2002 haben MOURNING CARESS mit „Imbalance“ eine der großartigsten Melodic Death Metal-Scheiben ever abgeliefert, was ihnen aber kein Glück brachte. Labelwechsel, Änderungen im Line-Up und generell das Leben ließen den Nachfolger lange Zeit auf Eis liegen, zeitweise schien gar die Band an sich mehr tot als lebendig zu sein. Alles vorbei, 2008 gibt es mit „Inner Exile“ ein neues Album der Münsteraner. Das startet gewohnt treibend, mit druckvollem Schlagzeug, melodischen Gitarren und dem heiseren Gesang von Sänger Gerrit. Auch beim Songaufbau gibt es gewohnt guten MOURNING CARESS-Stoff, besonders „The Pessimist“ ruft Erinnerungen an die gute alte Zeit wach und ist ein cathy Song, der alle Trademarks der Combo in sich vereint. Leider können die nachfolgenden Tracks nicht an das hohe Niveau anknüpfen und fallen leicht ab, sind dabei aber immer noch ziemlich gut. Nur wenn die Messlatte so hoch angesetzt wurde, wie durch „Imbalance“ und die erste Hälfte von „Inner Exile“, wird es schwer, das Niveau zu halten. Trotzdem ist „Inner Exile“ eine hervorragende Melodic Death Metal-Scheibe, die sich nicht an aktuelle Trends anbiedert, sondern sich auf die wesentlichen Punkten konzentriert. Jetzt heißt es reinhören, kaufen und Daumendrücken, damit MOURNING CARESS endlich die Kurve kriegen!
Es gibt für eine schwedische Melodic Death Metal-Band wohl keinen besseren Start, als von den IN FLAMES-Jungs gemocht und produziert zu werden. Angeblich von Herrn Strömblad als Zukunft des Metals bezeichnet worden, werden diese Worte den Absatz des DEGRADEAD-Debüts „Til Death Do Us Apart“ ankurbeln. Dabei haben die Jungspunde derlei gar nicht nötig, kann doch das Album selbst überzeugen und bietet melodischen Death Metal vom Feinsten. Weltbewegend Neues gibt es zwar nicht zu hören, aber gut umgesetzte Songs sind auch nicht zu verachten, oder? Die Band versteht es, eingängige und gleichzeitig heftige Songs zu schreiben, wie sie bei „Genetic Waste“ oder „Passed Away“ beweisen. Dazu gesellen sich Riffmonster („Relations To The Humanity“) und ein abschließender Akustiksong, der gleichzeitig der Titelsong ist. Besonders die Gitarrenarbeit ist erstklassig, was sich besonders in den vielen Soli zeigt, die aber nie in den Vordergrund gedrückt werden. Beim Gesang gibt es ebenfalls nichts zu meckern und die Genre-übliche Bandbreite an Gekeife, leichten Growls und klarem Gesang zu hören. Das alles verpackt in eine sehr gute Produktion und mit Schmackes gespielt ergibt ein Melodic Death Metal-Album, das Fans von IN FLAMES, AS I LAY DYING, SOILWORK und Konsorten lieben werden. Selten hat eine Band ein so vielversprechendes Debüt vorgelegt wie die jungen Schweden – bleibt zu hoffen, dass sie den gleichen erfolgreichen Weg wie die Göteborger Kollegen gehen werden.
Schon vor zwei Jahren konnten die Ruhrpottler THE VERY END, bei denen einige Routiniers aktiv sind, mit ihrer EP punkten, danach wurde es aber ruhiger um die Combo. "Soundcheck For Your Funeral" lässt jetzt aufhorchen und soll die Wartezeit zum ersten Album verkürzen.
Die drei recht langen Songs bieten den erwarteten Mix aus melodischem Death Metal und brachialem Thrash Metal, was zwar nicht neu, aber gut gemacht ist, dank der Routine der beteiligten Musiker. Langatmige Parts werden vermieden, dafür wird die Nackenmuskulatur ordentlich gefordert, Verschnaufpausen können THE VERY END dem Hörer nur selten. Neben der variablen, aber stets brachialen Gitarrenarbeit ist es vor allem die Gesangsleistung, die THE VERY END aus dem Meer ähnlich agierender Bands herausstechen lässt, das ist schon sehr hohes Niveau. Bleibt zu hoffen, dass das Album das Level der EP halten kann, dann gibt es eine ganz ganz feine Scheibe.
