BLACK SONIC aus dem Fürstentum Liechtenstein brüsten sich auf ihrer Homepage in ihrer „Biografie“ damit, dass in ihrem ansonsten eher rockfreien Vorörtchen Österreichs und der Schweiz auf einmal eine Band mit „internationalem Plattenvertrag“ und „hochgepriesenem Debütalbum“ am Start ist. So viel Beweihräucherung schreit nach doppelt kritischer akustischer Begutachtung: „7 Deadly Sins“ ist das zweite Album des Quartetts und offeriert schon nach dem ersten Höreindruck die übliche Verkettung, die die Band auf ihrer Homepage noch in arg selbstbewusster Weise darstellt. „Hochgepriesen“ wird das Album scheinbar nur von der inzwischen vor der künstlerischen Ausblutung stehenden Alternative-Szene, was mich gleich zu Punkt zwei führt, denn einen „internationalen Plattenvertrag“ bekommen heutzutage genau solche Bands wie BLACK SONIC, die völlig mut- und risikolose Auf-Nummer-Sicher-Mucke verbrechen, die man auch nach dem fünften Anhören gleich wieder vergessen hat. Rocken die Jungs mit „Back“ noch ganz passabel los, bekommt man bei „Down The Drain“ schon das Genre-übliche, chartkompatible Halbballadengejaule um die Ohren gedroschen, das dann in „Some“ in den vollballadesken Zustand übergeht und live sicher kleine Mädchen zum Schmachten bringt. Bei „The Game“ hat man sich scheinbar heimlich – hihihi, merkt sicher keiner – bei (späten) SENTENCED bedient, und die Coverversion des DURAN DURAN-Klassikers „Ordinary World“ schafft es nicht ansatzweise, die Atmosphäre des Originals einzufangen. Rein faktisch machen BLACK SONIC gar nicht mal was falsch, denn das spielerische Niveau lässt keine Wünsche offen, und auch der angenehm verrauchte Gesang von Gitarrist Maethi weiß zu gefallen, aber eine solch uninspirierte Platte wie „7 Deadly Sins“ ist allerhöchstens was für das mittlerweile völlig willenlose Mainstream-Publikum, dem es reicht, wenn eine Band einen „internationalen Plattenvertrag“ hat…
SOUND STORM machen gar keinen Hehl daraus, dass sie sich im Fahrwasser ihrer italienischen Landsleute von RHAPSODY OF FIRE bewegen und deren Vorliebe für symphonische Metalhymnen. Leider tun die Jungs um Sänger Filippo Arancio auf „Twilight Opera“ (kein Konzeptalbum) des Guten zu viel – will meinen: viele der Songs wirken überfrachtet mit (bekannt klingenden) Ideen und Ambitionen – eine zu glatte Produktion und ausufernde Keyboards (welche öfters noch billig klingen) lassen wenig Platz für Atmosphäre. So haben SOUND STORM zwar von epischen Arrangements und Bombastchöre bis zu weiblichen Vocals und (wenige) Death-Grunts alle Zutaten bereitet, aber das fertige Gebräu wirkt einfach viel zu bemüht, um nicht zu sagen zu bieder – ruhigere Passagen versuchen erst gar nicht den Kitschfaktor zu umschiffen - die Kompositionen bleiben meist im Durchschnitt stecken. Außerdem kann der Kastratgesang einen recht hohem Gewöhnungsfaktor nicht verneinen. Wer will kann sich ja mal mit den eher getragenen „Falling Star“ und „Lord Of The Blood“ selbst einen Eindruck verschaffen. An der unangetasteten Referenz der ersten symphonischen Metalalben von RHAPSODY OF FIRE kommen SOUND STORM mit ihrer „Twilight Opera“ nicht mal ansatzweise ran. Damit dürfte das sogar für Genrefreaks zu wenig sein.
Mit ihrem zweiten Album “The Wanderer And His Shadow” legten die 1349-Ableger PANTHEON I vor gut zwei Jahren einen echten Hammer vor, der sehr gekonnt nordische Raserei und hohen musikalischen Anspruch verknüpfte. Nun steht mit „Worlds I Create“ das dritte Werk der Band um Gründer Andre Kvebeck ins Haus, das die Linie des Vorgängers weiterführt, jedoch insgesamt nicht ganz so verspielt ausgefallen ist wie der Vorgänger. Inzwischen steht waschechter Black Metal noch stärker im Vordergrund, dessen Vertracktheit aber nicht gelitten hat. Immer noch halten sich hohes technisches Können und Songdienlichkeit die Waage, wobei dem Cello von Live Julianne Kostøl noch mehr Raum zur Verfügung steht. Einziger Kritikpunkt geht an die Produktion, die für diesen - für Black Metal-Verhältnisse - recht komplexen Sound einfach zu verwaschen und (mitunter sogar leicht nervig) monoton vor sich hin röhrt. Dennoch bollern Songs wie „Defile The Trinity“ oder „Ascending“ (geile Chöre!) durchweg stark und atmosphärisch-hymnisch aus den Boxen und präsentieren eine Band, die man als Fan von anspruchsvollem Schwarzmetall einfach kennen sollte und die nach der Auflösung einer Band wie EMPEROR zu 100% ihre Berechtigung in der Szene hat. Erstklassig!
