Jaaaaa!!!!! Es gibt sie noch, diese ganz großen Momente musikalischer Darbietung! Das hier ist das beste Melodic Death - Album der letzten Jahre! Ein (vornehmlich schwedisches) Genre, das seit Ewigkeiten zwar gute bis sehr gute Releases abwirft, aber seit seligen, frühen IN FLAMES / DARK TRANQUILLITY / ARCH ENEMY / AT THE GATES - Zeiten nie mehr zu absoluter Höchstform aufgelaufen ist, hat einen neuen Meilenstein bekommen. Und das ausgerechnet von NECROPHOBIC, einer Band, die zwar seit Beginn ihrer Karriere fantastische Alben abliefert, aber auf breiter Ebene nie den großen Wurf landen konnte. Zugegeben: auch der mittlerweile vier Jahre alte Vorgänger "Bloodhymns" brauchte sich nicht zu verstecken und geizte nicht mit genialen Hymnen, doch mit dem Zungenbrecher "Hrimthursum" haben diese Schweden ihr absolutes Meisterwerk abgeliefert, das selbst gestandene Scheiben wie "The Nocturnal Silence" oder "Darkside" noch übertrifft. Von Fredrik Folkare (UNLEASHED) ultrafett produziert (mehr Böllersound geht nicht!), rammeln sich die Stücke, angefangen beim bereits auf dem letztjährigen "Party.San" vorgestellten Opener "Blinded By Light, Enlightened By Darkness" (nach dem coolen Intro "The Slaughter Of Baby Jesus"), wie ein Donnerwetter durch die Gehörgänge. Jeder Song ist eine wahnsinnige Hymne, das Duo Bergebäck / und vor Allem Ramstedt zaubert unglaubliche Melodien und Soli aus dem Ärmel, und die bombastischen Arrangements, die sogar Chöre und weibliche Gesänge (etwa beim abschließenden Titelsong) beinhalten, tun das Übrige, um "die neue NECROPHOBIC" (den echten Titel kann sich sicher keiner merken - schon gar nicht nach acht Bieren) zu einem überragenden Hammer zu machen. Für mich steht "Hrimthursum", das auch wieder diverse Ausflüge ins schwarzmetallische Genre auffährt und dadurch noch aggressiver und majestätischer wirkt, auf einer Stufe mit "Slaughter Of The Soul", "Vittra" oder "Slaughtersun" und ist auf seinem Gebiet für die nächsten Monate oder gar Jahre das Maß aller Dinge!
GOLEM sind der Beweis, dass selbst aus Bari Death Metal kommen kann. Guter Death Metal, immerhin wurde ihr 2002er Demo "Death Never Dies" in der europäischen Presse hochgelobt und brachte den Jungs einen Deal ein. "Black Era" ist das erste komplette Album von GOLEM und was der geneigte Melodic Death Metal-Fan hier zu hören bekommt, dürfte ihm gefallen. Sehr abwechslungsreiche Tracks, die Einfüsse aus Schweden natürlich nicht von der Hand weisen können, besonders SOILWORK seien hier genannt. Aber auch FEAR FACTORY sind in Bari nicht unbekannt ("Indifference"). Sänger Matteo überzeugt mit einer sehr variablen Stimme, die von Growls bis aggressivem Shouting alles abdeckt, was ein guter Mikrosklave können muss. Unterstützt wird er durch cleane Backing Vocals, was GOLEM dann wieder in die Nähe der schwedischen Überflieger rückt und ihre moderne Ausrichtung unterstreicht. Die Gitarren pendeln zwischen US-Thrash-Riffs und melodischem Schwedentod und können in beiden Varianten gefallen. Die elf Songs sind kurzweilig und so abwechslungsreich, dass man bei jedem Durchlauf neue Spielereien entdeckt. So muss Melodic Death Metal heute klingen!
