INTENSE die 4te. Grundsätzlich hat sich an der musikalischen Ausrichtung wenig geändert. INTENSE spielen immer noch melodischen Power Metal, welcher ein ums andere Mal an neuere ICED EARTH erinnert. Dies aber nicht mehr so auffällig wie auf früheren Alben. Neben dem Schafferschen Galoppelriffing gibt es nun auch vermehrt Raum für Melodien und Harmonien. Außerdem hat Sänger Sean Hetherington den Barlow nahezu komplett aus seiner Stimme verbannt. Britisch im Sinne der NWOBHM klingt hier nichts, was aber nicht weiter schlimm ist, da es im Moment wahrlich genug andere Bands gibt, die diese Nische kompetent bedienen. INTENSE sind im besten Wortsinne zeitlos und keiner großen Epoche zuzuordnen. Das macht es für den Rezensenten nicht einfacher, aber für den Hörer ums spannender und darauf kommt es schließlich an. Melancholische Groover wie „Songs Of A Broken Future”, das Riffmonster “The Social Elite” und der Speed Kracher “The Jesters Smile” demonstrieren ganz gut die Bandbreite von INTENSE.
INTENSE müssen niemandem mehr etwas beweisen und konzentrieren sich in ihren Songs auf das Wesentliche. Auch wenn manche Nummern die 6-minuten Grenze sprengen, so sind auch diese straff und schlüssig arrangiert. Technisch agiert man sowieso auf hohem Niveau und so kann ich „Songs Of A Broken Future“ jedem Power Metal Fan ans Herz legen, welcher mehr Wert auf Ernsthaftigkeit denn kitschige Ritterspiele legt.
Die Rheinland Pfälzer haben seit ihrer Gründung im Jahr 2014 bisher ein Demo und zwei reguläre Alben auf den Markt gebracht und an einer ordentlichen Fanbase gearbeitet. Mit „Danse De Noir“ bescheren uns LORD VIGO nicht nur eine weitere Doom Metal-Platte, sondern für mich das bisherige Highlight im noch recht jungen Jahr.
Wir begeben uns in das ferne „Blade Runner“-Universum, verfolgen die Erinnerungen der Replikantin Nihlai und steigen mit ihr in eine komplexe Retro-Science-Fiction- Geschichte ein. Ich hätte nie gedacht, das Doom Metal der Marke CANDLEMASS, SOLSTICE oder SOLITUDE AETURNUS auch in einer Cyberpunk-Umgebung funktionieren kann, aber LORD VIGO (im Übrigen benannt nach dem Bösewicht aus dem Kinofilm „Ghostbusters II“) belehren uns eines Besseren.
Nach dem futuristischen Intro „The Voight Kampff Situation“ kommen sie mit dem Titelstück gleich zur Sache. Ein unheimlich geniales und episches Hauptriff führt uns elegant durch den Song. Hier wird eine ganz eigene Atmosphäre geschaffen, und man fühlt sich definitiv an Filmmusik aus einem Science-Fiction-B-Movie erinnert. Ein ganz starker Beginn, der mit weiblichen Spoken-Words und schönen Gitarrensoli veredelt wird. Über allem thront die epische Stimme von Vokalist Clortho, der sich hinter keiner Szenegröße verstecken muss.
Mit dem Zwischenspiel „Are You Human“ wird man auf den nächsten Song, „The Verge Of Time“, vorbereitet. Ein schweres Riff, welches auch von einem Toni Iommi hätte stammen können, eröffnet das Werk und führt uns durch einen ganz starken, mit einem epischen Refrain verfeinerten Midtempo-Stampfer. Geschmackvolle Keyboard-Parts verfeinern das Stück und lassen den Hörer zufrieden zum nächsten Zwischenspiel „Fiery The Angels Fell“ kommen.
Und dann kommt „Shoulder Of Orion“! Und wie das kommt! Eingeleitet von einer wehleidigen Stimme wird mit klassischen Doom-Tonalitäten gespielt, das es nur so eine Freude ist. Und dann wird es Zeit für den Refrain, welcher jeden in seinen Bann ziehen wird. Live sehe ich hier tausende gereckte Arme in den Himmel und glückselige Fans den Göttertitel gen Bühne brüllen. Definitiv ein Highlight auf der Platte, welches durch das an MANOWAR erinnernde Bassspiel nochmals eine Steigerung erfährt. Großartig!
