InterviewStell doch SECRETUM einfach mal vor.
Kato: SECRETUM hören und SECRETUM sehen ist ein ganz gewaltiger Unterschied”. Und in der Tat sind wir Kreuzberger 2003 eine der aktivsten Bands aus der Hauptstadt, vor allem seit dem Release ihres ersten Longplayers "Happy Happy Killing Time” im Mai dieses Jahres. Eine Mischung aus Death/Thrash mit Hardcore-Einschlägen, die voll auf die Fresse geht. Das Label MAP (Metal Age Productions) aus der Slowakei gab uns 2002 einen Plattenvertrag. 1999 begann alles zu dritt: Kolja alias Centrox (Bass/Vocals); Jan alias Maeztro (Guitars) und Ives alias Evil_E (Drums) nahmen zwei Demos auf ("Bloody Battle Berlin” und "Stronger than you”) bevor sie im Sommer 2002 ins Headquarter-Studio zu Peter Oz gingen (u.a. Spawn). Die Scheibe war fertig und gleich danach kam der Spanier Carlos, alias Kato, mit seinem Temperament in Form von Gesang und extremem Stageacting. Im Februar 2003 bestritt man für zwei Wochen die erste richtige Tour im Vorprogramm der Schweden DEFLESHED quer durch Deutschland, Belgien und Holland. Leider verließ Centrox danach die Band, doch es dauerte nicht lange bis Jockel alias Cunteye (Bass) von NECROMORPH und Daniel alias Agrow (Lead Guitar) eingespielt wurden. Seit September kann man die Jungs in der neuen Konstellation live erleben, unter anderem mit Bands wie Pungent Stench, Die Apokalyptischen Reiter, Gorerotted, Altar, Fleshless und vielen mehr. The Metalpyromaniacs are coming…
Und jetzt kommt wie erwähnt die "fröhliche Mörderzeit"… Was passiert denn daso?
Kato: Wir reden nie von Einflüssen sondern eher von Inspirationen. Bei uns kann man alles finden was Arsch tritt und wir hören von Punk bis extremen Black Metal eigentlich alles ohne uns jetzt auf eine bestimmte Richtung einzuschränken. Ich persönlich finde die aktuelle Scheibe ganz genial, weil die Jungs es eben geschafft haben, eine brutale Mischung aus Thrash/Death Metal mit ihrer Vorliebe für Punk und HC-Sounds zu kreieren. Die Reaktionen sind bisher sehr gut gewesen. Da kann man echt nicht meckern. Es gibt aber Sachen, die wir sicherlich noch verbessern müssen, aber im Prinzip sehe ich, dass wir aufm richtigen Wege sind. Kritische Stimmen gab es vor allem wegen des letzten Tracks, dieser eine Noise-Ambient Remix von "Don’t look now”. Da kommen die meisten Metaller scheinbar nicht klar damit und es ist auch verständlich, warum. Trotzdem finde ich den Remix aber ganz nett als Bonus Track.
Mit mir am Mikro hört sich alles schon ein bisschen anders an. Jetzt müssen meine Bandkollegen mit meinem spanischen Akzent klarkommen…haha. Na ja, ich denke SECRETUM haben schon immer einen Frontman gebraucht, der die Energie ihrer Musik vor allem live inszenieren konnte. Und ich denke, dass das mir bis jetzt sehr gut gelungen ist…geh zu einem unseren Gigs und dann weißt du ja wovon ich rede hehe… Rein musikalisch betrachtet, besitze ich auch keine typische Death Metal-Stimme. Ich denke meine Töne tendieren eher in die Brutalo-HC Ecke…
Maeztro: In die Scheibe sind all die Sachen eingeflossen, die wir auch selber gerne hören von Thrash über Death bis hin zu HC und Punk. Wir wollten uns absichtlich nicht auf ein spezifisches Metal-Genre beschränken, sondern hauptsächlich Spaß an der Mucke haben und das auch rüberbringen. Dass wir das Rad nicht neu erfunden haben, ist klar, aber ich denke wir haben ein ziemlich fettes Debüt mit einem eigenen Stil hingelegt und die positiven Reaktionen von Publikum und Presse geben uns da Recht. Wer also Thrash-Riffs gepaart mit Blast-Attacken und HC/Punk-Elementen hören will, sollte ruhig mal ein Ohr riskieren.
