Nach dem Debütalbum „Memory Theater“ aus dem Jahr 2022 hauen ESCUELA GRIND morgen ihren zweiten Fausthieb „Dreams On Algorithms“ raus!
Die Truppe aus New England hat im GodCity Studio in Salem (Massachusetts) mit Kurt Ballou und Nick Townsend aufgenommen und gemastert. Im Mix ist der Gesang sehr präsent. Irgendwie passt das zum allgemeinen Auftreten der Frontfrau Katerina Economou. Live zeigt sie sich als energiegeladene Frontsau, ihr Gebrüll ist wütend und aggressiv. Erst kürzlich wurde bekannt gegeben, dass ESCUELA GRIND sich von ihrem Gitarristen Tom Sifuentes trennten. In drei EPs widmete sich die Band zuletzt ihren musikalischen Einflüssen: "PPOOWWEERRVVIIOOLLEENNCCEE" und "GGRRIINNDDCCOORREE" (2020), sowie "DDEEAATTHHMMEETTAALL" (2024).
Auf „Dreams On Algorithms“ gibt’s zehn Songs im Spannungsfeld von Grindcore, Hardcore, Death Metal und Power Violence zu hören.Die Riffs sind oft technisch und abwechslungsreich, die Truppe schafft eine dichte und teilweise komplexe Klanglandschaft. Die Drums liefern präzise und dynamische Beats, die die Energie der Songs vorantreiben; das Tempo wechselt dabei stetig. Thematisch setzen sich die Texte vor allem mit der Reflexion über die heutige Gesellschaft und die Rolle der Technologie auseinander. Es geht also um digitale Abhängigkeit und die Macht der Algorithmen. Der Opener „DOA“ und das folgende “Always Watching You” starten breitbeinig und kraftvoll. Zu „Constant Passenger“ wird der Knüppel aus dem Sack geholt und Hardcorebreaks stehen an der Tagesordnung. „Concept Of God” und „Animus Multiform“ kommen hektisch und schnell daher und haben ein paar Stopps parat. “Toothless” hat groovende ultraschwere Riffs und lädt zum Mitwippen ein. „Turbulence“ ist der letzte Track der Platte und kann durchaus überraschen: nämlich mit cleanem Gesang und einem eingängigen Refrain. Bei dem dazugehörigen Video führte Michael Jari Davidson (ALICE IN CHAINS) Regie. Passender Weise sind hier grungige Klänge involviert.
Alles in allem gehen ESCUELA GRIND mit ungestüm-unverblümter Intensität vor und verschaffen sich mit Recht Aufmerksamkeit.
Das japanische Sextett ENVY gehört zu den Pionieren des Post-Hardcores, einer schrecklichen Genre-Wortschöpfung, die mehr oder weniger alle Bands umfasst, die irgendwann aus den tradierten Mustern der Achtziger und Frühneunziger Jahre ausbrachen. In ihren Anfangstagen gingen die Tokyoter noch heftig und ungestüm vor, um sich über die Jahre eher atmosphärischem Material zu widmen. Der Opener "Imagination and Creation" (nach dem Intro "Piecemeal) nähert sich dabei sehr stark dem Atmospheric Black Metal. Der Vergleich wird der Band vielleicht nicht gefallen, Parallelen zu härteren Stücken von ALCEST und Konsorten sind jedoch auf jeden Fall festzustellen. Auf der anderen Seite begibt man sich mittlerweile auch deutlich in die Nähe von Post-Rockern wie MOGWAI oder ISIS wie das folgende "The Night and The Void" - gleichzeitig Highlight des Albums - eindrucksvoll unter Beweis stellt. Zerbrechliche Gitarren treffen auf zärtlich gestreichelte Drums und sich steigernden Sprechgesang, um im richtigen Moment intensiv zu explodieren. ENVY spielen meisterlich mit dieser Dynamik und sind dabei, wie so viele Bands aus Fernost, auf einem musikalisch sehr hohen Niveau. Trotzdem hat man nie den Eindruck, dass der emotionale Vortrag zum prätentiösen Selbstzweck verkommt. In erster Linie sind ENVY hervorragende Musiker und Komponisten und sollten mit "Eunoia" auch Musikbegeisterte ansprechen können, die der Band oder gar dem Subgenre bislang nicht viel abgewinnen konnten.
