DEGRADEAD hatten für ihr Debütalbum die Fürsprache von IN FLAMES bekommen und auch gleich in deren Studio aufgenommen. Für ihr recht schnell fertig gestelltes Zweitwerk haben sich die Schweden in die Hände von Peter Tätgren (HYPOCRISY, PAIN) und Jonas Kjellgren (SCAR SYMMETRY, SONIC SYNDICATE, CARNAL FORGE) gegeben, gemischt hat dann Daniel Bergstrand (u.a. IN FLAMES, SOILWORK) in den Dugout Studios. Da überrascht der erstklassige Sound von „Out Of Body Experience“ schon mal nicht, aber was DEGRADEAD in Sachen Songwriting für einen Sprung gemacht haben, dann umso mehr. Das Debüt war ja schon eine ziemlich runde Sache und eine der besseren Melodic Death Metal-Scheiben der letzten Zeit, aber mit den 14 neuen Songs hat die Band das noch mal getoppt, auch wenn der Opener „All Is Gone“ noch recht gefällig beginnt. Aber schon der zweite Song, „Wake The Storm” ist old schooliger IN FLAMES-Stoff at its best! Wer auf die alten Göteborger Sachen steht, wird hier einen feuchten Fleck in der Hose bekommen! Und DEGRADEAD halten das dann eingeschlagene Niveau locker über den Rest der Spielzeit, jeder Song kann überzeugen. Klar, innovativ ist das nicht, aber das scheint der Band scheißegal zu sein und wird dem Göteborger Schule-Freund ebenso herzlich egal sein – hier gibt es besten Melodic Death Metal, nicht mehr und nicht weniger. Wer damit was anfangen kann, kommt um „Out Of Body Experience“ nicht herum!
Es ist als Band anno 2009 nicht mehr so einfach ,einen eigenen Stil zu entwickeln, denn im Grunde wurde musikalisch alles schon mal gesagt, getan, gespielt. Bands wie BLOODWORK ist das anscheinend wumpe, die machen einfach die Musik auf die sie Lust haben – wenn die dann klingt wie SOILWORK, wen kümmert’s? und die Schweden sind ja beileibe keine schlechte Referenz, haben sie doch mit ihrem Sound einen beachtlichen Erfolg. BLOODWORK haben ihr Dockyard1-Debüt „The Final End Principle“ ordentlich produzieren lassen und können mit guten Melodic Death Metal-Songs überzeugen, die modern und frisch wirken, ohne die nötige Härte vermissen zu lassen. Songs wie das heftige „Graveheart“ oder das hochmelodische „Drowning Stone“ sind erstklassig geworden und können auf ganzer Linie überzeugen, wie das Album generell ohne schwache Songs ist. Handwerklich haben die Jungs einiges auf dem Kasten, wobei der klare Gesang herausstricht und Speed in nichts nachsteht. Kurzum: saustarke Scheibe, die wzar nicht sonderlich originell ist, aber dem geneigten SOILWORK/ IN FLAMES-Fan genauso gefallen wird wie dem Freund härterer Gangart.
Ob man heutzutage noch Debüts von Bands braucht, die eine Mischung aus Melodic Death Metal und Metalcore spielen, sei mal dahingestellt. 2005 war diese Welle noch in vollem Gange, so dass „A Deceitful Calm“ quasi mit leichter Verspätung erscheint. Vielleicht kommt die Scheibe aber auch genau richtig, denn inzwischen hat sich in diesem Genre die Spreu vom Weizen getrennt, und Bands wie die Schweden UNDIVINE könnten sogar wieder Gehör finden. Das Album wäre zu Hochzeiten des Trends vermutlich untergegangen, und so kommt die Kombination aus Gitarrenorgien der Marke AT THE GATES und ruppiger Attitüde wieder etwas frischer daher, wobei UNDIVINE eindeutig zu den talentierteren Vertretern der Zunft gehören. Ihr Gespür für Dynamik und ordentlich nach vorne peitschende Songs ist jedenfalls beachtlich, auch wenn auf „A Deceitful Calm“ noch keine überragenden Hymnen dargeboten werden. Aber das komplette Album bewegt sich auf einem konstant hohen Niveau, und echte Ausfälle sucht man ebenso vergebens. Nur das letzte Tüpfelchen auf dem „I“ fehlt eben noch, dann sind UNDIVINE zumindest für meine Begriffe ein heißer „Tipp“-Kandidat. Falls die Jungs auf ihrem nächsten Werk noch mehr bärenstarke Stücke wie das mit zynischem Kathedralen-Sound unterlegte „Catholic“ (geiler Text!) darbieten, gibt´s unsere roten vier Buchstaben gratis oben drauf – versprochen!
