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No Hill For A Climber

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Man kann es drehen und wenden wie man will: die besten Einfälle im Leben haben doch meistens die Frauen. So schlug die Herzallerliebste von Neal Morse vor, ihr Gatte möge sich mit lokalen Talenten aus Tennessee zusammen tun, um frische musikalische Ideen zu entwickeln. Aus den anfänglichen Jam Sessions kristallisierten sich recht schnell konkrete Songs heraus und das Projekt NEAL MORSE & THE RESONANCE nahm Anfang 2024 ernsthafte Formen an. Natürlich sind die bislang in Prog Rock-Kreisen recht unbekannten Chris Riley, Andre Madatian, Philip Martin, Joe Ganzelli und Johnny Bisaha keine Anfänger oder Amateure, sondern Vollblutmusiker, die dem Altmeister scheinbar tatsächlich noch einmal einen heftigen Push verpasst haben. Versandete die ein oder andere jüngere Veröffentlichung des mittlerweile 64-jährigen Morse in zu viel Worship (bei aller Qualität), so kommt "No Hill For A Climber" wie eine Fortführung der größten Momente von SPOCK'S BEARD und TRANSATLANTIC daher. Insbesondere Ganzelli an den Drums und Madatian an der Gitarre verleihen den Songs die notwendigen Kanten und einen gewissen Punch. Madatians Stil ist moderner und präziser als etwa der von Alan Morse und erst recht von Roine Stolt und veredelt die klassischen Morse-Kompositionen perfekt. Auch Sänger Johnny Bisaha wertet etwa den hochmelodischen Ohrwurm "Ever Interceding" mit seinen tollen Vocals wahnsinnig auf. Bei allem Respekt vor Neal Morses musikalischen Leistungen, lässt die Stimme ab einem gewissen Zeitpunkt im Leben einfach nach und so ist Bisaha eine grandiose Verstärkung an der richtigen Stelle. Morse selbst vergleicht das Album, dessen Titel im übrigen auf ein Zitat aus Barbara Kingslovers Roman Demon Copperhead zurückgeht, mit "Bridge Across Forever" von TRANSATLTANIC oder SPOCK`S BEARDs "V". Und damit schießt er keinesfalls über das Ziel hinaus. Neben drei kürzeren Songs finden sich zwei Longtracks auf dem Album: der 20-minütige Opener "Eternity In Your Eyes" und der fast halbstündige Titelsong. Beide Werke sprühen nur so vor Spielwitz, bedienen sich natürlich - wie bei Morse üblich - gerne beim 70er-Prog von KANSAS über STYX bis KING CRIMSON und sind mit das Beste, was der Meister in diesem Jahrtausend veröffentlicht hat. Von den kompakteren Songs sticht das völlig ungewöhnliche "Thief" heraus. Hier entführt uns die Truppe auf eine proggige Reise in den Film Noir, in Worten kaum zu beschreiben. Der düstere Fünfminüter glänzt mit beschwörenden Vocals von Morse, einer hypnotischen Basslinie und jazzigen Gitarrenakkorden, um sich im Verlauf zu steigern und im Mittelteil eine moderne Version von GENTLE GIANT zu präsentieren. Einer der Songs des Jahres!

In solch einer bestechenden Form war NEAL MORSE eigentlich nicht zu erwarten, insbesondere im Zusammenspiel mit Musikern, die bislang kaum für die breite Masse in Erscheinung traten. Das Kollektiv straft mit "No Hill For A Climber" aber die Zweifler Lügen und legt eines DER Prog-Highlights des Jahres vor. Ein absoluter Pflichtkauf für alle Genre-Fans! Physisch ist das Album gleich in drei Versionen verfügbar: als limitiertes 2CD Digipak (inkl. Instrumentalversionen), Standard CD Jewelcase und Gatefold-Doppel-LP. Get it while you can! 

 

 

 

No Hill For A Climber


Cover - No Hill For A Climber Band:


Genre: Nicht angegeben
Tracks: 5
Länge: 67:3 ()
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Band:

NEAL MORSE & THE RESONANCE

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Dreams On Algorithms

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Nach dem Debütalbum „Memory Theater“ aus dem Jahr 2022 hauen ESCUELA GRIND morgen ihren zweiten Fausthieb „Dreams On Algorithms“ raus!

