Die Augsburger Band INVICTUS, die erst seit 2017 besteht, kredenzt uns nach einem atmosphärischen Intro zehn stahlblaue Nummern, denen ich gerne und ausgiebig Applaus zolle. Natürlich entdeckt die Band auf ihrem Debüt den Metal nicht neu und bereichert ihn auch nicht wirklich mit Innovation. Aber sie liefert eine so ursprüngliche Interpretation, zitiert glaubwürdig frühe BLIND GUARDIAN und HELLOWEEN, mischt darunter episch anmutende OMEN ("The Garden Of Eden"), liefert bei manchem Refrain Maiden-artige Gesangsmelodien ("Break The Chains") und zieht sich gar bei "Through The Storm" MANOWAR-mäßig die Fellhöschen drüber, dass ich nur Beifall klatschen kann. Auf Sendeplatz 8 gibt es mit "Styx" eine ergreifende, bis zum Rand mit Pathos vollgepackte Ballade, die so altbacken ist, dass Tränen der Rührung aus meinen Kopfhörern fließen.
Keine Sekunde möchte man den jungen Musikern absprechen, dass sie das Ding mit pumpendem Herz, Blut und Schweiß gezimmert haben. Alle Songs sind "handgeschrieben" und in einem klaren und druckvollen Sound eingebettet. Sänger Nicolas Peter hat eine starke, unaufgeregte Stimme, und auch der Rest der Band beherrscht solide sein Handwerk. Hier wird nicht die Asche bewahrt, sondern das Feuer neu entfacht und der Stahl weiter und heiß geschmiedet. Und genau darum gibt es hier auch einen heiß glühenden Tipp von Metalinside.
Man könnte so sagen: NEGATOR bieten beinahe perfekten, nordisch geprägten Black Metal. Der ist vielleicht eine klitzekleine Spur zu gut produziert, erinnert in Phasen an ernste IMMORTAL und ein paar andere, nicht unbedeutende Formationen. Nachtgarm ist der perfekte Frontmann, Nechtan ein wahnwitziger Drummer, Finnskald ein geiler Gitarrist. Die Songs sind Mega. All das könnte man erwähnen. Oder man hält sich an die Band, die ihre Scheibe als Abschluss eines Zyklus, der 2003 begann, beschreibt. Und diesen mit okkulten und rituellen Themen abschließen will, um einen neuen Turnus einzuleiten. Das vorliegende Album setzt nämlich da an, wo „Gates To The Pantheon“ aufhörte. Genanntes Werk stand für die Tore auf dem Weg zum Pantheon, „Vnitas Pvritas Existentia“ ist eigentliche Eintritt in das Pantheon! All das zusammengenommen trifft sicherlich zu, will aber auch einfach nicht reichen, um dieses Meisterwerk zu beschreiben. Denn NEGATOR bieten so unglaublich viele Facetten des Black Metal, verbinden diese mit lauter Elementen aus den Nachbarstilen und fügen sie auch noch zu einer 100 Prozent stimmigen Orgie der musikalischen Gewalt zusammen. 55 Minuten lang gibt es hier unendlich viel zu entdecken, und der Nachteil der Mega-Produktion verkehrt sich ins Gegenteil. NEGATOR begehen ihr Ritual, ohne sich vorher im Dreck zu suhlen, bleiben sich stur treu, ohne irgendwelchen Trends hinterherzulaufen. Sei es, wie es sei: Das ganze Neun-Song-Konzept stimmt, von der ersten Silbe bis zum letzten Takt. Wer bei „Prophets Of Fire“ nicht die Faust durch das geschlossene Fenster rammen will, ist ein emotionsloser Feigling. Der Quasi-Bonus-Song „Der Ruf der See“ lässt nicht nur des Nordlichts Herz aus dem Hals schlagen. „Pyroleophis“ ist so gut, dass einem die Tränen kommen. Und das passiert doch eigentlich nur bei Bands aus dem Zirkel des „Metal Noir Quebecois“... Viel besser geht Black Metal nicht.
SUPERSUCKERS neues Album lässt es optisch im Vergleich zu dem starken Vorgänger-Artwork eher zurückhaltend angehen. Und auch der Titel "Play That Rock 'n' Roll" kommt humorloser und unverblümt auf den Punkt. Und damit haben die drei Herren aus Tucson (Arizona) eigentlich auch schon alles zum Album verraten. Rock 'n' Roll - genau darum geht es nämlich überwiegend in den 37 Minuten und 12 Nummern des Rundlings. Es wird innovationsfreier und vertraut bluesiger, sleaziger Hard Rock der Marke THE DOGS D'AMOUR, THE QUIREBOYS oder AC/DC geboten. Das Album ist kompakt und harmonisch, aber eben auch berechenbarer und überraschungsarm. "Getting Into Each Other's Pants" blitzt unter den Songs mit seinen funkigen Zwischentönen verschmitzt hervor, und "Bringing It Back" erreicht eindringlich und dynamisch mit seinem punkigen, an die RAMONES mahnenden Garagenrock die Aufmerksamkeit des Hörers. Wie schon eingangs erwähnt, alles Rock'n' Roll - meist laut, mal langsam, mal schnell. Handwerklich rotzig und authentisch dargeboten, aber in der Art eben auch schon häufig gehört.