Hervorzuheben ist auch der glasklare und trotzdem druckvolle Sound, der selbst bei heftigen Passagen wie etwa in "Whiteout" die nötige Transparenz verleiht, um den Hörer nicht zu verlieren. Das sehr geschmackvolle Cover rundet den hervorragenden Eindruck von "Eunoia" ab und verleitet hier zum großformatigen Vinyl zu greifen. Auf CD kommt dies natürlich nur bedingt rüber, zumal man - und das ist der einzig ernsthafte Kritikpunkt - auf ein sehr dünnes Digipak setzt, das erfahrungsgemäß recht schnell Abnutzungserscheinungen zeigen wird. Davon abgesehen ist "Eunoia" jedoch ein absolutes Genre-Highlight, das jeden begeistern sollte, der auf atmosphärische und emotionale Klänge steht.
Laut Internetlexikon leitet sich PARAGON vom altitalienischen Wort „Paragone“ ab – wörtlich der „Prüfstein“. Dieses schwarze Sedimentstück verwendeten die Menschen demnach früher, um die Reinheit von Gold oder Silber zu beurteilen. Ersetze nun„Gold oder Silber“ durch Heavy Metal und du bist bei der Hamburger Banger-Institution! Dabei ist es egal, ob ihr den Band-Namen zackig deutsch aussprecht (Parragonn), wunderschön nasal französisch (Pahragohn) oder besoffen englisch (Pärägn) – die Hamburger sind und zeigen nun mal eine wahre internationale Größe. Besetzungswechsel und Krisen ändern nix: Das ist purer Stahl, viel zitierter German Metal, wie er in der Metal-Bibel steht, echter als Grave Digger, geerdeter als Helloween oder Powerwolf und lebendiger als Running Wild. Alles strotzt nur so vor Klischees, angefangen vom Titel der13. Full-Length „Metalation“. Dann die Fotos in Lederjacken und mit Sonnenbrillen, Texte und Songtitel wie „Fighting The Fire“, „Battalions“ oder „Burn The Whore“, das Cover mit Schwert tragendem Sauron-Lookailke, der zackige Schriftzug , Posen im Video – einfach alles. Und das mag vielleicht unmodern wirken – ist aber verdammt gut so, denn PARAGON machen keine Musik für verkopfte Nickelbrillen-Hipster, sondern echten Metal. Also echt echt. Dass die Jungs nach so vielen Jahren – gegründet 1990 – immer noch so voller Energie zu stecken scheinen, das ist schon enorm. Die Scheibe profitiert davon, dass die Band das Album gemeinsam mit Piet Sielck produziert hat (der übrigens mit Iron Savior gleich auf dem Festival Metal in Vouziers headlinert). Sielck hat mit Mix und Mastering „Metalation“ den letzten, rasiermesserscharfen Schliff verpasst. Dazu kommt der immer noch sehr gute und variable Gesang vom belesenen Buschi (siehe PARAGON-Interview), der treibende Bünning-Bass und die geilen Gitarren vom Duo Christian/Bertram. Einzelne Songs? „Slendermann“ oder „The Haunted House“ passten gut auf jede Scheibe von Herrn Dirkschneider, mit dem PARAGON noch mehr gemeinsam haben, denn auch bei den Hamburgern spielt mit Jason Wöbcke der Sohn des (Gitarre spielenden) Gründungsmitglieds Martin. Die Single „Battalions“ mit dem geilen Chorus, das Titelstück mit seinen Manowar-Vibes – „metal, our holy grail“. Und sogar die irgendwie pflichtgemäße Ballade „My Asylum“ kommt unpeinlich. Umso geiler aber, wie das anschließende „Hellgore“ (Bonustrack) direkt ins Mett haut. Wer auf Priest, U.D.O. oder ähnliche Größen steht, der MUSS den Hamburger eine Chance geben. Verdient haben es PARAGON seit Jahren. Denn sie sind Metal! Weiß jeder mit Ohren, braucht er keinen Stein für! Und ja: "Metalation"-Vorbestellungen sind möglich – und nötig!
