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Anatomie Des Scheiterns

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Acht Releases haben die Pandabären aus dem Großraum Marburg bisher auf dem Buckel und veröffentlichen dieser Tage ihren neunten Release namens „Anatomie Des Scheiterns“ auf Black Sunset/MDD Records. Dieses dürfte den erhofften Sprung aus dem Underground aufs nächst höhere Level bedeuten und die Reichweite von HYEMS deutlich erhöhen.

Der Black Metal wurde hier eindeutig nicht neu erfunden, aber die eigenwillige Interpretation dieses Stils und die deutschsprachigen Texte machen das Album zu einem echten Hinhörer. Hier werden alle Register des Genres gezückt, seien es treibende Drums, zerstörerische Gitarrenläufe oder das zwingende Gekreische von Sänger A.E.J.. Ein besonderes Augenmerk legen HYEMS aber auf eine geschmackvolle und immer düstere Gitarrenwand, welche gerne mit (teilweise zweistimmigen) Lead-Gitarren ausgeschmückt wird. Hier kommt fast eine Art IRON MAIDEN-Feeling auf. Auch der Gesang wird sehr variabel und kunstvoll eingesetzt, und mancher Song bekommt dadurch einen Hymen-Charakter, der z.B. im Song „In Ketten“ den Kopf nicht so schnell verlassen will und wird. Hier wird dem Hörer keine Pause gelassen. Zu variantenreich sind die einzelnen Songs und zu beeindruckend der Wechsel von langsamen Parts zu einem Dauerfeuer an allen Fronten. Abwechslung wird hier ganz groß geschrieben, aber dies nicht auf eine verkrampfte Art und Weise, sondern jedes musikalische Puzzleteil passt hier exakt zu seinem Nebenmann.

Wie es sich für eine Black Metal-Band gehört, haben HYEMS keine besonders gute und romantische Einstellung zu den positiven Dingen des Lebens. Die Texte sind deren Negation. Es geht um den gesellschaftlichen Abgrund, Katastrophen und das politische und wirtschaftliche Versagen der Menschheit. Hier wird den Verursachern ein ganz dicker Mittelfinger gezeigt und textlich eine ganz klare Meinung gefahren. Keine Angst, HYEMS verfallen zu keiner Zeit ins Oberlehrerhafte, sondern kotzen dem Hörer ihre „Fuck-Off-Attitüde“ nur so entgegen, was sie schon auf ihrer Scheibe „1997“ mit dem Song „Nazi Black Metal Fuck Off“ eindrucksvoll bewiesen haben.

Interessant ist auch mal, in den eigenwilligen Songtiteln zu stöbern. „Zerwürfnis im Tal Josaphat“ handelt grob von einem Platz, an dem Gott im Schnellverfahren über Angeklagte geurteilt und nicht auf das Jüngste Gericht gewartet hat. Bis ins 19. Jahrhundert hatte dieses Schnellgericht teilweise bestand und wurde angewendet. Man lernt halt nie aus…

Die Aufnahmen von „Anatomie Des Scheiterns“ wurden in den Siegener Tobe Studios vorgenommen. Der Sound kommt klar und druckvoll aus den Boxen und veredelt somit das schwarze Werk.

Eine Sache haben HYEMS bei mir nicht geschafft. Die schlechte Laune hat sich nicht auf mich übertragen, und ich fühle auch keine bodenlose Wut in mir. Ich freue mich eher, einen selten guten und überzeugenden Black Metal-Output genossen zu haben. In diesem Sinne:  Meddl off - und immer hübsch positiv bleiben!

 

Anatomie Des Scheiterns


Cover - Anatomie Des Scheiterns Band:


Genre: Nicht angegeben
Tracks: 7
Länge: 49:14 ()
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Oak, Ash & Thorn

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Ein bekanntes deutsches Metal-Magazin hat im Jahr 2018 seinen Lesern die scharf diskutierte Frage gestellt: „Gibt es ein Leben nach Iron Maiden“? Die Antwort ist schwierig zu beantworten, da es nach einer Auflösung der Eisernen Jungfrauen natürlich kein wirkliches und erfülltes Leben mehr geben kann und somit ausgeschlossen ist. Nun aber tritt eine Band mit dem Namen DARK FOREST dieser logischen und von einem Großteil der Metal-Hörerschaft akzeptierten Gesetzmäßigkeit mit aller Macht in den Hintern!

Das Gründungsjahr der Engländer beläuft sich auf das Jahr 2002. Das selbstbetitelte Debütalbum stand nach sieben Jahren Findungsphase 2009 in den Regalen, und es folgten darauf drei weitere Alben mit den Titeln „Dawn Of Infinity“ (2011), „The Awakening“ (2014) und „Beyond The Veil“ (2016), welche alle recht positive Pressekritiken ernten konnten.