"Hydrodynmaic Wave", das Debütalbum der Italiener LUNAR SEA, hat mir in den ersten Sekunden einen großen Schrecken ob des sehr powermetallischen Anfangs eingejagt. Die Gitarren versprachen nichts Gutes und ließen mich einen Eunuchen-Sänger erwarten. Aber als dann Sänger Angelo das erste Mal zum Einsatz kommt, kann er mit seiner aggressiven Death Metal-Röhre die Angst vertreiben. Schon einige weitere Sekunden später hat er seinen ersten cleanen Part und macht die Vorliebe für SOILWORK deutlich. Songaufbau, Chorus, Gesang, Gitarrenarbeit - alles von den schwedischen Vorreitern beeinflusst. Das es sich bei LUNAR SEA aber nicht um einen gesichtslosen Klon handelt, wird in den anderen Songs deutlicher. Die Band bemüht sich um eine eigene Identität und hat dazu neben dem typischen schwedischem Melodic Death starke schwarzmetallische Einflüsse, etwas Power Metal und eine akzentuierte Synthie-Arbeit, was zusammen ein vielschichtiges Melodic Death Metal-Album mit eigener Note ergibt. LUNAR SEA setzen sehr auf einen starken Chorus, einen häufigen Wechsel zwischen aggressivem Gesang und cleanen Parts und - natürlich - verdammt viel Melodie. "Hydrodynamic Wave" entpuppt sich nicht überraschend als sehr ohrschmeichelnd und mit genug Talent eingespielt, um im internationalen Vergleich bestehen zu können. Es finden sich zwar (noch) nicht die Mega-Hits auf der Scheibe, aber Songs Marke "Hate Net On Barren Heart" hat durchaus Potential und läßt auf eine Weiterentwicklung und gute Promotion für die Band hoffen, dann geht da was
Mit PHOENIX MOURNING betritt ein Newcomer die metallische Bühne und beglückt uns mit - Überraschung - einer Mischung aus melodischem Death Metal und Metalcore, wobei das Quintett wohl eher die Fans der letztgenannten Disziplin ansprechen möchte. Fronter Jeremiah Ruff wechselt sein Organ ganz stilsicher zwischen aggressiven Screams und cleanem, hymnischem Gesang, während die restliche Mannschaft natürlich zwischen harten Riffs und einschmeichelnden Melodien hin, - und herpendelt. Bosheit trifft auf Zerbrechlichkeit, ganz nach Lehrbuch und auswendig gelernter Formelsammlung. Ich müsste lügen, wenn ich der Band schlechte Arbeit unterstellen würde, aber solche Mucke hat man in den vergangenen Jahren zur Genüge besser und songwriterisch ausgereifter zu Gehör bekommen (als Bespiele können etwa SOILWORK, CALIBAN oder KILLSWITCH ENGAGE herhalten), so dass man sich fragen sollte, ob der "Markt" noch weitere Nachzügler wie PHOENIX MOURNING benötigt. Ein weiterer Kritikpunkt an "When Excuses Become Antiques" ist die etwas matte und dröge Produktion, die den Gesang sehr vordergründig erklingen lässt und der gesamten Musik nicht den Raum zur Verfügung stellt, den sie vielleicht benötigen würde. Auch einen echten Anspieltipp habe ich nicht entdecken können, aber Freunde von angesprochenem Stilmix und den oben genannten Referenzbands machen keinen großen Fehler, wenn sie das Album mal anchecken. Man ist eben auf "Nummer sicher" gegangen, nur die ganz großen Hymnen findet man hier nicht. Immerhin bieten Metal Blade "When Excuses Become Antiques" zum fanfreundlichen Newcomerpreis von ca. zwölf Euro an. Lasst Euch also nicht von den üblichen Verdächtigen abziehen!
Drei Jahre haben sich KALMAH seit "Swampsong" Zeit gelassen. 2006 bringt nun das neue Album und mit POISONBLACK-Keyboarder Marko Sneck auch einen neuen Mann am Schlüsselbrett. Dennoch hat sich an der Dominanz der Keys und der Melodieverliebheit der Finnen nichts geändert. Shouter Pekka grolwt zwar deutlich mehr als noch auf dem Vorgänger, macht das aber leider viel zu eintönig und läßt seine schwarzmetallischen Gesangseinlagen vermissen. Beim Songwriting haben KALMAH nichts geändert, noch immer domieren klebrig-süße Keyboardmelodie und catchy Riffs das Geschehen, das sich vorzugsweise im Up Tempo bewegt. So recht Abwechlsung kommt nicht auch, die Songs gehen zwar ins Bein, klingen aber sehr austauschbar. Die ewigen Vergleiche mit COB wird "The Black Waltz" nicht beenden, aber mir schient, als wollten KALMAH das auch gar nicht. Alexi-Jünger, Keyboard-Fanatiker und Finnenfans können ja mal reinhören, der Rest kann sich die Scheibe schenken.