Mit „And Then The Planets Will Align“ und „Between Despair And Ectasy“ folgen zwei eher zügige Songtitel, wobei wir hier definitiv nicht von überhastet reden können. Wir befinden uns noch immer auf Planet Doom, und hier ist Geschwindigkeit relativ. In jedem Fall zwei gutklassige Gassenhauer, die aber nicht ganz an die Qualität von „Shoulder Of Orion“ oder „Danse De Noir“ herankommen. Das ist aber Meckern auf allerhöchstem Niveau. Andere Bands würden für diese Stücke ihr letztes Hemd geben.
Bei „As Silence Grows Old“ steht eindeutig die weinerliche Stimme von Clortho im Vordergrund und mündet in einen klassischen Doom-Hauptpart. Danach werden die Zügel ein wenig gelockert und der Song prescht voran um dann wieder vom nächsten schwermütigen Riff ausgebremst zu werden. Zum Ende des Songs begleiten uns Chöre, klassische Gitarren und ein dominanter Bass zum nächsten und letzten Song.
„Memento Mori“ soll den Abschluss dieses Albums einleiten und tut dies mit markanten Riffs und beeindruckenden Chören. Ein starker Mittelpart mit gut platzierten Lead-Gitarren führt uns in ein fast rockiges Solo, welches wieder eine gut gemachte Überleitung zu den folgenden, zwingenden Doom-Parts darstellt und der Autor sich bewusst wird, das er jenes „Memento Mori“ im Refrain lautstark mitgesummt hat. Beendet wird der Song mit den Worten: „Time to die“ und einem Knall. Punkt. Aus. Ende.
Veredelt wurde „Danse De Noir“ in den Atomic Age Studios, wobei das Mastering Patrick W. Engel übernahm, der sich schon in diversen Black- und Thrash Metal- Bands seine Sporen verdient und den Songs einen klaren und organischen Sound beschert hat.
“Unser Ziel bestand darin, ein analoges Feeling zu erzeugen, einen cleanen Sound wie in den 1980ern, der trotzdem nicht altbacken klingen sollte.“ Dies ist der Band und allen Mitwirkenden definitiv gelungen.
Mein Fazit habe ich am Anfang des Reviews klar definiert. An diesem bisherigen Jahreshighlight wird sich jede nachkommende Band messen lassen müssen. Und hiermit sind keine nationalen Standards gemeint, nein, LORD VIGO doomen sich hier in internationalen Gewässern an die Spitze. Eine ganz klare und von Herzen gemeinte Kaufempfehlung und ein großes Danke an die Band für die Musik!
Geheimnisvoll, düster und bedrohlich wird der fordernde und vertrackte Opener "Of Raven and Pigs" eingeleitet. Sofortige Aufmerksamkeit ruft die starke und vertraute Stimme von Roy Sætre Khantatat, auch unter dem Namen Roy Khan bekannt, ex-Sänger von KAMELOT hervor. Die verbindende und nachhaltige Visitenkarte geben CONCEPTION aber erst mit dem viel gefälligeren, gleichwohl nicht weniger anspruchsvollen "Waywardly Broken" und der melodramatischen Halbballade "The Mansion" ab.
CONCEPTION ist die norwegische Progressivband, die in den 90ern durchaus von sich Reden machte, aber nicht verhindern konnte, dass ihr Sänger sich den letztendlich erfolgreicheren KAMELOT anschloss. Mit dem Longplayer "State of Deception" melden sich die Nordeuropäer nun eindrucksvoll zurück. Das fünfte Langeisen der Band punktet mit fesselnden, dynamischen und spannenden Songs. Das Album bleibt unberechenbar und energiegeladen, dennoch wirkt es in seinem beständigen Hang zum Drama gebunden. Mit zuweilen ausladenden musikalischen Gesten ("Anybody Out There") atmen CONCEPTION partiell den Zauber ehemaliger SAVATAGE aus. Ein ambitioniertes, anspruchsvolles und prachtvolles Album, das oft gehört werden will, um seinen Inhalt in Gänze zu offenbaren.