Wo ohr gerade dabei seid: Was sagen denn die Texte aus?
Maeztro: Die Texte sind größtenteils ironisch angelegt. Es bereitet mir ausgesprochenes Vergnügen mit Metal-Klischees zu spielen und zu provozieren. Ich finde es schade, dass in der Metalszene den Texten oftmals wenig Bedeutung zugemessen wird, und es ist erschreckend zu sehen, was zum Teil für platte Lyrics produziert werden. Mir ist es dagegen lieber, mit den Texten anzuecken und zu polarisieren als Klischees wiederzugeben oder okkulten Dünnschiss zu verfassen.
Wo wir gerade bei "Bedeutungen" sind. Hat der Bandname irgendeine "besondere" Aussage?
Maeztro: Secretum ist Latein und bedeutet Abgeschiedenheit, Einsamkeit, Geheimnis usw. Das soll jedoch nicht heißen, dass wir zu denen gehören, die immer todtraurig und einsam sind und am liebsten besser heute als morgen sterben wollen. Wenn man den Namen überhaupt interpretieren will, dann vielleicht dahingehend, dass wir in gewissen Grenzen eigenständig unser Ding durchziehen wollen, auch wenn es Genregrenzen überschreitet.
Grenze, da fällt mir ein, ihr kommt ja aus Berlin. (hehehe, die Überleitung tut weh). Das war noch nie und nicht unbedingt eine harte Hochburg
Maeztro: In Berlin gibt es in der Metalszene eine Reihe großartiger Bands wie Harmony Dies, Sinners Bleed, Necromorph oder Anencephalus, die sich so gut es geht gegenseitig unterstützen. Leider ist die Clubszene hier im Metalbereich in den letzten Jahren immer ärmer geworden, so dass es schwierig ist, etwas mit großer Publikumsresonanz auf die Beine zu stellen. Es bleibt nur zu hoffen, dass sich die Lage wieder etwas bessert.
Kato: Die Bands, die Maeztro gerade erwähnt hat, sind sicherlich ein gutes Beispiel dafür, dass es sich in Berlin in Sachen Metal was bewegt. Es gibt ja aber viele andere, die auch ganz gute Mucke fabrizieren. Die Szene in Berlin ist sehr gespalten und manchmal geschehen Dinge, die man sich kaum erklären kann. Da war neulich z.B. diese "Bonded by Metal-Tour" mit Exodus und die anderen geilen Bands, wo nur ca. 150 Metalheads den Weg ins Columbiafritz gefunden haben. Echt erbärmlich. Vor einigen Jahren, wo ich neu in Berlin war, sah das alles ganz anders aus. Aber seitdem hat sich natürlich vieles getan…jetzt ist die Regierung hierher gezogen genauso wie Universal, Mtv, demnächst Viva...na ja…früher hat man mehr Metalheads gesehen, heutzutage stinkt die Stadt vor lauter Yuppies und junge Leute (neuBerliner), die sich total "cool” vorkommen, nur weil sie nach Berlin gezogen sind…
In Sachen Metal bist du aber durchaus aufgestiegen. Ich nehme mal an auf Teneriffa ist es auch nicht gerade Super-Metal? Und wie kam er denn überhaupt hierher?
