InterviewEuer neues Album „The Alchemy Index Vols. I+II“ ist vor Kurzem veröffentlicht worden. Wie sind bisher die Reaktionen von Fans und Presse?
Sie sind sehr positiv, was uns sehr ermutigt, da die Songs ein sehr ambitioniertes Projekt sind, mit denen wir musikalisch in eine neue Richtung streben. Es ist sehr angenehm, dass das bei den Fans und den Medien so gut ankam. Natürlich gibt es Leute, die mit unserer neuen Richtung nicht zufrieden sind, die wir seit zwei Alben haben, aber am Ende des Tages ist es für uns wichtig, mit dem glücklich zu sein, was wir machen, Spaß beim Live-Spielen der Songs haben und dabei, die Grenzen unserer Kreativität als Band weiter zu versetzen. Wir können nicht jeden glücklich machen.
Haben sich beide Teiles (Feuer & Wasser) musikalisch so entwickelt, wie ihr es geplant hattet?
Ja – auch wenn ich denke, dass wir selbst von der „Wasser“-EP überrascht waren, da es das erste Mal war, dass wir mit Elektronik und Synthesizern gearbeitet haben. Ich denke, wir sind alle sehr stolz auf das Ergebnis. Die „Feuer“-EP war sehr spaßig, da es der heftigste und aggressivste Kram ist, den wir in den letzten Jahren gemacht haben.
Hattet ihr konkrete Pläne, wie die EPs klingen sollten, als ihr mit dem Songschreiben begonnen habt?
Ja. Wir hatten eine generelle Idee, wie jede EP sein sollte, sowohl klanglich als auch textlich und wir haben beim Schreiben und Aufnehmen uns die Freiheit genommen, etwas von dieser Idee abzuweichen, so dass die EPs geschlossener und ausbalancierter klingen.
Wie lange habt ihr insgesamt an den Songs gearbeitet, also im Proberaum und im Studio?
Es waren so ungefähr ein oder eineinhalb Jahre. Einige Parts entstanden bereits in der Zeit, als wir mit unserem letzten Album „Vheissu“ getourt sind. Wir haben versucht den Aufnahmeprozess so zu gestalten, dass wir einen Moment einfingen, als zu versuchen den „perfekten“ Take zu erreichen, von daher haben wir recht schnell gearbeitet.
Das Schreiben und Arrangieren ging ebenfalls schneller als gewöhnlich vonstatten, da wir die Songs nicht überanalysieren wollten, wie uns das in der Vergangenheit passiert ist. Damals wurden viele Songs, die eigentlich gut gewesen wären, überfrachtet, da wir zu sehr nachgedacht haben – und das wollten wir dieses Mal wirklich vermeiden.
Läuft bei euch das Songschreiben entspannt ab? Trägt jedes THRICE-Mitglied zu den Songs seinen Teil bei?
Jeder in der Band hat die Fähigkeiten, auf verschiedenen Instrumenten Parts und Ideen zu schreiben und zu entwickeln, was wir bereits seit langer Zeit nutzen. Über die Jahre haben wir unsere Kommunikation stetig verbessert und den anderen Möglichkeit zur Einflussnahme auf die eigenen Ideen gegeben. Wir haben gelernt, uns zu vertrauen und Vertrauen in die Fähigkeiten eines jeden zu haben, was den Songwriting-Prozess viel weniger schwieriger gemacht hat, als es noch zu Anfang der Fall war.
Ihr habt einen Deal mit einem neuen Label unterzeichnet und Island Records verlassen – warum habt ihr diesen Schritt getan? Welche Argumente gaben den Ausschlag für euch, mit Vagrant Records zu arbeiten?