Und dann begegnet ausgerechnet mir in 2020 das aktuelle Album „Oak, Ash & Thorn“ und bringt den kleinen Redakteur komplett durcheinander. Ich gebe zu, beim ersten Probehören war mein Urteil relativ schnell klar: Ein komplett durchschnittliches, melodisches Metal-Album mit einem eher harmlosen Sänger, dem man ohne Probleme eintausend Euro leihen kann und diese am nächsten Tag ohne Aufforderung mit Zins und Zinseszinsen zurückbekommt. Eben ein gut zu hörendes Album von einer netten und freundlichen Band, aber leider eine Veröffentlichung, die man in Windeseile wieder zu den Akten stellen kann, und die als Staubfänger dienen wird.

Tja, und dann kam der zweite, der dritte, der vierte… der x-te Durchlauf. Ok, meine Gleichgültigkeit entschwand immer mehr, und eine gewisse nagende Euphorie machte sich breit. Die Stimme wurde immer besser und kraftvoller und die geliehenen eintausend Euro waren in den Taschen der Band verschwunden. Von wegen nette Band! DARK FOREST hatten mich gebrochen, besiegt und werden mich für immer in ihrem Bann halten. Der Kampf englische Band gegen deutschen Review-Schreiber geht eindeutig an die Insel. Und mit Freude gestehe ich meine anfängliche Unwissenheit und Verwirrung ein und gelobe hiermit Besserung.

In Stimmung für die folgenden 50 Minuten wird man durch ein beruhigend-schönes Intro gebracht. Wasserrauschen, fröhliches Vogelgezwitscher und stimmungsvolles Feuer bereiten uns auf die folgenden Großtaten vor.

Und diese Großtaten bestehen aus der herausragenden Stimme von Sänger Josh Winnard, welcher besonders in höheren Stimmlagen scheinbar einem Bruce Dickinson einen besonders schönen guten Tag wünschen will. Wahnsinn, wie variabel und sicher hier in allen Tonlagen agiert wird. Ein Ohrenschmaus, wie man ihn von einem Sänger lange nicht gehört hat.

Wie es sich für eine traditionelle und besonders englische Heavy Metal-Band gehört, kommen dominante Twin-Gitarren des Öfteren und immer an den richtigen Stellen zum Tragen. Die Gitarrenarbeit ist sowieso auf der gesamten Scheibe auf einem sehr hohen Niveau angesiedelt. Feinste Metal-Melodien gehen nahtlos in teilweise folkige Parts über um im Gesamtbild daraus eigenständige Hymnen für die Ewigkeit zu schaffen. Ein sehr gutes Beispiel hierfür ist der Titelsong, welcher in das gleiche Kaliber wie MAIDENs  „The Clansman“ stößt. Und dies ist beileibe nicht der einzige Song, der keinen Vergleich mit Steve Harris & Co scheuen muss. Gerne werden auch rockige Parts auflockernd in die virtuosen Instrumentalpassagen aufgenommen und peppen einzelne Abschnitte erfolgreich und anspruchsvoll auf.

Generell landen DARK FOREST aber immer wieder an dem Punkt, wo sie ankommen wollen: Das Generieren von epischen, hymnenhaften und modernen (irgendwie ein Widerspruch in sich) NWOBHM-Titeln. Beendet wird das Album mit dem Instrumentalstück  „Heart Of The Rose“, welches dieses Kunstwerk des Heavy Metals glanzvoll abschließt.

Inspirieren ließ sich die Band von den Kurzgeschichten des englischen Autors Rudyard Kipling, der im Jahr 1906 die historisch-fantastischen Erzählungen im Buch „Puck Of Pook’s Hilll“ schuf, aber eher bekannt als Erschaffer des Dschungelbuchs ist. Das Plattencover fügt sich sehr gut in die Fantasy-Welt von DARK FOREST ein, holt einen von Anfang an ab und entführt den Hörer in eine Welt von Abenteuern und wilden, unbekannten Landschaften.

Fazit: Für mich war die komplette 180-Grad-Drehung meiner eigenen Meinung über „Oak, Ash & Thorn“ eine riesen Überraschung. Selten hat es so lange gebraucht, bis mich ein Album dermaßen gepackt hat und scheinbar so schnell nicht mehr loslassen wird. Eine Überraschung, die ich mit Freude genossen habe. Für mich bringen DARK FOREST den melodischen NWOBHM auf eine ganz neue Stufe und klopfen tatsächlich ganz laut bei unseren Freunden von IRON MAIDEN an. Ich hoffe, MAIDEN und auch alle Fans der härteren Gangart sperren die Türen weit auf und bereiten DARK FOREST einen Logenplatz auf den ganz großen Bühnen dieser Welt!

