MELANCHOLIC SEASONS sind fleißig bis unermüdlich – und das seit 1995, zumindest Gründungsmitglied Andi Henke. Und sie sind mit viel Herzblut dabei, verschicken echte CDs und kreieren auch alle Info-Materialien liebevoll. Umso krasser, wenn so etwas passiert, wie Band es beschreibt: „Wir mussten erleben, dass aus dem versendeten Promomaterial sowohl CDs, also auch diverse Aufkleber und Flyer entwendet wurden. Nachdem wir zunächst 55 Umschläge gepackt und auf verschiedene Postkästen in Frankfurt verteilt haben, bekamen wir in der Folge über 20 Mails, die entsprechenden Verlust rückgemeldet haben. Wir haben dann erneut 17 Sendungen aufgegeben, diesmal in einer Postfiliale, die Versandtaschen zudem mit Klebeband gesichert. Erneut bekommen wir Rückmeldungen, dass auch diese Sendungen geöffnet und wieder CD samt weiterem Material entwendet wurde. Diese Systematik macht uns fassungslos. Uns liegen hier Fotos vor, die belegen, dass die Sendungen mit einem Messer aufgeschnitten wurden. Wir können uns nicht erklären, was jemand mit den CDs anfangen will. Uns ist schlimmstenfalls damit bereits ein Schaden von über 700 Euro entstanden. Aktuell überlegen wir intensiv, wie wir gewährleisten können, dass unsere Post durchgeht. Wir werden in jedem Falle das äußere Erscheinungsbild der Umschläge so gestalten, dass eine Zuordnung nicht mehr so einfach möglich ist. Auch werden wir die Umschläge nicht mehr in Frankfurt einwerfen, damit ein anderes Verteilzentrum angesteuert wird. Wir haben den Vorgang zudem bei der Bundesnetzagentur gemeldet, auch an die Post sind entsprechende Beschwerden gerichtet.“ Inzwischen ist die fürs Metal Inside gedachte und geklaute CD angekommen – und sie lohnte das „Warten“. Nach „The Crypt Of Time” (2022) und der neu eingespielten Compilation “Past Seasons Pt.1 - The Early Days” (2023), kommt jetzt das neue Mini-Album „Im Takt der Keule“. Dabei gehen die Hessen härter als vorher zu Werke, wo bis dato modernerer, melodischer Thrash mit Power Metal regierte, geht es jetzt – bewusst, wie die Band sagt – pur-thrashiger zur Sache. Höre „Mach keine Assimoves“, bei dem der Gesang sogar ein bisschen Death Metal durchklingen lässt. Aber selbst in diesem brettharten Stück gibt es neben messerscharfen Riffs auch immer wunderbare Gitarrenmelodien und genauso solch einprägsame Soli. Die deutschen Texte kommen ohne jegliche Peinlichkeiten aus, gehen kritisch mit dem kapitalistischen System um und kommt am 1. Mai, dem Tag der Arbeit. Englisch können die Rodgauer auch, wie das abschließende und flotte „The Ultimate Sin“ beweist. Dazu gesellt sich eine fette Produktion, die das Album zu einem echten professionellen Werk macht. Gut! In diesem Sinne ist für MELANCHOLIC SEASONS zu hoffen: „Metal-Genossen, wir treten den kapitalistischen Konzernen so richtig in den Hintern und fordern die Revolution. Die Metaller-Klasse wird den Sieg erringen!“ Hört es euch an! Mehr Info hier: Melancholic Seasons. PS: Die Jungs suchen einen Drummer!
Setzt euch in euren Polo, macht die neunte HIGH ON FIRE-Scheibe „Cometh The Storm“ an und Ihr fühlt euch auf der verstopften A7 wie im Straßenkreuzer auf einem leeren Highway in Arizona. Das liegt nicht nur am neuen Schlagzeuger Cody Willis (Melvins) und seinem mächtigen Getrommel, sondern vor allem an den staubtrockenen Songs wie dem herausragenden „Burning Down“, „Trismegistus“, das harte „The Beating“ oder dem schleppenden Titelstück und am mächtigen Sound. Mit dem sie ja sogar schon mal einen Grammy gewonnen haben. Die Kalifornier um den stets wütend schreienden Bandchef Matt Pike kippen erneut mächtigen Sludge-Stoner-Doom-Harcore-Metal über dem Hörer aus, so dass dieser immer schneller fährt und im Land der unbegrenzten Möglichkeiten sicherlich Bekanntschaft mit bewaffneten Cops machen würde. Und es gibt sogar hörbare Überraschungen, denn in „Lambsbread“ und dem Instrumental „Karanlik Yol“ fahren die Amis in Richtung Arabeske. Textlich geben die Jungs im Auto dazu noch einen kleinen Geschichtskurs in Sachen Mythologie. Es groovt, es staubt, es rockt überall – ächz. Die Jungs sollten mal mit Crowbar auf Tour gehen – und wir fahren alle mit unserem 60-Tonner-Gigaliner hin. Mächtig gewaltig!