Als „schwedisches Power-Trio“ werden ASKVÄDER angekündigt, und als musikalische Einflüsse werden THE HELLACOPTERS und TURBONEGRO genannt, ferner wollen sie „ihren eigenen Rock-Stil für eine neue Dekade kreieren“. Das liest sich alles vielversprechend, aber die Realität sieht dann doch ein Stückweit anders aus. Dieses Debütalbum der 2018 gegründeten Band besitzt genauso viel Schärfe wie Marzipanschokolade, so viel Dynamik wie ein mit Valium vollgepumpter Narkoleptiker und so viel Power wie eine 90-jährige Oma mit Rollator beim Marathonlauf. Leute, ich hab´s wirklich versucht, mir „Askväder“ ein Dutzend Male angehört, aber dieser völlig drucklos produzierte Mix aus Stangenwaren-Retro-Rock und Altherren-Kaffeekränzchen wird von Mal zu Mal schlimmer. Ich weiß nicht, wie man derart völlig uninspirierte, fade, in jeder Hinsicht von allen Ecken und Kanten befreite 08/15-Liedchen wie „Cutting Corners“, „Nothing To Lose“, Give In“ (ganz furchtbar, da kann auch Gastgitarrist Robert Pehrsson mit seinem Solo nix mehr retten) oder „Bit My Lip“ (mit Gastsängerin Malin Strelitzsky) in irgend einer Form von eingangs genannten Killertruppen ableiten kann. Egal, auf welchen Zug ASKVÄDER mit ihrem selbst betitelten Einstand aufspringen wollen, hoffen wir mal, dass der einfach so schnell fährt, dass die Jungs nur noch hinter ihm auf den Gleisen landen. Das hätt´s anno 2020 nun wirklich nicht gebraucht.
MANILLA ROAD, Doom Metal, Michael Whelan, Banger TV und verstimmte Gitarren. Das alles hängt irgendwie mit der kanadischen Truppe SMOULDER zusammen, die mit dieser EP den positiven Trend ihres letztjährigen Albums "Times Of Obscene Evil And Wild Daring" fortsetzen wollen. Sowohl Sängerin Sarah Kitteringham, die als Moderatorin des YouTube-Channels Banger TV in der Szene einige Bekanntheit erlangt hat, als auch ihre Mitmusikanten sind seit der Bandgründung im Jahr 2013 Spezialisten im Tragen von Shirts obskur-kauziger 80er-Bands. Ihren ersten Output stellte das Demo "The Sword Woman" (2018) dar, dessen drei Tracks hier erneut vertreten sind und den Abschluss der EP bilden. Leider hätte man sich genau diese auch sparen können. Mehr als ein nicht mal böse gemeintes "sie waren stets bemüht" verdienen sich SMOULDER damit nicht. Der Gesang noch arg unsicher, der Drummer wurstelt sich teilweise abseits der restlichen Kollegen durch die Songs, und die Gitarrenleads sind so schräg, dass ihr Sound Vergleiche zu einer singenden Säge zulassen muss. Aber Schwamm drüber, denn höret! Die ersten drei Tracks dieses Minialbums sind der Beweis dafür, wie schnell eine Band in allen Belangen besser werden kann. Mit den beiden Eigenkompositionen "Dream Quest Ends" und dem scheinbar mittels Metal-Bullshit-Bingo betitelten "Warrior Witch Of Hell" zeigen sich SMOULDER in allen Bereichen verbessert - nicht nur zum Demo, sondern auch zum Debütalbum. Sarahs Gesang ist wesentlich voller und selbstbewusster und die Band so tight wie es für Jünger von MANILLIA ROAD und CIRITH UNGOL gerade noch zulässig ist, ohne Credibility zu verlieren. Mit verdammt starken Kompositionen und vielen coolen Riffs haben wir es ohnehin zu tun. Hinsichtlich des Doom-Faktors sind auch noch Einflüsse der leider völlig vergessenen Amis REVELATION zu vernehmen. Höhepunkt der Scheibe ist allerdings die Interpretation des prähistorischen MANILLIA ROAD-Songs "Cage Of Mirrors" von deren zweiter LP "Metal" (1982). Dieser wird von SMOULDER völlig vereinnahmt und fügt sich absolut nahtlos in den bandeigenen Stil ein. Groß! Fazit: alleine die ersten drei Songs sowie das wie immer fantastische Artwork von Michael Whelan (CIRITH UNGOL, SEPULTURA, OBITUARY und viele mehr) machen diese EP zu einer lohnenswerten Sache. Die Vorfreude auf das nächste Album ist geweckt.