Das Namedropping gleich zu Anfang: bei ENGEL sind Niclas Engelin (Ex-IN FLAMES, GARDENIAN, PASSENGER), Marcus Sunesson (Ex-THE CROWN), Mojjo (Ex-LORD BELIAL, RUNEMAGICK), Michael Hakansson (Ex-EVERGREY) und Mangan Klavborn aktiv. Produziert wurde ihr Debütalbum von Anders Fridén (IN FLAMES) und Daniel Bergstrand (IN FLAMES, MESHUGGAH). Die Erwartungen dürfen daher durchaus hoch angesetzt werden, zumal ENGEL mit ihrem Demo bereits einige Preise abgeräumt haben und als ganz heißer Newcomer gehandelt werden. "Absolute Design" könnte, von verschiedenen Ex-Bands der Musiker ausgehend, in so ziemlich jede Richtung gehen, schlussendlich haben Niclas und Co. sich aber für modernen Melodic Death Metal entschieden, wie ihn seine Ex-Kollegen bei IN FLAMES auf "Reroute To Remain" begonnen haben und wie er von SOILWORK und vielen (zu vielen?) anderen Combos weitergeführt wird. Die zwölf Songs überzeugen durchweg, haben catchy Refrains, einen sehr vielseitigen Sänger und gerade genug Härte, um auch Metal-Fans überzeugen zu können. Manches Mal gleiten ENGEL in arg poppige Regionen ab ("Propaganda"), kriegen aber immer noch rechtzeitig die Kurve. "Absolute Design" ist von Profis geschrieben, die mit voller Absicht ein massenkompatibles Metal-Album kreieren wollten, das ist klar. Es ist ihnen gelungen, mit diesem Album können ENGEL auf großen Zuspruch quer durch alle Fan-Lager hoffen.
Ich kann nicht ganz begreifen, dass sich Leute nur aufgrund des Erfolges einer Band von ihr abwenden. Da wird laut "Kommerz" und "Ausverkauf" gebrüllt, doch ist es wirklich was Schlimmes, wenn eine Band rund um den Globus verehrt wird und entsprechend viele Platten verkauft?! Die Neider können ARCH ENEMY ja Vieles vorwerfen, aber in musikalischer Hinsicht gibt es wieder mal nix zu mäkeln. Auch das neue Werk "Rise Of The Tyrant" strotzt nur so vor genialen Gitarrenduellen der beiden Brüder Michael und Christopher Amott (der nun endlich wieder fest zurück gekehrt ist) und gehört schon allein in diesem Bereich zum Besten, was die Melodic Death Metal-Szene in der letzten Zeit abgeliefert hat. Aber auch die Songs wissen einmal mehr zu überzeugen, von denen besonders der starke Opener "Blood On Your Hands", das mit geilen Melodien versehene "The Last Enemy", die Megahymne und erste Single-Auskopplung "Revolution Begins" (Hammer!), das mit genialen Soli gespickte "The Great Darkness" und das abschließende, ebenfalls hymnische "Vultures" heraus stechen, wobei diese Songs aber eher als Anspieltipps gedacht sind und der Rest auf ähnlich hohem Niveau angesiedelt ist. Warum es da nicht den "Tipp" gibt?! Nun, das hat drei Gründe: erstens kommt das Songmaterial trotz aller Klasse nicht ganz an den grandiosen Vorgänger "Doomsday Machine" heran, zweitens hat die Produktion von Fredrik Nordström nicht die Durchschlagskraft wie die vorherigen von Andy Sneap, was der Platte recht viel an Power nimmt und sie sogar etwas dünn klingen lässt, und drittens wird hier noch mehr als früher deutlich, dass Angela Gossow gesanglich einfach nicht in die Fußstapfen treten kann, die die beiden Amott-Brüder hinterlassen. Auch wenn die Band genau das beabsichtigt (also eine Mischung aus Melodie und Härte), bin ich der Meinung, dass der sehr unvariable, monotone Kotz-Gesang eher destruktiv in Bezug auf die Melodien wirkt und sie quasi "zukleistert"; hier treffen Welten aufeinander. Das sind aber sehr subjektive Gesichtspunkte, die man als Fan natürlich auch ganz anders beurteilen kann. "Rise Of The Tyrant" wird deswegen noch nicht mal ansatzweise eine schwache Scheibe, aber wenn eine Band wie ARCH ENEMY so dicht an der technischen Perfektion arbeitet, dann fallen selbst Kleinigkeiten ins Auge, die man bei anderen Bands gar nicht erst wahrnimmt, was wiederum für ihre Qualitäten spricht!
