SINNER’S BLOOD kommen aus Chile und haben beim italienischen Frontiers Label ein Zuhause gefunden. Man hat sich dem modernen und moderat progressiven Power Metal verschrieben. Stellt euch eine Mischung aus straighten SYMPHONY X und ORDAN OGAN vor. Heavy Stakkato Riffing, prominente, aber nicht zu dominanten Keys und ein kraftvoller Sänger in bester Russel Allen und Ronnie Romero Traditon. Dazu gesellen sich Flitzefinger-Soli und massive Breitwand-Refrains. Das ist jetzt natürlich nichts, was es so oder so ähnlich nicht schon einmal gegeben hat, aber es ist gut und extrem professionell umgesetzt. Nicht unbedingt ArtHaus Kino aber sehr stabile Hollywood Unterhaltung für die man nicht bereut ins Kino gegangen zu sein.
Dabei rangiert man von schwelgerischer Melodic Kost wie in „The Man, The Burden And The Sea“ über Groovemonster wie der Opener „Bound“ hin zu Vollgasnummern wie „Enemy“. Das ruhige und Instrumental recht reduzierte „The Voice Within“ zeigt, dass Sänger James Robledo auch Gefühl kann. Das bietet einen schönen Kontrast zum restlichen Breitwand Sound und gibt dem Hörer die Möglichkeit auch mal Luft zu holen. „Dark Horizons“ ist definitiv ein gutes Album geworden und sollte von Freunden oben genannter Bands oder auch der argentinischen Nachbarn HELKER auf jeden Fall mal angecheckt werden.
Mit „Friend Of A Phantom“ veröffentlichen VOLA ihr nunmehr viertes Album und sitzen damit weiterhin gekonnt zwischen allen Stühlen. Die Dänen bedienen mit ihrem Sound progressive Metaller ebenso wie Fans von Alternative Rock und Djent. Aber VOLA liefern dabei kein Stückwerk ab – bei den Jungs klingt das Ganze wie aus einem Guss. Natürlich nimmt dabei der Opener „Cannibal“ eine gesonderte Stellung ein. Der mit Sänger Anders Fridén von IN FLAMES aufgenommene Song bietet rohe, emotionale Kost und sticht durchaus heraus (deftige Growls vs. gekonnter Instrumentalisierung). Denn im weiteren Verlauf liegt der Fokus weniger auf härte, eher auf eindringliche Songs mit variablen Strukturen. „Glass Mannequin“ kommt als ruhige Pianoballade, die etwas unauffällige Metal-Single „Paper Wolf“ ist ein unterschwelliger Ohrwurm, „Break My Lying Tongue“ zeigt am deutlichsten die elektronische Seite der Band und hat was von Techno. Und auch wenn gegen Ende „Hollow Kid“ nochmals Härte und Kälte des Anfangssongs aufnimmt; VOLA fühlen sich mit cleanen Vocals und melancholischer Grundausrichtung mittlerweile fast am wohlsten. Und so liefern VOLA auch 2024 ein abwechslungsreiches Album ab, auf das man sich als Owner eines offenen Musikgeschmackes einlassen darf.
Die gute Beth bleibt sich treu. Hatte sie schon 2019 bei „War In My Mind“ den Fuß vom Gaspedal genommen, so kommt nun beim neuen Album „You Still Got Me“ noch ein Stück Pop-Appeal zur bereits gediegenen Grundausrichtung dazu. Was bei vielen anderen Künstlern zu einem Aufschrei führen würde, kann man aber BETH HART kaum übelnehmen. Denn rausgekommen ist, auch dank ihrer gewaltigen und intensiven Stimme, ein tolles Blues-Rock-Pop-Album das unter die Haut geht und neben dem Mainstream auch eingefleischte Fans bedienen dürfte.
Den Anfang machen mit „Savior With A Razor“ und „Suga N My Bowl“ zwei Co-Produktionen. Wobei BETH HART beim Opener zusammen mit SLASH gut nach vorne rockt – und der Gitarrist dabei gekonnt der Stimme den Vorzug lässt. Danach darf Labelkollege ERIC GALES ran – bei der Mixtur aus Funk und Blues gibt hier aber dann die Gitarre die Richtung vor. Beides Highlights der „lauteren Art“. Die andere Seite BETH HART‘s welche hier groß aufspielt ist jene der ruhigen Töne. „Drunk On Valentine” als Blues meets Jazz, „Little Heartbreak Girl” und „You Still Got Me” als Balladen mit schönen Pianoparts, sowie das eindringliche und düster-traurige „Don't Call The Police” kommen mit emotionaler Tiefe. Letzterer Song ist inspiriert von der weltweit empört zur Kenntnis genommenen Ermordung des Afroamerikaners George Floyd durch einen Polizisten im Mai 2020. Hier darf man sich unter dem Kopfhörer tief fallen lassen. Um das Portfolie zu vervollständigen hat sie dann mit „Wanna Be Big Bad Johnny Cash“ noch einen Country-Rocker am Start, welcher einfach nur Spaß macht. Das alles hat klasse, und so gilt was Anfangs gesagt: „You Still Got Me“ ist ein tolles Album.
