THE BLACK DAHLIA MURDER sind so eine Auf-und-Ab-Band: Album Nummer eins war ein Knaller, das folgende „Miasma“ nur semi gelungen, um dann vom Kracher schlechthin gefolgt zu werden. „Deflorate“ ist leider wieder ein Ab-Album. Bei aller technischen Versiertheit, die die Detroiter mittlerweile haben (und was die Typen handwerklich abliefern, ist wirklich allererste Sahne), lassen sie auf „Deflorate“ zu oft Routine und Berechenbarkeit ins Songwriting kommen. Zu oft wird auf Nummer Sicher gesetzt und es versäumt, aus einem soliden Songs einen Kracher zu machen. Große Änderungen gibt es im Band-Sound nicht, auch wenn Trevor mehr schreit als growlt und der Blastbeat-Anteil gestiegen ist. Das reicht für eine solide Platte mit durchweg soliden Songs, die im Verbund mit den Band-eigenen Hits Live für eine gute Stunde feines Death Metals garantieren werden, aber an „Nocturnal“ kommen THE BLACK DAHLIA MURDER nicht heran – dazu war der Vorgänger zu gut und inspirierter und geht „Deflorate“ genau das ab.
Auf MARDUK treffen viele Beschreibungen zu, aber experimentierfreudig gehört sicher nicht dazu, besonders Live gab es nur Highspeed-Geprügel. Da verblüfft „Wormwood“ über alle Maßen, haben sich Morgen und Co. doch endlich von Mortuus (FUNERAL MIST) beeinflussen lassen und die neue Scheibe variabler als erwartet werden lassen. Der Bass ist überraschend dominant im Sound, was durch die druckvolle Produktion noch unterstrichen wird und genauso für die Drums gilt – die Zeiten höhenlastigen Gescheppersounds scheinen vorbei zu sein. Natürlich gibt es gewohntes MARDUK-Riffing, aber Mr. Håkansson hat an der Gitarre nicht nur auf Nummer Sicher gesetzt, sondern immer wieder neue Ideen eingebaut, die komplexer als gewohnt sind und „Wormwood“ dadurch von den Vorgängerscheiben abhebend. Bei der Gesangsleistung gab es selten etwas zu meckern, so dass fehlende Experimente hier nicht überraschen. Das Alles wäre schon genug, um MARDUK anno 2009 anders klingen zu lassen als zuvor, wäre da nicht das Songwriting: das ist ebenfalls komplexer geworden und hat immer wieder Überraschungen in petto, die in den früheren MARDUK-Zeiten nie und nimmer eingebaut worden wären. „Into Utter Madness“ oder „Whorecrown“ sind dafür gelungene Beispiele. MARDUK haben sich nach dem x-ten Line Up-Wechsel in einer Konstellation gefunden, die frischen Wind in den Band-Sound gebracht hat und es schafft, die ausgelutschten Ideen zu verwerfen und sich für neue Sachen zu öffnen, ohne die MARDUK’sche Bösartigkeit und Brutalität vermissen zu lassen. „Wormwood“ ist immer noch ein fieses Stück Black Metal, mit dem die Die Hard-Fans schnell warm werden werden, das aber auch so (überraschend) variabel ausgefallen ist, dass es Neueinsteiger in den MARDUK-Sound gut bedient werden. Ein starkes Album, mit den in dieser Form nicht zu rechnen war.
REQUIEM standen schon immer für Death Metal der amerikanischen Schule, was sich auch mit dem neuen Langeisen „Infiltrate...Obliterate...Dominate...“ nicht geändert hat. Ganz im Stile von MALEVOLENT CREATION grooven sich die Schweizer durch zehn Tracks, die zum Großteil im Mid Tempo gehalten sind und dadurch gute Durchschlagskraft aufbauen. REQUIEM bieten keine Neuerungen, machen das aber durch einen exzellenten Drummer (der ja schon beim Vorgängeralbum herausragend gespielt hat), gute Gitarrenarbeit und einen ebenfalls guten Shouter wett, zumal auch das Songwriting stimmt: jeder Song lädt zum Hirn abschalten und mitbangen ein. Und mehr will doch niemand von einer leicht old schooligen Death Metal-Scheibe haben, oder? Zumal die Produktion stimmt und die Chose mächtig aus den Boxen knallen lässt.