Mit „Primitive Again“ eröffnen FALCHION ihr Zweitwerk „Chronicles Of The Dead” heftig, aber nicht albumtypisch. Denn die Finnen um die beiden KORPIKLAANI-Mitglieder Juho Kauppinen (Gitarre und Gesang) und Matti Johansson (Schlagzeug) bieten weniger Volldampf, eher gemächlichen Death Metal mit viel Melodie, angenehmen Growls und einigen dezenten kompositorischen Folkanleihen, so daß die Zielgruppe eher in den Reihen der Fans der Hauptband beider genannten Protagonisten bis hin zu alten IN FLAMES und neuen AMON AMARTH zu suchen sind. Ausfälle sind bei den Tracks nicht auszumachen, aber auch der große Ausreisser nach oben, sprich ein Hit, fehlt. Anspieltipp: der bangenden Titeltrack, das am ehesten an einen Hit erinnernde „Shadows In The Wasteland“ und das lockere, von kurzen Akustikpart aufgelockerte „Dying Dreams“. Die 9 Songs stehen dem Debüt „Legacy Of Heathens“ also nicht groß nach und sollte so dem geneigten Pagan-Head Spaß machen. FALCHION reihen sich mit „Chronicles Of The Dead” erst mal in die Verfolgerreihe der Pagan-Metal Spitze ein – erfolgreiche Aufholjagd nicht ausgeschlossen.
MOONSPELL haben Portugal auf der Metal-Landkarte markiert, einen Exotenbonus gibt es deshalb für ihre Landsleute nicht mehr. Zumal ECHIDNA dermaßen schwedisch klingen, dass ihnen auch so Erfolg beschieden sein sollte – die Songs auf „Insidious Awakening“ haben jedenfalls das Zeug, allen Fans schwedisch-melodischer Klänge zu gefallen. Wie eine härtere Ausgabe von SOILWORK oder IN FLAMES klingen sie dabei nicht, eher wie alte SACRAMENTUM und die No Fashion Records-Bande von anno der frühen 90er, was sich in Tracks wie dem bösen „Purifier“ zeigt, bei dem auch ordentlich die Thrash-Keule geschwungen wird. Beim Gesang ist immer schön böses Gekeife und dezentes Gegrowle angesagt, was bestens mit den Songs harmoniert und genug Variation hat, um nicht zu langweilen. Kurzum, gelungene Platte, die Schwedenfreunde mit einem Faible für harte Klänge mal testen sollten.
DECEMBER FLOWER gingen aus CHRONICLE OF TYRANTS hervor, was nicht die schlechteste Referenz ist. Wie bei der Vorgängerband gibt es auch auf der Debüt-EP von DECEMBER FLOWER schwedischen Death Metal zu hören, der von den No Fashion-Bands der frühen 90er Jahre beeinflusst ist – und natürlich AT THE GATES, aber wer kann sich davon schon freimachen (oder will das)? Die fünf Songs punkten mit intelligentem Aufbau, sehr schön schwedischen Gitarren und einem guten Sound, der die Instrumente gekonnt in Szene setzt, auch wenn sich am knarzigen Drumsound die Geister scheiden werden. Das Quintett bringt hier seine ganze Erfahrung zum Einsatz und kann mit Stolz auf eine gelungene EP blicken, die allen Schwedentodfreunden ans Herz gelegt sei.
OVER YOUR THRESHOLD sind eine junge aufstrebende Melodic Death Metal Band aus München, welche mit dem hier vorliegenden 5-Tracker ein erstes Lebenszeichen von sich gibt. Ein äußerst hörenswertes dazu. Eingepackt in ein sehr geschmackvolles Cover (Dafür verantwortlich ist Andonis Dragassias, welcher u.A. auch für SEPULTURA und MALEVOLENT CREATION arbeitete), gibt es feinen Melodic Death zu hören, wie er meist in Schweden fabriziert wird. Brutale Riffs wechseln sich immer wieder mit melodischen, Maiden like Gitarrenparts ab und bilden so einen interessanten Kontrast. Entfernt erinnern die Deutschen an Bands wie IN FLAMES, SENTENCED oder DARK TRANQUILLITY, allesamt in ihrer Frühphase wohlgemerkt. Wer selbiger nachweint, und das dürften doch ein paar sein, der sollte sich mal auf die myspace Seite (http://www.myspace.com/overyourthreshold) der Jungs begeben und bei Gefallen die Scheibe ordern. Könnte mir vorstellen, dass es die nächste Platte nicht mehr im Eigenvertrieb geben wird.