KINGCROWN (oder KingCrown), ist eine französische Power-Metal-Band, die 2018 aus den 2015 gegründeten Oblivion hervorging. Wer sie auf dem Festival in Vouziers 2023 (die 2024er-Ausgabe steht übrigens am 26. Oktober an!) gesehen hat, der hätte sie auf den ersten Blick für eine Altherren-Band halten können. Und auf den ersten Hör klingen sie vielleicht wie eine weitere Band, die sich zu sehr an den Blaupausen wie Helloween, Gammy Ray und Co. orientiert. Doch alles nicht richtig, schließlich haben die Organisatoren des Festival Metal in den Ardennen keine Tomaten auf Augen und Ohren und sind auch nicht vom Wildschwein gevögelt. Denn der melodische Power Metal der Band aus Nizza, die sich aus (ehemaligen) Mitgliedern von Bands wie Nightmare, Galderia oder D-O-G zusammensetzt, leugnet zwar ihre Vorlieben nicht, trifft aber hundertprozentig den Nerv der französischen Metal-Gemeinde, die (zu?) oft und ehrfürchtig nach Deutschland blickt. Und vor allem machen KINGCROWN das, was sie machen, richtig gut. Sie verlieren sich nie im aufgesetzten Pathos, auch im manchmal zu hittigen Titelstück nicht. Sie übertreiben auch den Keyboardkleister nicht. Sie verkommen nicht zur totalen Kopie, weil sie immer wieder auch kräftiger zu Werke gehen und über den Tellerrand luschern. Und vor allem besitzen KINGCROWN die Fähigkeit, aus klebrigen Melodien, zackigen Riffs und einem fetten Sound (Produzent war Simone Mularoni von DGM) richtig geile Songs zu verzapfen. Und die Single „Real Or Fantasy“ ist eine echter Metal-Hymne geworden – auch wenn die Chöre manchem Hörer ein wenig zu cheesy sein könnten. Zudem haben die Jungs mit Joe Amore einen Sänger von internationaler Klasse, der auch Whitesnake gut zu passe käme, wenn das Playback mal an seine Grenzen kommt – und der bei „Guardian Angels“ sogar wohlige Dio-Erinnerungen aufkommen lässt. Wer auf Bands wie Helloween steht, den bedienen KINGCROWN richtig gut. Und wenn Monsieur Amore auch noch französisch sänge, wären sie sogar was ganz Besonderes.