Ganze fünf Jahre hat sich das Allstar - Team für sein neues Album Zeit gelassen, vermutlich eine Konsequenz dessen, dass die Musiker mit ihren Hauptbands (unter Anderem ARCH ENEMY, MERCYFUL FATE, OPETH und THE HAUNTED) genug um die Ohren haben. Somit bleiben WITCHERY auch im Jahr 2006 nicht davon verschont, in gewissem Sinn als "Side - Project" durchzugehen. Am Stärksten ist man nach wie vor mit genannten THE HAUNTED (Jensen an der Gitarre) vergleichbar, obwohl auch vermehrt Parallelen zu Sharlee D´Angelos Arbeitgebern ARCH ENEMY auftauchen. Leichte Änderungen gibt es jedoch beim Gesamtsound zu vermelden, der etwas moderner und progressiver klingt als zuletzt, was "Don´t Fear The Reaper" etwas sperrig wirken lässt. Genau das ist es aber, was für mich den Reiz an dem Album ausmacht. Anstatt stets eingängig und straight drauflos zu lärmen, haben THE HAUNTED ihre neuen Stücke gegen den Strich gebürstet und gehen dabei nicht wie erwartet auf Nummer sicher. Erst nach mehrmaliger Einfuhr zünden die Songs, die vor handwerklicher Raffinesse nur so strotzen. Man höre nur mal den rhythmisch genialen Opener "Stigmatized", den Stampfer "Draw Blood", das sogar mit DIMMU BORGIR flirtende, ungewöhnliche "Ashes", den Doomer "Crossfixation" oder Riffmassaker wie "Plague Rider", "Damned In Hell" und "Cannonfodder", die allesamt keine Gefangenen machen! Mit "Immortal Death" hat man zudem noch eine alte Kamelle der WITCHERY - Vorgängerband SATANIC SLAUGHTER ausgepackt, die eineinhalb Minuten lang echtes Hochgeschwindigkeits - Knüppelfutter bietet! Fans von anspruchsvollem Schwedentod müssen hier zugreifen und werden nach einer gewissen Warmlaufphase einen echten, zudem ultrafett produzierten Hammer vorfinden. Klasse!
Aus Skandinavien kann ja eigentlich nichts mehr verwundern - hinter jeder Hütte lugt ein Gitarrengenie hervor und die Melodien scheinen zwischen den Schären nur so angespült zu werden. Soweit, so richtig und falsch - denn durch den Metalcore-Hype kamen in den letzten beiden Jahren keine neuen Bands im Stil von DARK TRANQUILLITY, GARDENIAN oder SOILWORK mehr hoch. IN FLAMES müsste man ausklammern, denn die interessanten Licks kommen bei SONIC SYNDICATE nicht aus der Gitarre, sondern vom Keyboard - SONIC SYNDICATE scheinen trotz ihres jugendlichen Alters schon mächtig von EDGE OF SANITY beeinflusst zu sein, Keyboarder Andreas Martensson klimpert ganz ähnlich wie dereinst Dan Swanö. Apropos jung: Die drei Brüder Richard, Roger und Robin Sjunnesson an Mikrofon und Gitarren sind zwischen 17 und 22 Jahren jung, die Frau am Bass und der Rest der Mannschaft ziehen den Altersschnitt auf schnuckelige 21. So früh schon so geil - von dieser Band wird man in Zukunft eine Menge hören, also macht euch die Mühe und besorgt euch den Erstling.
Zu "Horrified” fiel mir bisher nur das coole REPULSION-Album ein, auf griechischen Melodic Death bin ich beim besten Willen nicht gekommen. Na ja, man lernt eben nie aus. HORRIFIED haben in den 90ern ein paar Alben eingespielt und nach einer längeren Pause 2002 ihr Comeback-Album im Fredman aufgenommen. Ist auch schon wieder ein Weilchen her und hat den Griechen anscheinend nicht den großen Durchbruch gebracht. "In The Garden Of The Unearthly Delights” ist konsequenterweise nicht die neue Scheibe, sondern der Erstling, inklusive der 91er EP "Eternal God” und der 92er EP "The Ancient Whisper Of Wisdom”. Viel Stoff also, genauso sollte ein Re-Release aussehen. Das große Aber ist in diesem Falle nur leider die Mucke. Mehr als zehn Jahre nach Veröffentlichung klingen alle Songs altbacken und können mit neueren Scheiben weder songschreiberisch noch spieltechnisch mithalten. HORRIFIED rumpeln sich teilweise ganz schön durch die Botanik, das passiert heute nicht mal mehr Underground-Bands. Aber anno ’93 war eben alles einfacher, da haben solche Combos eher einen Plattenvertrag bekommen. Mittlerweile, quasi-2006 und im Jahrhundert des Flughundes sieht die Sache anders aus: mit so einer Scheibe gewinnt man keinen Blumentopf mehr. So bleibt der Re-Release trotz großer Songsauswahl nur was für beinharte Freaks.