Die Norddeutschen kamen ein bisschen wie Kai aus der Kiste – doch sie blieben mit ihren Köpfen oben, seit sie das erste Mal herausgeguckt haben. Anfangs als gecastetes Projekt mit Coverbandcharakter verspottet, haben sie inzwischen allen Kritiker die hässliche Fresse zwischen den tauben Ohren weggeschossen. Soviel steht fest: auch Nicht-Schweden dürfen sich dem HM2-Sound mit Haut und Haar verschreiben und klingen glaubwürdig; FLESHCRAWL haben es vorgemacht, ENDSEEKER haben das vielleicht sogar perfektioniert. Dazu stellen die Hamburger mit Lenny einen charismatischen Psychopathen an der Front, der noch dazu grunzen kann, als wenn Hulk ins Didgeridoo bläst. Dass die interessanten Texte aus dem Leben eines total Bekloppten (und einer kranken Welt) sogar verständlich sind, macht die Chose nur noch interessanter. Die spannende Gitarrenwissenschaft von HM2-Grandmaster Jury und GHOST-Fan Ben, Eggerts fette Basslinien, das auffällig-ausgeklügelte Kummer-Drumming, all das mündet in ausnahmslos tollen Songs. Vielleicht ragt das hittige „Spriritual Euphoria“ heraus. Oder das gleich anschließende, groovige „Whores of War“. Oder der fiese „Vicious Devourer“? Keine Ahnung, es fällt schwer, einen der zehn Songs herauszugreifen, wobei der zehnte das spannende MEGADETH-Cover „Symphony Of Destruction“ ist. Egal, denn ENDSEEKER haben reiche Ernte eingefahren: „The Harvest“ klingt ausgereifter, facettenreicher als alles, was die Hamburger je zuvor gemacht haben – und dennoch bleiben sie sich treu. Hoffentlich bleibt das noch lange so. Uuuuäääh!
“Ich glaube, das menschliche Bewusstsein ist ein tragischer Fehltritt der Evolution, wir sind uns unserer selbst zu sehr bewusst geworden.” – mit einer von mehreren Spoken-Word-Passagen aus der großartigen ersten Staffel der amerikansichen Krimiserie “True Detective” schließen die Nürnberger ihr viertes und neuestes Werk “Venenare”, das bis zu diesem Zeitpunkt ein schwer zu greifendes, forderndes Feuerwerk abgebrannt hat. Stilistisch eindeutig der dritten Black-Metal-Generation zuzuordnen, bedienen sie sich zwar nicht direkt heraushörbar, doch in Atmosphäre und Songwriting indirekt stets präsent, bei Vätern im Geiste wie NAGELFAR, LUNAR AURORA oder PAYSAGE D´HIVER und sind damit in guter Gesellschaft zwischen anderen wegweisenden Bands aus heimischen Gefilden wie ASCENSION, DYSANGELIUM oder CHAOS INVOCATION. Einzelne Songs hervorzuheben, macht hier wenig Sinn, da “Venenare” seine Tiefe und seinen Sog bevorzugt am Stück genossen entfaltet, gipfelnd im monumentalen, über zehnminütigen “Darvaza Breeds”. Falls es doch eines “Hits” als Anspieltipp bedarf, so kommt diesem das mit bombastischen Chören gespickte “Stellar Sparks” noch am Nächsten. KRATER setzen auch im siebzehnten Jahr ihres Bestehens auf großes Schwarzmetall-Theater mit ausladenden Melodien und nur, wenn überhaupt, sehr wenigen Genre-Klischees. Oder anders gesagt: wer ranzige Demo-Schrammeleien aus der ewigen DARKTHRONE-Möchtegern-Klamottenkiste sucht, wird hier nicht glücklich – Black-Metaller, denen Inhalt wichtiger ist als Fassade, hingegen definitiv. “Venenare” erfordert Einarbeitung… die aber nach einigen Hördurchläufen zu nur einem Ergebnis führt: herausragendes Werk!
Hinter VERITATES verbergen sich der Gitarrist Tom Winter (Songwriter) und der Sänger Andreas Lipinski (Texte), seines Zeichens auch Sänger der Band WOLFEN. Ergänzt werden sie von GRAVE DIGGER-Schlagzeuger Marcus Kniep und Bassmann Jörg Belstler. Ein Plätzchen, um ihre Musik unters Volk zu bringen, fanden sie bei Andreas Stammlabel Pure Steel Records. Und besser könnte der Label-Name auch nicht passen. Reinen, puren Metal kredenzt uns das Quartett. Das liegt nicht zuletzt an dem Kölner Vokalist, der mit seiner scharfen und genretypischen Stimme hier die Tonart vorgibt.