Ich denke, dass Island Records eine andere Vision für THRICE als wir hatte. Sie schienen auf einen Hit zu warten, auf eine Hit-Single und das passierte einfach nie. Wir waren immer mehr damit beschäftigt, Alben zu schreiben, als zu versuchen, einen Hit zu landen. Wir haben uns im Guten getrennt und sind ihnen definitiv dankbar für die Möglichkeiten, die wir bei ihnen hatten – aber ich denke, dass wir jetzt an einem besseren Ort sind. Rich Egan (der Kopf von Vagrant Records) hat uns schon immer unterstützt, schon seit langer Zeit, und mir immer wieder gesagt, dass er unsere Sachen veröffentlichen wird, wenn es mit Island Records nicht mehr funktioniert. Als er hörte, dass wir das Label verlassen haben, rief er mich sofort an. Es ist sehr schön mit einem Label zu arbeiten, das unsere Vision unterstützt und glücklich damit ist, uns das tun zu lassen, was wir wollen.
Ihr habt euch durch die Unterstützung karitativer Einrichtungen einen sehr guten Ruf aufgebaut. Unterstützt ihr auch weiterhin ein soziales Projekt, mit einem Teil der Einnahmen des neuen Albums?
Ja, wir unterstützen noch immer gemeinnützige Organisationen. Für „The Alchemy Index“ spenden wir einen Teil der Einnahmen zu Blood:Water Mission . Das ist eine Organisation, die Afrika mit sauberem Trinkwasser versorgen will und die medizinischen Einrichtungen dort im Kampf gegen HIV/AIDS unterstützt.
Habt ihr Tourpläne für 2008? Werdet ihr eure Shows mit einer speziellen Lichtshow oder visueller Unterlegung im Stile von NEUROSIS aufpeppen?
Wir werden im Februar durch Kanada touren und dann eine Headliner-Tour in den USA im April und Mai machen. Wir versuchen nach Europa und England zu kommen.
Momentan touren wir mit mehr Lichtern als wir jemals hatten und ich finde die Lichtshow ziemlich cool. Wir haben einen Background, der komplett aus LEDs besteht, durch die wir ziemlich coole visuelle Effekte zu unserer Show hinzufügen können. Ich bin aber nicht sicher, ob wir das auch in zukünftigen Touren nutzen werden oder nicht.
Finden sich in eurem Set auch alte Songs? Wie fühlt es sich an, diese zusammen mit den neuen Sachen zu spielen?
Wir spielen noch immer einen recht großen Teil Songs von den „Illusion Of Safety“ und „Artist In The Ambulance“-Alben, auch auf dieser Tour, die wir für die neuen Songs machen. Es ist eine Herausforderung, alles so zu ordnen, dass der Set fließt und sich zusammenhängend anfühlt, aber ich glaube, wir werden dabei besser. Die wahre Herausforderung ist es, herauszufinden wie wir die vielen verschiedenen Dynamiken (was wir bei unseren Alben versuchen) in einen einstündigen Live-Set zu integrieren.
BOYSETSFIRE haben euch in euren früheren Zeiten unterstütz, sich aber mittlerweile leider aufgelöst. Bist du noch in Kontakt mit ihnen?
Wir haben Robert (b.) ein paar Mal bei Shows getroffen, sind aber schon seit längerem nicht mehr mit ihm in Kontakt. Sie waren eine großartige Band, die unglaubliche Shows gestaltet hat, aber wie alles Gute musste es an einem Punkt zum Ende kommen.
Was hältst du von der heutigen Metal/Hardcore-Szene, die boomt wie nie zuvor. Ist es gut für die Fans, dass es so viele Bands, so viele Veröffentlichungen, so viele Shows gibt, aus denen sie jeden Monat wählen können?
Um ehrlich zu sein halte ich das alles für übersättigt, jedenfalls an diesem Punkt. Es gibt viele Bands, die ihre Musik wirklich gerne spielen, aber es ist Zeit für etwas Neues die Führung zu übernehmen. Wenn es nur noch Rip-Offs von Rip-Offs von Rip-Offs von Rip-Offs von Bands gibt, die KILLSWITCH ENGAGE „Alive Or Just Breathing“ (das ich liebe) oder POISON THE WELL „The Opposite Of December“ (was ich ebenfalls liebe) rippen, ist es wohl Zeit, auf den Refresh-Button zu drücken.