Ganz unbekannt dürfte Cornelius Jakhelln der schwarzstählernen Anhängerschaft inzwischen nicht mehr sein, betreibt der in Oslo geborene Wahl-Berliner seine Band STURMGEIST neben seiner anderen Formation SOLEFALD schon seit 2003. „Manifesto Futurista“ nennt sich das inzwischen dritte Werk des studierten Philosophen, der auch abseits der Musik immer wieder für intellektuelle Ausschreitungen (zuletzt gewann er für seine Sage „Gudenes Fall“ sogar einen Preis) zu haben ist. Und natürlich ist auch sein neuestes musikalisches Erzeugnis weit von plumpen Black Metal-Klischees entfernt; „Manifesto Futurista“ ist an die Werke von F. T. Marinetti (umstrittener, faschistischer Begründer des „Futurismus“, 1876-1944) angelehnt und konzeptionell ein harter Brocken: der Song „Verdun“ handelt vom Schicksal eines jungen Soldaten im Ersten Weltkrieg, während etwa „Sturmgeist_89“ die Tat eines Amokläufers behandelt, der diesen Namen im Internet trug. Black Metaller, die gerne mal fernab von Satan und Co. die Matte kreisen lassen, werden hier auch musikalisch bestens bedient, denn das Album klingt nicht schwülstig und auf Pseudo-Epik ausgelegt, sondern rockt ordentlich das Haus. Jakhelln und sein Drummer Christian Svendsen haben trotz aller textlicher Komplexität eine sehr basische Platte erschaffen, die stilistisch nah an rock´n´rollige Kollegen/Vorbilder der Marke (jüngere) SATYRICON, VREID oder KHOLD angelehnt ist. Bisweilen bekommt man sogar atmosphärische Chöre („Elegie D´une Modernite Meurtriere“) zu hören, die „Manifesto Futurista“ noch weiter aufwerten und als sehr gutes, wenn auch leicht gewöhnungsbedürftiges Album über die Ziellinie laufen lassen. Echt cool!
Man lernt nie aus: seit 2005 findet an der Universität von Leeds jährlich das „Damnation Festival“ statt (jedenfalls reicht das Archiv der Homepage des Festivals nur bis 2005 zurück), das schon ziemlich viele geile Bands aufgefahren hat. 2008 waren auch die Old School-Thrasher ONSLAUGHT dort zu Gast, die in ihrer englischen Heimat gleich mal ein cooles Live-Album mitgeschnitten haben. Das 1990 aufgelöste und 2004 reformierte Abrisskommando präsentiert sich auf „Live Damnation“ sehr spielfreudig und – man mag es kaum glauben – live! Die stets unsägliche Nachbearbeitung von Live-Mitschnitten scheint hier glücklicherweise weitestgehend in Grenzen gehalten worden zu sein, so dass Schreihals Sy Keeler und seine Mannen ausreichend authentisch und roh herüberkommen. Lediglich das Publikum wurde wie üblich weit in den Hintergrund verdrängt, so dass es nur bei den Spielpausen und Ansagen zu vernehmen ist. Insgesamt zeigt dieses gute Live-Werk eine Band, die zwar nie zu den ganz Großen des Genres gehört hat, sich aber auch nicht wirklich verstecken muss. Für Fans der Band ist „Live Damnation“ eine echte Bereicherung, aber wer ONSLAUGHT bislang nicht kannte, verpasst hier auch nix.