 

Oak, Ash & Thorn


Cover - Oak, Ash & Thorn Band:


Genre: Nicht angegeben
Tracks: 9
Länge: 52:44 ()
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Terrifiant

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Endlich mal ein Bandname und ein Albumtitel, die mein Review von diesem Debüt auf einen Punkt und einen klaren Nenner bringen. Mein Gesamtbild wird perfekt zusammenfasst: Erschreckend!

Erfreuen wird dies Freunde von Superlativen. Endlich hat man mal wieder eine Band gefunden, welche mit obigen nur so um sich wirft. Der Gesang von Vocalist Lord Terrifiant ist natürlich der absolute Kult, da er voll in die Fresse geht und die hysterischen, spitzen und kastratenartigen Auswürfe selbstkreischend nur die absolute Elite der Old School-Metal-Fans verstehen kann. Alle anderen haben keine Ahnung vom Underground und sollen halt BLIND GUARDIAN und Konsorten hören und zum Nachtisch eine Portion DRAGONFORCE abfeiern.

Auch den Sound von TERRIFIANT kann natürlich nur eine elitäre Minderheit verstehen. Kein Druck, kein Bass und schrille Gitarrenhöhen bangen sich hier pfeilschnell durch die unterforderten Boxen. Dieser Mix ist natürlich wieder mal absolut kultverdächtig. Für mich ist diese Aufnahme eher vertonter Vandalismus, aber kaschiert wunderbar einige Unzulänglichkeiten im spielerischen Bereich (von gesangstechnischen Ausrutschern wollen wir hier gar nicht mehr reden). Von einem Kommerzgedanken kann man hier in jedem Fall zu gar keiner Zeit sprechen.

Die gesamte Platte klingt, beginnend beim instrumentalen Intro, gewollt naiv und altbacken und am 80er-Jahre-Speed Metal-Reißbrett entwickelt, nur um eine ahnungslose Kleinstmasse an völlig verbohrten Metalheads anzulocken. Originell wollen TERRIFIANT dann auch noch sein, indem sie eine Hammond Orgel im Song Iron Mountain benutzen. Großartig, wollte die Band hier eventuell noch ein paar 70er- Fans von ihrer Genialität überzeugen? Mission gescheitert! Ein paar gelungene Gitarrensoli (spielen können sie also doch) können aber trotzdem nichts mehr retten und versanden im Geschwindigkeitsrausch.

Eventuell werden TERRIFIANT für ihre Machenschaften den einen oder anderen Schulterklopfer bekommen. Eine Urkunde für den Erhalt des wahren Heavy Metals im 21. Jahrhundert gibt es wahrscheinlich noch obendrauf.

Um eine Sache klarzustellen: Ich nehme der Band komplett ab, hinter ihrem Sound zu stehen und sich einer ewig gestrigen Szene zugehörig zu fühlen. Das ist ja auch völlig in Ordnung und zeigt eine grenzenlose Leidenschaft. Was für mich nicht in Ordnung geht, ist, dass diese auf alt getrimmten Möchtegern-Old School-Bands von Labels und Magazinen als der absolute Geheimtipp angepriesen werden, und hiermit tatsächlich ein elitäres Gruppengehabe gefördert wird.

Es ist eben nicht alles Kult, was 100 Einheiten verkauft und dann live vor zehn Hanseln spielt, von denen drei die Band dann auch wirklich gut finden, und diese dann von einem unvergesslichen Erlebnis sprechen. Nein, das ist nicht Kult, das zeigt auf, das eine Band eher nochmal im Proberaum nachfeilen sollte, und die Lösung nicht das Aufspringen auf den 08/15-Zug ist. Das Problem ist, TERRIFIANT wollen genau so sein. Das spricht für eine gewisse Ehrlichkeit und fast freche Kaltschnäuzigkeit der Band.

Also eine klare Kaufempfehlung für diejenigen unter Euch, die jedes Fachgespräch mit den Worten: „Wie? Du kennst nicht…..? Das ist absoluter Kult…! Ein Geheimtipp für Eingeweihte...“ beginnen und dabei beifallsherrschend in die erstaunte Runde schauen.

Zack, und schon wieder unbeliebt gemacht!

So, und nun gebe ich mir eine alte HELLOWEEN und genieße echten Old School.