Ich hatte vor 12 Jahren das erste Lebenszeichen von DRAGONY auf dem Tisch und bezeichnete „Legends“ als „herrlich naive und anachronistische Scheibe“ welche „allemal gut für eine Stunde Auszeit von der realen Welt wäre“. Seitdem hat man regelmäßig neue Alben veröffentlicht und sich als fester Name im opulenten Power Metal etabliert. Man nimmt sich zwar nicht zu 100 % ernst, die Musik hingegen umso mehr. Die allgegenwärtigen Orchestrierungen klingen fett und wertig, die Melodien sind hymnisch und gehen sofort ins Ohr und es sind auch noch genug Gitarren vorhanden. DRAGONY wollen die Welt nicht grundlegend verändern, aber bunter und lebenswerter machen und dem Hörer eine schöne Zeit abseits des alltäglichen Mists bescheren. Perfekt für Youtube Playlists mit Titeln wie „Uplifting Power Metal“. DRAGONY sind oberflächlich easy listening Kost, offenbaren unter der schimmernden Rüstung aber genug Substanz um „Hic Svunt Dracones“ auch längerfristig interessant zu gestalten. Freunde von POWER PALADIN, BLOODBOUND und natürlich RHAPSODY sollten hier selbstverständlich ihr Glück finden. Auch wenn DRAGONY sich im Midtempo am wohlsten fühlen, marschiert man trotzdem munter drauf los und wirkt nicht behäbig. Bei „Perfect Storm“ lugen dann auch mal SABATON um die Ecke. Auf das überlange Titelstück wäre auch ein Herr Sammet stolz und „Twilight Of The Gods“ wäre auf jeden Fall in meiner Gymplaylist…würde ich meinen alten Körper denn in ein solches Etablissement schleppen. „Hic Svnt Dracones“ ist tolles und sehr stimmiges symphonisches Power Metal Album geworden, welches im besten Wortsinne über Tonnen an poppigen Hooks verfügt und einfach Spaß macht. Alltag aus, Fantasy an. So gesehen gilt für „Hic Sunt Dracones“ das gleiche, was schon für „Legends“ galt, nur halt in viel besser.
JON ANDERSON ist D I E Stimme von YES, und viele seiner Vertreter oder Nachfolger in dieser ewigen On-Off-Beziehung sollten ein ähnliches Timbre aufweisen. Obwohl er sich offiziell seit 2008 aus den Kreisen des Progdinosauriers zurückgezogen hat, kommt man aus so einer Nummer nie ganz heraus. Nach diversen Solo-Projekten und Kollaborationen führte sein Weg schließlich wieder zurück zu YES. Im Sommer 2023 absolvierte er eine Tour, bei der er zwei Stunden lang YES-Epen und -Klassiker mit den Musikern der THE BAND GEEKS aufführte. Mit dieser Formation beschloss er, ein neues Werk zu erschaffen, das den Weg zurück in den YES-Kosmos der 70er und 80er Jahre finden sollte. Das Ergebnis ist “True“.
Ich persönlich war anfangs sehr skeptisch, da ich mit seinen Solo-Eskapaden bisher nicht viel anfangen konnte. “True Messenger“ weckte jedoch sofort meine Aufmerksamkeit. Es sind ohne Zweifel überragende Musiker an ihren Instrumenten, die zum einen die Chemie von YES adaptiert haben und zum anderen in der Lage sind, Jon in der Spur zu halten. Das macht dieses Gesamterlebnis des Longplayers für viele Herangehensweisen so wunderbar. Ob man nun als Hardcore-YES-Fanatiker, der nur die alten Sachen schätzt, die einzelnen Instrumentalpassagen zerpflücken möchte, oder ob man als Progeinsteiger erste Erfahrungen mit gemäßigten 7/8-Takten sammeln möchte – starke Melodielinien helfen dabei, ohne in den 4/4-Brei abzurutschen. Es funktioniert!
Die Songs variieren in ihrer Kopflastigkeit und Harmonie, ufern jedoch nie wirklich aus. Der Longtrack “Once Upon A Dream“ (16:31) erreicht zwar nicht ganz die Großtaten von YES, muss sich aber auch nicht dahinter verstecken. Der Abschluss mit diesem Opus wäre gelungen, wenn man auf die einzig wirklich schwache Nummer danach, “Thank God“, verzichtet hätte. Jon ist insgesamt noch bestens bei Stimme, auch wenn das ein oder andere Helferlein im Spiel ist. Die Produktion setzt darüber hinaus jeden einzelnen Künstler perfekt in Szene, ist mir jedoch an der ein oder anderen Stelle fast zu glatt – eben frontiers-like. Für die Covergestaltung hätte man ruhig bei Roger Dean anfragen können, um das Hörbare visuell angemessen umzusetzen. Der photogeshopte Anderson mit Sonnenbrille war definitiv eine unglückliche Idee.