InterviewNur wenige Dinge können wohl so unterschiedlich sein wie "Rock To The Top", die erste Auskopplung aus dem neuen Album "The Exploder" und das Stoner-Gestampfe "Lowbrow" von eurem ersten Album "The Sounds Of Yesterdays Black Grouse". In Deutschland kommt das Album erst Anfang Juli in die Läden, in Finnland ist es schon seit Mitte Mai auf dem Markt. Stimmt es, dass die finnischen Musikmagazine zweigeteilt sind: Entweder, sie mögen zwar das Album, hassen aber "Rock To The Top", oder freuen sich über die Single und lassen den Rest links liegen?
Hmm... Das hast du wohl richtig beobachtet, unsere alten Fans scheinen "Rock To The Top" nicht so zu mögen, während Leute, die bisher keinen Zugang zu unserer Musik finden konnte, endlich etwas mit uns anfangen können. Die Musikpresse scheint uns zu mögen, aber, wie du vielleicht weißt, kaufen Journalisten nicht unbedingt Platten. Das hilft uns also nicht weiter. Aber ich bin selbst mit dem gesamten Album sehr zufrieden, und das ist am Ende das wichtigste. Ich glaube, es war zwar ein dummer, aber sehr mutiger Schritt, dass wir uns ausgerechnet an diesem Punkt unserer Karriere so verändert haben.
In dem Video zu "Rock To The Top" haben sich MANNHAI als Showband auf einem Tanzwettbewerb verkleidet, das Video kann man sich hier herunter laden und anschauen. Wie seid ihr auf die Idee zu dem Video gekommen? Musstet ihr euch dazu das finnische Pendant zum deutschen Musikladen oder vergleichbar witzige Dokumentationen über die Fünfziger und Sechziger anschauen, oder habt ihr eure Eltern gefragt, wie so ein Tanzwettbewerb ablief?
Nein, nein. Der Regisseur hatte diese Idee und wir sind drauf eingestiegen: "Klar, lasst uns das machen!" Die Idee war schwachsinnig genug für ein Video wie dieses. Das nächste Video wird dafür die düsterste Szene, die man sich vorstellen kann, sei dir da sicher. Wir haben uns von nirgendwo Anregungen geholt, wir haben uns einfach so dämlich wie möglich benommen.
...oder ist Tanzen ganz einfach in Finnland immer noch die billigste Methode für eine Frau, an Alkohol zu kommen?
Mit dem Tanzen kenne ich mich wirklich nicht aus, aber ich glaube, du hast es erfasst. Ich bezahle sowieso immer die Getränke für meine Freunde. Aber Freibier schmeckt einfach am besten!
Werdet ihr in Zukunft auch in Anzügen auf der Bühne gehen? (Haha! Das frage ich hier ausgerechnet Oppu - nebenbei ist er auch Bassist bei CHAOSBREED)
Nein, nein und nochmals nein! Das wird nicht noch einmal passieren, dass man mich im Anzug sieht, hahaha!
Der frühere AMORPHIS-Keyboarder Kasper Martenson ist zur Band gestoßen, hat sich mit ein paar genialen Einfällen auf dem Album verewigt und spielt im Video mit. Aber warum ist er auf keinem eurer Promo-Fotos zu sehen?
Als wir uns zu diesem Foto-Termin getroffen haben, war Kasper immer noch in England und hat dort studiert. Deshalb waren wir zu dem Zeitpunkt auch noch nicht sicher, ob er wirklich ein festes Bandmitglied werden will oder nicht. Zum Glück hat er sich dafür entschieden, auf dem nächsten Bild wird er mit Sicherheit drauf sein.
Auf eurem letzten Album hat euer Sänger Joãnitor Muurinen alle Songtexte geschrieben. Auf diesem auch? Wovon handelt "Error 67"? Geht es euch um das Jahr, in dem die Beatles "Sgt. Peppers Lonely Hearts Club Band" und die Rolling Stone "Their Satanic Majesties Request" aufgenommen haben, und in dem Che Guevara umgebracht wurde?
... und unser Produzent Jürgen Hendlmeier ist 1967 geboren. Ich hoffe, er denkt nicht, der Song sei über ihn. Nein, dieser Song ist über das Pech, das uns bei diesen Aufnahmen verfolgt hat: Wir wurden aus dem Studio geschmissen, Jürgen hat Todesdrohungen bekommen, mein bester Freund ist gestorben, ich habe meinen rechten Arm verletzt, und so ging es weiter. Nachdem wir ein weiteres Mal das Studio gewechselt hatten und endlich wieder den Computer anschließen konnten, auf dem wir die bisherigen Songs drauf hatte, zeigte er nur die Fehlermeldung "Error 67". Keine gute Geschichte also. Aber deine Theorie war lustig.