Schweden, Melodic Death Metal, IN FLAMES, SOILWORK – im Grunde ist damit schon alles gesagt, was das Bastardized-Debüt von ENEMY IS US betrifft. „Venomized“ ist eine gut produzierte (Daniel Bergstrand saß mit im Studio) Platte, die sich schamlos bei den Landsmännern bedient, ohne deren Songwriting-Talent zu haben. So bleiben viele Songs im Mittelmaß hängen, nur wenige Momente können sich vom vorhersehbaren Pfad abheben, werden dann aber vom nächsten tausendmal gehörten Abschnitt wieder runtergerissen in den Sumpf der Belanglosigkeit. Und dann ist das noch Track Nummer 3. „Show Me Them Horns“ ist eine dermaßen peinliche Anbiederung an die Core-Leute, dass Fremdschämen angesagt ist. Den Song einfach aus dem Gedächtnis streichen. „Venomized“ bietet null Neues und das noch nichtmal gut. Wenn eine Band gut klaut, ist das zu verschmerzen – wenn aber nur belangloser Durchschnitt rauskommt, ist das einfach Mist.
Dass SATHANAS aus den USA, genauer gesagt aus Pittsburgh, Pennsylvania stammen, hört man dem Sound des Trios nicht unbedingt an; spontan würde man die Black Thrasher eher dem skandinavischen Raum zuordnen. Schaut man sich die Discography der Band an, sieht man sofort, dass die Jungs gerne dem Underground frönen, denn welche „moderne“ Band veröffentlicht anno 2006 noch Kassetten?! So ganz kompromisslos ist man beim neuen Album „Crowned Infernal“ aber nicht vorgegangen, denn die Scheibe fährt neben einem amtlichen, fetten, voluminösen Sound auch noch ein (geschmackvolles und detailreiches) Cover-Artwork von Kultzeichner Kristian „Necrolord“ Wahlin auf, der auch schon für unter Anderem AT THE GATES und DISSECTION tätig war. Und so ganz entfernt sind SATHANAS von diesen Bands auch stilistisch nicht, denn „Crowned Infernal“ fährt neben einem hohen Thrash-Anteil und einigen schwarzen Elementen auch eine gehörige Portion Melodic Death Metal mit hymnischen Songstrukturen auf, die die Band eher in eine Ecke mit genannten DISSECTION oder NAGLFAR rückt als in einen Topf mit DESASTER, URN und Co.. Aber Stil hin oder her: SATHANAS sind trotz ihrer 20-jährigen Erfahrung und ihrer durchaus vorhandenen technischen Fähigkeiten keine überragenden Songwriter und schaffen es nicht, mitreißende Stücke zu schreiben, die nachhaltig hängen bleiben. „Crowned Infernal“ ist beileibe keine schlechte Angelegenheit, aber im Vergleich mit all den oben genannten Hammerbands spielen sie eindeutig in einer niedrigeren Liga, was das Album wohl nur für eingefleischte Fans interessant macht.
Seit zwölf Jahren sind die Holländer(innen) IZEGRIM bereits aktiv, konnten aber bisher noch keinen großen Wurf landen, obwohl die Band zu den sympathischsten Formationen gehört, die die europäische Thrash Metal-Szene (zu der sich IZEGRIM selbst zählen, obwohl man auch gut von Melodic Death Metal sprechen kann) zu bieten hat und überall eine treue Fanschar vorweisen kann. Nun hat das Quintett bei Rusty Cage Records ein Zuhause gefunden, über das auch „Tribute To Totalitarianism“ zu Veröffentlichungsehren gelangt. Und hier haben Jeroen, Marloes und Co. nach ihrem Erstling „Guidelines For Genocide“ und der Mini-CD „New World Order“ wieder mal ganze Arbeit geleistet! Natürlich sind immer noch allein schon durch Sängerin/Schreihälsin Kris und die mitunter sehr melodische Gitarrenarbeit des Öfteren Parallelen zu ARCH ENEMY unüberhörbar, aber hier klingt alles roher und authentischer, und es wird nicht der Fehler begangen, allerhöchste Instrumentalkunst gegen eine durchweg monoton krächzende Stimme ankämpfen zu lassen. Einziges Manko von „Tribute To Totalitarianism“ ist die Tatsache, dass ein echter Genrehit oder Ohrwurm leider noch fehlt, obwohl etwa das hymnische „For God & Country“ (neben dem ebenfalls coolen „Sword Of Damocles“ bereits von der Mini-CD bekannt) oder das herrlich rotzig nach vorne rockende „The Better Of Two Evils“ gefährlich nahe dran sind. Trotz dieser kleinen Schwächen im Songwriting ist das Album aber eine absolut gelungene Sache, die IZEGRIM hoffentlich ein Stück nach vorne bringen wird!