Die Truppe aus New England hat im GodCity Studio in Salem (Massachusetts) mit Kurt Ballou und Nick Townsend aufgenommen und gemastert. Im Mix ist der Gesang sehr präsent. Irgendwie passt das zum allgemeinen Auftreten der Frontfrau Katerina Economou. Live zeigt sie sich als energiegeladene Frontsau, ihr Gebrüll ist wütend und aggressiv. Erst kürzlich wurde bekannt gegeben, dass ESCUELA GRIND sich von ihrem Gitarristen Tom Sifuentes trennten. In drei EPs widmete sich die Band zuletzt ihren musikalischen Einflüssen: "PPOOWWEERRVVIIOOLLEENNCCEE" und "GGRRIINNDDCCOORREE" (2020), sowie "DDEEAATTHHMMEETTAALL" (2024).

Auf „Dreams On Algorithms“ gibt’s zehn Songs im Spannungsfeld von Grindcore, Hardcore, Death Metal und Power Violence zu hören.Die Riffs sind oft technisch und abwechslungsreich, die Truppe schafft eine dichte und teilweise komplexe Klanglandschaft. Die Drums liefern präzise und dynamische Beats, die die Energie der Songs vorantreiben; das Tempo wechselt dabei stetig. Thematisch setzen sich die Texte vor allem mit der Reflexion über die heutige Gesellschaft und die Rolle der Technologie auseinander. Es geht also um digitale Abhängigkeit und die Macht der Algorithmen. Der Opener „DOA“ und das folgende “Always Watching You” starten breitbeinig und kraftvoll. Zu „Constant Passenger“ wird der Knüppel aus dem Sack geholt und Hardcorebreaks stehen an der Tagesordnung. „Concept Of God” und „Animus Multiform“ kommen hektisch und schnell daher und haben ein paar Stopps parat. “Toothless” hat groovende ultraschwere Riffs und lädt zum Mitwippen ein. „Turbulence“ ist der letzte Track der Platte und kann durchaus überraschen: nämlich mit cleanem Gesang und einem eingängigen Refrain. Bei dem dazugehörigen Video führte Michael Jari Davidson (ALICE IN CHAINS) Regie. Passender Weise sind hier grungige Klänge involviert.

Alles in allem gehen ESCUELA GRIND mit ungestüm-unverblümter Intensität vor und verschaffen sich mit Recht Aufmerksamkeit.

 

Dreams On Algorithms


Cover - Dreams On Algorithms Band:


Genre: Nicht angegeben
Tracks: 10
Länge: 30:3 ()
Label:
Vertrieb:
Band:

ESCUELA GRIND

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Eunoia

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Das japanische Sextett ENVY gehört zu den Pionieren des Post-Hardcores, einer schrecklichen Genre-Wortschöpfung, die mehr oder weniger alle Bands umfasst, die irgendwann aus den tradierten Mustern der Achtziger und Frühneunziger Jahre ausbrachen. In ihren Anfangstagen gingen die Tokyoter noch heftig und ungestüm vor, um sich über die Jahre eher atmosphärischem Material zu widmen. Der Opener "Imagination and Creation" (nach dem Intro "Piecemeal) nähert sich dabei sehr stark dem Atmospheric Black Metal. Der Vergleich wird der Band vielleicht nicht gefallen, Parallelen zu härteren Stücken von ALCEST und Konsorten sind jedoch auf jeden Fall festzustellen. Auf der anderen Seite begibt man sich mittlerweile auch deutlich in die Nähe von Post-Rockern wie MOGWAI oder ISIS wie das folgende "The Night and  The Void" - gleichzeitig Highlight des Albums - eindrucksvoll unter Beweis stellt. Zerbrechliche Gitarren treffen auf zärtlich gestreichelte Drums und sich steigernden Sprechgesang, um im richtigen Moment intensiv zu explodieren. ENVY spielen meisterlich mit dieser Dynamik und sind dabei, wie so viele Bands aus Fernost, auf einem musikalisch sehr hohen Niveau. Trotzdem hat man nie den Eindruck, dass der emotionale Vortrag zum prätentiösen Selbstzweck verkommt. In erster Linie sind ENVY hervorragende Musiker und Komponisten und sollten mit "Eunoia" auch Musikbegeisterte ansprechen können, die der Band oder gar dem Subgenre bislang nicht viel abgewinnen konnten. 

