Manch Review schreibt sich einfach, mancher nicht. Einige Infoblätter, die der Veröffentlichung beiliegen, sind voller Selbstbeweihräucherung und laufen über mit Metal-Phrasen, andere liefern nötige Infos. Und dann gibt das zum neuen HUMAN ABYSS-Werk „Death Obsessed“. Denn das berichtet von Sänger Lynn, seiner Intergeschlechtlichkeit und den dramatischen Folgen. Unkenntnis der Thematik verhindert keine Betroffenheit, im Gegenteil. Deswegen folgt der originale Info-Text am Ende des Reviews. Zur Musik: Die Berliner machen richtig geilen Death Metal, schwarz angetüncht. Sie tun dies nur noch mit Lynn und Leadgitarrist Chris in Originalbesetzung, aber durchaus prominent dazu gekommen sind zwei Mucker der großartigen Spawn und es gibt Unterstützung von mighty Britta Görtz von Hiraes, vorher Cripper. Sie ist inzwischen auch als Vocalcoach tätig und hat den Gesang auf „Death Obsessed“ produzierte, dem Nachfolger von „Anatomy of Anxiety“ produziert. Und das hat genauso gut geklappt, wie die restliche Werkelei im Kohlenkeller. Und die Musiker sind eh über alle Zweifel erhaben. Professionell wie hulle das alles!!! Und die Songs? Mehr Death als Black, die oft schrill schreiende, seltener grunzende Stimme ist mehr Black als Death, was aber in Gänze eine sehr dunkle Stimmung erzeugt und sehr aggressiv wirkt. Meistens im höheren Tempo verhaftet, schaffen es die Berliner aber auch zu tollen catchy Melodien wie im wunderbaren „Temple“. Und auf „Cut“ wirkt Frau Görtz selber mit und verkauft geiles Metal-Shouting wie andere Leute gekonnt Schuhe – nur viel wütender und sehr brutal. Insgesamt ist „Death Obsessed“ eine tolle Veröffentlichung, die durch den Hintergrund wohl noch mehr berührt als sie es sowieso schon täte. Kaufen und Hören! Streaming:https://humanabyss.bandcamp.com/
Zur Info aus dem Info: „Noch bis in die Mitte der 80er wurden Kinder in Deutschland innerhalb ihrer erste zwei Lebensjahre ohne Schmerzbehandlung, sprich Narkose, operiert. Kinder, die völlig gesund, aber eine Variante der Geschlechtsentwicklung (Intergeschlechtliche Menschen) aufwiesen, wurden damals wie heute mit enormen medizinischem Aufwand. Oft unaufgeklärt, operativ an die körperliche Geschlechter-Norm angeglichen. Ungehört und Ungeachtet sind die dramatisch physischen und psychischen Konsequenzen der Betroffenen. Mediziner hingegen positionieren sich als "Helfer" und "Retter", obwohl die meisten Behandelten schwer unter den Folgen leiden. Das Phänomen der körperlichen Realität und Existenz von Intergeschlechtlichkeit in unserer Gesellschaft wird auch durch diese Eingriffe weitgehend unsichtbar gemacht.“
Ja, SCAVENGER gab es in den 80ern schon einmal und trotzdem nein, das ist keine Reunion. SCAVENGER 2024 sind eine neue und hungrige Band, welche mit dem Segen der originalen Band deren Vermächtnis nicht nur verwaltet, sondern auch um neue und spannende Kapitel erweitert.
2020 veröffentlichte man als erstes Lebenszeichen eine Single, welche schon aufhorchen ließ und deren 2 Tracks der CD-Version als Bonus beigefügt wurden.
