GWAR sind Künstler, Trendsetter und eben nicht von dieser Welt. Doch bei dieser DVD hört der Spaß auf, zumindest erschließt sich der künstlerisch-humoreske Anspruch dieses Datenträgers sicherlich nicht jedem. Also: Auf der DVD führen "Blood Bath And Beyond"-Frontviech Oderus Ungerus und Alien-Manager Sleazy P. Martini durch eine Art Award-Show. Und garnieren dies mit der History der Fremdwesen-Horde und selten gesehener Konzert-Ausschnitte und andere seltener Schnipsel. Vielleicht deswegen so selten, weil unterirdisch schlecht? Der Sound ist Lärm, die Bilder so mies wie die Urlaubsaufnahmen meines Vaters mit seiner ersten Videokamera. Trash as Trash can - (ja, ohne "h"). Extrem-GWARianer werden’s dennoch lieben, weil hier mal wieder gesplattert wird, was Tuschkasten und Farbbeutel hergeben. Kopp ab, Schwanz ab, Arm ab, einfach alles ab. Und alles rein, in Frauen, ob sie wollen oder nicht, in Monster-Kinder. Mord- und Dotschlag, Kot, Kack, Sperm nicht zu vergessen. Die ganze Orgie in Bäba wird dazu auch noch zelebriert in hektischen Schnitten, die auf Dauer echt nerven. Wie gesagt: GWAR-Fetischisten müssen zugreifen, Sympathisanten können’s, wer aber nur neugierig ist, der schaue sich lieber eine Live-Show an. Vielleicht blasen die Extra-Territorialen ja mit der neuen Scheibe zum Vernichtungszug auf deine Siedlung. Rein künstlerisch, versteht sich.
Da sind sie wieder, die britischsten Amis. Die Nordamerikaner sicherten sich auch 2006 wieder die Unterstützung Joe Gittlemans (Ex-Bassist der Mighty Mighty Bosstones) –und der sorgte für viel gute Laune im Songwriting. Hosen-Campino hätte seine helle Freude daran, diese Band zu covern - hier rotzt der Punk auf die Straße, hier lacht der ranzige Typ bierselig. Die BRIGGS bekommen ihre räudige Mischung hin, und zwar in feinem Zwirn und mit einer Entspanntheit, die an das Beste aus Dropkick Murphys, Clash, Sham 69 und Social Distortion erinnert - gleichzeitig, wie sich von selbst versteht: Dreckig und doch nett, harmonisch und doch agressiv , gut gelaunt und doch nachdenklich. Schätze, wie diese Band klingt, so haben sich die Arbeiter-Punks der Gründerzeit gefühlt, als sie sich gegen das Establishment auflehnten. Und solange eine Band Songs wie den genialen "Song of Babylon" schreibt (Wenn schon Johny Thunders nicht mehr lebt), dann ist es auch völlig egal, dass tätowierte Straßen-Punks inzwischen längst selber zur etablierten Elite gehören. Als Begleitmusik für ein gutes Bier (oder einen Haufen mehr als acht) und einen Whiskey in einer schummrigen Pinte gibt es vielleicht keine bessere.
Mit vier Live-Tracks und einen Videoclip (zu "Doomsday Comfort") haben Dynamic Arts die Neuauflage des DEATHBOUND-Debüts "To Cure The Sane With Insanity" aufgepeppt und der Scheibe darüberhinaus noch ein neues Artwork verpasst, was eines der blutigsten Digipacks ergibt, die ich in letzter Zeit gesehen habe. Die vier Live-Tracks sind qualitativ in Ordnung, drei der Songs finden sich aber auch beim Nachfolger-Album. Die originalen neun Tracks des Finnen-Debüts bieten ultra-heftigen Grindcore, der besonders ROTTTEN SOUND-Drummer Q alles abverlang. So oft, wie sich die Songs in Blast-Attacken ergehen, muss der Mann ein echtes Konditionswunder sein, um nicht nach einem Song nach Luft japsend vom Hocker zu kippen. Das ist gleichzeitig das größte Manko der Finnen: die Songs ähneln sich zu sehr. Auf dem Nachfolger haben sie mit groovigen Mid-Tempo-Parts versucht, vom puren Geballer wegzukommen, bei ihrem Debütalbum sahen sie dazu noch keine Notwendigkeit, kompromißlos reiht sich Blast-Part an Blast-Part. Bei der Gitarrenarbeit haben sich hin und wieder punkige Riffs eingeschlichen ("´Silent City Deathcount"), die immerhin für etwas Abwechslung sorgen. Das reicht aber nicht, um die Scheibe abseits der Die Hard-Grindcore-Fraktion Freunde finden zu lassen. Solide gemacht, aber wirklich nur was für beinharte Freaks.