Also, wer kann sich nicht erinnern an die Zeit, als der fortschrittliche Scott Ian mit ANTHRAX und den BEASTIE BOYS tüchtig crossoverte. Das fand er total witzig und es hatte ja vielleicht seine Berechtigung. NUKORE tun es ihm gleich und haben tatsächlich auch Positives erreicht. Der Sound ist krassfett, Digga. Nur musikalisch geht das an der Review-schreibenden Ein-Mann-Zielgruppe vollkommen vorbei. Hip-Hop-Sprechgesang trifft auf Metalcore. Punkt. Manchmal rockt es, manchmal nervt es. Manchmal geht es mehr in Metalcore-Richtung - wie mit dem Titelstück – und nervt dann weniger. Wer aber mit dieser Musikrichtung was anfangen kann, also CLAWFINGER, BODY COUNT oder sonstwas gern hört, der bekommt es von diesen Spaniern mal so richtig paniert. Der Sound ist, wie gesagt, echt dick, die Breakdowns stinken nicht ab, weil sie durchaus in den Song passen und die Gitarren riffen und metallern ganz ordentlich, zusammen mit hysterischem Geschrei stimmt der Aggro-faktor. Aber letztlich ist "One Minute Silence" so Out-of-modern-times, dass es dem Rezipienten eigentlich gefallen müsste. Tut es aber nicht. Siehe oben...
Das Rogga Johansson (PAGANIZER, …) schon in vielen Bands und Projekten sein Können und seine Freude an Death Metal-Sounds bewiesen hat, das war bei mir auch im Hinterstübchen angekommen, aber schaut man sich einmal genau das Schaffen des Schweden an, kommt man aus dem Staunen nicht mehr heraus. Ich zähle 24 aktive Bands, 18 aufgelöste Bands und diverse Gastauftritte auf weiteren Scheiben. Bislang über 80 Tonträger kann der gute Mann auf der Seite der aktiven Bands vorweisen. Ich bin mir nicht ganz sicher, aber Langeweile ist dem Guten scheinbar ein Fremdwort.
Das neueste Schaffensfeld von Rogga nennt sich REEK und bringt dieser Tage das Album „Death Is Something There Between“ auf den Markt. Mitstreiter der Band ist Hakan Stuvemark (WOMBBATH), der sich mit Rogga die Gitarrenfront teilt und die Vocals übernommen hat. Mit an Bord sind außerdem Jon Skäre (Drums) und Mathias Back (Bass). Beide bringen Erfahrung aus Bands wie DEFIATORY, WACHENFELDT (Skäre) und FIMBULTYR (Back) mit und vervollständigen das Line-Up.
„Death Is Something There Between“ lässt sich musikalisch und gesanglich eigentlich mit einem Wort zusammenfassen: ENTOMBED. Aus dieser Verbindung machen Band und Plattenfirma auch gar keinen Hehl. Das Label Testimony Records, welches das Album veröffentlicht, spricht sogar von der Wiedergeburt des Genres Death´n´Roll. Hier kann ich definitiv nicht widersprechen.
REEK spielen sehr songdienlich und verleihen den elf Songs einen massiven Groove-Faktor. Keines der Lieder artet in wüstes Geknüppel aus. Es klingt eher, als hätten vier Death Metal-Musiker einfach eine gehörige Portion Spaß in den Backen und würden die Scheibe mit einem fetten Grinsen im Gesicht runterspielen.
Schöne Melodien sorgen des Öfteren für Auflockerung der straighten Songs, und Langeweile kommt so in der guten halben Stunde zu keiner Zeit auf. Mein Anspieltipp ist definitiv der Song „Horror Waltz“, der wirklich von geilen Riffs, passenden Soli bis hin zu genialem Refrain alles bietet, was sich der geneigte ENTOMBED-Hörer wünscht.
Wie man merkt, macht mir das Album wirklich Spaß, und ich will hoffen, dass wir es hier nicht nur mit einer Eintagsfliege zu tun haben. Das hier klingt viel zu sehr nach einer Band, die es wirklich wissen will und definitiv einen Platz in einer gut sortierten Plattensammlung verdient hat.