Auch mit Album Nummer acht bleiben sich AT VANCE treu und legen eine Melodic Power Metal Scheibe vor, welche vor allem durch die fulminante Gitarrenarbeit von Olaf Lenk dominiert wird und die immer noch an MALMSTEEN und RAINBOW erinnert. Dazu haben AT VANCE mit Rick Altzi auch noch einen richtig guten Sänger an Bord, welcher mit seinem kraftvollen Stimme den Songs Schliff gibt. Dem Ganzen wird aber dann durch die schwächelnde Produktion etwas der Zahn gezogen – und auch nicht alle Kompositionen scheinen bis ins Detail gereift zu sein. Aber Songs wie zum Beispiel das heftigere „Torn – Burning Like Fire“, der genretypische Banger „Power” und das schnelle „End Of Days“ wissen zu gefallen. Das gute FREE-Cover „Wishing Well“ passt zwar irgendwie nicht ganz in den Kontext – macht aber Laune; die klassische Fingerübung „Vivaldi – Summer 2nd Set“ ist dann mehr für Gitarrefreaks als für Power Metaller von Interesse. Warum AT VANCE der an sich verdiente Erfolg bisher verwehrt blieb wird wohl ewig ein Rätsel bleiben – die ersten Alben hatten dazu das Fundament gelegt – mittlerweile bewegt sich die Band aber trotz musikalisch guten Niveau in recht eingefahrenen Bahnen. „Ride The Sky“ ist damit eine AT VANCE Scheibe, welche vor allem den Fans der Band reinlaufen dürfte.
Aus Deutschland kommen TARGET:BLANK, die nun nach Gewinn eines regionalen Bandcontests mit ihrem ersten professionellen Album "Protophonic" weitere Fans suchen. Die Musik der 5 Braunschweiger kann man als "New Metal" einstufen. Runtergestimmte, metallastige Gitarren, gewürzt mit wenigen Sampel-Einlagen. PAPA ROACH und LIMP BIZKIT lassen grüßen. Das Album ist insgesamt gut produziert und sauber abgemischt. Die CD kommt mit ansprechendem Artwork, gelungenen Fotos und allen Lyrics daher. Der Opener des Albums "As I Fall", einer der besten Songs auf der CD, drückt sich dabei richtig heavy aus den Boxen und sichert der Band den wichtigen positiven ersten Eindruck. TARGET:BLANK zeigen direkt, dass sie Gespür für griffige Melodien und zündende Refrains haben. Nach dem Opener kann die Band das hohe Niveau mit "Into The Dark" trotz des gelungenen Refrains jedoch nicht halten, findet aber mit dem dritten Song "Why" wieder zur präsentierten Stärke des ersten Songs zurück. Als weiteren Anspieltip will ich auch noch "Nonconformity" nennen, das mir ebenso zugesagt hat. Neben den metallastigen Songs lassen sich auch zwei Balladen namens "A New Part" und "Afraid" auf "Protophonic" finden, die mich jedoch weniger angesprochen haben und eher langweilten. Gesanglich hat Sänger Dennis Gatke seinen eigenen markanten rauen Stil, der in den einzelnen Songs jedoch nicht groß variiert wird. Gefällt mir trotzdem. Leider komme ich nach den vielen positiven Feststellungen auch schon zur Kritik: TARGET:BLANK bieten nicht genügend Neuigkeiten, um wirklich aus der Masse hervorzustechen. Ich würde mir mehr Songs der Qualität "As I Fall" und "Why" wünschen, stattdessen hören sich viele andere Songs zu ähnlich und unspektakulär (z. B. "The Pant" und "Now I Can See") an. Das Album plätschert daher nach den benannten starken Songs auf der ersten Hälfte der CD auf gehobenem Niveau vor sich hin. Es fehlt das gewisse Etwas, um sich auf dem stark besetzten "New Metal"-Genre deutlich absetzen zu können. Es verbleibt trotzdem eine interessante Veröffentlichung, die vereinzelt sehr zu gefallen weiß. Für die Zukunft wünsche ich mir aber mehr Innovation, damit sich TARGET:BLANK in ihrem Sektor behaupten und absetzen können.