CRYSTALIC haben eine komplizierte Reise hinter sich: die Band wurde ursprünglich 1998 gegründet, verlief jedoch 1999 wieder im Sande. Dann sattelte Bandgründer Toni Tieaho zu THE PROPHECY um, aus denen dann wieder CRYSTALIC hervorgingen; auch der heutige KORPIKLAANI-Drummer Matti Johansson gehörte seinerzeit zum Line-Up. Nach einigen Gehversuchen und Demos liegt nun das offizielle Debüt "Watch Us Deteroriate" vor, auf dem die Band lupenreinen melodischen Death Metal im Stil von ARCH ENEMY oder DARK AGE praktiziert. Dabei verzichten CRYSTALIC allerdings auf die heute angesagten, "poppigen" Elemente, und auch cleanen Gesang sucht man hier vergeblich. Apropos Gesang… dem recht monotonen "Kotzgesang" von Frontmann Jarno hätte die eine oder andere melodische Schlagseite gar nicht schlecht gestanden, denn so steht sein sehr präsentes Stimmchen im starken Kontrast zu den teilweise sehr geilen, mitunter sogar traditionellen Gitarrenorgien, die stellenweise Erinnerungen an CHILDREN OF BODOM aufkommen lassen. Das Melodische der Instrumente auf der einen und das Aggressive des Shoutings auf der anderen Seite beißen sich ein wenig, wie es auch bei erwähnten ARCH ENEMY oder HEAVEN SHALL BURN der Fall ist. Ein Mikael Stanne, Björn Strid oder meinetwegen auch Alexi Laiho würde stilistsich besser zu den Jungs passen, denn die Songs sind durchgehend auf sehr hohem Niveau angesiedelt, obwohl ich einen echten "Hit" nicht entdecken konnte. Das macht aber nix, denn auch so läuft "Watch Us Deteriorate" als sehr starkes Debüt über die Ziellinie, das trotz der genannten Kritikpunkte das Prädikat "definitiv antestenswert" verdient!
BLOOD STAIN CHILD haben ihr Europa-Debüt "Idolator" erst vor einem knappen dreiviertel Jahr veröffentlicht, aber da die Scheibe in Japan schon länger erhältlich ist, war der Nachfolger quasi schon fertig. "Mozaiq" haut in die gleiche Kerbe wie der Vorgänger, Melodic Death Metal bildet also weiterhin die Grundlage im Sound der Japaner. Allerdings in einer sehr poppigen Variante, die stellenweise nichtmal den Härtegrad von Emo erreicht. Richtig brutal wird es nur selten ("Neo-Gothic Romance"), obwohl es der Band gut zu Gesicht steht. Anstelle brutaler Abschnitte habenn BLOOD STAIN CHILD ihrem Faible für elektonische Klänge gefrönt und einige Songs mit teilweise haarsträubenden Tönen unterlegt - das geht sogar in Richtung Eurodance. Auf jeden Fall ungewöhnlich, auch wenn es dazu beiträgt, dass die Platte stark in Richtung Pop gedrückt wird und sich Metalfans mit "Mozaiq" schwer tun werden. Man darf gespannt sein, wer open-minded genug für diese Musik ist und wer die Japaner für ihre Ideen verteufelt.