Was denkst du, wie lange werden THRICE aktiv sein?
Ich habe keine Idee… Wir werden stoppen, wenn es keinen Spaß mehr macht und ich kann ehrlich sagen, dass wir noch nie so viel Spaß hatten wie während dieser Tour.
Habt ihr Projekte abseits von THRICE? Wie wichtig sind diese für euch?
Ich habe zur Zeit kein Soloprojekt, aber ich werde wohl bald eins beginnen und wenn es nur ein Vehikel für einige Ideen ist, die ich loswerden will. Dustin hat dieses Jahr ein Soloalbum veröffentlicht und Teppei schreibt gerade an seinem. THRICE ist aber für jeden die Top-Priorität und ich sehe nicht, dass sich das bald ändern wird. Die Nebenprojekte sind etwas, dass wir in der Zwischenzeit machen.
Welche Bands, welche Künstler beeinflussen dich?
Es sind wirklich zu viele, um sie aufzulisten. Es gibt definitiv einen Kern von Bands, die für uns vier gleich wichtig sind, aber unsere Geschmäcker jenseits dieses Kerns variieren. Mit unserem Projekt werden diese Unterschiede deutlicher hervortreten, dank der Vielfältigkeit der EPs. Es gibt alles von aggressivem Rock zu elektronischen Künstlern zu klassischen Komponisten zu Singer/Songwriter-Kram zu Jazz zu Folk bis zu Filmsoundtracks. Es ist querbeet gestreut.
Welchen Alben haben dich in diesem Jahr beeindruckt?
Radiohead „In Rainbows“, Baroness „Red Album“, The Shins „Our Love To Admire“ und die neuen Alben von DILLINGER ESCAPE PLAN und GOD IS AN ASTRONAUT haben mich persönlich sehr erfreut. Und einige habe ich sicher vergessen.
Letzte Worte?
I promise we'll make it over to the UK and europe next year. Thanks for
your patience and support.
InterviewEin ziemlich großer Teil des Publikums hätte euch gerne noch länger gehört.Ja, das ist ja auch der Sinn der Sache. Dass wir wieder kommen können, länger spielen können.
Als Headliner.Yeah, genau.
Da ihr jetzt ja mit einem neuen Album und einem neuen Sänger auf Tour seid- wie habt ihr Olliver Twisted denn getroffen bzw. gefunden? Ihr scheint ja so ziemlich überall gesucht zu haben und habt ihn dann schließlich quasi in direkter Nachbarschaft in Finnland ausfindig gemacht. Ja, wir haben fast ein Jahr lang nach Sängern gesucht und hatten die Hoffnung schon fast aufgegeben (Er lacht). Von vielleicht um die 300 eMails haben wir ungefähr sieben Leute getestet, aber die hatten alle nicht dieses bestimmte Etwas, das wir brauchten, und dann plötzlich bekamen wir diese eMail von Olliver, also hat eigentlich er uns gefunden. Und das war´s dann eigentlich sofort- er hat uns ein paar Bilder geschickt und Songs von seiner anderen Band, und dann zogen wir los nach Finnland, um ihn zu holen (lacht)
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Wie habt ihr euch überhaupt alle getroffen, wie seid ihr in einer Band gelandet? Hm... Lass mich überlegen....Die Band hat ja eigentlich vor diesem Line-Up angefangen, aber zu Anfang haben wir halt noch keinen Plattenvertrag gekriegt....Jetzt hab ich vergessen, über was ich eigentlich geredet habe....(Er starrt nachdenklich ins Leere, lacht.) Achso, ja, wie wir die Band gegründet haben.
MI. Ja, so in etwa. Naja, ich und Peter haben in einer Band gespielt. Und Eric war ein alter Freund von Dave... Es war also quasi Schicksal.
Scheint ja auch ganz gut zu funktionieren.Yeah!