Das eigentliche Album startet mit dem unheilschwangeren Intro „The Warning Bell“ bevor es mit „Black Witchery“ gleich in die Vollen geht. Klassischer Heavy Metal mit Hang zu viel Speed in fettem, aber natürlichem Sound und dessen liebevoll ausgearbeiteten Gitarrenparts sofort aufhorchen lassen. Gitarrist Tim hat einen Hang zur Perfektion, welchen man in den detailreichen Kompositionen wahrnehmen kann. Als nächstes fällt der massiv verbesserte Gesang von Fronterin Tine auf, welche in den letzten Jahren nicht nur an Power und Kontrolle, sondern vor allem an eigenem Profil gewonnen hat. Klang am Anfang der Karriere noch des Öfteren Kate von ACID durch, so bekommt man nun Tine pur. Ihre Stimme trifft genau die richtige Balance zwischen punkiger Rotzigkeit und kraftvoller Rockröhre.
Mit „Watch Out!“ bleibt das Tempo hoch und die Riffs sägen herrlich oldschoolig durch die Botanik. „Street Fighter“ reduziert zwar das Tempo ein wenig, hat aber nicht weniger Energie als die beiden ersten Songs und erinnert ein wenig an die rauen Anfangstage diverser L.A. Bands wie MÖTLEY CRÜE, DOKKEN oder LION. Mit „Defiler“ geht’s wieder in die Vollen und hier lassen dann tatsächlich mal ACID grüßen aber eben in einer 2024 Variante: Frisch und unverbraucht. Bei „Hellfire“ beweisen SCAVENGER, dass sei auch die melodischen Klänge beherrschen und servieren eine fette Midtempo Nummer, die tatsächlich das Zeug zum „Hit“ in 80er Metal Kreisen hat. Besser machen das aktuell HITTEN oder STRIKER auch nicht. „Slave To The Master“ weckt Erinnerungen an „Nightcrawler“ von JUDAS PRIEST und versprüht eine düstere Atmosphäre. Das Stück überzeugt mit vielen Tempowechseln und es ist immer wieder erstaunlich, wie ein solch junge Band dieses authentische 80er Feeling reproduzieren kann. Mit dem alten Knoblauchfreund „Nosferatu“ wird dann nochmal Gas gegeben und SCAVENGER beweisen wieder einmal, dass sie den Speed Metal offenbar mit der Muttermilch aufgesogen haben. „Crystal Light“ beschließt das Album mit melodischem, aber treibenden Riffing und lässt ein echtes „Burning The Witches/Hellbound“ Feeling aufkommen. Im weiteren Verlauf gibt es sogar noch leichte MAIDEN Anleihen zu bestaunen.
„Beyond The Bells“ ist ein echtes Highlight in der immer noch rollenden NWOTHM und wer auf Bands wie SOLICITÖR, COVEN JAPAN, SHADOWLAND oder eben auch BLACK KNIGHT oder BLACKLACE steht, sollte den „neuen“ SCAVENGER auf jeden Fall ein Ohr leihen.
Sämtliche Titel von No Remorse Records muss man nun endlich nicht mehr direkt in Griechenland bestellen, denn man hat mit High Roller Records einen starken Partner hier vor Ort gefunden.
Parallel zu seinen alten Kollegen von CRIMSON GLORY greift auch Wade Black noch einmal an. Der Name ASTRONOMICA suggeriert eine Nähe zu CRIMSON GLORY, die musikalisch eigentlich nicht vorhanden ist. Was ich aber als positiv sehe, denn das Original gibt es ja. Wade hat offenbar auch gar keine Lust auf Retromucke. „The Awakening“ ist sehr modern produziert und bietet zeitgemäßen Metal, welcher mal hart und aggressiv („Deceiver“) aber auch melodisch-episch („Darkness Falls“) aus den Boxen dröhnt. Technisch ist hier natürlich alles höchstes Niveau und Wade hat wieder einmal absolute Könner um sich geschart. Manchmal erinnert es mich an eine entspanntere und melodischere Variante des aktuellen Sounds von TRAUMA. Schön sind kleine Kabinettstückchen wie das Basssolo in „Fate Of Faith“ oder die vielen proggigen Soli wie im bereits erwähnten harten Opener „Deceiver“ oder in „Hellwalker“. Wade Black tut es hörbar gut, dass er endlich mal befreit performen kann und keinen übermächtigen Schatten im Rücken hat, wie es eben bei CRIMSON GLORY aber auch bei LEATHERWOLF der Fall war. Die hohen Screams sitzen zwar noch, dennoch gefällt er mir in mittleren Tonlagen am besten. Gerade das äußerst melodische finale Stück „Sirens“, wo er den Aggroshouter wegpackt und seiner Stimme mehr Raum gibt, gefällt mir ausgesprochen gut. Ich bin gespannt, wie sich „The Awakening“ behaupten wird, da es sich doch zischen die Stühle platziert: Kein neues Futter für die reine Oldschoolfraktion aber eben auch kein Modern Metal Album, sondern etwas Zeitloses dazwischen und das kann Fluch und Segen zugleich sein.