Kato: Richtig! Ich komme aus Teneriffa und wohne in Berlin nun seit 1993. Bin nach Deutschland eigentlich nur zum studieren gezogen, weil mich in Spanien keine Uni haben wollte…was soll’s? Aber das war schon ein Schock damals in Berlin; vor allem was Metal usw. betrifft, öffneten sich für mich plötzlich neue Möglichkeiten wie die Konzerte, von denen ich davor nur hätte träumen können. Auf den Kanarischen Inseln hat man es als Metalfan ziemlich schwer. Aber so ab und zu nach Hause zu fliegen, ist auch natürlich sehr geil. Schönes Wetter, geiles Essen, lecker Wein trinken…und mich ein bisschen von der Deutschen Denkweise oder Mentalität erholen…haha!
Kannst du was zu Unterschieden sagen. Und ist der Heimatbegriff für dich als Auswanderer und somit Kosmopolit überhaupt noch wichtig?
Kato: Wieso sollte es nicht mehr wichtig sein? Für mich ist und bleibt Spanien meine Heimat, weil ich dort geboren bin. Klar ist Berlin seit nun 10 Jahren mein Zuhause und ich fühle mich hier ganz wohl, aber trotzdem sind die Gefühle ganz anders als wenn ich z.B. nach Teneriffa fliege. Da sind ja meine Familienagehörigen und meine langjährigen Freunde.
Berlin ist aber eine ganz spannende Stadt, die etwas Besonderes hat; mittlerweile kenne ich mich ganz gut überall in Deutschland aus und ich denke, woanders hätte ich es nicht ausgehalten.
Noch mehr "bedeutende" Fragen: Was ist denn Metal für euch?
Maeztro: Eigentlich machen wir ja Metal nur der Kohle wegen, haha, nein, mal im Ernst, unsere Motivation ist der Spaß an der Mucke. Obwohl Ives (Evil_e) und ich ursprünglich aus der Punkszene kommen, sind wir alle jahrelange Metalfans und können uns nicht vorstellen, was anderes zu machen. Trotz der engen musikalischen Grenzen im Metal gilt es immer noch, den Riff zu finden oder den Song zu machen, der besser ist als alle vorhergehenden. Und das zu schaffen, kann noch eine Weile dauern ;)
Und wie isses denn mit so einem "stolzen Spanier";-) ?
Kato: No comment...
Maeztro: Ja Carlos ist schon ne echte Bühnensau. Live müssen wir immer aufpassen, dass unsere Instrumente nicht zu Bruch gehen, wenn der spanische Derwisch über die Bühne fegt. Aus diesem Grund gibt es auch immer mal wieder Ärger mit Veranstaltern oder Bühnentechnikern, die ihrerseits um ihre PA fürchten. Aber ernsthaften Schaden haben wir noch nicht angerichtet. Das Publikum reagiert zumeist sehr positiv auf die Show, obwohl es natürlich immer auch die notorischen Nörgler gibt, denen die Action von Carlos zu heftig ist. Manchmal wäre es allerdings den Bandmitglieder auch ganz recht, wenn der "stolze Spanier" einen Ausschaltknopf besäße, damit auf den langen Autofahrten zu den Gigs auch mal für fünf Minuten Ruhe einkehrt *g*
Stehen schon denn neue Gigs fest?
Maeztro: Nachdem wir dieses Jahr viel live unterwegs waren, schreiben wir momentan neues Songmaterial und planen die Gigs fürs nächste Jahr. Wir haben da schon einiges in der Mache, was bestimmt bald spruchreif wird, aber bestätigt ist bis jetzt nur das Protzen Open Air. Schaut aber unbedingt hin und wieder auf unsere Homepage www.secretum.de, da stehen dann alle aktuellen Termine.
So ein echter Iberer ist doch bestimmt auch Fußball-Fan - oder?
Bin wahrscheinlich der einzige in der Band, der sich für Fußball interessiert. Aber sag mir bitte: kennst du eigentlich einen Spanier, der keinen Fußball mag?? Ich nicht! ;)
Meine Mannschaft ist natürlich der C.D. Tenerife, zur Zeit leider in der 2. Liga…es gab schon bessere Zeiten wie 1997 mit Heynckes…UEFA Halbfinale gegen Schalke 04…da hab ich für die spanische Presse mitgearbeitet und in Gelsenkirchen für ein paar Sender mitgeholfen…saß auf der Pressetribüne und danach gabs nur Tränen…so ein Mist war das!!!!