Hat denn Dave Lepards Tod nachhaltige Konsequenzen im Bezug auf euren Lifestyle gehabt? Da war ja einiges zu hören über den klassischen Sex, Drugs & Rock´n´Roll- Lifestyle- hat sich da etwas dauerhaft geändert?Hm.... naja, wir haben ziemlich viel Party gemacht, das mussten wir schon etwas zurückfahren. Wir sind natürlich immer noch Party-Löwen, aber inzwischen konzentrieren wir uns zuerst auf die Gigs und danach können wir dann machen was immer wir wollen. Damals waren wir manchmal so besoffen, dass wir nicht einmal spielen konnten.
Das geht nicht besonders lange gut.Nein, und es ist bedeutet letzten Endes auch nichts anderes als die Fans mehr oder minder auszunehmen.
Und früher oder später kommen sie dann nicht wieder.Genau. Deswegen machen wir das jetzt anders. Und nach der Show können wir uns dann hundertprozentig drauf konzentrieren, uns zu besaufen (Er grinst).
Also stürzt ihr euch nachher in eine Aftershow-Party?Jaaa, naja, wir haben den Bus draußen stehen... Wir fahren hier nicht vor morgen Nacht weg, von daher.... Da will ich schon so das eine oder andere Bier trinken.
In Köln dürftet ihr eigentlich wirklich genug Bier kriegen. Und zwar deutlich billiger als in Skandinavien..
Ja, das hab ich auch schon festgestellt. Das ist total billig hier, um die zwei Euro... Wenn ich hier leben würde, würde ich glaube ich zum Alkoholiker werden.
Na wie gut, dass das nicht der Fall ist.Ja, wahrscheinlich...
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Was hat euch dazu veranlasst, wieder als Band zusammenzukommen? Ihr hattet euch ja zwischenzeitlich aufgelöst.Da gab es ein paar Gründe. Einer der ersten, der uns dazu gebracht hat, wieder zusammen zu spielen war, dass ich ein paar Songs vorgespielt habe, die ich ziemlich kurz nach Daves Tod geschrieben habe und die anderen meinten "Oh, wow, das klingt wie Crashdiet!", auch wenn ich das auf den Demos ja gesungen habe. Da haben wir beschlossen, wieder anzufangen, zusammen zu spielen. Zu dem Zeitpunkt wussten wir nicht, wie wir die Band nennen sollten. Und es hat gedauert bis.... Im Januar haben wir dieses Dave Lepard- Tribute-Konzert gespielt, habt ihr vielleicht bei You Tube- gesehen, und da haben wir dann entschieden, uns weiter Crashdiet zu nennen. Ich meine wir sahen immer noch wie Crashdiet aus und wir klangen auch so... warum uns also nicht auch weiterhin Crashdiet nennen. Die Mehrheit von Dave´s Familie hat das auch unterstützt. Wir wussten nicht wirklich, was wir anderes machen sollten. Wir kennen nichts anderes, was also sollen wir machen. Und soweit scheint es ziemlich gut zu funktionieren, die Resonanz ist ziemlich positiv. Der Gig heute Abend ist auch wirklich gut gelaufen.
Ihr nennt eine Reihe von Einflüssen wie zum Beispiel Guns ´n Roses und Mötley Crüe. Wie sieht´s mit Bon Jovi aus? "Falling Rain" klingt irgendwie ein bisschen wie eine Art Tribute an Bon Jovi´s "Runaway".Ich glaube ich bin der einzige in der Band, der Bon Jovi liebt. Eigentlich hatte ich nicht die Absicht, so was zu machen, aber denselben Gedanken hatte ich dann auch, als ich den fertigen Song gehört habe- "Runaway". Ich bin ein großer Fan ihrer alten Sachen, "Slippery When Wet" und "New Jersey" sind zwei meiner Lieblingsalben. Ich bin also der Bon Jovi-Fan in der Band. Aber die neuen Sachen sind scheiße. "Have A Nice Day" war noch ganz nett. Aber ich hab sie in den 80ern nie gesehen, erst auf der "Crush"-Tour. Es gibt nur so wenige Bands, die in Stadien spielen, da spielt es eigentlich gar keine so große Rolle, welche Band es ist. Es ist einfach was Besonderes, eine Band draußen in einem Stadion zu sehen, an einem Sommerabend...