Aus Birmingham kommen BLAKFISH, die mit ihrem neuen Album "Champions" nun eine ganz eigenartige Mischung Musik unter das Volk geworfen haben. Die Wurzeln der Band würde ich im Hardcore ansiedeln, wobei das Ganze mit Indie-Rock und einer Prise Crossover in die unterschiedlichsten Musikgenres gewürzt wurde. Post-Hardcore mag man das auch nennen. BLAKFISH müssen sich mit dieser Art von Musik in keinem Fall vorwerfen lassen, dass sie nichts Neues zu bieten haben und sich wie beliebige andere Bands anhören. Schaut man sich die Songtitel an (z. B. "Ringo Starr – 2nd Best Drummer In The Beatles", "Your Hair’s Straight But Your Boyfriend Ain’t" oder "If The Good Lord Had Intended Us To Walk He Wouldn’t Have Invented Roller Skates"), so spiegelt sich der oftmals chaotische und wirre Songaufbau auch in der Namensgebung der einzelnen Lieder wider. Schade, dass mir nicht die Lyrics zu den verrückten Songtiteln vorliegen. Blakfish haben definitiv ihren eigenen Stil und lassen sich schwer mit einer anderen Band vergleichen. Mal schreien sich die Sänger in einer Art Endzeitaggression die Seele aus dem Leib, mal zeigt sich die Band mit ganz melodischen Parts brav wie eine Schülerband. Auch instrumental packen BLAKFISH eine große Kelle aus. Neben typischen Hardcore Parts schweift die Band ständig in unterschiedlichste Klangbilder ab, die sich schwer einordnen lassen. Ob einem die Musik auf "Champions" insgesamt zusagt, muss jeder, wie immer und hier besonders, für sich selbst entscheiden. Einige Passagen auf dem Album sind nicht eingängig genug, damit sie mir ins Ohr gehen und sich dort festbeissen. Man verliert sich manchmal in den komplizierten Songstrukturen. Dort jedoch, wo die Band weniger experimentell wirkt und weniger verrückte Hardcoreelemente die Musik beeinflussen, gefallen mir Songs wie z. B. "Randy Sage - Treu American Her" oder "We Beg, We Borrow, We Steal". Die Songtitel BLAKFISH haben zusammenfassend definitiv ein interessantes und beachtenswertes Album auf den Markt geworfen, das man mehrfach hören muss, um einen Zugang zur Musik zu finden. Wer sich für die Art von Musik interessiert, sollte jedoch in jedem Fall Probehören, denn "Champions" ist eine ganz eigenwillige Mischung, die da aus den Boxen rausströmt, aber in ihrer Weise zu gefallen weiß.
Nun ist es also da, das Debütalbum der Band, die mit ihrem brillanten, magischen „Occult Rock“ seit gut eineinhalb Jahren den (Black Metal-) Underground von hinten aufrollt. Nach dem kurzen Single-Ausblick „I´ll Be Your Ghost“ präsentieren die Holländer THE DEVIL´S BLOOD nun mit „The Time Of No Time Evermore“ den Nachfolger zu ihrer schon göttlichen EP „Come, Reap“ (siehe Review), und höchstwahrscheinlich – um das Fazit gleich vorwegzunehmen – das Album des Jahres und eines der mit Abstand stärksten Debüts dieses Jahrzehnts! Das Songwriting von Band-Mastermind Selim Lemouchi kommt jetzt noch eine Ecke eingängiger daher und mündet in göttlichen, meist relativ „kompakten“ Songs, die vom grandiosen, melodischen, aber auch diabolisch-erotischen Gesang seiner Schwester Farida („The Mouth Of Satan“) getragen werden. Bei jedem (!) Song läuft sicher nicht nur mir eine Gänsehaut hoch und runter, und wenn man dann noch „ernüchtert“ feststellt, dass besagter Single-Vorabsong „I´ll Be Your Ghost“ trotz seiner Qualitäten noch nicht einmal zu den absoluten Highlights des Albums gehört, ist es um den Hörer sowieso schon geschehen. Egal, ob der fantastische Quasi-Titelsong und Ohrwurm „Evermore“, „The Yonder Beckons“, der göttliche Stampfer „Christ Or Cocaine“, die mit überirdischen Melodien spielende Ballade „Angel´s Prayer“, das psychedelische „Feeding The Fire With Tears And Blood“ oder der abschließende, elfminütige, den Unterkiefer Richtung Auslegeware befördernde Übersong „The Anti-Kosmik Magick“… sie alle gehen dermaßen unter die Haut, dass es fast wirklich schon „okkult“ erscheint, wie eine Band, die stilistisch weit in den 70ern und nicht mal im metallischen Bereich angesiedelt ist, etwas zustande bringt, wonach sich seit Ewigkeiten große Bands vergeblich die Hacken ablaufen. THE DEVIL´S BLOOD sind wahrlich nicht „hart“, aber höllisch intensiv, grundehrlich und dabei auf eine ganz subtile Art böser als der größte Teil aller Pentagramme schwingenden Black Metal-Pandas. Ich verneige mich!!!