Inzwischen haben sich Bands aus den östlichen Staaten Europas ganz gut beim ehemaligen Klassenfeind etabliert, was unter Anderem daran liegt, dass von dort nicht selten sehr originelle Kapellen ans Tageslicht befördert werden, die bis vor Kurzem noch niemand kannte. Hierzu gehören auch die schon seit 1995 existenten FOREST STREAM aus Chernogolovka, das sich ca. 40 Kilometer nordöstlich von Moskau befindet. „The Crown Of Winter“ ist bereits das zweite Album des doomigen Duos Somn (Drums, Keyboards, Gesang/Growls) und Omin (Gitarren, Bass), das über seine gesamte Spielzeit eine sehr atmosphärische, bombastische Düsterwand aufbaut. Stilistisch tönt das Album in etwa wie eine Mischung aus epischem Soundtrack, einer doomigen, ausgebremsten Version von DIMMU BORGIR und den melancholischsten Momenten von KATATONIA, was aber einen gewissen Reiz versprüht und in wirklich gelungenen Kompositionen der Marke „Bless You To Die“, „The Seventh Symphony Of Satan“ oder „Beautiful Nature“ (geiler Tränentreiber mit tollem Endlos-Intro!) aufgeht. Hätte diese sehr gute Scheibe hier und da etwas weniger Längen und Leerlauf (außer dem Intro und Outro dauert kein Song unter sieben Minuten), und würden es die beiden Herren nicht öfter mit dem Pomp übertreiben, wäre „The Crown Of Winter“ zweifellos ein „Tipp“-Kandidat. Trotzdem echt gelungen!
GEORG LYNCH gehört zweifelsohne zu den besten Hard Rock Gitarristen unserer Zeit und trug auch maßgeblich zum Erfolg der Heroen DOKKEN in den 80er bei. Als er diese (erst mal) 1989 verließ um auf Solopfaden zu wandeln lieferte er 1990 mit „Wicked Sensation“ zusammen mit Sänger Oni Logan einen echten Genreklassiker ab. Gute melodische Songs, fulminant und gefühlvolles Gitarrenspiel und ein klasse Gesang. Und mit genau diesen Zutaten kann LYNCH MOB auch Anno 2009 wieder aufwarten – den auch Sänger Logan ist mit an Bord. Mit „Smoke And Mirrors” kann der LYNCH MOB zwar nicht das Überraschungsalbum von vor fast 20 Jahren toppen, liefert aber ein beachtenswertes Album ab. Die Aussage des Meisters selbst, das „Smoke And Mirrors” jenes Album ist, das man nach „Wicked Sensation“ gerne gemacht hätte darf man also durchaus unterstützen. Wer sich da mal rantesten möchte sollte in den Südstaatenflair verströmende Titelsong „Smoke And Mirrors”, der Hard-Rock-Perle „Lucky Men“, das mit einem Killer-Solo versehene, ansonsten eher gemäßigte „Time Keepers“ oder vor allem in das tragend groovende „Let The Music Be Your Master“ reinhören. Musikalisch passt mit der Unterstützung von Bassist Marco Mendoza (TED NUGENT, THIN LIZZY), dem Schlagzeuger Scott Coogan (BRIDES OF DESTRUCTION, ACE FREHLEY) und einer klaren Produktion sowieso alles. Für Fans des gitarren- und bluesdominierten melodischen Hard Rocks haben LYNCH MOB mit ihrem Album „Smoke And Mirrors” gerade das richtige am Start. Tolle Einstimmung auf schöne Spätsommertage.
69 CHAMBERS aus der Schweiz klingen für mich irgendwie nach Grunge auf Modern – wobei das Trio um Sängerin und Gitarristin Nina Treml (welche verkaufsfördernd das Cover ziert) es tunlichst vermeidet eingetretene Pfade weiter auszutrampeln, sondern vor allem durch eine gute Gesangleistung zwischen TORI AMOS und ALANIS MORISSETTE auf der einen, eingestreute härtere Töne (Keif und Kreisch) auf der anderen Seite des Spektrums überzeugt. Musikalisch gibt es dazu harte, tiefer gestimmte Riffs, ein überzeugend groovendes Fundament (Maddy Madarasz am Bass und Michi Brugger am Schlagzeug) und teilweise schon sich in Pop-Gefilde wagenden Melodien. Das alles funktioniert? Ja, meist – Interessenten können mal in den melodisch-rockenden Opener „The Day Of The Locust”, in das doomig atmosphärische und basslastige „Ex Nihilo“ oder in die beiden treibenden Kompositionen „Return Of The Repressed“ und „Judas Goat“ reinhören. Das Nina es auch akustisch balladesk kann ist dem abschließenden „A Ruse“ in bester HEATHER NOVA Manier zu entnehmen. Nicht alle Songs haben dieses Niveau – aber an sich passt die Chose. Mit „War On The Inside“ haben 69 CHAMBERS ein gelungenes Debüt abgeliefert welches, und das bleibt zu hoffen, nicht ganz im Wust der Veröffentlichungen 2009 untergehen sollte.