Eins ist und bleibt immer: Die Stimme von Geoff Tate. Sie ist charismatisch und immer noch über jeden Zweifel erhaben. Zumindest auf Scheibe…. Die Musik aber, sie bleibt im Durchschnitt stecken, es berührt nicht mehr, es überrascht nicht. Klar, technisch ist das alles in Ordnung, es gibt immer mal ein paar Hinhörer, aber in der Gänze imponiert „Dedicated To Chaos“ eben nicht. Und ein Song wie „Got It Bad“ mit seinen Orientalischen Anflügen nervt sogar eher, weil er überhaupt nicht zu Potte kommt. Okay, das Album beginnt dank Get Started“ mit Rock’n’Roll-Feeling a la D.A.D. ganz passabel. “Higher“ verpassen die Herren aus Seattle immer dann ein Break oder ein unmotiviertes Experimentierfeld (Bass!), wenn er zu fließen beginnt. „Around The World” ist ein cheesy Pop-Song, dessen Textzeile „All you Need is Love“ schleimscheißt. Auch die guten Songs wie das “At The Edge“, in dem die Balance zwischen Groove und Prog-Elementen am packendsten klingt oder das wirklich überraschende, eher ruhige und Pink-Floydtige Rausschmeißer „Big Noize“ ändern nix an der Enttäuschung, die die Scheibe auslöst. QUEENSRYCHE haben mich seit der 82er-EP begleitet. Iich möchte die Band immer gut finden, aber irgendwie klappt das auf dieser Scheibe nicht mehr so recht. Abwechslung wird hier zu Konzeptlosigkeit, Progressivität zur Aufgesetztheit und Gefühl zu Berechnung. Schade. Aber es haut nicht mehr hin mit uns. Sucht euch andere, vielleicht hören die das anders!
Diese Scheibe funktioniert nicht ohne Kräuterzigarette, Punkt. Oder ihr habt nicht alle Latten am Zaun. Gut, ich kenne zwei, die finden die Scheibe gut, und die sind eigentlich ganz okay. Aber echt mal: Diese saudreckige, altmodische Doom-Scheibe steht nicht nur in der Tradition von Kiffer-Kapellen wie Electric Wizard, sie klingt auch ähnlich kaputt. Die Leipziger wirken vor allem in den angedronten (nicht zugedröhnten!) Parts irgendwie, als jammten sie zusammen, als folgten sie justament ihren ganz individuellen Ansichten von der Einsamkeit des Langstreckenmusikers. Paul singt und schreit, dass es einen bisweilen erschreckt, während er selbst erdige Riffs aus dem Ärmel schüttele (also wenige aus einem), Drummer Seitz lässt von Zeit zu Zeit einen Schlag ab und der Bass von Birger brummelt wie beleidigt im Hintergrund. Wenngleich ein Song wie „Ghost of Dying Time“ sogar richtig groovt, bevor er vor dem eigenen Ende (15. Spielminute) in eine ziemliche Kackophonie abgeleitet. Das ist alles nicht neu (ach was!), und auch nicht originell, aber dennoch irgendwie stimmig. Und in Zeiten, wo dieser anachronistische Retro-Kack allerorten wieder salonfähig oder gar „state of the art“ wird, sollten die Nickelbrillen der Metal-Welt sich vereinigen und ihrer eigenen Arroganz frönen, indem sie BLACK SALVATION hören. Wenngleich diese Band nix dafür kann, die sind wirklich so fertig wie sie klingen. Also irgendwie ganz gut. Wenngleich ziemlich langweilig. Manchmal ist Mist, wenn man Kräuter nicht verträgt….