Außerdem wenn die spanische Elf spielt, dann kriegt das auch ganz Berlin durch mich mit…Bei der letzten WM bin ich auch total ausgerastet. Da hab ich mir Spanien gegen Irland in einer spanischen Kneipe in Prenzlauer Berg angeschaut und alle Deutschen, die da waren, waren für Irland. Unmöglich!!! Irgendwann hatte ich die Schnauze voll, bin auf einem Tisch geklettert und hab den ca. 70 Kunden da gesagt, die sollten woanders gehen: lieber zu einem irischen Pub!!!!! Als Casillas dann die Elfmeter pariert hat, hab ich dann mit runtergezogenen Hosen auf dem Tisch getanzt…Bier so früh morgens war ja nicht das Ideale für mich….hahahaha….wir sehen uns nächstes Jahr bei der EM!!!
Ich besitze sogar ein paar Aktien vom C.D. Tenerife, vielleicht weißt du ja, dass die Fußballvereine in Spanien vor einigen Jahren zu GmbH verwandelt wurden…Na ja, jedenfalls, wenn ich nach Hause fliege, dann ist ein Stadionbesuch angesagt. Damals mit 13 oder so hab ich mir meine erste Saisonkarte geholt und seitdem jede 2. Woche die Scheiß Schiris ausgebrüllt…siehst du woher meine süße Stimme?? Hahaha…
Nen fußball-bekloppten Spanier in der Kapelle, Metal Age aus der Slowakei, alles von überall. Wie kam’s denn dazu?
Kato: Metal Age Productions aus der Slowakei sind ein kleines Label, was aber sehr motiviert und engagiert arbeitet. Ihr Angebot kam echt ganz gelegen. Die Jungs wollten die Scheibe aufnehmen, als da plötzlich das Angebot von Metal Age Productions kam. Die Slowaken hatten irgendwie das "Stronger than You-Promo” gehört und waren davon begeistert. Da der Band zu diesem Zeitpunkt keine anderen Angebote vorlagen, hat man sich für dieses Label entschieden. Die Kommunikation ist am Anfang ein bisschen schwer gewesen, wegen der langen Postwege usw. Mittlerweile haben wir die ganze Mannschaft von M.A.P. schon zweimal getroffen; das letzte Mal auf der "Meet & Greet-Party” von unserem Vertrieb Twilight in Lübeck. Das sind echt ganz nette Leute mit ganz guten Ideen und vor allem Initiative. Dafür dass sie ziemlich Underground sind, leisten sie eine hervorragende Arbeit, vor allem was die Promotion angeht. Ich bin mir sicher, dass sie weiter wachsen werden und irgendwann von der ganzen "Metal-Community” (insbesondere von den Medien) berücksichtigt werden. Ein paar geile Bands haben sie schon auf Lager.
Ihr seht eurer Zukunft demnach gelassen entgegen?
Kato: Ich hoffe, wir können die Band noch bekannter machen und weiterhin viele Konzerte spielen. Mein Traum wäre natürlich irgendwann in meiner Heimat aufzutreten. Ich denke, dafür sollte eine fette Tour kommen…und das ist ja immer schwer. In diesem verdorbenem Music-Business geht es ja nur um Kontakte und um Kohle, aber wir versuchen unser Bestes. So lange wir Spaß an unserer Mucke haben, wird alles so bleiben wie bisher. Momentan denken wir darüber nach, ob wir die zweite Scheibe schon 2004 aufnehmen. Wer eine live eine energievolle und total durchgeknallte Band erleben möchte, sollte uns ja kontaktieren. Wir sind ja nicht so teuer! Hahaha…