Hervorzuheben ist auch der glasklare und trotzdem druckvolle Sound, der selbst bei heftigen Passagen wie etwa in "Whiteout" die nötige Transparenz verleiht, um den Hörer nicht zu verlieren. Das sehr geschmackvolle Cover rundet den hervorragenden Eindruck von "Eunoia" ab und verleitet hier zum großformatigen Vinyl zu greifen. Auf CD kommt dies natürlich nur bedingt rüber, zumal man - und das ist der einzig ernsthafte Kritikpunkt - auf ein sehr dünnes Digipak setzt, das erfahrungsgemäß recht schnell Abnutzungserscheinungen zeigen wird. Davon abgesehen ist "Eunoia" jedoch ein absolutes Genre-Highlight, das jeden begeistern sollte, der auf atmosphärische und emotionale Klänge steht.

 

 

Eunoia


Cover - Eunoia Band:


Genre: Nicht angegeben
Tracks: 8
Länge: 30:11 ()
Label:
Vertrieb:
Band:

ENVY

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Metalation

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Laut Internetlexikon leitet sich PARAGON vom altitalienischen Wort „Paragone“ ab –  wörtlich der „Prüfstein“. Dieses schwarze Sedimentstück verwendeten die Menschen demnach früher, um die Reinheit von Gold oder Silber zu beurteilen. Ersetze nun„Gold oder Silber“ durch Heavy Metal und du bist bei der Hamburger Banger-Institution! Dabei ist es egal, ob ihr den Band-Namen zackig deutsch aussprecht (Parragonn), wunderschön nasal französisch (Pahragohn) oder besoffen englisch (Pärägn) – die Hamburger sind und zeigen nun mal eine wahre internationale Größe. Besetzungswechsel und Krisen ändern nix: Das ist purer Stahl, viel zitierter German Metal, wie er in der Metal-Bibel steht, echter als Grave Digger, geerdeter als Helloween oder Powerwolf und lebendiger als Running Wild. Alles strotzt nur so vor Klischees, angefangen vom Titel der13. Full-Length „Metalation“. Dann die Fotos in Lederjacken und mit Sonnenbrillen, Texte und Songtitel wie „Fighting The Fire“, „Battalions“ oder „Burn The Whore“, das Cover mit Schwert tragendem Sauron-Lookailke, der zackige Schriftzug , Posen im Video – einfach alles. Und das mag vielleicht unmodern wirken – ist aber verdammt gut so, denn PARAGON machen keine Musik für verkopfte Nickelbrillen-Hipster, sondern echten Metal. Also echt echt. Dass die Jungs nach so vielen Jahren – gegründet 1990 – immer noch so voller Energie zu stecken scheinen, das ist schon enorm. Die Scheibe profitiert davon, dass die Band das Album gemeinsam mit Piet Sielck produziert hat (der übrigens mit Iron Savior gleich auf dem Festival Metal in Vouziers headlinert). Sielck hat mit Mix und Mastering „Metalation“ den letzten, rasiermesserscharfen Schliff verpasst. Dazu kommt der immer noch sehr gute und variable Gesang vom belesenen Buschi (siehe PARAGON-Interview), der treibende Bünning-Bass und die geilen Gitarren vom Duo Christian/Bertram. Einzelne Songs? „Slendermann“ oder „The Haunted House“ passten gut auf jede Scheibe von Herrn Dirkschneider, mit dem PARAGON noch mehr gemeinsam haben, denn auch bei den Hamburgern spielt mit Jason Wöbcke der Sohn des (Gitarre spielenden) Gründungsmitglieds Martin. Die Single „Battalions“ mit dem geilen Chorus, das Titelstück mit seinen Manowar-Vibes – „metal, our holy grail“. Und sogar die irgendwie pflichtgemäße Ballade „My Asylum“ kommt unpeinlich. Umso geiler aber, wie das anschließende „Hellgore“ (Bonustrack) direkt ins Mett haut. Wer auf Priest, U.D.O. oder ähnliche Größen steht, der MUSS den Hamburger eine Chance geben. Verdient haben es PARAGON seit Jahren. Denn sie sind Metal! Weiß jeder mit Ohren, braucht er keinen Stein für! Und ja: "Metalation"-Vorbestellungen sind möglich – und nötig!

