Die Band um Frontfrau und Texterin Vox Infernum zockt Melodic Death Metal im Stile von ARCH ENEMY, IN FLAMES und CHILDREN OF BODOM. Vervollständigt wird die Dortmunder Combo durch Aetherius (Gitarre und Synths) und Percival Drakon (Bass und Schlagzeug). UNBOWED heizen uns auf ihrem Debut "Silent Weapons for a quiet War" ordentlich ein!
“We Need a Stone” lautet der Opener; der Steinwerfer dient sozusagen als Sinnbild des Widerstandes. Die Band setzt auf ihrem Album einen deutlichen Fokus auf soziale und politische Themen und Antikapitalismus liegt der Truppe am Herzen. Da die Texte eine zentrale Rolle spielen, wird darauf Wert gelegt, dass diese akustisch auch verstanden werden. Die schönen Lead-Gitarren beißen sich im Gedächtnis fest. Weiter geht’s mit dem Titeltrack „Silent Weapons for a Quiet War“: die Stimme ist angenehm aggressiv; die Gitarre lockert die Atmosphäre auf. In der Produktion wäre es an dieser (und anderer) Stelle schön gewesen, der Gitarre mehr Raum im Mix zu geben. Sie steht deutlich hinter der Stimme. Mit dem guten Song startet „The Quiet War Complex“: acht miteinander verbundene Tracks; es geht dabei um ein Dokument namens „Silent Weapons For Quiet Wars: An Introductory Programming Manual“. Das zumeist als Verschwörungstheorie betrachtete „Geheimpapier“ dreht sich um soziale Kontrolle, Manipulation und wirtschaftliche Kriegsführung. „General Energy Concepts” ist eine schnelle Achterbahnfahrt mit teilweise cleanen Vocals. Es folgt „E-Model Industry”: Nach einem stampfend flotten Start, ertönt der schwere Refrain und ein groovender Part. „The 4th Law of Motion” bietet Kreisch-Gesang, rappende Spoken-Word-Passagen und groovige Death Metal-Refrains. Eine beeindruckende Bandbreite! „Hidden Hand” überzeugt mit einer melodischeren Herangehensweise mit saubereren Gitarrenharmonien. Die kraftkraftvolle Stimme von Vox steuert die nötige Power und Intensität bei. Bei „Programmed Consent” zeigt sie sich stimmlich sehr variabel und abwechslungsreich, wobei mich, um ehrlich zu sein, die klaren (mit technischen Mitteln ein wenig aufgepumpten) Parts nicht so richtig überzeugen. In der Mitte des Songs gibt es gute Gitarren- und Synthie-Parts. “Confused and Amused” ist wüst, der Text erfolgt repetitiv im Stile von plakativen Schreien a la RAGE AGAINST THE MACHINE und das Schlagzeug flattert teilweise heftig und verteilt kräftige Hiebe in die Magengrube. Zu “Between Knowing and Disbelief” und „Won’t Someone Think of the Children“ wechseln klarer Gesang und Growls. Erbarmungsloses Riffing leitet das eingängige „Won’t Someone Think of the Children“ ein. Inhaltlich geht es um Manipulation und zynische Heuchelei. Zu einigen Songs hat UNBOWED übrigens KI-Musikvideos erstellt. „DoublePlus Truth” ist eine gute Melodic Death Metal-Nummer, die im Ohr bleibt und „99% (NinetyNine Percent)” kommt energiegeladen mit ordentlich Tinte auf dem Füller daher. Vox klingt hier sehr ähnlich wie die Kollegin Alissa White-Gluz. Der Rausschmeißer „Atlas” ist stimmlich und musikalisch gut gelungen. Mit „Bella Unbowed” gibt es einen Bonustrack: Das bekannte Original stammt von Feldarbeitern, die gegen ihre Arbeitsbedingungen protestierten, und wurde später zum Zweiten Weltkrieg zu einer antifaschistischen Hymne.