Kleine Clubs haben aber auch eine Menge für sich, weil man viel näher an der Bühne und damit am Geschehen dran ist.Ja klar. Hat aber auch seine Nachteile. Vorhin war´s auf der Bühne schon ziemlich eng. Falls wir irgendwann mal Stadien spielen sollten, werden wir immer noch nah am Publikum sein (Er grinst). Metallica hatten ja mal so eine Bühne mitten im Publikum...
Der Titel eures neuen Albums lautet "The Unattractive Revolution"- warum, hat das einen bestimmten Grund?Warum.... Also, ich weiß nicht, wie das allgemein so ist, aber wenn wir in Schweden ausgehen, in die Stadt, tragen wir auch Make-Up und laufen so rum und viele Leute können das nicht ausstehen. In deren Augen sind wir wirklich unattraktiv. Und das Coole ist, dass unsere Fans.... viele Fans machen das auch, sie sind Teil der Revolution. Deshalb "The Unattractive Revolution". Es hat aber auch verschiedene Bedeutungen, zwei verschiedene. Unsere Geschichte ist in gewisser Weise unattraktiv, wenn man es auf diese Weise betrachtet. Ziemlich viel tragisches Zeug.
Also ist es auch eine Revolution, wieder neu anzufangen.Ja., genau....
Eigentlich kann man hier in Deutschland den Eindruck gewinnen, dass in großen Teilen Skandinaviens die ganze Hard´n Heavy- Szene deutlich mehr als Mainstream angesehen wird als hier in Deutschland bzw. in Mitteleuropa.Ja, wahrscheinlich schon. Ich meine in Schweden sind wir.... praktisch größer als Ratt. Aber ich weiß nicht... wir hatten zum Beispiel auch ein paar wirklich gute Reviews in Deutschland. Wir hoffen gewissermaßen, dass Deutschland uns mit offenen Armen willkommenheißen wird.
Das ist dann aber schon ein ziemlicher Kontrast, wenn ihr von Schweden hierher kommt, oder?Naja, so weit ist es echt gut gelaufen. Die Venues sind zum Teil etwas kleiner, aber...Heute Abend war großartig. Auch wenn wir auf der Bühne kaum Platz hatten und man schon ziemlich aufpassen musste, nirgendwo drüber zu fallen.
Wo kommt eigentlich euer Bandname her, warum habt ihr den genommen und was bedeutet er?Das weiß nur Dave Lepard. Da musst du also ihn fragen. Und ich bin mir relativ sicher, dass.... naja, er ist das damals auch ein,- zweimal gefragt worden und er wusste es nicht mal selbst.
Das heißt, es wir bis in alle Ewigkeit ein Geheimnis bleiben?Yeah! Ich meine, also ich hab gehört , dass Dave, total besoffen, jemanden aus der Band angerufen hat: "Ich hab einen Namen- Crashdiet!" und dann hat er aufgelegt und am nächsten Tag konnte er sich an nichts erinnern. Es wird also nie jemand wissen, woher der Bandname kommt.
Naja, Geheimnisvolles kann ja durchaus ganz reizvoll sein. Dann mal noch viel Glück und danke für das Interview!Danke, wir kommen auf jeden Fall wieder hierher!
InterviewIm August ist euer neues Album erschienen. Das letzte reguläre kam 2004 raus. Was habt ihr in der Zwischenzeit gemacht?
Wir sind viel getourt, u. a. drei Monate lang direkt nach dem Albumrelease. Ansonsten haben wir auch zwischendurch immer wieder mal Songs geschrieben, aufgenommen und ausprobiert. Ungefähr zwei Jahre nach dem letzten Album haben wir das neue aufgenommen, dann aber erst mal kein Label gefunden. Bis es erschienen ist, hat es eben noch ein Jahr gedauert.
Wie kamt ihr zu People Like You, eurem jetzigen Label?