Das morbide, aber stimmungsvolle Cover von SV Bell (IMPALED NAZARENE, AMORPHIS, ROTTING CHRIST, KATAKLYSM) will eigentlich gar nicht so recht in den Kontext der Songs passen. Ich hätte mir hier eher einen Bezug zum Thema Death´n´Roll gewünscht (irgendwas mit einem gewissen „Coolnessfaktor“), aber das sind nun wirklich Kleinigkeiten. Daumen hoch für ein echt gutes Album!
AXEL RUDI PELL ist erfolgreich wie nie, über 1,7 Millionen verkaufte Alben weltweit, seine letzten vier Studiowerke landeten allesamt in den hiesigen Top 20. Und der letzte Studio-Longplayer "Knights Call" allein wurde mehr als 2,6 Millionen mal gestreamt. Demnach stellt sich die Frage nach Veränderung oder Erneuerung des Bandsounds intern nicht wirklich. AXEL RUDI PELL bleibt auch mit dem neuen Album "Sign Of The Times" berechenbar und starr der "(Hard) Rock" in der Brandung. Somit ist der sich wiederholende reflexartige Ruf, bei A.R.Pell Rezensionen, nach musikalischer Modifikation abgehackt, und wir können zur Musik übergehen.
Nach dem obligatorischen Intro knallt uns der Wattenscheider Gitarrist mit seiner deutsch-amerikanischen Kombo "Gunfire" ins Gesicht. Die Nummer erinnert mit ihrem Temperament an "Kill The King" (RAINBOW) und, ich unterstelle mal, sicher nicht ganz zufällig. Eine Spur melodieseeliger, als sonst, nehme ich die Kompositionen wahr. "Bad Reputation" hat einen zuckersüßen Refrain, und auch der episch anmutende Titelsong schlängelt sich ein ums andere Mal in melodische Höhen. Was mich immer schon ein wenig störte, ist der zuweilen anorganische Keybordsound (z.B. beim Titelsong) von Fredy Doernberg; hier eine warme, brummende Orgel und die Nummer würden an Innigkeit gewinnen. Axels grollender Gitarrensound und auch seine Saitenarbeit indes gefallen und nehmen den Hörer ein. Johnny Gioeli, als Stimme der Band absolut etabliert und zur Gitarre weiteres Markenzeichen, liefert eine gewohnt starke und makellose Performance ab. Die unvermeidbare Floskel "alles beim Alten, alles gut" kommt, somit geschehen, auch bei AXEL RUDI PELLs Album Nr. 18 zum Einsatz und ist nach wie vor passend.
Um es direkt vorweg zu nehmen: die Produktion ist überragend! Der Sound und der Gesamtmix sind ein fantastisches Meisterwerk. Das Hauptaugenmerk des Gitarrengottes liegt auf der Perfektion des Klanges und dem Zusammenspiel der einzelnen Komponenten im Songwriting. Wie gewohnt, ersetzt die virtuose Leadgitarre einen Sänger. Den vermisst man allerdings kein Stück, wenn man dem Spiel des Großmeisters lauscht. Absolut fesselnd. Das Händeklatschen in "Big Distortion" hätte man vielleicht weglassen können, aber das ist meckern auf ganz hohem Niveau. "All For Love" ist die erste ruhigere Nummer und wieder mit brillantem Sound. Joe experimentiert gerne mit Klangteppichen, aber nie zu viel, sondern sehr passend und stets eher im Hintergrund, das macht den Song zu einer extrem starken Nummer. In "Ali Farka, Dick Dale, An Alien And Me" wird es dann nicht nur beim Titel etwas abgedrehter, und es klingt in der Tat ein wenig so, als wolle Fakir Satriani an Stelle einer Schlange vielleicht ein Alien beschwören. Mit "Teardrops" kehrt die Platte in bluesiges Terrain und etwas bodenständigere Töne zurück. Schöner Song, in dem durch den voluminös klingenden Bass schöne rhythmische Akzente gesetzt werden (den Hand Clap hätte es erneut nicht gebraucht). Bei "Perfect Dust" kreiert SATRIANI nun eine wilde Mischung aus modernen Southern Rock-Sounds, langsameren Teilen und natürlich modernen