Ob Rotschulterbussard oder Winterschwalbe – Hauptsache WINTERHAWK. Ob Proto Metal oder Hippie-Scheiße – Hauptsache gute Musik. Und das trifft auf die Hardrock-Band aus Chicago sicherlich zu – die übrigens nicht mit den Straight-Edger gleichen Namens aus Kaliforniens zu verwechseln sind. Die erste Vinylveröffentlichung dieses Live-Albums stammt von 1978, 2002 erschien „There And Back Again (Live)“ – auf genommen im Aragon Ballroom – erstmals als CD. Jetzt kommt Golden Core mit der für Vinyl remastereten und gemastereten Doppel-LP im Gatefold und mit bedrucktem Einleger (dieser Artikel beruht indes auf einem Download). Braucht alles keiner mehr, denken vielleicht die stets mosernden Kritikaster. Aber: Wer die Stimme von Basser Doug Brown nicht cool findet, der hat mächtig Sand im Ohr. Browns Bass-Spiel bollert angenehm hörbar und bringt Charisma in die Songs wie „Hammer and the Axe“. Dazu kommt eine sehr gut hörbare Live-Atmosphäre bei richtig geilem Sound – deutlich spürbar sind Feeling und Freude der Band. Vor allem aber gefallen die großartigen Gitarren – zweistimmig, virtuos, einfallsreich, aber nie überladen oder gar dickfällig im Vordergrund. WINTERHAWK übertreiben es auch bei progressiverer Ausrichtig eines Titels wie „Creatures of the Sea“ nicht und bleiben songdienlich. Auch wer sonst nicht auf diese nostalgische Schiene steht, der sollte sich diese gut gealterte Mischung aus Hard und Heavy Rock der 70er-Jahre mal reinpfeifen. Fans von Rory Gallagher, Thin Lizzy und Konsorten sowieso. Denn: WINTERHAWK geht auch ohne Räucherstäbchen jeglicher Inhaltsmischung echt gut.
Als 2003 „Of The Son And Father” erschien war nicht nur die Fachwelt ob des latent an Großmeister DIO erinnernden Songmaterials begeistert und 20 Jahre und 9 weitere Alben ist klar, dass ASTRAL DOORS keine Eintagsfliege sind. Album Nummer 10 hält das gewohnte Niveau spielend. Egal ob flott, wie im krachenden Opener „Temple Of Lies“ oder stampfen und an beste ZED YAGO Zeiten gemahnend wie im Folgenden „Iron Dome“. Das ist einfach zeitlos gut gemachter Heavy Metal. Die majestätischen Vocals von Nils Patrick Johansson setzen dem ganzen natürlich die Krone auf aber auch die wilden und dennoch melodischen Soli der Gitarristen Gesar und Nordlund lassen aufhorchen.
Man hat seit dem Debüt zwar nicht die grundlegende Marschrichtung geändert, sich aber dennoch von einem zu offensichtlichen DIO-Tribut hin zu einem Act mit einem eigenen Profil entwickelt. ASTRAL DOORS klingen mittlerweile eben wie ASTRAL DOORS und das allein ist schon ein Qualitätsmerkmal. Dazu kommt eine wuchtige, aber aufgeräumte Produktion, welche jeden Protagonisten gut in Szene setzt. Ein bisschen unkt das Info damit, dass es die letzte Scheibe sein könnte, was ziemlich schade wäre, denn ASTRAL DOORS würden definitiv eine Lücke hinterlassen. Allerdings schenke ich diesem gestreuten Gerücht keinen rechten Glauben und ich bin mir sicher, dass „Then End Of It All“ eben genau das nicht ist.