 

Terrifiant


Cover - Terrifiant Band:


Genre: Nicht angegeben
Tracks: 8
Länge: 36:35 ()
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Human. :II: Nature.

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Fünf Jahre ist es her, dass NIGHTWISH ihr letztes Studioalbum herausgebracht haben – entsprechend hoch sind die Erwartungen an das neue Machwerk, schließlich hat man mit Tuomas Holopainen und Marco Hietala zwei hervorragende Songwriter und mit Floor Jansen zudem eine begnadete Sängerin am Start. Man wartet also mit Spannung, was einem da kredenzt wird, zumal die Band beschloss, zu klotzen statt zu kleckern und gleich ein Doppelalbum herauszubringen, bestehend aus einem „regulären“ NIGHTWISH-Album und einem durch einige Sprachpassagen ergänzten Instrumentalepos. Obwohl das Werk mit dem eher sperrigen Titel „Human. :II: Nature.“ laut Musikerangaben explizit kein Konzeptalbum ist, kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass ein Konzept sehr wohl zu Grunde lag, denn das vorherrschende Thema ist klar die Entwicklung von Mensch und Natur sowie deren Wechselwirkung.

Der Opener „Music“ hat den Anspruch, die Entwicklung der Musik von ihren Anfängen in der Urgeschichte an einzufangen – kein kleines Unterfangen, weswegen es auch nicht verwundert, dass die Laufzeit um die 7 Minuten beträgt. Verwunderlicher ist dagegen schon eher, dass in diesen 7 Minuten so vergleichsweise wenig passiert: die ersten 6o Sekunden wähnt man sich ausschließlich einer Klangkulisse ausgesetzt, die vermutlich der einer steinzeitlichen Tropfsteinhöhle entsprechen soll und die, vorsichtig ausgedrückt, eher durch Ereignislosigkeit besticht. Bis Floor Jansen anfängt, zu singen, dauert es geschlagene 3 Minuten und bis zum Refrain (sofern man denn zu diesem späten Zeitpunkt noch von einem solchen sprechen kann, denn eigentlich fehlt dem Lied jegliche klassische Songstruktur) muss man sich bis anderthalb Minuten vor Schluss gedulden. Nun gut, Geschmäcker sind ja bekanntlich verschieden. Das darauffolgende „Noise“ tritt von vorherein deutlich mehr aufs Gaspedal, schwächelt aber etwas in Punkto Eingängigkeit, womit wir auch schon bei einem der Hauptprobleme des Albums angekommen wären: es fehlt an eingängigen Melodien.

In „Shoemaker“ widmet sich die Band dem Geologen Eugene Shoemaker. „Harvest“, dem Troy Donockley offensichtlich seinen musikalischen Stempel aufdrückte und konsequenterweise auch seinen Stimme leiht, ist ein netter Folksong, hat aber mit dem klassischen NIGHTWISH-Sound ähnlich viel zu tun wie Loreena McKennitt mit Heavy Metal. Auffällig ist, dass ausgerechnet die vom üblichen Sound deutlich in Richtung Folk abweichenden Songs noch die gefälligsten Melodien aufweisen: neben „Harvest“ ist „How´s The Heart“ der einzige Track, den man tatsächlich nach einmaligem Hören einigermaßen im Ohr hat, was beim Großteil des Materials selbst nach mehrfachen Durchläufen nicht so recht gelingen will.  „Procession“ zeichnet sich durch eine erneut gefährlich an Ereignislosigkeit grenzende Ruhe aus, „Tribal“ hingehen ist eine weitestgehend melodiefreie, dafür aber zugegebenermaßen ausgesprochen schwermetallische Quälerei, auch wenn der sonst auf „Human. :II: Nature.“ unterrepräsentierte Marco Hietala hier tatsächlich auch mal Gesangsparts beisteuern darf.