Je älter Joãnitor wird, desto mehr hört er sich nach Ian Astbury von THE CULT an - jedenfalls in einigen Aspekten. Habt ihr keine Angst, dass genau die Hälfte von THE CULT, die immer auf Astbury warten muss bis es alle Jubeljahre mal eine Reunion gibt, sich irgendwann Joãnitor krallt?
Nein, da haben wir keine Sorge, Joañitor ist wirklich der widerwilligste Sänger, den ich kenne. Er will nur zu Hause bleiben und malen. Er ist das absolute Gegenteil all dieser Rockstar-Frontmänner. Dafür schätze ich ihn am allermeisten. Aber er würde tatsächlich großartig zu THE CULT passen...
MANNHAI haben sich im Frühjahr eine Webseite unter dem Namen ihres konservativen Premierministers Matti Vanhanen gesichert und diese Adresse auf ihre Seite umgeleitet. In Finnland hat das für eine Menge Wirbel gesorgt. Kommt die Politik in die Musikszene zurück?
Wenigstens denke ich, dass es so sein sollte. Dieser grenzdebile Präsident der USA hält auch bei Musikern das Interesse an Politik wach. Wenn man Anliegen, die einem wichtig sind, an die Öffentlichkeit transportieren kann, denke ich, dass man das auch tun sollte. Aber um ehrlich zu sein, eine richtig politische Band sind wir auch nicht. Ich glaube sogar, dass Politik nichts gutes anrichtet, darum bin ich so eine Art Anarchist. Außerdem bin ich Veganer, hehe.
Zurück zu euren Aufnahmen: Dritte Platte, dritter Produzent, dieses Mal habt ihr mit Jürgen Hendlmeier zusammengearbeitet, einem deutschen Punkrocker, den es der Liebe wegen nach Helsinki verschlagen hat. Wie war es mit ihm zusammenzuarbeiten?
Jürgen ist ein toller Produzent, es macht Spaß, mit ihm zu arbeiten. Er hat großartige Ideen und uns mit einem Mördersound überrascht. Er ist wirklich nett, aber man kann bei ihm auch voll auf Granit beißen, wenn man selbst meint, man hätte eine gute Idee, die er total daneben findet. Für "The Exploder" hat er genau den Sound gefunden, wie wir klingen wollten.
"The Exploder" ist euer drittes Album. Früher gab es mal so einen Business-Satz "Make it or Break it". Ihr hattet genau zu diesem neuen Album einen Vertrag über mehrere Alben abgeschlossen, ihr würdet also mit Sicherheit nicht gedroppt werden, wenn ihr kommerziell nicht sonderlich erfolgreich werdet. Habt ihr euch trotzdem intern unter Erfolgsdruck gesetzt?
Nein, haben wir nicht. Unser erstes Ziel ist es, gute Alben aufzunehmen, das zweite, großartige Konzerte zu geben. Das haben wir bisher mit jedem weiteren Album geschafft. Wir machen keine Musik, mit der man sich oben in den Charts breit macht. Aber es wäre schön, wenn wir zumindest in der Rock-Szene so etwas wie ein Tipp werden oder auf lange Sicht eine Art Kult-Status erreichen können. Wenn wir auf unsere alten Tage noch mal groß rauskommen wollten, wären wir nicht bei MANNHAI.
Können wir euch in Zukunft endlich mal in Deutschland live sehen, oder müssen wir erst ein Spendenkonto einrichten, um euch über die Ostsee zu bekommen?
Ich hoffe, wir spielen demnächst mal in Deutschland. Je früher du mit dem Geld sammeln beginnst, desto eher können wir uns die Flüge leisten. Nein, ernsthaft: Wenn uns ein Konzertveranstalter fragt, kommen wir natürlich. Und leider hängt so etwas auch von CD-Verkäufen und ähnlichen Business-Fragen ab. Aber eines Tages werden wir sicherlich endlich in Europa touren, und wenn es das absolut letzte ist, was wir tun, hehe. Aber bis dahin müsst ihr euch mit dem Album begnügen.
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