Interview
Euer letztes Album „Burnout Boulevard“ habt ihr vor fünf Jahren veröffentlicht. Was habt ihr in der Zwischenzeit getrieben?
2010 haben wir eine Live-DVD veröffentlicht, die 2008 in Berlin aufgenommen wurde, und dieselbe Show wurde auch als Album herausgebracht. Und wir haben einige Konzerte hier und da gespielt. Wir sind nicht so regelmäßig getourt wie in den Jahren davor, aber wir waren nie richtig weg. Wir haben SOCIAL DISTORTION bei einigen Konzerten in den Niederlanden, England und Norwegen supportet und haben einige Festival-Shows gespielt. Und wir haben angefangen, die Songs für „Monkeys With Guns” zu schreiben. Also waren wir eigentlich ziemlich beschäftigt.
Hattet ihr das Gefühl, dass ihr eine Pause nach all den Jahren gebraucht habt, in denen ihr fast durchgehend auf Tour wart?
Ja und nein... Wir lieben es, zu touren, aber es gibt auch noch andere Dinge im Leben, um die man sich kümmern muss. Es ist immer gut, für eine Weile andere Dinge zu tun, während man die alten Batterien auflädt.
Habt ihr während dieser Zeit das Tour-Leben vermisst, oder war es auch eine Erleichterung, für eine Weile einfach mal zu Hause zu sein?
Wir haben das natürlich ein bisschen vermisst. Konzerte zu spielen und Fans zu treffen, ist ein großer Teil unseres Lebens. Aber wie ich schon sagte, an irgendeinem Punkt muss man immer die Batterien wieder aufladen.
Wie ist es überhaupt für euch, immer wieder auf Tour zu sein? Vermisst ihr eure Familien und Freunde?
Wenn wir es nicht lieben würden, auf Tour zu sein, würden wir es nicht tun. Ja, natürlich vermissen wir unsere Familien, aber so läuft es eben, und es gibt ja mehrere Wege, um den Kontakt zu behalten, wie Skype und so. Und hey, wir sind ja nie für Jahre weg, sondern immer nur kurze Zeit.
Der Sound von „Burnout Boulevard“ unterscheidet sich von dem eurer vorherigen Alben. Er ist transparenter, aber – meiner Meinung nach – auch weniger dreckig und kraftvoll. Was denkt ihr im Nachhinein über die Produktion?
Es ist immer noch ein gutes Album, vielleicht weniger dreckig, aber ich würde nicht sagen, weniger kraftvoll, und es gibt großartige Songs darauf. Aber ich bin ziemlich sicher, dass das Album, wenn wir es heute aufnehmen würden, ein bisschen anders klingen würde – wie genau, weiß ich aber auch nicht.
„Monkeys With Guns” klingt jetzt wieder mehr wie eure älteren Aufnahmen und gleichzeitig druckvoller als je zuvor. Was habt ihr dieses Mal anders gemacht?
Vielleicht haben wir einfach gelernt, unsere Instrumente zu spielen?! Ha ha ha... Na ja, nein, im Ernst, ich glaube, wir haben irgendwie mit mehr Attack aufgenommen. Wir haben mehr Amps verwendet und sie zusammen geschaltet, und wir haben mehr Cabinets verwendet, um den Klang deutlicher und dreckiger zu machen. Kombiniert mit den Sounds von Boners und meiner Gitarre und zusammen mit Spooky, der die Drums heftig bearbeitet hat und Andis Attack-Bass hat das den Sound entstehen lassen, wie wir ihn wollten.
„Monkeys With Guns” wurde von Magnus „Mankan“ Sedenberg produziert, der auch schon für eure ersten drei Alben verantwortlich war. Ist das Grund oder einer der Gründe für die erneute Veränderung eures Sounds?
Ich würde nicht sagen, dass es eine Veränderung unseres Sounds ist, sondern eine Entwicklung. Und der Produzent weiß, was wir meinen. Wir sprechen dieselbe Sprache, ohne zu sprechen. Ha ha ha...
Auf „Monkeys With Guns” gibt es einen Song, der „Burnout Boulevard” heißt. Ist das ein alter Song, der der Titelsong eures letzten Albums werden sollte, oder habt ihr ihn erst danach geschrieben?
Wir haben den Song danach geschrieben, zumindest den Text. Die Musik habe ich schon vor sechs oder sieben Jahren geschrieben.
Worauf bezieht sich der Albumtitel? Wer oder was sind die „Monkeys With Guns”?