Och nö, wieder eine Nachwuchsband, die schon mal vorweg das Prädikat "Newcomer des Jahres" an die Kutte getackert bekommt. Langsam reicht es wirklich hin mit den Vorschusslorbeeren, die in der letzten Zeit öfter verteilt werden als Knöllchen am Hamburger Fischmarkt. Zugegeben: Kollegin Laetti hat sicher nicht übertrieben, als sie den sehr jungen SONIC SYNDICATE im Review zum Vorgänger "Eden Fire" eine rosige Zukunft prophezeite. Das liegt aber nicht daran, dass die Jungs und Mädels einen völlig neuen Stil etabliert haben oder besonders originell agieren und sicher auch nicht unbedingt daran, dass Bassistin Karin angeblich auf der Bühne schon mal ihre Unterwäsche "vergisst". Die Band wildert stark im Fahrwasser von SOILWORK oder GARDENIAN, huldigt Göteborg-Einflüssen und setzt auf die wahlweise bewährte/ausgelutschte Mischung aus Screams und cleanem Gesang, womit sie zwar immer noch offene Türen einrennt, am Ende aber trotz zahlreicher sehr guter Kompositionen sehr berechenbar klingt, was das Album unterm Strich leider auch den "Tipp" kostet. Das sollte Fans dieser Richtung aber nicht davon abhalten, diese insgesamt wirklich starke Scheibe anzutesten, denn Stücke wie der tolle Opener "Aftermath", die geile Hymne "Double Agent", das flotte "Denied" oder der treibende Titelsong wissen durchweg zu überzeugen, auch wenn große Überraschungen ausbleiben und Überhämmer wie SOILWORK´s "Natural Born Chaos" und "Figure Number Five" (denen man stilistisch noch am Nächsten kommt - sehr nahe sogar!) nicht ganz erreicht werden. Ihre große Fangemeinde dürfte sich die Band aber locker zusammenspielen, erst recht, wenn Karin auch in Wacken wieder ihr Höschen "vergisst"…
DETONATION haben seit ihrem Debütalbum (und der darauffolgenden Tour mit DIMENSION ZERO) einen dicken Stein bei mir im Brett, "An Epic Defiance" ist schlicht ein Hammeralbum. Auf ähnlich hohem Niveau präsentierte sich auch der Nachfolger, wobei die Holländer nicht ganz an die Klasse ihres Debüt anknüpfen konnten. "Emission Phase", der neueste Streich, drängt sich in Sachen Qualität zwischen die beiden Alben, kann das Debüt aber ebenfalls nicht vom Thron drängen. Die Band geht etwas sperriger zu Werke, was die Scheibe stellenweise anstrengend zu hören macht, besonders wenn man sie nur nebenbei hört, andererseits bleibt sie so auch nach vielen Durchläufen interessant - ganz im Gegensatz zu anderen Melodic Death-Scheiben. Auf modernen Schnickschnack wie Keyboards oder klaren Gesang wird weitgehend verzichtet, hier regiert noch die alte Schule des Schwedentods. Auf konstant hohem Niveau ist kein einziger Ausfall zu verzeichnen, die Hitdichte allerdings nicht so hoch wie bei "An Epic Defiance". Macht aber nix, auch so ist "Emission Phase" eine echte Granate, die aus Schweden derzeit nicht besser kommen kann.
ANTERIOR kommen aus Wales, sind blutjung und geben auf ihrem Debütalbum eine Mischung aus modernem Melodic Death Metal und Thrash Marke METALLICA und PANTERA zum Besten. Wem kommen da jetzt Gedanken an BULLET FOR MY VALENTINE? Tsss… Die acht Songs (plus nervigem Intro) spielen geschickt mit Verbeugungen vor den alten Männer des Metals, besonders die langen Instrumentalpassagen erinnern an IRON MAIDEN, während die schnellen Parts und der rauhe Gesang klar melodischer Schwedentod sind. Cleanen Gesang gibt es dabei allerdings nicht, zu sehr in Richtung IN FLAMES/ SOILWORK geht es also nicht. Wie ihre Landsmännern (oder auch TRIVIUM) verstehen es ANTERIOR, ihre Songs ohrschmeichelnd darzubieten, womit sie bei den Kids locker punkten werden. Es bleibt ein etwas schaler Nachgeschmack, da ANTERIOR zu sehr nach Plagiat klingen, andererseits ist das so gut gemacht, dass man (fast) darüber hinwegsehen kann. Und welche Band ist schon Vorreiter, Trendsetter oder ohne Vergleich?