Das treffend betitelte „Endlessness“ schleppt sich äußert programmatisch über gefühlt endlose 7 Minuten dahin, ohne den Zuhörer mit einer richtigen Hook dafür zu entlohnen, weswegen das Ganze leider irgendwann dann trotz der Abwechslung durch Marco Hietala am Mikrofon ziemlich an den Nerven zerrt – Geduld ist eine Tugend, die man zum Hören von „Human. :II: Nature.“ eindeutig mitbringen sollte. Hatten NIGHTWISH sonst ein Händchen für Melodien, die trotz aller musikalischen Opulenz und Schwere leichtfüßig über den Arrangements schwebten und sich oftmals gnadenlos im Ohr festkrallten, so hapert es in diesem Punkt auf dem neuen Werk leider an vielen Stellen gewaltig: die Melodien lahmen, sie holpern, stolpern und schleppen sich oftmals nur mit Mühe über die volle epische Länge, was auch deshalb schade ist, weil es Floor Jansens großartigem Gesangstalent in keiner Weise gerecht wird. An vielen Stellen geht ihre Stimme geradezu unter und ist weit davon entfernt, als verbindender Melodiebogen über den Arrangements zu liegen – ein Umstand, der umso befremdlicher erscheint, als Tuomas Holopainen offiziell zu Protokoll gab, es handele sich bei „Human. :II: Nature.“  um ein Album, bei dem der Gesang im Vordergrund stehe. Sicher, Troy Donockley als weiteren Sänger an Bord zu holen stellt eine Erweiterung des bisherigen Repertoires dar, aber warum darf Floor Jansen nicht zeigen, wozu sie sich schon bei unzähligen Konzerten und auf „Endless Forms Most Beautiful“ als fähig erwiesen hat? Und warum kommt Marco Hietalas Gesang als Kontrapunkt nur so überaus spärlich zum Einsatz? Fragen über Fragen begleiten das Anhören von „Human. :II: Nature.“, und  nur die wenigsten davon stehen im Zusammenhang mit dem fraglos intendierten, aus der Thematik resultierenden Denkanstoß.

CD Nummer 2 beherbergt nicht etwa Instrumentalversionen des ersten Silberlings, sondern ein stark an einen Soundtrack erinnerndes Instrumentalepos, bei dem schon Titel wie „Vista“, „Moors“ und „Aurorae“ verraten, dass auch hier der Fokus auf die Natur erhalten bleibt. Gelegentliche Spoken Word-Passagen verdeutlichen das gesetzte Ziel vor weitestgehend sehr ruhig gehaltener Klangkulisse. Man kann sich darüber streiten, ob diese Tracks wirklich unter dem Namen NIGHTWISH veröffentlicht werden mussten oder ob Tuomas Holopainen sie nicht besser unter eigenem Namen separat an den Mann gebracht hätte, denn mit der Musik der Band hat die Suite, sieht man einmal von ihrem Urheber ab, nicht viel zu tun. Entsprechend handelt es sich hier mehr um schmückendes Beiwerk bzw. Selbstverwirklichung des Songwriters denn um ein tatsächliche NIGHTWISH-Veröffentlichung, Name hin oder her.

FAZIT: NIGHTWISH haben ein ums andere Mal bewiesen, dass sie nicht umsonst seit Jahren auf dem Symphonic Metal-Thron sitzen und „Human. :II: Nature.“ ist zweifellos ein ambitioniertes Projekt, doch es erinnert in seiner praktischen Umsetzung ein wenig an die Geschichte von Ikarus: auch der strebte nach Großem und das zunächst mit Erfolg, bevor er, durch diesen Erfolg übermütig geworden, zu viel verlangte, das Schicksal herausforderte und scheiterte. Man kann „Human. :II: Nature“ als ein Projekt ansehen, dass sich über Grenzen hinwegsetzt, Songstrukturen auflösen und Hörgewohnheiten erweitern will, um Großes zu schaffen, man kann aber auch einfach sagen: den Songs fehlt der rote Faden, sie sind überfrachtet, wollen zu viel und erreichen zu wenig. Schönheit liegt bekanntlich im Auge bzw. Ohr des Betrachters. Vielleicht war die Band zu satt geworden und wollte neue Wege gehen oder Tuomas Holopainen strebte, inspiriert vom Fokus auf die Natur und ihre Zeiträume, nach etwas Höherem, Allumfassenderem. Doch was in erdgeschichtlichen Zeiträumen funktioniert, lässt sich selbst von begnadeten Musikern nicht zwangsläufig auf die Musik übertragen und in wenige Minuten bannen, und zumindest innerhalb der durchschnittlichen Hörgewohnheiten funktioniert „Human. :II: Nature.“ über weite Strecken --leider!—nicht.

Human. :II: Nature.


Cover - Human. :II: Nature. Band:


Genre: Nicht angegeben
Tracks: 9+8
Länge: 81:0 ()
Label:
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Alps On Fire

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Jetzt wird’s rustikal. Schlanke 35 Jahre nach dem ersten und einzigen Album „Metallic Alps“ sind WALLOP aus Offenbach mit „Alps On Fire“ wieder da. Was die Combo mit dem Gebirge am Hut hat, entzieht sich meiner Kenntnis. Vielleicht ist es die Sehnsucht, denn der Bieberer Berg lädt selten zum rasanten Skifahren ein. A propos „rasant“: WALLOP spielen absolut ursprünglichen Heavy Metal deutscher Prägung und lassen den Fuß dabei recht konsequent auf dem Gaspedal. Das reißt mit und gestaltet die ganze Veranstaltung als kurzweiliges Vergnügen. Auch die direkte und rohe Produktion passt sehr gut zum Material der Hessen.