Solo-Parts. Klingt ein bisschen wie ZZ TOP in ultramodern. Die erste Single des Albums, "Nineteen Eighty", hält zum Glück nicht, was der Name verspricht. Trotz des Retro-Gitarrensounds ist es kein antiquierter 80er Style-Song, sondern ebenfalls eine moderne Rocknummer in frischem Soundgewand und ein wenig aus der Solo-Trickkiste. Moderner Blues Rock vom Allerfeinsten. Erstaunlicherweise kommt nun so etwas wie ein Kinderlied. Ich hoffe, das war auch so gemeint, könnte bei dem Titel "All My Friends Are Here" hinkommen. Ich werde bei Gelegenheit mal nachfragen. Bei "Falling Stars" fühle ich mich an GARY MOORE erinnert, eine ruhigere, bluesig-funkige Nummer, in welcher die Leadgitarre über Bass und Drums dominiert und durch ein paar sanfte Keys perfekt ergänzt wird. Die Reggae-Klänge in "Here The Blue River" sind sicherlich nicht Jedermanns Geschmack. Ich denke, auf den Song hätte man durchaus verzichten können. Zum Schluss setzt er sich noch mit der Akustikgitarre hin und spielt eine kurze, etwas langsamere Southern Rock-Nummer. Schönes träumerisches Ende einer schönen Platte. JOE SATRIANI veröffentlicht hier mit "Shapeshifting" ein tolles, vielseitiges Album, nicht nur für Gitarren-Fetischisten, sondern alle Musikliebhaber. Daumen hoch, so muss eine moderne Rockscheibe anno 2020 klingen, und ich muss sobald wie möglich in den Musikladen meines Vertrauens um die Signature-Gitarre des Herrn Satriani mal Probe zu spielen.
Bei einem neuen Album von COOGANS BLUFF weiß man ja nie so recht, was einen erwartet – außer, dass man immer mit dem Unerwarteten rechnen muss. Das ist auch bei „Metronopolis“ so. Der Clou bei diesem Album: Komplex aufgebaute, mitunter auch recht wilde Prog-Rock-Stücke, die dank der Bläser-Sektion auch immer ein Bein im Jazz-Rock haben, stehen entspannten, melodischen und dezent groovenden Americana-Songs gegenüber. Besonders an diesem Album ist dabei auch der Aufbau: Die beiden Stilrichtungen wechseln sich ab. Sprich: Auf ein Prog-Stück folgt jeweils ein Americana-Song. Oder man könnte auch sagen: Auf jeden eher schrägen folgt ein eher konventioneller Song.
So werden immer wieder Kontraste geschaffen, wie zwischen der 7-minütigen Mini-Oper „Zephir“, die wie eine Kurzfassung eines KING CRIMSON-Stücks klingt, und dem folgenden gradlinigen, harmonischen und leicht melancholischen „Hit And Run“, das an die poppige Phase von MOTORPSYCHO erinnert. Das wird so bis zum Schluss in Form der beiden Teile von „The Turn“ durchgezogen. Der instrumentale Part I baut langsam psychedelische Western-Atmosphäre auf und gipfelt in einem Bläserthema, bei dem man an PINK FLOYDS „Atom Heart Mother“ denken muss. Part II knüpft mit einem swingenden Beat an und steigert sich Blues-infiziert bis zum Finale.
Die progessive, space-rockige Seite von COOGANS BLUFF kannte man bereits, die andere, deutlich eingängigere, überrascht, steht der Band aber ebenfalls sehr gut und sorgt immer wieder für Entspannung zwischen den wilderen Stücken. Am Ende bleibt die Frage, wie das Album wohl klingen würde, wenn man die beiden Stile getrennt hätte, also z. B. die Prog-Stücke auf die A- und die Americana-Songs auf die B-Seite genommen hätte. Wäre das Album dann nicht leichter hörbar? Womöglich würde ihm dann aber auch diese gewisse Spannung abgehen, die gerade aus dem ständigen atmosphärischen Wechsel hervorgeht. Und vielleicht würde „Metronopolis“ dann sogar zu konventionell für COOGANGS BLUFF klingen, eine der wohl interessantesten deutschen Bands überhaupt.