Handwerklich ist das Ding meist sauber und routiniert eingespielt, aufgehübscht mit ein paar Solobeiträgen von befreundeten Musikern (u.a. POLTERGEIST, AGAINST EVIL) - alles fein, alles gut so weit. Es sind die Songs und deren Qualität, die VERITATES Debüt eindeutig und ein ganzes Stück über die Durchschnittslinie hinaus hieven. "The Past Is Dead" ist düster, gleichsam dynamisch und bietet in seiner gesamten Spielzeit unterhaltsame Kurzweile. Der Titelsong schlägt in eine ähnliche Kerbe, ehe er sich im Mittelteil eine Ruhepause gönnt und damit die songschreiberische Cleverness und Kreativität der beteiligten Musiker zeigt. "Jerusalem Syndrome" läutet die epische, pathetische und ein wenig verhaltenere Phase von "Killing Time" ein."Hangmen Also Die" kann über 11 Minuten den Hörer binden; der Song lässt mich in seiner ganzen Komplexität an IRON MAIDEN zu "Powerslaves"-Zeiten denken. Allein dieser sagen wir mal "Vergleich" zeigt, welche Güte in den Kompositionen teilweise ruht. Mit dem energischen "The Wild Hunt" beginnt das Schlussdrittel des Albums. Die Nummer wird diesmal überzeugend intoniert von Logan Lexi (RAINFORCER). Darauf folgt eine verzichtbare Coverversion von MIKE OLDFIELDs "Discovery" und eine wilde, an OVERKILL mahnende Thrash-Nummer, welche den Longplayer beschließt.
"Killing Time" ist ein starkes, unterhaltsames Metal-Album mit zuweilen kühnen Kompositionen, das gut unterhält und nur hinten heraus etwas die Puste verliert. Ein Daumen nach oben, die andere Hand macht die Pommesgabel (Mano Cornuta)!
MOSAIC ist vielleicht der ungewöhnlichste, aber gleichzeitig auch der passendste Name für dieses musikalische Patchwork aus allerlei stilistischen Einflüssen. Natürlich sind hie und da typischere Black-Metal-Parts zu finden („Cloven Fires“), aber insgesamt verbietet es sich, einzelne Versatzstücke aus diesem Gesamtwerk herauszufiltern. Denn „Secret Ambrosian Fire” funktioniert nur ganzheitlich. Hier wechseln akustische Abschnitte mit reduzierten Ambient-Abschnitten und knallharter Black-Metal-Kälte. Und daraus webt Martin van Valkenstijn einen weichen Teppich – und der liegt außerordentlich gut! Dennoch hat jeder Song gleichzeitig auch seine ganz eigene Wirkung. So stößt „Brimstone Blossoms“ in primordialische Klagesong-Gebiete vor. „She-Water“ ist bedrohlich-betörend und hat mit Metal im weitesten Sinne überhaupt nichts zu tun. „Secret Ambrosian Fire“ ist experimentell und traditionell gleichzeitig, das Album bezaubert und stößt ab. Das Projekt MOSAIC ist wirklich unnachahmlich und eigen. Und beweist durch eigene Interpretationen von Werken der Dichter Georg Trakl, Else Lasker-Schüler und Paul Celan sowie regional bekannteren Künstlern wie Hanns Cibulka zusätzliche seine Tiefe. Zahlreiche Gastmusiker wie Schwadorf veredelten das Werk zusätzlich, so dass es die selbst gewählte Stilbeschreibung durchaus zu Recht trägt: Supreme Thuringian Folklore. Worte können indes nicht wirklich erkären, wie sehr dieses Album fasziniert. Wer allerdings „echten“ (Black) Metal erwartet, der ist hier falsch.
Es gibt Bands, da sind wenige Dinge wichtig. FLESHCRAWL sind so eine. Kritiker sagen, die machen immer die gleiche Scheibe. Na und? Natürlich waren, sind und werden die Süddeutschen immer die schwedischste aller nicht-schwedischsten Bands sein. Und ja, sie sind stilistisch total eindimensional. Natürlich stinkt es hier an allen Ecken nach DISMEMBER, natürlich sucht hier ein Jeder jegliche Innovation vergeblich. Nun könnte man was vom walzenden „Ossuary Rituals“, dem schleppenderen „Grave Monger“ oder sehr flotten „Of Frozen Bloody Grounds“, von der großen Stimme Svens, vom perfekten HM2-Sound, vom schicken Spiel des neuen Gitarristen Slobo Stupar schreiben. Kann man machen, stimmt ja auch. Aber, viel wichtiger ist hier das einmalige Gefühl, dass FLESHCRAWL auslösen. Es gibt nun mal wenige Bands, die es in so kurzer Zeit schaffen, dass der Hörer total ausflippt, nur noch „FLESH“-irgendwas brüllt und die Faust in die Luft reckt und bangt und bangt und bangt und alles. Und das können FLESHCRAWL auch zwölf Jahre nach ihrem bis dato letzten Longplayer „Structures Of Death“ immer noch. Himmel, was wird das für eine Festivalsaison, wenn DISMEMBER und FLESHCRAWL auch live in Hochform sind? Geiler geht kaum.