Praying Mantis sind ein Phänomen: Sie sind die Band, welche sich in traditionellen Metalkreisen einer sehr großen Beliebtheit erfreut, ohne jedoch eine klassische Metalband zu sein. Auch wenn das Debüt von 1980 als eines der großen Alben der NWOBHM gilt, waren und sind PRAYING MANTIS eine äußerst melodische (Hard) Rock Formation. Und diese Melodien machen auch Album Nummer 12 (ohne Livealben und Compilations) wieder zu einem wahren Genuss. Die oftmals zweistimmigen Gitarrenharmonien sind unverkennbar und laden zum Träumen und Entspannen ein. Dabei bleiben PRAYING MANTIS aber immer voller Energie und die Spielefreude, welche sie auf der Bühne zeigen, ist auch bei „Defiance“ allgegenwärtig.
Im Vergleich zum direkten Vorgänger „Katharsis“ agiert man sogar wieder eine Spur heavier und energischer. Die Stücke sind allesamt unfassbar geschmackvoll arrangiert und überaus durchdacht komponiert. Kein höher, schneller, weiter, sondern schlicht und ergreifend handgemachte, großartige und ehrliche Rockmusik von gestandenen Musikern, die sich niemandem mehr beweisen müssen.
Sänger Jaycee Cuijpers liefert einmal mehr eine unfassbare Performance ab. Kraftvoll, warm, melodieverliebt…einfach einer der Besten in seinem Metier. Ich gehe sogar so weit zu behaupten, dass er im RAINBOW Cover „I Surrender“ Joe Lynn Turner in den Schatten stellt. Weitere Highlights sind für mich das entspannt-melancholische Titelstück, der tolle Up-Tempo Rocker „Feelin‘ Lucky“, das traumhaft schöne „One Heart“ und das schon fast tanzbare „Standing Tall“. Auch den straighten Rausschmeißer „Let’s See“ möchte ich noch extra erwähnen: hier kratzen PRAYING MANTIS dann tatsächlich mal am Heavy Metal und erinnern etwas an „Forever In Time“ Zeiten.
PRAYING MANTIS sind weder oldschool, noch trendy, sie sind einfach sie selbst und das ist mehr als genug. Mit „Defiance“ festigen sie ihre Ausnahmestellung und fügen ihrem Vermächtnis einen weiteren Baustein hinzu.
Seit 15 Jahren musizieren die DRUNKEN SWALLOWS in Sachen Punk Rock der gefälligen Art – ein paar Schwalben machen also keinen Sommer, aber immerhin beständiges Wetter. Sozusagen. Dass die Nordlichter mit GbR-Sitz in Timmendorf aus Oldenburg/Holstein vor den Toren Fehmarns stammen, verwirrt und lässt eher auf Surfer- oder Lounge-Musik für die Menschen bei Gosch oder Santiano für die Segler schließen. Aber die 13 Titel auf „Im Namen des Wahnsinns“ bewegen sich gekonnt in der Tradition von Hosen, Kärbholz, Feine Sahne Fischfilet und all den anderen Deutsch-Rock-Punks. Die Schleswig-Holsteiner beziehen sich zwar im gelungenen Song „Chaostage“ auf die norddeutsche Punk-Ursuppe, wirken aber irgendwie zu geputzt für Dosenbier, Einkaufswagen-Surfen, Fußgängerzone-Asselalarm, Dead Kennedys und Black Flag sowie die stinkinge Enge im JUZ Korn. Die sehr clean produzierte CD mit dem noch sauberen Gesang von Gitarrist Frank Hoffmann bringt alles, was sie soll und will: eingängige Riffs, klebrige Mitsing-Parts, melodische Songs inklusive Halbballaden, okaye Texte mit Gesellschaftskritik über alle möglichen Missstände, jugendliche Wut und Träume, aber auch über Party-Porno und Sauf-Sansibar. Es gibt nicht viel zu kritisieren an diesem sehr professionellen Album und die Zielgruppe wird förmlich ausrasten vor Glück, wird sich die Klamotten vom Leib reißen und nackig ums Reihenhaus laufen. Nur schockieren wird dieses Album niemanden mehr, dieser „Punk“ ist Mainstream – und das ist auch gut so. Aber es fehlt eben die nötige Portion Dreck. Das ist so wie mit den Kindern von Hubschraubereltern, die ihre Lütten nicht mehr in Sandkiste spielen lassen, weil das zu schmutzig ist. Es fehlt also die Eskalation, obwohl die Band diese in „Küstenjungs“ beschwört.
