeigen sich nahbarer und nicht so "verkopft" wie bei "No Code". Songs wie "No Way" mit seiner entspannten, coolen Rythmik und das atmosphärische, sich langsam in die Lüfte hebende "Given to Fly" gehören mit zum Besten der Seattler Band und unterstreichen ihre Relevanz, gerade nach dem Ende des Grunge.
Beide Alben überzeugen mit ihrem direkten, satten Sound. Zwei starke Veröffentlichungen: "No Code" beeindruckt mit seiner gestalterischen Opulenz, gerade als Vinyl, und "Yield" mit einer rockig-musikalischen Punktlandung.
Auch nach dem plötzlichen Tod von Gründungsmitglied und Gitarrist Piotr Grudziński im Februar geht es für die polnischen Progressive-Rocker RIVERSIDE (wie geplant) mit „Eye Of The Soundscape“ weiter. Hier halten keine Dämme. RIVERSIDE konnten mich mit ihrem letzten Album „Love, Fear And The Time Machine“ (2015) sehr beeindrucken, punkteten durch abwechslungsreiche und fesselnde Instrumentierung und Mariusz Dudas ausdrucksstarken und äußerst angenehmen Gesang. Doch wo eben jener Gesang und vorrangig Gitarren, starke Bässe und Schlagzeug noch vor einem Jahr den Sound von RIVERSIDE ausmachten, blickt die Band mit „Eye Of The The Soundscape“ in eine deutlich andere Richtung. Einzig progressiv ist das Schaffen der Polen hierbei, von Gesang haben die Polen sich weitestgehend verabschiedet und die rockigen Gitarrenwände weichen zunehmend elktronischem Gewabber. So erinnert die Musik von RIVERSIDE zunehmend an eine düstere, atmosphärische Progressive-Disco, dann wieder Lounge-Musik und Fahrstuhl-Beschallung.
Der Album-Titel „Eye Of The Soundscape“ beschreibt eigentlich sehr treffend was hier geboten wird. Nämlich ein instrumentales Doppel-Album, welches die Band von einer anderen Seite zeigt und den Augenmerk klar und deutlich auf Klanglandschaften legt. RIVERSIDE kreieren Landschaften, welche sich vorsichtig und teils unerwartet entwickeln, aber eben doch meist eintönig und nicht wirklich spannend sind. Einen besonderen Spannungsbogen hat dabei das zweiteilige „Night Session“, welches im zweiten Part sogar Jazz-Passagen einfließen lässt.
Oft erinnert die Musik von RIVERSIDE hier leider nur an atmosphärische Disco-Musik, wie es in besonderem Umfang beim Mix von „Rapid Eye Movement“, aber auch bei „Machines“ der Fall ist. Ausgesprochen schade, dass die Band hierbei so sehr auf Elektronik setzt, denn mit größeren Anteilen an Gitarren und Schlagzeug hätten wesentlich interessantere Landschaften geschaffen werden können.
Was ist hier nur passiert? Ich kann nur jedem Fan der vorherigen Alben dringendst raten hier vor Kauf einmal reinzuhören!
Es ist schon fast 10 Jahre her, dass Kalle Wallner (RPWL-Gitarrist) mit seinem ersten BLIND EGO Solostreich „Mirror“ für durchweg positive Resonanzen sorgte. Das 2 Jahre später folgende „Numb“ war ebenfalls eine gute Scheibe – wenn auch nicht ganz so zwingend. Nun also – nach langer Solo-Pause und hörbar gut gereift der dritte Streich „Liquid“. Gewohnt eingängig und melodisch (was sonst erwartet man von einem RPWL-Recken) geht es bei den neun, meist längeren Werke zugange, der als durchscheinende moderne Touch setzt BLIND EGO gekonnt und gut von RPWL ab. Dabei setzt Wallner natürlich mit seiner Gitarre viele Akzente – harte Riffs und virtuose Soli sind ein Genuss. Dazu läßt er die Songs von 3 gestandenen Sängern veredeln: Arno Menses von SUBSIGNAL, Erik Ez Blomkvist von SEVEN THORNS und Aaron Brooks (SIMEON SOUL CHARGER). Ansonsten setzt Wallner mit BLIND EGO auf abwechslungsreiches Songwriting; da kommen einen auch schon mal FATES WARNING oder PETER GABRIEL in den Sinn. Als mein Highlight habe ich dabei das über 8-minütige „Never Escape The Storm“ ausgemacht – einen epischen Song der alles zeigt, was Kalle Wallner mit BLIND EGO so drauf hat. Aber auch der von ruhigen Start und Ende eingerahmte Ohrwurm „Blackened“ und das instrumentale „Quiet Anger“ (samt geilen Bass-Part) bringen BLIND EGO auf den Punkt. Und das man „Liquid“ ohne Zutun in einem Hör durch genießen kann spricht wohl auch für sich. Fans progressiver Mucke zwischen Hard Rock und Prog-Metal sollten „Liquid“ auf jeden Fall mal antesten.