UNBOWED weigern sich auf „Silent Weapons for a Quiet War“ in die zu engen Schubladen der Genres gesteckt zu werden und agieren abwechslungsreich. Ich bin gespannt, was die Band, die bisher als Studioprojekt ohne Live-Auftritte geführt wird, noch veröffentlichen wird. Ihr Debüt macht Lust auf Nachschub.
FRONTM3N spricht sich Frontmen und trägt den Namen zurecht, denn das britische Trio, besteht aus Peter Howarth ist Fronter bei The Hollies, Pete Lincoln war Sänger und Bassist der Bands Sailor und The Sweet und Mick Wilson musizierte bei 10cc – drei Stimmen, drei Gitarren! Getroffen haben sich die erfahrenen Bandmitglieder in den 1990ern Jahren in der Band von Cliff Richard, sagt Wikipedia. Bei all diesen Fakten ist klar, dass hier niemand gepflegten Death Metal und blutiges Artwork mit umherspritzenden Gedärmen erwarten sollte. Zumal es sich bei dem Album um ein akustisches handelt. „Guitars & Harmonies (The Live Studio Sessions)“ ist live in einem Frankfurter Studio eingespielt und folgt den Konzert-Konzepten mit einer Mischung aus eigenen Songs und Coverversionen. Mit Daniel Boones „Beautiful Sunday“, Roy Orbisons „Pretty Woman“ oder „Stuck In The Middle With You” von Stealers Wheel entführen die drei älteren Herren den noch nicht ganz so älteren Herren vor der Tastatur an den Plattenschrank dessen Papas (RIP) – und sorgen für wohlige Erinnerungen mit einiger Melancholie. Objektiv spielen FRONTM3N diese Titel, genau wie den von Extreme („Hole Hearted“) und eben auch die eigenen unglaublich lässig und gechillt. Wenn ihr also zur nächsten Familienfeier mal mit Non-Metal-Songs begeistern wollt, dann legt diese Session ein, denn es sind einfach gute Songs. Eure (Groß)-Eltern dürften es euch danken. Wenn sie noch leben!
FEVER 333-Frontmann Jason Butler allein zu Haus! Aber nicht lange, denn „Kevin“ holte sich nach dem Auszug einiger Mitstreiter mit Thomas Pridgen (Ex-The-Mars-Volta), April Kae und Brandon David (Ex-Therefore-I-Am) neue Mitbewohner in die Hardcore-Rap-Crossover-Wohngemeinschaft. Und die funktioniert tatsächlich, die Kalifornier sorgen für tüchtig Ordnung in der WG: fetter Sound, dufte Produktion, super-professionell, alles schick – also mehr Hipster-Studenten als Öko-Polit-Nachwuchs. Passt ja auch besser ins Lebensgefühl Kaliforniens. Man sieht sie förmlich vor sich: Baseball-Caps mit geradem Schirm auf tätowierten Hälsen, hüpfende Körper mit guter Laune bei bestem Wetter, Köpfe, die denken, sie hören richtig harte Musik. Die Electro-Rap-Melange von „New West Order“ zum Auftakt schreckt echte Metaller allerdings ab. Dann kommt es dicke, zum Beispiel in Sachen Hardcore mit “Higher Power”, Alternative Rock mit dem “Murderer”, einem “Tourist” als HipHopper und earcatchigem Kaugummi-Punk-Metalcore in „Desert Rap“, alles schlimmer als Green Day und Limp Bizkit zusammen. Schade, denn die sozialkritischen Texte würden gern ein besseres Resümee verdienen, nur überfordert der reichhaltige Eintopf aus allerlei Zutaten den Scheuklappen-Metaller, manches nervt sogar. Wer hingegen auf die genannten Bands oder Rage Against The Machine steht, der sollte dem Werk eine Chance geben, denn irgendwie schlägt der Mut zum Genre-Mix tatsächlich die Berechenbarkeit des totalen Mainstreams. PS: Der Rezensent würde bei den Vögeln nicht einziehen, aber ein Gesprächskreis verspricht durchaus interessante Stunden.