Das muss jeder selbst herausfinden... he he he... Ich glaube, wir werden noch oft danach gefragt werden. Alles, was ich sagen kann ist, dass es eine alte Redensart ist, und irgendwie sind wir darauf gestoßen, also sagten wir uns: Hey, das passt zum neuen Album!
„Burnout Boulevard“ wurde auf Century Media veröffentlicht, jetzt seid ihr wieder zurück bei People Like You. Welche Erfahrungen habt ihr mit Century Media gemacht, und was war der Grund für den Wechsel?
Wir sind genau genommen immer noch bei Century Media, denn People Like You gehört ihnen. Century Media ist ein starkes Label mit kompetenten Mitarbeitern, und die Leute, die für People Like You verantwortlich sind, wissen wirklich, was sie tun. Es passt perfekt zu uns, alles läuft gut.
Eure nächsten Konzerte werdet ihr vor allem auf Festivals spielen. Wird es auch eine Klub-Tour geben?
Ja, nach dem Sommer werden wir in einige Klubs kommen, und wir freuen uns total darauf. Das werden intensive Shows, voller „blood, sweat and beers”...
Abgesehen von einem Konzert in Frankreich spielt ihr ausschließlich in Deutschland. Ihr scheint hier eine wirklich starke Fanbase zu haben...
Hell yeah! Deutschland ist wie ein zweites Zuhause für uns und ist das auch schon seit vielen Jahren. Wir haben dort überall großartige Fans.
Wie ist denn euer Status in eurem Heimatland Schweden? Seid ihr dort bekannt oder sogar Stars, und verkauft ihr dort viele Platten und spielt in großen Venues? Oder seid ihr im Ausland erfolgreicher?
Meistens spielen wir außerhalb von Schweden. Um ehrlich zu sein, sind wir in Schweden noch nie richtig getourt, sondern haben immer nur hier und da einzelne Konzert an Wochenenden gespielt. Wir fokussieren uns auf Europa, aber natürlich ergreifen wir auch in Schweden jede Chance, um spielen zu können. Über die Plattenverkäufe hier wissen wir zur Zeit gar nichts. Es scheint, als würden alle Plattenläden einer nach dem anderen verschwinden... das ist wirklich traurig...
Gibt es denn in Schweden immer noch eine Szene für Punk Rock, Rock ´n´ Roll und Garage Rock? Oder welche anderen musikalischen Trends haben sich während der letzten Jahre herausgebildet?
Ja, es gibt noch eine Szene, auch wenn es immer weniger Venues gibt. Zurzeit ist glaube ich all so seltsamer Metal trendy. Aber ich kümmere mich nicht wirklich darum, was trendy ist und was nicht. Wir gehen unseren eigenen Weg und weichen nicht davon ab, nur um irgendwelchen Leuten zu gefallen.
Nach der Pause sind eure Batterien ja bestimmt wieder aufgeladen, und ihr seid sicher schon wieder heiß darauf, auf der Bühne zu stehen...
Ich sage dir, sie sind komplett aufgeladen. Wir haben uns immer darauf gefreut, auf der Bühne zu stehen. Das wird mit Sicherheit explosiv. Rock ´n´ roll is here to stay! Cheers!
InterviewDanke.... Stimmt, ich bin ziemlich beschäftigt, aber bei mir ist das ein gutes Zeichen!
Der Titel deines neuen Albums "Return Of The Mother Head´s Family Reunion" bezieht sich auf eines deiner Alben mit einem ähnlichen Titel, das 1994 veröffentlicht wurde. Gibt es dafür einen speziellen Grund?Ja, der Grund dafür ist einfach, dass es die erste CD seit 1994 ist, bei der ich auf eine vollständige Band hinter mir zurückgegriffen habe. Auf den letzten paar CDs war ich der einzige Musiker und habe Schlagzeug, Gitarre, Bass und was nicht alles gespielt und auf denen davor hatte ich verschiedene Gäste, die mitgespielt haben. Auf dieser CD habe ich jetzt die ganze Zeit über dieselbe Band und das letzte mal, als ich das gemacht habe, war 1994 bei "The Mother Head´s Family Reunion" und als das jetzige Album fertig war, erinnerte es mich auch vom Gefühl her irgendwie an das 1994er Album, also machte es für mich Sinn, das Ganze "Return Of The Mother Head´s Family Reunion" zu nennen.