JOE COCKER war Ende der 60 und in den 70er eine der authentischen und emotionalsten Stimmen des Blues und Soul – in den 80er dann als Ballden-König verschrien. Letzteres sicher zu unrecht. Natürlich sichern ihn seine Version des BEATLES-Song „With A Little Help From My Friends“ und seine unverwechselbaren Schreie einen Platz in der Musikhistorie. Aber dass er vor allem in den ersten Jahren reichlich gutes Material darbot sollte man nicht vergessen – auch wenn die zahlreichen JOE COCKER-Compilationen immer auf die gleichen Hits zurückzugreifen scheinen. Das ist hier bei der 18-Track-Version von „The Life Of A Man- The Ultimate Hits (Essential Edition)” nicht anders, auch wenn es der eine oder andere nicht ganz so im Radio verbratene Song auf die Liste geschafft hat (siehe unten). Trotzdem dürfte nach fast 45 Jahre Musik der eine oder andere Song fehlen. Also, braucht wirklich jemand noch die „Essential Edition“-CD wenn die reguläre 2015 Doppel-CD mit 36 Songs bestückt wurde? Vor allem, da es ja mittlerweile reichlich andere normale Best-of und Compilationen des Künstlers gibt. So hat die vorliegende CD-Veröffentlichung einen faden Beigeschmack. Das Ganze macht wohl nur als Doppel-LP Sinn – denn hier sind entsprechende Scheiben schon ein paar Tage älter und Vinyl-Freunde könnten damit ihren Spaß haben.
1. With A Little Help From My Friends
2. Up Where We Belong
3. Many Rivers To Cross
4. You Are So Beautiful
5. You Can Leave Your Hat On
6. Delta Lady
7. The Letter (Live)
8. Cry Me A River (Live)
9. Unchain My Heart
10. Woman To Woman
11. The Simple Things
12. Summer In The City
13. Fire It Up
14. Feelin’ Alright
15. Come Together
16. When The Night Comes
17. I Come In Peace
18. Performance
The Life Of A Man- The Ultimate Hits (Essential Edition)
ANAAL NATHRAKH hauen kontinuierlich starke Schädelbrecheralben raus, haben beim Roskilde Festival gespielt und sind mit "The Whole Of The Law" bei Metal Blade Records gelandet. Dabei sind sie nie einen Deut von ihrer Linie abgerückt. Gnadenlos brutal ging es in ihren bisherigen Alben zu, gnadenlos brutal geht es auch auf "The Whole Of The Law" zu. In Songs wie dem mit unfassbar bösartigem Gesangsmassaker ausgestattetem "Hold Your Children Close And Pray For Oblivion" oder dem peitschen "So We Can Die Happy" zeigen Dave Hunt &. Mick Kenney, wie heftige Musik klingen kann und bringen sich als ernsthafte NAPALM DEATH-Frühwerks-Konkurrenten ins Gespräch. Dabei gibt es nicht immer nur stumpf auf die Zwölf, wie "Extravaganza"-Riffs und "In Flagrante Delicto" mit seinem Chorus belegen. Insgesamt ist "The Whole Of The Law" einen extreme Anforderung an die Nerven des geneigten Hörers. Wer kein Faible für brutale Musik und das Ausloten von Soundgrenzen hat, ist hier falsch. Krachmaten werde dank intensiver Songs Marke "On Being A Slave" gllücklich das Wohnzimmer zertrümmern und den beiden Briten für mehr als 50 Minuten totalen Abriss danken.
Als kleinen Bonus gibt es die im ANAAL NATHRAKH-Stil durch den Fleischwolf gedrehten Coversongs von IRON MAIDEN ("Powerslave") und THE SPECIALS ("Man At C&A").
Der in Österreich lebende Amerikaner Matt Boroff ist schon seit den 90ern musikalisch aktiv, mal solo, mal mit wechselnden Bands, zuletzt mit dem Trio MATT BOROFF & THE MIRRORS. „Grand Delusion“ ist sein drittes Solo-Album, bei dem er allerdings prominente Unterstützung hatte, u. a. von Alain Johannes (u. a. QUEENS OF THE STONE AGE) und Mark Lanegan.
Boroff versucht hier immer wieder, eine düstere, an Desert Rock angelehnte Atmosphäre aufkommen zu lassen, was ihm jedoch nur stellenweise gelingt. Der zwar etwas langatmige Opener und Titeltrack lässt mit seinen Wüsten-Gitarren durchaus Hypnotik aufkommen, gleiches gilt für das instrumentale Interlude „Modern Plagues“. Auch das rockige „Pipe Dream“ gehört zu den besseren Songs des Albums, und besonders „Thirst“ strahlt mit seinen sägenden Gitarren eine intensive Dunkelheit aus. Dazwischen gibt es aber auch viel uninteressantes Material zu hören. „What A Shame“ z. B. stampft ziellos vor sich hin, auch beim schleppenden „Hang On“ wird es schnell monoton. Und dann gibt es auch noch einige balladeske Akustik-Nummern, die, wie „Behind Your Mask“ oder „Dissolve“, statt Western-Atmosphäre zu vermitteln, ziemlich schnulzig daherkommen. Auch Boroffs eher gewöhnliche Stimme vermag keine Akzente zu setzen.
Mit „Grand Delusion“ ist Boroff daher leider nur ein mittelmäßiges Album gelungen. Leider, weil man aufgrund der an der Produktion Beteiligten (s. o.) mehr hätte erwarten können.