Die haben irgendwie mitgekriegt, dass wir neue Songs aufgenommen haben und angefragt, ob wir schon ein Label hätten. Und wir sagten: Ok, macht ihr´s.
Ihr seid außerhalb der Schweiz erfolgreicher als in eurer Heimat. Wie erklärt ihr euch das?
Zum Teil hat das damit zu tun, dass Schweizer Bands in der Schweiz ein bisschen weniger ernst genommen werden als beispielsweise Ami-Bands oder englische Bands. Es gibt ja auch nur wenige Schweizer Bands, die man wirklich kennt. Deswegen haben die Leute das Gefühl, dass es hier eh nichts Gutes gibt. Die andere Seite ist, dass wir die Schweiz oft vernachlässigen. Normalerweise touren wir überall, nur nicht in der Schweiz, weil wir denken, dass wir ja dann hier eh immer noch spielen können. In der Schweiz spielt man am besten eh nur Wochenend-Gigs. Denn der Schweizer denkt sich, für ne Schweizer Band muss ich unter der Woche nicht irgendwo hingehen, denn die kommen eh mal wieder am Wochenende. Also spielen wir hier halt ab und zu Wochenend-Gigs und denken: Wir machen ja dann eh noch ne richtige Tour. Aber jetzt machen wir erst mal die Tour und die Tour und die Tour...Und eh du dich versiehst, sind zwei Jahre um. Das haben wir erst grade wieder gecheckt, deshalb versuchen wir nächstes Jahr, auch wieder ein bisschen Schweizer Publikum zu erobern.
Wie sieht aus eurer Sicht die Punkrock- und Rock ´n Roll-Szene in der Schweiz aus?
Das kann man gar nicht so genau sagen, denn sie ist viel kleiner als in Deutschland. Zu unseren Konzerten kommt eher ein gemischtes Publikum. In Deutschland hast du da nur zwei, drei Szenen vertreten, während du in der Schweiz mehrere hast. Die einzelnen Szenen sind viel zu klein, um einen Club zu füllen.
Hat sich die Szene in den letzten Jahren verändert?
Ja, die Psychobilly-Szene war irgendwann ziemlich tot und auch ein bisschen scheiße. Das ist inzwischen wieder ein bisschen trendy geworden, junge Leute sind dazugekommen. Und die Stimmung auf Psychobilly-Festivals ist viel angenehmer als das früher war. Früher war das auch mal ein bisschen gewalttätig, dagegen steht heute wieder der Spaß im Vordergrund. Was sich auch geändert hat, ist, dass sich gewisse modische Strömungen gebildet haben. Diese Greaser-Typen z. B., die gab´s vor sieben Jahren noch nicht. Auch nicht dieses Lucky Thirteen- und Eightball-Zeugs. Wenn du das vor fünf Jahren in einem Laden in irgendeiner Großstadt gesehen hast, dachtest du: Wow, da musst du dich eindecken. Und jetzt läuft jeder damit rum, und überall bekommst du´s. Diese Szene ist ziemlich groß geworden.
Was glaubst du, wie es kommt, dass so viele Kids auf diesen alten Stil und die alte Musik stehen?
Es kommt halt immer mal alles wieder, was schon mal da war, vor allem Musik und Styles. Wenn etwas zwei, drei Jahre hip war, dann flaut es ab und dann wird was Neues gesucht und von den Medien gepusht. Dass sich Neues so schnell verbreitet, hat sicherlich auch damit zu tun, dass es heute einfachere Wege gibt, sich Informationen zu beschaffen. Vor zehn Jahren war das noch viel komplizierter, da musstest du dir irgendwelche Fanzines kaufen. Wenn heute etwas neu ist, wird das über Internet, myspace usw. viel schneller verbreitet, und die Leute kriegen auch mit, wie das aussieht. Als ich in den 80ern Psychobilly entdeckt habe, wusste ich gar nicht, wie ein Psychobilly aussieht. Woher auch? Ich habe mir auf meinen paar Platten die Fotos angeguckt und mir gesagt: So, aha!
