Was mich als erstes an diesem Album gefreut hat ist, dass DISBELIEF so herrlich undeutsch klingen. Während etliche bereits nach drei Riffs und zwei Sätzen einer nordischen oder transatlantischen Nationalität outen, stehen DISBELIEF dahingehend allein auf weiter Flur. Was man von ihrem Sänger in gewisser Weise auch sagen kann. Denn keiner grunzt verrückter als er. Definitiv ein Trademark der Band: Für denen einen aber in hohem Maße nervtötend, für den anderen eben göttlich krank. Hinsichtlich des Songwritings haben sie aber zweifellos auch objektiv großes Vollbracht, klassischer Death Metal fristet auf "Spreading The Rage" ein Schattendasein. Man kokettiert, abgesehen vom gutturalen Gesang natürlich, zwar noch bei etlichen Gitarrenriffs mit dieser Musikrichtung, zeigt sich aber ansonsten grade im hinteren Drittel der CD verdammt kreativ und vielseitig. Midtempo regiert, alternativen Elementen aus der weiten Welt des Rock ist man nicht abgeneigt. Aber wenn man grade den ganzen Garten voller schöner Blümchen gepflanzt hat, fährt ja auch keiner mit einem Traktor drüber. Der floristische Vergleich bei derart brachialer Musik mag hinken. Ich komm aber drauf, weil sich die Jungs ganz dolle mit Matsch beschmiert haben für das Coverfoto. Um böse auszusehen wohl. Und eben weil der Gesang, so böse er auch ist, bei vielen Songs zu unflexibel die Strukturen einebnet. Beim Chorus des ansonsten sehr herrlichen "Democracy" wollte er darüber hinaus mehr als er zu leisten im Stande ist. Eben ein verdammt tightes und fettes Album, abwechslungsreich und einfach genial! Und den Gesang mag man, oder nicht.
Mit "Burning Earth" legen uns die US Power Metaller FIREWIND nun ihr zweites Album vor. Konnte das Debüt "Between Heaven And Hell" einen Großteil der Kritiker und Fans überzeugen, knüpft das neue Werk nahtlos daran an und knallt fett und hymnisch durch die Botanik. Zwar kann man den Jungs um Gus G. (DREAM EVIL, MYSTIC PROPHECY, NIGHTRAGE) stilistischen Stillstand vorwerfen, denn sonderlich originell ist deren Mucke nicht, aber qualitativ gibt es überhaupt keinen Grund zur Sorge. Nach einem obligatorischen Spoken-Word-Intro kommt der Opener "Steal Them Blind" kraftvoll-melodisch und mitgrölkompatibel aus den Boxen und weist die Richtung für Anstehendes. Ein großer Vorteil gegenüber anderen Artgenossen ist die Tatsache, dass Sänger Stephen Fredrick nicht unnötig versucht, die Eierkneifzange herauszuholen, sondern in mittleren Tonlagen shoutet. Davon profitieren tolle Granaten wie "I Am The Anger", das stark an VIRGIN STEELE erinnernde "Immortal Lives Young" (Killer!), "You Have Survived", "Brother’s Keeper" oder der Stampfer "Waiting Still" (Killer 2!). Hinzu kommen mit "The Fire And The Fury" ein nettes, aber unspektakuläres Instrumental, mit "The Longest Day" eine klasse Halbballade und mit dem Titelsong eine Megahymne, die einem schon nach zweimaligem Hören nicht mehr aus der Rübe weicht. Auch wenn nicht über die gesamte Platte hinweg Weltklasseniveau geboten wird, kann man sie Freunden von kitschfreiem, hymnischem Power Metal eindeutig empfehlen. Denn FIREWIND heben sich sehr positiv von vielen amerikanischen, europäischen und, allen voran, italienischen Kollegen ab, die krampfhaft versuchen, die auf diesem Sektor unerreichten HAMMERFALL zu kopieren. Und das ist gut so!