Wer sich einen Ast über Comebacks von GRAVESTONE oder STRANGER freut, der darf auch bei WALLOP frohlocken. Abzüge gibt es allerdings in der B-Note, denn „Alps On Fire“ klingt nicht nur alt, es ist es zum größten Teil auch. Die meisten Songs waren auch schon auf dem Debüt von 1985 bzw. den dazugehörigen Demos zu hören. Einzig „Fun For The Nun“, „Wall Of Sound“ und das RAVEN-Cover „Crash, Bang, Wallop” (mit John Gallagher am Gesang) sind bis dato ungehört, passen aber perfekt zum restlichen Material. Und wenn man nun doch noch die Ex-Band von Drummer Stefan Arnold ins Spiel bringen mag: So straight und ballastbefreit wie WALLOP klangen GRAVE DIGGER höchsten auf dem Debüt „Heavy Metal Breakdown“.

„Alps On Fire“ ist 50 Minuten Heavy Metal pur, der seine volle Durchschlagskraft sicherlich live entfalten wird, aber auch beim Autofahren für das eine oder andere Ticket wegen zu viel Bleifuß sorgen wird. Welcome back! 

 

Alps On Fire


Cover - Alps On Fire Band:


Genre: Nicht angegeben
Tracks: 13
Länge: 50:15 ()
Label:
Vertrieb:
Band:

WALLOP

www
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亂 (Luan)

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Es gibt Dinge im Leben, die sind wirklich schade. Etwa wenn man einen guten Jugendfreund aus den Augen verliert, wenn eine mitreißende Romanreihe endet, oder wenn die Metalszene ein Genie wie Chuck Schuldiner gehen lassen muss und dafür SABATON bekommt. "Schade" ist auch das Leitmotiv des neuen Albums von RIPPED TO SHREDS. Mastermind der Band ist Andrew Lee, der im sonnigen Kalifornien residiert und im Studio, mit Unterstützung einiger Gäste (u. a. Damian Herring von HORRENDOUS), sämtliche Instrumentalparts sowie den leider etwas schwachen Gesang höchstpersönlich der Festplatte zugeführt hat. Und prinzipiell hat er dabei auch nicht viel falsch gemacht. Über die gesamte Spielzeit geben sich schöner alter Schwedentod, Grindcore, Crust, „Leprosy“-Gedächtnisriffs und auch modernere Death Metal-Elemente die Klinke in die Hand. An der Produktion gibt es auch nix zu meckern: roh, knallt, passt. Nur schade, dass die Songs zum einen Ohr rein und zum anderen wieder heraus rauschen, ohne dass sie Widerhaken auswerfen, die zum erneuten Hören animieren. Dabei starten RIPPED TO SHREDS mit einem kurzen aber stimmungsvollen Intro und dem nur knapp mehr als zwei Minuten währenden Sperrfeuer "Righteous Fist To The Teeth Of The Wicked" angenehm schneidig in das Album. Sehr schade jedoch, dass die drei nachfolgenden Kompositionen absolut nicht begeistern können. Alles gut gespielt und einige nette Parts, aber insgesamt reichlich konfus. Als Euer Rezensent gedanklich schon den Verriss auf den Weg gebracht hat, wird mit einem weiteren geschmackvollen Intro die zweite Hälfte des Albums eingeläutet, die kurioserweise deutlich besser ausfällt. In "Opening Salvo" kommen RIPPED TO SHREDS mit tollen Gitarrenleads und einem famosen, melodischen Solo um die Ecke. Ein Farbtupfer, endlich! Stark sind auch die beiden letzten Tracks "Ripped To Shreds" (hardcoriger D-Beat trifft auf alte ENTOMBED) und "Remnants" (mit einer EDGE OF SANITY-Hommage zu Beginn). Hätte Mr. Lee die vier stärksten Stücke zu einer EP komprimiert, wäre diese richtig fett ausgefallen. Schade drum. Wer mit Death Metal grundsätzlich etwas anfangen kann, sollte trotzdem mal ein Öhrchen riskieren. Vielleicht irrt ja auch der Autor, und das wäre nun wirklich - Ihr ahnt es - schade.