Wo wir grade bei Psychobilly sind: Ihr selbst bezeichnet eure Musik als eine Mischung aus Rockabilly und Punkrock. Vermeidet ihr den Ausdruck „Psychobilly“ bewusst?
Wir finden einfach, dass wir nicht Psychobilly sind, zumindest nicht im klassischen Sinn. Wir haben unsere Wurzeln im Psychobilly, und wir kommen auch aus dieser Szene. Wenn auf einem Flyer für eins unerer Konzerte „Psychobilly“ draufsteht, oder wenn wir auf einem Psychobilly-Festival spielen, dann ist das nicht ganz verkehrt, aber es ist nicht wirklich das, was wir sind.
Ihr habt auf eurem Album auch einige eher untypische Songs, die deutlich von Garage beeinlusst sind. Wie hat sich das entwickelt?
Zum einen gibt´s bei uns immer leichte stilistische Wechsel von einer zur nächsten Platte. Wir wollen einfach nicht zwei Mal hintereinander dieselbe Platte aufnehmen. „It´s Time For...“ war ziemlich eindimensional. Das wollten wir umgehen und ein bisschen mehr Abwechslung reinbringen. Und dieses Garage-Zeugs haben wir eigentlich auch schon immer gespielt. Gleich auf unserer zweiten Single war ein Billy Childish-Cover drauf. Das war immer etwas, das uns Spaß gemacht hat und das für uns ganz natürlich ist. Wir haben das nur zwischendurch nicht immer wieder aufgegriffen.
Ihr seid auf der Bühne immer gut angezogen. Wie wichtig ist euch Stil?
Stil ist ein bisschen wichtig. Wir glauben an dieses Band-Ding. Eine Band soll auch optisch eine Einheit sein. Ich schau mir lieber Bands an, die wie eine Band aussehen und nicht wie ein paar Zufallsbekannte, die irgendwie auf der Bühne rumstehen. Zum Teil hat das auch praktische Gründe. Wenn du auf Tour bist und jeden Abend auf der Bühne schwitzt, dann ist es sehr praktisch, wenn du Bühnenklamotten hast, die du immer wieder von neuem nass machen kannst, und deine anderen Klamotten, die du zwischendurch trägst. Und wenn du schon Bühnenklamotten anziehst, dann kannst du dir ja auch ein bisschen was überlegen. Und wir dachten uns eben: Ok, lass uns schwarze Kleidung tragen, das ist nie verkehrt. Außerdem ist das Umziehen vor dem Konzert wie ein Ritual. Wenn du im Backstage in Jeans und Kapuzenpulli rumhängst, und dann heißt es, wir müssen in einer Viertelstunde spielen, dann stehst du auf und ziehst dich um, und du weißt, gleich geht´s los. So kommt man in die richtige Konzertstimmung.
Ihr werdet jetzt erst mal viel in Deutschland unterwegs sein und im März auch einige Shows in England spielen. Wie geht´s danach weiter? Wollt ihr auch wieder in die USA?
Wir versuchen jetzt erst mal, ein paar Konzerte inder Schweiz für Anfang nächstes Jahr zu buchen. Dann wollen wir auch wieder in Länder wie Italien oder Spanien. Aus der USA kommen die ganze Zeit Anfragen von Bookern, aber das ist natürlich auch ein finanzielles Risiko, deswegen holen wir erst noch ein paar Informationen ein. Wenn ein Booker aus den USA in einer E-Mail schreibt „Ich book euch ne Tour“, dann kannst du natürlich sagen: Hey super, machen wir! Besser ist es, andere Bands zu fragen, wie der Typ drauf ist, ob der einen übers Ohr haut. Aber sicherlich werden wir dann irgendwann wieder in den USA spielen, und auf jeden Fall in Kanada. Bis Juni sind wir aber sowieso ziemlich ausgelastet. Und danach ist ja dann Fußball-EM, während der Zeit sollte man vermutlich eh nicht touren.
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