Das Leben hält immer wieder Überraschungen bereit. Ziemlich selten ist es jedoch geworden, dass diese aus dem Bereich der (harten) Rockmusik kommen. Schafften es Anfang der Neunziger noch Bands wie PSYCHOTIC WALTZ, ANACRUSIS oder THOUGHT INDUSTRY alte Muster in Sachen Musik und Text aufzubrechen, wurde es um wirklich innovative Sounds in der Heavy Metal-Szene in den letzten Jahren leider doch ruhig. OU (gesprochen "O") aus Bejing, China scheinen nun alles aufholen zu wollen und gehen gleich noch einige Schritte weiter. Mit prominenter Unterstützung durch keinen Geringeren als DEVIN TOWNSEND navigieren OU auf ihrem zweiten Album "II - Frailty" durch ein Klanglabyrinth, das eigentlich jeden ziemlich verstört zurücklassen muss, der sein Leben mit westlicher Musik zugebracht hat. OU setzen auf Harmonien, die stark von ihrer asiatischen Herkunft geprägt sind und verquicken diese mit modernstem Prog der Marke POLYPHIA.
Der Titeltrack eröffnet das Werk und eine säuselnde Keyboardmelodie wird nach exakt sieben Sekunden von instrumentalem Stolper-Stakkato und dem exzentrischen Gesang von Sängerin Lynn Wu überlagert. Eigentlich scheint hier nichts zusammen zu passen und es ist Geduld notwendig, um sich auf den musikalischen Kosmos von OU und dessen Sogwirkung einzulassen. Hier ist echte (Mit-)Arbeit durch den Hörer gefragt, ein Erfassen und Gefallen beim Erstkontakt ausgeschlossen. Gerade das macht jedoch den Reiz von "II - Frailty" aus. Dabei reicht die Bandbreite von brutalem Metal in "Purge" über hörbare Einflüsse von IDM à la APHEX TWIN in "Capture and Elongate (Serenity) bis zu sphärischen Klängen, die BJÖRK gut zu Gesicht stünden ("Reborn").
Endlich kommt eine Band mal wieder mit etwas komplett Außergewöhnlichem aus der Deckung, auch auf die Gefahr hin von Teilen der Szene belächelt zu werden. Aber das ging eingangs erwähnten Bands kaum anders. Nur sind wir jetzt über dreißig Jahre weiter. Jedem der an innovativer und wahrhaft progressiver Musik interessiert ist, muss sich mit diesem Album beschäftigen. Wer schon mit dem Debut "One" aus dem Jahr 2022 eingefangen wurde, wird ohnehin auf seine Kosten kommen, sind die Kompositionen bei aller Abgefahrenheit doch kompakter und (darf man in diesem Rahmen eigentlich sagen?) "eingängiger" ausgefallen. Ein Anwärter auf das Album des Jahres ist OU auf jeden Fall gelungen.
ABORTED haben sich ein passendes Thema für ihre neue Veröffentlichung überlegt: sie besingen auf „Vault Of Horrors“ ihre Lieblings-Horrorfilme: „Death Cult“ handelt zum Beispiel von „The Texas Chainsaw Massacre“ und in „The Shape Of Hate“ dreht es sich um den Klassiker „Halloween“. Zu jedem Song kommt ein anderer Gastsänger, das ergibt eine stattliche Gästeliste. Vielleicht eine vorgezogene Geburtstagsparty: die Band steht kurz vor ihrem 30-jährigen Jubiläum. Gemeinsam mit de Caluwe brüllen unter anderem Ben Duerr, Francesco Paoli und Jason Evans.