 

亂 (Luan)


Cover - 亂 (Luan) Band:


Genre: Nicht angegeben
Tracks: 10
Länge: 35:1 ()
Label:
Vertrieb:
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Weapons Of Tomorrow

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Die  US-amerikanische Thrash Metal-Band WARBRINGER aus Kalifornien bringt mit "Weapons Of Tomorrow" schon ihren sechsten Studio-Longplayer heraus, ein energiegeladenes Stück besten Thrash-Geknüppels! WARBRINGER bleiben ihrem eigenen modernen Sound treu, wobei sie aber dennoch die klassischen Zutaten nicht außen vor gelassen haben. Peitschende Drums, aggressive Vocals und schneidende Gitarren; schon im Opener "Firepower Kills" geht es richtig zur Sache. In "Crushed Beneath The Tracks" schlagen sie dann so dunkle und böse Töne an, das man fast von einem Ausflug in den Death Metal sprechen könnte. Aber auch das gelingt der Band hervorragend. Dass es auch mit etwas ruhigeren Tönen und langsamer geht, beweisen die Jungs in „Defiance Of Fate“, welches dennoch groovt und zum langsamen Headbangen geradezu einlädt - mein Lieblingstrack der Platte, mit einer positiven Message, sich niemals unterkriegen zu lassen. Ich habe an allen der zehn Songs auf diesem Album großen Spaß gehabt, denn der Wechsel und das Zusammenspiel von schnellen Rhythmen, langsameren  Melodien und der wunderbaren Aggressivität der Vocals gelingt durchgehend. Zu meiner großen Freude ist der Bass in der Produktion extrem gut und druckvoll zu hören, das gibt dem Sound nochmal einen zusätzlichen Punch. Für Fans von Bands wie KREATOR, OVERKILL oder HAVOK ein Muss. Alle anderen sollten der Platte auch eine Chance geben, denn WARBRINGER wissen mit Qualität zu überzeugen.

Weapons Of Tomorrow


Cover - Weapons Of Tomorrow Band:


Genre: Nicht angegeben
Tracks: 10
Länge: 50:2 ()
Label:
Vertrieb:
Review:

Songs Of A Broken Future

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INTENSE die 4te. Grundsätzlich hat sich an der musikalischen Ausrichtung wenig geändert. INTENSE spielen immer noch melodischen Power Metal, welcher ein ums andere Mal an neuere ICED EARTH erinnert. Dies aber nicht mehr so auffällig wie auf früheren Alben. Neben dem Schafferschen Galoppelriffing gibt es nun auch vermehrt Raum für Melodien und Harmonien. Außerdem hat Sänger Sean Hetherington den Barlow nahezu komplett aus seiner Stimme verbannt. Britisch im Sinne der NWOBHM klingt hier nichts, was aber nicht weiter schlimm ist, da es im Moment wahrlich genug andere Bands gibt, die diese Nische kompetent bedienen. INTENSE sind im besten Wortsinne zeitlos und keiner großen Epoche zuzuordnen. Das macht es für den Rezensenten nicht einfacher, aber für den Hörer ums spannender und darauf kommt es schließlich an. Melancholische Groover wie „Songs Of A Broken Future”, das Riffmonster “The Social Elite” und der Speed Kracher “The Jesters Smile” demonstrieren ganz gut die Bandbreite von INTENSE.

INTENSE müssen niemandem mehr etwas beweisen und konzentrieren sich in ihren Songs auf das Wesentliche. Auch wenn manche Nummern die 6-minuten Grenze sprengen, so sind auch diese straff und schlüssig arrangiert. Technisch agiert man sowieso auf hohem Niveau und so kann ich „Songs Of A Broken Future“ jedem Power Metal Fan ans Herz legen, welcher mehr Wert auf Ernsthaftigkeit denn kitschige Ritterspiele legt.

 

 

Songs Of A Broken Future


Cover - Songs Of A Broken Future Band:


Genre: Nicht angegeben
Tracks: 12
Länge: 59:42 ()
Label:
Vertrieb:
Review:

Danse De Noir

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Die Rheinland Pfälzer haben seit ihrer Gründung im Jahr 2014 bisher ein Demo und zwei reguläre Alben auf den Markt gebracht und an einer ordentlichen Fanbase gearbeitet. Mit „Danse De Noir“ bescheren uns LORD VIGO  nicht nur eine weitere Doom Metal-Platte, sondern für mich das bisherige Highlight im noch recht jungen Jahr.

Wir begeben uns in das ferne „Blade Runner“-Universum, verfolgen die Erinnerungen der Replikantin Nihlai und steigen mit ihr in eine komplexe Retro-Science-Fiction- Geschichte ein. Ich hätte nie gedacht, das Doom Metal der Marke CANDLEMASS, SOLSTICE oder SOLITUDE AETURNUS auch in einer Cyberpunk-Umgebung funktionieren kann, aber LORD VIGO (im Übrigen benannt nach dem Bösewicht aus dem Kinofilm „Ghostbusters II“) belehren uns eines Besseren.