Ich muß zugeben mir waren MAGELLAN bisher noch kein so großer Begriff. Von ihrem letzten Werk hatte ich lediglich ein paar durchaus positive Rezies gelesen aber konkret gehört bisher Fehlanzeige. Nun, mit dem aktuellen Output "Impossible Figures" haben die Amerikaner jetzt bereits ihr fünftes Werk am Start und lagen bisher immer mehrere Jahre dazwischen haben die Jungs nun schon nach einem Jahr wieder etwas neues nach "Hundred Year Flood" rausgelassen. Magellan ist das Baby zweier hochmusikalischer Brüder, Wayne & Trent Gardner die durch eine früh durch u.a. Klavier geprägte Ausbildung bereits 1985 die Band gründeten. In einer Hinsicht haben Magellan auf jeden Fall bereits den Vogel abgeschossen, denn das absolut spitzenmäßig gestaltet Cover gehört mit zum Besten, was in diesem Jahr herausgekommen ist. Progressiver Rock in ganz klar amerikanisch geprägter Weise mit modernen Elementen und mit Referenzen zu solchen Bands wie TRANSATLANTIC, PLATYPUS oder auch den FLOWER KINGS wird auf der CD mehr oder weniger fesselnd geboten. Die Tasteninstrumente sind dabei schon etwas prägend für den Gesamtsound, aber im weiteren Verlauf kommen auch ordentlich ja gegen Ende sogar heftig rockende Gitarren zum Einsatz. Ein für mich entscheidend positiver Part bietet der gelungene Gesang mit den schönen, oft zweistimmigen Arrangements und den wunderbar gemachten Chorgesängen (erinnern stark an die YES Alben Anfang der 80er mit "90015" oder "Big Generator") und auch ganz klar, hier sind Magellan sogar besser wie die zuvor genannten Formationen. Die vielen kurzen durch Keys geprägten Instrumentalparts sind allerdings durchweg nicht so die wahren Bringer, da kann auch eine klassische BACH-Adaption nicht mehr viel retten, das machen viele Progbands wesentlich unterhaltsamer. Schon beim Opener "Killer Of Hope" fehlt mir etwas der rote Faden sprich die konkrete Melodie, hier ein Break, dort wieder ein Lauf, viel jazziges Gefummel, man verzettelt sich viel zu stark in nichtssagenden Soloorgien, so daß der Song viel zu überladen ist und zu lange dauert, von den 10 Minuten hätten es auch locker sechs getan. Ungewöhnlich ist weiterhin der Einsatz von echten Blechblasinstrumenten, wenn auch deren Klangbild bei mir irgendwie nur weihnachtliche Assoziationen hochkommen läßt. Für mich wird dieses Album fast schlagartig mit dem siebten Titel "A World Groove" so richtig gut. Mit einem gewissen Ethno Touch versehen, Sprechgesängen und dank südamerikanischen Sambarhythmen mit tollen treibenden Drums ist dieser Song wirklich absolut originell und hörenswert. Das folgende "Counterpoints" mit wunderbarer Melodie und das abschließende "Feel The Cross" das sogar mit wuchtigen progmetallischen Riffs u.a. gelungenem Basspart aufwartet zeigt plötzlich eine ganz andere Seite der Band, die viel überzeugender wirkt als die etwas wirren Sachen vorher. Warum nicht gleich so, frage ich mich da wirklich! Nach der schwachen ersten Hälfte mit für meinen Geschmack zu vielen jazzigen und typischen Dudelelementen doch noch ein versöhnlicher Abschluß. Wer sich etwas beeilt, kann bei der (natürlich) limitierten Erstauflage "Hallucinatio" noch einen zusätzlichen Bonustrack abstauben.
Nach dem durchaus hörenswerten Ian Anderson-Soloalbum "Rupi’s Dance" legt nun seine "komplette" Band ein Album nach. Was soll man zu solch einer Band noch schreiben? Wer die Jungs um "Zauberflöte" Anderson nach 35 Jahren Rockgeschichte und zwei Dutzend Alben immer noch nicht kennt, dem ist sowieso nicht mehr zu helfen. Tatsache ist aber leider, dass die meisten Rockfans außer dem kreativen Kopf der Band kaum ein anderes Mitgleid dieser Truppe kennen. Das Line-Up von JETHRO TULL tat nie viel zur Sache und eigentlich sollte sich der Haufen in "Ian Anderson-Band" umbenennen. Somit kommt man auch leicht auf die Ausrichtung des aktuellen Materials, das sich stilistisch kaum vom kurz vorher erschienenen, oben erwähnten Anderson-Soloalbum unterscheidet. Es dominieren Singalongs und –in diesem Falle logisch- klassisch-weihnachtliche Melodien, die ganz und gar auf die Flöte des Meisters zugeschnitten sind und sich sogar im Schulunterricht zur Festzeit nicht schlecht schlagen würden. (Für die Band) verhältnismäßig harte Songs wie ein "Locomotive Breath" oder eine Progressive-Orgie der Marke "The Whistler" suchen Alt-Fans auf dem "Christmas Album" leider vergebens. Es scheint, als wolle man sich auch in der Zukunft lieber dem leichten Folk als dem schweren Metall hingeben, was die ganze Sache für Metal-Fans natürlich enorm einschränkt und eher für "Ottonormalhörer" essentiell macht. Rein musikalisch ist das Album sehr gut gespielt, jedoch wirken die langen Flöten-Interrupts auf die Dauer recht störend, da der Meister oftmals allzu verliebt dreinbläst, was Freunde seines Instuments aber als durchaus positiv empfinden werden. Mit einer guten Stunde Spielzeit bietet das "Christmas Album" zudem "value for money". Macht unterm Strich einen "Tipp" für die reine Qualität der Musik, aber aufgrund der Tatsache, dass nicht jeder soviel "Dauergeflöte" verträgt und das Material alles andere als rockig ausgefallen ist, kann man auf einer Page, die sich als Vertreter der etwas härter Besaiteten versteht, keine uneingeschränkte Kaufempfehlung aussprechen. JETHRO TULL-Fans haben das Album sowieso schon, alle anderen seinen hoffentlich neugierig gemacht.