ABORTED nutzen altbekanntes Brutal Death-Geholze und fügen Nuancen von modernem Deathcore, sowie angeschwärzte Momente hinzu. Der mitunter atmosphärische Synthi-Einsatz erinnert in Tracks wie „Death Cult“ an Kombos wie LORNA SHORE. Die orchestrale Note des Albums erinnert ebenso an den letzten Streich von CARNIFEX ("Necromanteum"). Bei CARNIFEX und ABORTED ist Spencer Creaghan, Komponist für Film-, Fernseh- und Videospiele, als Gast am Synthesizer. Die beiden Bands touren übrigens derzeit zusammen durch Europa.
Mit Daníel Máni Konráðsson ist ein neuer Gitarrist zur Band gekommen. Bassist Stefano Franceschini hören wir auf dem Album noch, er verließ nach den Aufnahmen aber die Band. Für ihr zwölftes Studioalbum haben sich die Belgier mit Nuclear Blast zusammengetan. Vorgänger „ManiaCult“ aus dem Jahr 2021 wurde noch via Century Media Records veröffentlicht.
Also Vorhang auf für ein kleines bisschen Horrorshow: „Vault Of Horrors“ startet mir “Dreadbringer”: die breitbeinige Death-Grind-Nummer mit Deathcore-Schlagseite hat bereits einiges an Double-Bass-Geballer im Gepäck. Zu „Brotherhood of Sleep“ wechseln sich Tempo und Dampfwalze ab, das Schlagzeug hat zwischenzeitig Maschinengewehr-Charakter. „Hellbound” hat viel Melodisches, aber auch Nackenbrösel- Breakdowns. „Insect Politics“ ist groovender technischer Death Metal par excellence. Das düstere „The Golgothan” gibt mir zum Teil (neuere) DIMMU BORGIR-Vibes und „The Shape of Hate” ist ein symphonisches Blastbeat-Massaker. Die Produktion der Scheibe ist sehr intensiv, dicht und laut. „Vault Of Horrors“ ist ein gutes Album voll angriffslustig blutgetränkter Monstrosität.
Der Name lässt an einen kroatischen Fußballer denken, aber HUDIČ sind eine belgische Metal-Band. Der Name kam zustande, weil die Kumpels 2018 auf den Metaldays in Slowenien auf die Idee kamen, eine Band zu gründen. Und den Geist der ehemaligen Teilrepublik mit "Hudič" – dem "Teufel“ in deren Landessprache – ehren wollten. Wie passend, denn die Belgier schreiben sich "klangliche Dunkelheit" auf die Fahne! 2019 folgte die erste EP „Ne Ergo Dimittas“, 2024 das erste Album „Into the Abyss“. Düster ist es in der Tat, was die Flamen da anliefern. Black, Death und Thrash Metal vermischen die Jungs zu einer Mischung, die zündet, gekonnt rasante Melodien rüberbringt (Opener „Temporal Purgatory“), terrormäßig thrasht wie das riffige „When The Stars Align“, und deatht und groovt und alles. Nun könnte der geneigte Kritikaster meinen, die Bande aus dem Land der Kartoffel-Stab-Experten setzt sich zwischen alle Stühle, aber es ist ja wie es ist. Oder eben nicht! Denn wenn es dort derart viele Pommes-Saucen gibt, warum soll eine Metal-Band nicht auch vielen verschiedenen Stil-Ausprägungen frönen? Zumal sie sich in den verschiedenen Gebieten wohlzufühlen scheint. Nicht ganz so gut geht es dem Sänger David Ludwig, der oft heiser, aggressiv und schlecht gelaunt schimpft – aber in manchen Abschnitten auch Variabilität beweist und insofern gut passt ns Band-Geflecht. HUDIČ beweisen schließlich sogar Mut zu ruhigen Phasen wie im Titelstück „Into The Abyss“. Ob der Name dieses Titels wirklich Zufall ist? Hypocrisy könnten ein Vorbild sein, deren Güte die belgische Band noch nicht erreicht – aber Hoffnung macht das erste Album allemal. Denn es ist gut! Mehr Info zum Album-Release am 17. Mai bekommt ihr hier: https://www.facebook.com/HudicBE/.