 

 

Metalation


Cover - Metalation Band:


Genre: Nicht angegeben
Tracks: 10
Länge: 50:54 ()
Label:
Vertrieb:
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Nova Atlantis

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KINGCROWN (oder KingCrown), ist eine französische Power-Metal-Band, die 2018 aus den 2015 gegründeten Oblivion hervorging. Wer sie auf dem Festival in Vouziers 2023 (die 2024er-Ausgabe steht übrigens am 26. Oktober an!) gesehen hat, der hätte sie auf den ersten Blick für eine Altherren-Band halten können. Und auf den ersten Hör klingen sie vielleicht wie eine weitere Band, die sich zu sehr an den Blaupausen wie Helloween, Gammy Ray und Co. orientiert. Doch alles nicht richtig, schließlich haben die Organisatoren des Festival Metal in den Ardennen keine Tomaten auf Augen und Ohren und sind auch nicht vom Wildschwein gevögelt. Denn der melodische Power Metal der Band aus Nizza, die sich aus (ehemaligen) Mitgliedern von Bands wie Nightmare, Galderia oder D-O-G zusammensetzt, leugnet zwar ihre Vorlieben nicht, trifft aber hundertprozentig den Nerv der französischen Metal-Gemeinde, die (zu?) oft und ehrfürchtig nach Deutschland blickt. Und vor allem machen KINGCROWN das, was sie machen, richtig gut. Sie verlieren sich nie im aufgesetzten Pathos, auch im manchmal zu hittigen Titelstück nicht. Sie übertreiben auch den Keyboardkleister nicht. Sie verkommen nicht zur totalen Kopie, weil sie immer wieder auch kräftiger zu Werke gehen und über den Tellerrand luschern. Und vor allem besitzen KINGCROWN die Fähigkeit, aus klebrigen Melodien, zackigen Riffs und einem fetten Sound (Produzent war  Simone Mularoni von DGM) richtig geile Songs zu verzapfen. Und die Single „Real Or Fantasy“ ist eine echter Metal-Hymne geworden – auch wenn die Chöre manchem Hörer ein wenig zu cheesy sein könnten. Zudem haben die Jungs mit Joe Amore einen Sänger von internationaler Klasse, der auch Whitesnake gut zu passe käme, wenn das Playback mal an seine Grenzen kommt – und der bei „Guardian Angels“ sogar wohlige Dio-Erinnerungen aufkommen lässt. Wer auf Bands wie Helloween steht, den bedienen KINGCROWN richtig gut. Und wenn Monsieur Amore auch noch französisch sänge, wären sie sogar was ganz Besonderes.

 

 

 

Nova Atlantis


Cover - Nova Atlantis Band:


Genre: Nicht angegeben
Tracks: 11
Länge: 45:42 ()
Label:
Vertrieb:
Band:

KINGCROWN

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Hic Svnt Dracones

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Ich hatte vor 12 Jahren das erste Lebenszeichen von DRAGONY auf dem Tisch und bezeichnete „Legends“ als „herrlich naive und anachronistische Scheibe“ welche „allemal gut für eine Stunde Auszeit von der realen Welt wäre“. Seitdem hat man regelmäßig neue Alben veröffentlicht und sich als fester Name im opulenten Power Metal etabliert. Man nimmt sich zwar nicht zu 100 % ernst, die Musik hingegen umso mehr. Die allgegenwärtigen Orchestrierungen klingen fett und wertig, die Melodien sind hymnisch und gehen sofort ins Ohr und es sind auch noch genug Gitarren vorhanden. DRAGONY wollen die Welt nicht grundlegend verändern, aber bunter und lebenswerter machen und dem Hörer eine schöne Zeit abseits des alltäglichen Mists bescheren. Perfekt für Youtube Playlists mit Titeln wie „Uplifting Power Metal“. DRAGONY sind oberflächlich easy listening Kost, offenbaren unter der schimmernden Rüstung aber genug Substanz um „Hic Svunt Dracones“ auch längerfristig interessant zu gestalten. Freunde von POWER PALADIN, BLOODBOUND und natürlich RHAPSODY sollten hier selbstverständlich ihr Glück finden. Auch wenn DRAGONY sich im Midtempo am wohlsten fühlen, marschiert man trotzdem munter drauf los und wirkt nicht behäbig. Bei „Perfect Storm“ lugen dann auch mal SABATON um die Ecke. Auf das überlange Titelstück wäre auch ein Herr Sammet stolz und „Twilight Of The Gods“ wäre auf jeden Fall in meiner Gymplaylist…würde ich meinen alten Körper denn in ein solches Etablissement schleppen. „Hic Svnt Dracones“ ist tolles und sehr stimmiges symphonisches Power Metal Album geworden, welches im besten Wortsinne über Tonnen an poppigen Hooks verfügt und einfach Spaß macht. Alltag aus, Fantasy an. So gesehen gilt für „Hic Sunt Dracones“ das gleiche, was schon für „Legends“ galt, nur halt in viel besser.

 

Hic Svnt Dracones


Cover - Hic Svnt Dracones Band:


Genre: Nicht angegeben
Tracks: 12
Länge: 55:56 ()
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