Hier ist er, der neue Output der finnischen Gothic-Rocker CHARON, im Digipack übrigens mit zwei Bonus-Songs ("Built For My Ghosts" und "Re-collected"). Die Nord-Mannen sind natürlich nicht verwandt oder verschwägert mit dem bösen Politiker. Weil sie ja auch viel netter sind. Aber auch härter als HIM. Sie rocken richtig, hört euch mal "Guilt On Skin" an. Oder "In Trust Of No One". Nen Schmusesong hamse dann auch noch ("Unbreak, Unchain"). Auch sehr nett. "Hart und nett" - das hört sich an wie "kurz und dick" - halt Frauenglück. Mir gefällt’s aber auch. Nuff said.
Nee, nee, nee… Zu Anfang habe nur ich den Kopf geschüttelt: Warum veröffentlicht ausgerechnet Dortmunds geschmackssicherstes Label ein Iron Maiden-Tribute? Gut, jeder hat so seine Leichen im Keller, und je tiefer man buddelt (oder je länger man in bierseliger Runde wartet), desto eher findet man Iron Maiden - auch bei Leuten, von denen man es nie vermutet hätte. So nah wie bei der "Aces High"-Version der New Yorker Oldschool-Punker ELECTRIC FRANKENSTEIN sind sich Punk und NWOBHM auch bisher nicht gekommen, nur am eher einfacheren Schlagzeug hört man die unterschiedlichen Ansprüche heraus. Die Lebensberechtigung für Tribute-Alben sind die Interpretationen (und nicht das pure Nachgespiele), die einem eine neue Seite am alten Song öffnen: Herausragend ist hier CROWBARs Version von "Remember Tomorrow". Die "hauseigenen" Doomer SOLACE bekommen stimmlich einen 50-50-Klon aus Black Sabbath zu Ozzy-Zeiten und Maiden hin. Die Beiträge von KAMELOT, HOLY MOTHER und JOHN WEST & CHRIS CAFFERY sind dagegen päpstlicher als der Papst - äh, truer als true, und damit eher überflüssig. Bei SEBASTIAN BACH habe ich vor Schreck alles fallen lassen. Der soll lieber den letzten Rest seiner SKID ROW-Tantiemen weiter verkoksen, als die nervigen Nachbarskinder mit "Children of The Damned" zu verwünschen. Allerdings kann er zweifellos dem Song seinen eigenen Stempel aufdrücken. Eine sehr bunt gewürfelte Truppe läuft hier also auf, darunter so wenig bekannte Bands wie LAS CRUCES und ARCHIE BUNKER aus Texas (beide bei Brainticket Records), die People Like You-Stallhasen THE QUILL, die britischen Doomer SOLSTICE oder DOFKA, die mit einer Spinal-Tap-alike Version von "Powerslave" brillieren. Auffällig: Keiner dieser Tracks ist jünger als 1990, vom ersten Maiden-Album "Killers" sind 5 Songs, alle folgenden inklusive "The Trooper" werden mit zwei oder drei Songs gewürdigt, danach ist Stille... Ach ja, der Die-Hard-Fan unter euch, der meint, er habe so was schon als Import im Scharank: Stimmt, "Slave To The Power" ist eine Wiederveröffentlichung, das ganze ist 2000 schon einmal (mit 26 statt hier 20 Tracks) vom amerikanischen Label Meteor City veröffentlicht worden.