Du hast ziemlich früh angefangen, Gitarre zu spielen, im Alter von sieben Jahren. Was hat deinen Wunsch ausgelöst, Musiker zu werden? Wie hat das alles angefangen und wie bist du in deiner ersten Band gelandet?Als Kind ich bin immer in der Landschaft herumgerannt und habe versucht, meine Familie zu unterhalten- ich bin rumgerannt, habe getanzt und gesungen und im großen und Ganzen versucht, Aufmerksamkeit zu erregen. Irgendjemand hat vorgeschlagen, dass ich Klavierunterricht kriegen sollte als ich ungefähr fünf war. Ungefähr ein Jahr später habe ich ein Poster von KISS gesehen, auf dem Gene Simmons drauf war, der gerade Feuer spuckte und etwas umhängen hatte, das ich damals für eine Gitarre hielt. Da beschloss ich, zur Gitarre zu wechseln. Wir haben dann bei einem Yard Sale eine Gitarre gekauft und damit kamen die Dinge ins Rollen.
Wer oder was hat dich als Musiker am meisten beeinflusst oder beeinflusst dich immer noch?Also zuerst war ich beeinflusst von Musik, die ich im Radio hörte, In Pennsylvania habe ich viel Soul und Classic Rock im Radio gehört. Von Bands wie Van Halen, Bad Company und, ob du´s glaubst oder nicht, Bands wie The Spinners, Curtis Mayfield und The Four Tops... Als ich anfing, Gitarre zu spielen stammte der erste Einfluss von Eddie Van Halen, als Sänger war es Paul Rodgers.... Es war auch so, dass Daryl Hall ungefähr acht Meilen die Straße runter von dem Ort, an dem ich wohnte, aufwuchs... Auch wenn er weltweit ein Riesenstar war, in unserer Gegend war er gottähnlich, von daher... Als Kind war ich umgeben von dieser ganzen Soul-Geschichte... Ich kann mich dran erinnern, wie ich in der Schule war und "Rich Girl" sang....mein Freund und ich fanden das cool, weil wir im Laufe des Songs "bitch" sagen konnten, wenn wir es sangen. Als ich dann anfing, Songs zu schreiben, stellte ich fest, dass ich von Dingen außerhalb der Musik beeinflusst wurde-von Situationen, Leuten, was auch immer gerade um mich herum passierte.
Im Laufe der Jahre hast du in und mit vielen verschiedenen Bands und Musikern gespielt. Gibt es da welche, die du als eine Art persönliches Highlight in deiner bisherigen Karriere betrachten würdest und falls ja, warum?Nun.... ich denke, ich habe von allen drei Bands gelernt.... Ich glaube, Stanley Clarke mit VERTU wäre das Haupthighlight. Mit Abstand der geborenste Musiker, mit dem ich je gespielt habe... Viele Leute betrachten ihn als Bassisten, aber er kann so viel mehr... Ich habe so viel davon gelernt, mit ihm und Lenny White in einer Band gewesen zu sein. Sie waren alle virtuose Musiker und sie haben Musik gemacht, die die anderen Bands niemals hätten machen können. Wir haben auch einen ganzen Sommer lang auf europäischen Jazz Festivals gespielt, das war eine tolle Erfahrung für mich.
Welche der Bands, in denen du gespielt hast, war deiner Meinung nach die einflussreichste für deine persönliche Karriere und deinen Stil?Wie gesagt, mit Stanley Clarke in VERTU zu sein war der größte Einfluss für mich. Es war anders als alles, was ich vorher gemacht hatte. Die anderen Sachen waren musikalisch gesehen ziemlich standardmäßig. Ich würde sagen POISON hatten auf der Popularitätsebene großen Einfluss. Ich war 21 als ich den ersten Gig mit ihnen spielte und sie spielten da noch als Headliner in Stadien, das war schon ein gewisser Schock für einen Jugendlichen wie mich.
Bleibst du mit einigen der Musiker, mit denen du zusammengearbeitet hast, in Kontakt?Mit manchen, aber nicht mit allen. Mit keinem der Jungs von POISON, und mit den Leuten von VERTU habe ich auch schon lange nicht mehr gesprochen... Zu den Jungs von MR BIG habe noch Kontakt, zu allen. Mit Pat Torpey von MR BIG spiele ich auch zusammen, er war mein Live-Schlagzeuger auf der letzten Italien-Tour. Und lustigerweise hat Eric Martin´s Solo-Band als Opening Act für mich in Südamerika gespielt.