THEY CAME FROM VISIONS aus der ukrainischen Hauptstadt Kiew gründeten sich 2019. 2020 erschien ihr Debüt “Cloak Of Darkness, Dagger Of Night” und zum zweiten Album "The Twilight Robes" stehen sie nun bei Eisenwald unter Vertrag. Ihr Atmospheric Black Metal klingt rau, ist mal von Schwermut und mal von kämpferischer Epik geprägt. Freunde von Kapellen wie WIEGEDOOD sollten hellhörig werden.
„Lughnasadh“ heißt das folkloristische Intro: nach Hammer und Amboss erklingen cleane Gitarre, Laute und Co.. „Der Krieg, der in ihrem Land tobt, beweist, "dass die Welt heute nicht weniger grausam und gewalttätig ist als im Mittelalter", betont die Band im Pressetext. So schaffen die Musiker eine schmerzliche Verbindung zwischen Vergangenheit und Gegenwart. Die folkloristische Tönung lässt aber bald nach und auf dem Album erwartet uns Hörer eher puristisch gehaltener Melodic Black Metal. Die Gitarre klingt zum Teil schrill klirrend und nimmt in der Produktion eine sehr präsente Rolle ein. Die anderen Instrumente, wie das Schlagzeug, werden zeitweise in den Schatten gedrängt. Produziert wurde im bandeigenen Proberaum und Zuhause; geprägt vom Kriegsgeschehen in der Ukraine. Der einfache und raue Sound macht aber auch einiges an Reiz aus. Daher ist es letztendlich egal, ob dies Kalkül ist oder auch an den fehlenden technischen Möglichkeiten liegt.
„Equinox Ablaze“ ist ein schöner atmosphärischer Song; er wechselt im Tempo und in den langsameren Parts setzt melodischer Klargesang ein. Ansonsten wird kräftig gekeift. Es folgt das Highlight “Burning Eyes, Blackened Claws” mit einer super Gitarrenmelodie, die im Kopf bleibt. Diese Art Black Metal zu zelebrieren ist klasse: Melodie und Aggressivität in gewinnbringender Co-Existenz.
Das abschließenden Titelstück zeigt vor allem zu Beginn mehr Härte und Tempo, im Verlauf folgen sakral anmutende Gesänge und es kommen BATUSHKA-Vibes auf. Der Song klingt ein wenig wie ein vertonter Horror-Film.
"The Twilight Robes" wurde von dem Gitarristen „Voice of Gloom“ gemischt und vom Bassisten „Voice of the Deep“ gemastert. Das Artwork stammt vom ukrainischen Künstler Mykhailo Skop alias „Neivanmade“. Die anonyme Band trägt mönchartige Roben und Imker-Masken und posiert mit folkloristischen Instrumenten. Alles ziemlich dick aufgetragen, wenn ihr mich fragt. Aber das dachte man sich bei Bands wie AARA ebenso und solange die Musik stimmt, können wir den Firlefanz getrost in Kauf nehmen.