Wenn man älter wird, dann scheint ja die Zeit gemeinhin schneller zu verstreichen, dass zwischen dem letzten PYRACANDA Album „Thorns“ und dem hier vorliegenden „Losing Faith“ aber 32 Jahre vergangen sind erschreckt dann doch. Aber PYRACANDA lassen den geneigten Hörer schon beim im Vollgas daher brausenden Opener „Don’t Wait For“ sofort vergessen, dass man keine 20 mehr ist. Das klingt frisch, unverbraucht und trotzdem unverkennbar nach PYRACANDA. Man möchte ganz klar zeitgemäß klingen und schafft dies, ohne die eigene Geschichte zu verleugnen. Auch „Loosing Faith“ ist Musik für Herz und Hirn. Es ballert amtlich, wird aber niemals stumpf, sondern wartet mit überraschenden Wendungen auf. Da muss man sich beim Rübe schütteln mitunter ganz schön konzentrieren, wenn die Koblenzer mit dem nächsten unvorhersehbaren Rhythmuswechsel um die Ecke kommen. „Mouth Warrior“ ist so ein Beispiel wo PYRACANDA zwischen hymnisch-eingängig und technisch-vertrackt scheinbar mühelos hin und her mäandern. PYRACANDA sprechen all‘ diejenigen an, die ihren Metal zwar flott und traditionell mögen, aber denn gerne mal um die Ecke denken und sich manche Songs auch erarbeiten wollen. Das ist kein musikalisches Fastfood, sondern ein schmackhaftes 10-Gänge Edelmenü. PYRACANDA 2024 sind keinen Deut uninteressanter als 1990 und setzen eine beeindruckende Duftmarke im starken Musikjahr 2024
Man kann es drehen und wenden wie man will: die besten Einfälle im Leben haben doch meistens die Frauen. So schlug die Herzallerliebste von Neal Morse vor, ihr Gatte möge sich mit lokalen Talenten aus Tennessee zusammen tun, um frische musikalische Ideen zu entwickeln. Aus den anfänglichen Jam Sessions kristallisierten sich recht schnell konkrete Songs heraus und das Projekt NEAL MORSE & THE RESONANCE nahm Anfang 2024 ernsthafte Formen an. Natürlich sind die bislang in Prog Rock-Kreisen recht unbekannten Chris Riley, Andre Madatian, Philip Martin, Joe Ganzelli und Johnny Bisaha keine Anfänger oder Amateure, sondern Vollblutmusiker, die dem Altmeister scheinbar tatsächlich noch einmal einen heftigen Push verpasst haben. Versandete die ein oder andere jüngere Veröffentlichung des mittlerweile 64-jährigen Morse in zu viel Worship (bei aller Qualität), so kommt "No Hill For A Climber" wie eine Fortführung der größten Momente von SPOCK'S BEARD und TRANSATLANTIC daher. Insbesondere Ganzelli an den Drums und Madatian an der Gitarre verleihen den Songs die notwendigen Kanten und einen gewissen Punch. Madatians Stil ist moderner und präziser als etwa der von Alan Morse und erst recht von Roine Stolt und veredelt die klassischen Morse-Kompositionen perfekt. Auch Sänger Johnny Bisaha wertet etwa den hochmelodischen Ohrwurm "Ever Interceding" mit seinen tollen Vocals wahnsinnig auf. Bei allem Respekt vor Neal Morses musikalischen Leistungen, lässt die Stimme ab einem gewissen Zeitpunkt im Leben einfach nach und so ist Bisaha eine grandiose Verstärkung an der richtigen Stelle. Morse selbst vergleicht das Album, dessen Titel im übrigen auf ein Zitat aus Barbara Kingslovers Roman Demon Copperhead zurückgeht, mit "Bridge Across Forever" von TRANSATLTANIC oder SPOCK`S BEARDs "V". Und damit schießt er keinesfalls über das Ziel hinaus. Neben drei kürzeren Songs finden sich zwei Longtracks auf dem Album: der 20-minütige Opener "Eternity In Your Eyes" und der fast halbstündige Titelsong. Beide Werke sprühen nur so vor Spielwitz, bedienen sich natürlich - wie bei Morse üblich - gerne beim 70er-Prog von KANSAS über STYX bis KING CRIMSON und sind mit das Beste, was der Meister in diesem Jahrtausend veröffentlicht hat. Von den kompakteren Songs sticht das völlig ungewöhnliche "Thief" heraus. Hier entführt uns die Truppe auf eine proggige Reise in den Film Noir, in Worten kaum zu beschreiben. Der düstere Fünfminüter glänzt mit beschwörenden Vocals von Morse, einer hypnotischen Basslinie und jazzigen Gitarrenakkorden, um sich im Verlauf zu steigern und im Mittelteil eine moderne Version von GENTLE GIANT zu präsentieren. Einer der Songs des Jahres!
In solch einer bestechenden Form war NEAL MORSE eigentlich nicht zu erwarten, insbesondere im Zusammenspiel mit Musikern, die bislang kaum für die breite Masse in Erscheinung traten. Das Kollektiv straft mit "No Hill For A Climber" aber die Zweifler Lügen und legt eines DER Prog-Highlights des Jahres vor. Ein absoluter Pflichtkauf für alle Genre-Fans! Physisch ist das Album gleich in drei Versionen verfügbar: als limitiertes 2CD Digipak (inkl. Instrumentalversionen), Standard CD Jewelcase und Gatefold-Doppel-LP. Get it while you can!