In einigen der Texte auf deinem neuen Album geht es darum, sich nicht von anderen von etwas zurückhalten zu lassen, das du wirklich machen willst oder das Gefühl hast, tun zu müssen. Basiert das auf persönlicher Erfahrung, hast du manchmal das Gefühl, von irgendetwas oder irgendjemandem zurückgehalten zu werden?Hm, ich bin mir nicht sicher... Ich glaube nicht, dass ich von jemandem zurückgehalten werde. "Chase" handelt von Trennung, "Feed My Head" von Leuten, die einem ihre Meinung aufdrücken... in "Faith" geht es darum, stark und treu gegenüber etwas zu bleiben, an das du glaubst, egal wie hart das Leben wird.... "Fooled Again" handelt davon, in die Falle einer nicht funktionierenden Beziehung zu gehen... "Can You Feel It" ist einfach nur ein guter alter Party-Rocksong, keine Ahnung, warum ich das schreibe... Das Wie und Warum interessiert mich nicht. Mich interessiert der Ausdruck und das kreative Freisein. Ich untersuche meine Arbeit nicht wirklich, wenn sie fertig ist. Das Entdecken oder Enthüllen von Quellen interessiert mich nicht, mich interessieren nur die Resultate. Wenn es sich ehrlich und wahr anfühlt, wenn ich nach vollendeter Arbeit aufgeregt werde, dann weiß ich, dass ich etwas richtig gemacht habe. Ich will auch nicht die Funktionsweisen meiner Kunst diskutieren... ich habe Angst, dass das ihren Wert mindern könnte.
Es gibt diverse Blues-Elemente in einigen deiner neuen Songs, andere klingen recht funky. Hattest du beabsichtigt, etwas in der Art zu machen oder hat sich das einfach so ergeben? Das hat sich eindeutig einfach so ergeben.... So etwas liegt nie in meiner Absicht. Was auch immer man hört, ist, wie ich während dieser zwei Monate, während der ich die CD aufgenommen habe, klang. Ich plane nie etwas. I mag es, Dinge einfach passieren zu lassen und dann damit umgehen zu müssen, ob es gut und einer CD würdig ist oder nicht, und wenn nicht, dann ab in den Müll damit... Ich mag Pläne generell nicht so besonders. Pläne ändern sich. Während du planst, passieren andere Dinge um dich herum, die du verpasst. Die meisten Musiker, die ihre Sachen vorher ausplanen, klingen in meinen Ohren irgendwie schal. Ich kann es hören, wenn etwas bis zur Perfektion eingeübt ist.... es klingt schal, langweilig und uninspiriert. Ich könnte eine Symphonie auf der Gitarre schreiben, sie sechs Monate lang üben und sie dann fehlerlos einem Live-Publikum vorspielen, aber na und... das könnte praktisch jeder Musiker mit meiner Erfahrung. Es würde lediglich bedeuten, dass du viel übst und eine ausgeprägte Willenskraft hast. Aber das würde es nicht besonders machen.... das würde es nicht wirklich gültig machen und es macht einen nicht zu einem großartigen Musiker, meiner Meinung nach. Was dich großartig macht, ist was du spontan machst, deine Instinkte.... wenn du inspiriert bist, bist du ehrlich und wahrhaftig und rein.... Wenn du einstudiert bist, kotzt du dich bloß aus, aber du kommunizierst nicht.
Du scheinst es zu mögen, mit Elementen von diversen verschiedenen Stilrichtungen und Genres zu experimentieren. Gibt es irgendetwas, das du wirklich gerne versuchen würdest, bis jetzt aber noch nicht ausprobiert hast?Yeah, Sky Diving.... Ich würde gerne mal aus einem Flugzeug springen und es überleben.... das wäre cool. Musikalisch aber eigentlich nicht. Ich mache so was nicht mehr bewusst. Ich habe nicht vor, eine Country- Platte oder so was zu machen. Ich würde gerne offen kreativ frei bleiben und einfach weitermachen mit dem, was ich schon tue, seit ich ein Teenager war, nämlich Musik zu schreiben, aufzunehmen und vor Publikum zu spielen. Ich entscheide mich nur, Songs zu veröffentlichen, von denen ich das Gefühl habe, dass sie inspiriert sind und zu diesem Zeitpunkt eine wirkliche, gültige Emotion repräsentieren.
Okay, dann noch viel Glück und danke für das Interview!Gleichfalls, see ya on the road!
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