Nach der Split-CD mit Fated scheint Torsten der Unhold mit seinem Projekt AGRPYNIE ein wenig Lebensfreude gefunden zu haben. Während auf der Split suizidale Depression dominierte, macht sich auf der vollen Scheibe jede Menge Hoffnung breit. Vor allem das coole, sehr melodiöse "Kerkenseelenwanderung" vermittelt mit benahe süßlichen Melodien ein klein bisserl Optimismus. Die einem der "Spiegel?" dann aber sofort mit viel Tempo und Urwuchs wieder austreibt. Mit diesem Nocte-Obducta-Nachfolger gibt es immerhin eine Alternative für anspruchsvolle Black Metaller, die gern auch mal Keyboard hören, erhabene Melodien aber schleimigen Klebstoff vorziehen. Die Scheibe ist abwechslungsreich und detailverliebt, ohne den Hörer zu überfordern. Das Album hat Härte und Tempo, ohne auf Deibel-komm-raus- zu übertreiben. Und es hat mächtige Melodien, die aber nicht auf übertriebenen Bombast setzen. Nichts z vergessen, wenn auch zu erwarten: Die deutsche Texte streifen nicht ein einziges Mal den Zaun zur Peinlichkeit. Alles in allem ein gutes, trauriges Album oder, um es mit einem kleinen Zitat zu beenden: "Spieglein, Spieglein an der Wand, wohin ist das Licht im ganzen Land" - solange es noch solche Bands gibt, ist der Ofen noch nicht ganz aus!
Das BULLET FOR MY VALENTINE Feuer brennt munter weiter. Die "Hand Of Blood EP" gießt einmal mehr Öl in die Flammen dieses modernen Metals. Als Appetizer für die kurz darauf erscheinende DVD "Live At Brixton" enthält die EP fünf Liveversionen der Waliser Jungs. Die Beschränkung auf Maxis und bekannte Songs und auch die Kürze der EP bringen nicht das runde Feeling eines Konzerte rüber. Die Songs sind hart aneinandergereiht und bildeten beim Konzert in Brixton keinen zusammenhängenden Block. Sie bieten aber einen Einblick in die wuchtige Livequalitäten und dienen darüber hinaus als eine Art "Mini Best Of". Wenn das Publikum bei "Hand Of Blood" lautstark den Chorus mitbrüllt, kann man sich schon mal die Finger lecken nach der DVD. Der Gesang und die Instrumenten kicken ordentlich, technisch sauber und kompakt wirken BULLET FOR MY VALENTINE auf der Bühne. Bei "Suffocating Under Words Of Sorrow" passen die cleanen Gesangsparts und die Growls wie Puzzlestücke ineinander. "Cries In Vain", "Tears Don’t Fall" und "All These Things I Hate" machen die Handvoll komplett. Die "Hand Of Blood EP” ist was für Fans die sich nicht bis zur DVD gedulden können. Leider ist sie aber auch ein sehr offensichtlicher Versuch, Geld mit wenig Aufwand zu verdienen.
DELERIUM eröffnen "Nuages Du Monde" mit leichtem Ethnoeinschlag bei ansonsten massiv poppigem Gesamtappeal: "Angelicus" begeistert eine gute halbe Minute mit sehr präsenten Vocals und bombastischen, fast sakralen Klängen. Jede Luft nach oben und jeder Spielraum einer musikalischen Entwicklung wird dann von einem einfachen Beat geraubt. Eine DELERIUM Krankheit. Die beiden Kanadier Leeb und Fulber verdienten sicherlich den Großteil ihrer Reputation mit den wegweisenden FRONTLINE ASSEMBLY, der breiten Masse ist DELERIUM aber definitiv bekannter - nicht zuletzt durch den fast zehn Jahre alten Überraschungserfolg "Silence", der auf dem damaligen "Karma"-Album musikalisch eigentlich eine Ausnahme darstellte. Heute versuchen die Beiden mit einer immernoch großen Schar von Gastmusikerinnen daran anzuknüpfen. Nicht zum ersten Mal dabei sind Johnston (FAITHLESS) und Thirsk, zum ersten mal leihen dagegen Bayrakdarian und Ahluwalia ihre ausgebildeten Stimmen. Aber bei aller Klasse der einzelnen Sängerinnen ist das Dilemma dieses Projekts schnell ausgemacht: Pop ist wahnsinnig ersetzbar und so sind es viele der Sängerinnen. Dielemma Nummer Zwei: Es war immer Fulbers Stärke den Überblick bei eigentlich viel zu massig instrumentierten Stücken zu behalten. Doch nur "Tectonic Shift" gönnt er wirklich viel Zeit um sich zu einem beinahe erdrückenden Soundteppich zu entfalten. Es sind die oftmals ins klassische tendierenden Gesangsstimmen die dem Genre Pop eigentlich keine Ehre machen und so den Eindruck vermitteln, dass Fulber sich absichtlich und sehr gekonnt zwischen die Stühle setzt. Nur bei "Lost And Found" gelingt ein wirklich radiotauglicher Ausflug. Zum Glück bleibt es bei einem.