Tracklist
CD 1:
1. Solace: Another Life
2. Sebastian Bach: Children of The Damned
3. Crowbar: Remember Tomorrow
4. Archie Bunker with John Perez: Wrathchild
5. Dofka: Powerslave
6. Ian Perry and Kamelot: Flight of Icarus
7. Holy Mother: The Trooper
8. Electric Frankenstein: Aces High
9. Wardog: Purgatory
10. Conquest: The Evil That Men Do
11. Eleventh Hour: Alexander the Great
CD 2:
1. Iron Savior: Running Free
2. Error 7: Stranger In A Strange Land
3. Cosmosquad with Ray Alder: Murders In the Rue Morgue
Retro ist in. Das trifft für die hippe Trainingsjacken-Moden ebenso zu wie für den Thrash-Metal-Bereich. Und da sind tatsächlich auch Bands unterwegs, die es schaffen, den Spirit der Achtziger mit modernen Einflüssen zu mischen, dass es einerseits rockt wie Hölle, andererseits aber weder altbacken noch aufgesetzt wirkt. Warum ich hier rumseiere? Weil es DENATA nicht wirklich gelingen will, etwas Ähnliches zu produzieren. Klar, die Scheibe hat das songwriterische Flair von "anno-dunnemal", ist nicht ganz so fett produziert, wie es der Thrasher aus dem neuen Jahrtausend gewohnt ist. "Art Of The Insane" klingt also durchaus authentisch. Nur, und das ist angesichts inzwischen dreier kompletter Alben genauso überraschend wie wenig erfreulich: Die Songs knallen nicht so richtig, sie bleiben nicht hängen, die CD mutet ein wenig langweilig an. Klar, da sind Ausnahmen wie das kultige "Satanic Thrash Hell" oder das anschließende "A World Of Lies". Wie überhaupt eine Steigerung hintenraus festzustellen ist. Ganz am Ende gibt’s dann auch eine mehr oder minder gelungene Version des Celtic-Frost-Klassikers "Morbid Tales". Alles ganz hübsch, alles ganz nett, aber wirklich interessant dürfte diese fiese Kunst nur für beinharte Thrash-Maniacs sein. Ach so: Wer sich wohl diesen Namen ausgedacht hat? Erinnert mich persönlich ein wenig an diesen Kinder-Hautcreme - aber das nur am Rande. Wer also auf Trainingsjoppen aus Plastik steht oder eben auf Old-School-Thrash, der sollte reinhören.
1991 gurgelte Johnny Dordevic für ENTOMED "I am what the world needs, I am chaos breed." Zwölf Jahre später halten fünf Männer 300 Kilometer weiter östlich dieses Motto für eine gute Ausrede, sich auf ein Bierchen in Proberaum zu verabreden und Songs im Stile des alten Schwedentodes runterzuzocken. CHAOSBREED aus Helsinki sind keine Coverband, die kostbare Zeit, die sie zusammen hocken wird hier nicht vergeudet, die fünf Songs gehen rotzig auf den Punkt. Genau genommen sind es sogar nur vier Songs, aber das Intro gewinnt mit Stil die Ennio-Morricone-Erinnerungsmedallie. Alle fünf Beteiligten sind selbst ein Teil der allerersten Welle skandinavischen Death Metals: Taneli Jarva sang auf den ersten Alben von Sentenced, Esa Holopainen und Olli-Pekka Laine sind als Gitarrist und (Ex-)Bassist von Amorphis bekannt, Marko Tarvonen von Moonsorrow ist eher Finnland-Insidern ein Begriff. Der Ideengeber von "Unleashed Carnage" ist in Skandinavien als Journalist berühmt-berüchtigt - Schlagzeuger Nalle Östermann hat sich jahrelang für das kultige Suomi Finland Perkele Magazin die Finger wund geschrieben und ist Entombed-Fan der ersten Stunde. Das beste an dieser Packung Nostalgie ist, dass die Vorbilder und Weggefährten nicht öde nachgespielt werden - die Songs sind vergleichsweise gestrafft, zum Beispiel halten die Bridges die Songs zusammen anstatt den Hörer zu verwirren. (Damals war die Bridge bei Entombed sowieso eher dazu gedacht, dass sich Band und Moshpit mal eine Sekunde lang ausruhen können, aber das ist ein anderes Thema...) Coole Portion Nackenmuskelkater!