Nach dem futuristischen Intro „The Voight Kampff Situation“ kommen sie mit dem Titelstück gleich zur Sache. Ein unheimlich geniales und episches Hauptriff führt uns elegant durch den Song. Hier wird eine ganz eigene Atmosphäre geschaffen, und man fühlt sich definitiv an Filmmusik aus einem Science-Fiction-B-Movie erinnert. Ein ganz starker Beginn, der mit weiblichen Spoken-Words und schönen Gitarrensoli veredelt wird. Über allem thront die epische Stimme von Vokalist Clortho, der sich hinter keiner Szenegröße verstecken muss.

Mit dem Zwischenspiel „Are You Human“ wird man auf den nächsten Song, „The Verge Of Time“, vorbereitet. Ein schweres Riff, welches auch von einem Toni Iommi hätte stammen können, eröffnet das Werk und führt uns durch einen ganz starken, mit einem epischen Refrain verfeinerten Midtempo-Stampfer. Geschmackvolle Keyboard-Parts verfeinern das Stück und lassen den Hörer zufrieden zum nächsten Zwischenspiel „Fiery The Angels Fell“ kommen.

Und dann kommt „Shoulder Of Orion“! Und wie das kommt! Eingeleitet von einer wehleidigen Stimme wird mit klassischen Doom-Tonalitäten gespielt, das es nur so eine Freude ist. Und dann wird es Zeit für den Refrain, welcher jeden in seinen Bann ziehen wird. Live sehe ich hier tausende gereckte Arme in den Himmel und glückselige Fans den Göttertitel gen Bühne brüllen. Definitiv ein Highlight auf der Platte, welches durch das an MANOWAR erinnernde Bassspiel nochmals eine Steigerung erfährt. Großartig!

Mit „And Then The Planets Will Align“ und „Between Despair And Ectasy“ folgen zwei eher zügige Songtitel, wobei wir hier definitiv nicht von überhastet reden können. Wir befinden uns noch immer auf Planet Doom, und hier ist Geschwindigkeit relativ. In jedem Fall zwei gutklassige Gassenhauer, die aber nicht ganz an die Qualität von „Shoulder Of Orion“ oder „Danse De Noir“ herankommen. Das ist aber Meckern auf allerhöchstem Niveau. Andere Bands würden für diese Stücke ihr letztes Hemd geben.

Bei „As Silence Grows Old“ steht eindeutig die weinerliche Stimme von Clortho im Vordergrund und mündet in einen klassischen Doom-Hauptpart. Danach werden die Zügel ein wenig gelockert und der Song prescht voran um dann wieder vom nächsten schwermütigen Riff ausgebremst zu werden. Zum Ende des Songs begleiten uns Chöre, klassische Gitarren und ein dominanter Bass zum nächsten und letzten Song.

„Memento Mori“ soll den Abschluss dieses Albums einleiten und tut dies mit markanten Riffs und beeindruckenden Chören. Ein starker Mittelpart mit gut platzierten Lead-Gitarren führt uns in ein fast rockiges Solo, welches wieder eine gut gemachte Überleitung zu den folgenden, zwingenden Doom-Parts darstellt und der Autor sich bewusst wird, das er jenes „Memento Mori“ im Refrain lautstark mitgesummt hat. Beendet wird der Song mit den Worten: „Time to die“ und einem Knall. Punkt. Aus. Ende.

Veredelt wurde „Danse De Noir“ in den Atomic Age Studios, wobei das Mastering Patrick W. Engel übernahm, der sich schon in diversen Black- und Thrash Metal- Bands seine Sporen verdient und den Songs einen klaren und organischen Sound beschert hat.

“Unser Ziel bestand darin, ein analoges Feeling zu erzeugen, einen cleanen Sound wie in den 1980ern, der trotzdem nicht altbacken klingen sollte.“ Dies ist der Band und allen Mitwirkenden definitiv gelungen.

Mein Fazit habe ich am Anfang des Reviews klar definiert. An diesem bisherigen Jahreshighlight wird sich jede nachkommende Band messen lassen müssen. Und hiermit sind keine nationalen Standards gemeint, nein, LORD VIGO doomen sich hier in internationalen Gewässern an die Spitze. Eine ganz klare und von Herzen gemeinte Kaufempfehlung und ein großes Danke an die Band für die Musik!

 

Danse De Noir


Cover - Danse De Noir Band:


Genre: Nicht angegeben
Tracks: 10
Länge: 44:12 ()
Label:
Vertrieb:

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