NIGHTMARE sind mittlerweile satte 30 Jahre on Tour und haben sich dabei eine kleine, aber feste Fanbasis erspielt. Mit dem „Insurrection“ betiteltem Album Nummer 7 (!) wäre es den Franzosen zu wünschen, diese Fanschar würde sich vergrößern; den NIGHTMARE bieten alles was gesunden Power Metal ausmacht und verschrecken dabei nicht mit Experimenten oder Keyboards. Fett und riffig, abwechslungsreich arrangiert und ausreichend melodisch ohne in den Kitsch zu fallen sowie mit einem voluminösen, in mittlerer Tonlage angesiedelten Gesang ausgestattet (Jo Amores, klingt in keinster Weise französisch) lassen es die Jungs banggerecht sauber angehen. „Eternal Winter“ gibt den gelungen harten Einstand mit Animationsriff und starkem Refrain, das fast 9-minütige epische „Three Miles Island“ atmet hörbar 80er-Luft und „Angels Of Glass“ ist mit seinem satten Chören ein klasse Rausschmeißer. Wer der Band bisher die Treue hielt, wird mit „Insurrection“ sicher mehr als zufrieden sein – wer „Genetic Disorder“ kennt weis was ich meine - aber auch sonstige Banger sollten mal ein Ohr bei NIGHTMARE riskieren.
THEATRE OF TRAGEDY tragen nicht leicht an ihren großen Namen, müssen sie sich doch an den Marksteinen ihrer Anfänge und einem geglückten Stilwechsel („Musique“) messen lassen. Und auch mit „Forever Is The World” kommen die norwegischen Gothmeister nicht an alte Tage ran. Dabei macht Sängerin Nell Sigland (ersetzte 2003 die übermächtige Gothic Ikone Liv Kristine, heute LEAVES EYES) ihre Sache ausgezeichnet und auch musikalisch geht die Scheibe in Ordnung. Was ungeachtet dem vermehrten Einsatz von Growls ein wenig fehlt sind Überraschungsmomente. Trotzdem ist „Forever Is The World” ein Album, welches den Fans von THEATRE OF TRAGEDY gut in den melancholischen Kram passen wird und das mit Songs wie dem Opener „Hide And Seek“ (schlägt die Brücke zu den ersten Alben der Band), „Hollow“ (hier tun die Growls dem an sonst recht epischen Werk richtig gut), dem schwermütig ruhigen „Frozen“ und dem träumerisch heftigen Ohrwurm „Illusions“ sich richtig gut (vielleicht zu gut) anfüllt. Mit „Forever Is The World“ legen THEATRE OF TRAGEDY also ein Album vor, das die auf “Storm” eingeschlagene Richtung beibehält, als Gesamtwerk aber stärker rüberkommt und somit unbeachtet seiner Berechenbarkeit für die Zielgruppe ein schönen Soundtrack für den anstehenden Herbst darstellen dürfte.