In The Garden Of The Unearthly Delights Re-Release
"World Domination"? So hatte Osmose doch mal seine coolen Touren genannt. Damals, als die seligen DELLAMORTE noch mitgerockt haben. Also eine Hommage an die guten alten Tage? Nix da. NAILDOWN sind ein junger Finnenhaufen, spielen melodischen Death Metal und legen zu Beginn von "World Domination" los wie CHILDREN OF BODOM - ja, inklusive Keyboard. Später im Song gibt es klaren Gesang und Melodiebögen, die nach SOILWORK klingen und auch ein wenig nach neuen IN FLAMES. Langweiliger Abklatsch also? Erstaunlicherweise nicht. NAILDOWN sind ein gelungenes Beispiel für eine junge Band, die hörbar von etablierten Combos beeinflusst wurde, aber dank guten Songwritings seinen eigenen Weg gefunden hat. Jedesmal, wenn NAILDOWN Gefahr laufen, zu sehr nach einem der großen drei Einflüsse zu klingen, kriegen sie die Kurve und wechseln rüber zu einem anderen. Das penetrante Keyboard hat mich dabei zwar öfter gestört ("Prolong Your Fate"), aber Problem hab ich mit dem Schlüsselbrett ja meistens. Dafür ist die Gitarrenarbeit ganz mein Fall, voller Finessen und feiner Soli - um im nächsten Moment gnandenlos zu schrubben. Aber ganz besonders der Gesang macht "World Domination" für mich zu einer Klasse-Scheibe. Egal ob Daniel wie Alex Laiho klingt oder erhaben-clean nach neueren AMORPHIS, immer klingt’s schlicht geil. So bleibt nach anfänglicher Skepsis die Erkenntnis, dass auch Plagiate durchaus gut klingende Scheiben aufnehmen können. "World Domination" ist zwar kein sonderlich passender Titel, aber sei’s drum, Spass wird die Scheibe allen Freunden melodischen Death Metals auf jeden Fall machen!
Oh weia! Die Legionen der skandinavischen Melodic Deather marschieren wieder! Als "im Stil von SOILWORK" wird "The Masquerade", das Debüt der aus Mitgliedern von GREEN CARNATION, TRAIL OF TEARS, CARPATHIAN FOREST und DISMAL EUPHONY bestehenden Band, im Info angekündigt und lässt schon schlimmstes Trittbrettfahren vermuten. Doch denkste! Die Jungs ziehen sich beachtlich aus der Affäre und wissen vor Allem durch Abwechselung zu begeistern. Natürlich gibt es Riffs der IN FLAMES / SOILWORK - Schule, natürlich kreischt einer (Svenn Aksel Henriksen) und natürlich hält einer clean dagegen, wenn auch hier und da leicht verzerrt (Kjetil Nordhus). Aber auch bewährte Hausmannskost kann gut schmecken, wenn sie gut gekocht ist. Zwischen die eingängigen Kracher der Marke "Harvester" (cool!), "And Then There Was None", "Project Saviour" oder "Tapping The Vein" hat man ein paar ausgefallenere Stücke wie "Crucifixion" (halbballadesker, atmosphärischer Stampfer) oder das fast schon powermetallische "Winter Princess" (das Intro ist bei MONSTER MAGNET´s "Negasonic Teenage Warhead" geklaut!) gemischt, die für weitere positive Überraschungen neben den durchgehend hochwertigen "normalen" Songs sorgen. Ein rundum gelungenes Debüt, das vor Allem durch sehr gutes, wenn auch nicht überragendes Songwriting überzeugt. Aber sollten sich die Kettensammler mit ihrem nächsten Output noch ein wenig steigern, dann könnte ohne Probleme der "Tipp" winken. Sahne!