Für diese Scheibe braucht der Rezipient vor allem eins: Geduld. Vier Stücke (plus Intro) benötigen mehr als 72 Minuten, um sich in ihrer ungehobelten Gesamtheit in die Hirse des Hörers zu fräsen. Und in der Tat ist die Scheibe so rau wie die Heimat der Franzosen, das bretonische Rouen. Der äußerst schleppende Doom Death ist so zäh wie Lava und trotz einiger Ungereimtheiten ein echter Leckerbissen für Freunde diese Sparte. Zumal sie sich beim Titelstück sogar für einen flotten Beginn entschieden. Andere dürften wahnsinnig werden, weil in ihren Ohren so rein gar nichts passiert in einem Song „The Twilight Prophet“, der mehr als 20 Minuten dauert und in dessen Mittelteil als persönliches Highlight französische Sprechgesang und am Ende Verzweiflungsgeschrei der Marke „ESOTERIC light“ zu hören ist. Apropos Gesang: Das Wehklagen kommt hier nicht aggressiv und böse, sondern wirklich leidend und bisweilen etwas kauzig und bei Gelegenheit recht pathetisch daher, erinnert an eine krude Mischung aus ganz ollen Paradise Lost, unterproduzierten Candlemass und eingeschlafenen Doomsword. Oder so. Und auch, wenn mir amtliches Gegrunze der Marke OPHIS viel besser gefällt, so haben FATUS ELISUM mit „Homo Nihilis“ ein prima menschenfeindliches Werk geschaffen, das aber irgendwie immer noch Platz für Hoffnung lässt. Aber auf was bloß…???
Nicht ganz neu, aber immer noch die einzige CD – und vor allem so vehement, dass diese Scheibe unbedingt reviewt werden muss. VLADIMIR HARKONNEN (oder kurz: „Die Vladis“) sind keine Russen, keine Finnen, keine Zaren, keine Skispringer: Nein, sie sind ebenfalls nicht der böse Baron aus Dune, auch wenn die Kapelle sich nach letzterem benannt hat. Die Vladis sind der Zusammenschluss der Bands Bonehouse und 2d Engine – und sie kommen aus dem in letzter Zeit sportlich so erfolgreichen Kiel. Und was noch? Super! Der Erstling gibt eine Mischung aus Hardcore, Punk und Metal (Reihenfolge ohne Wertung!). Die Schleswig-Holsteiner sind total riffgeile Typen mit einem charismatischen Grunz-Brüller und sau-coolen Chören: Die perfekte Mischung aus Bad Religion, Entombed und Discharge, also der Mix aus seligem Mitsingen, exzessivem Rübe-Schütteln und totaler Ausrastorgie. Dabei agieren die Jungs angenehm klischeefrei, nahbar und sympathisch. Irgendwas zu meckern? Nö, außer vielleicht, dass der Titel „Silence, As Long As A Thought, While The Executioners Are Reloading“ zu lang ist. Fakt ist und bleibt aber: Die Jungs haben mächtig Dampf in der Hose – vom Schlagzeuger Eric bis hin zu Philipp in der Front, Mann, geht das nach vorn, Mann ist das ist ne geile Band...
Silence, As Long As A Thought, While The Executioners Are Reloading
ABSCHLACH! sind so was wie die Stars der HSV-Fans, die Musik, abseits des Mainstreams hören. Frei nach dem Motto „Keep politics out of football“ geben sich die Bramfelder recht britisch, da dürfen Schlägermütze, kariertes Innenfutter und Ska/Reggae-Einflüsse nicht fehlen. An sich handelt es sich beim vierten Album der Hamburger JungS um deutschen Rock-Pop-Punk, der schon mal am Rande der Peinlichkeit wandelt, im Großen und Ganzen aber eine gehörige Steigerung zu einigen Songs der Vorgängeralben darstellt. Fein: Irgendwie hat der Hörer stets das Gefühl, dass sich die Rautenträger trotz vieler verarbeiteter Klischees selber gerne mal hops nehmen („Viele tun uns hassen“) und alles nicht ganz so ernst zu nehmen scheinen, wie es das Klientel wohl gerne hätte. Dass sie aber die Raute voll und ganz im Herzen haben, beweist ein Song wie „Nur der HSV“, der mit Geschäfts-Fans abgerechnet. Oder „Prostitution“, der das braun-weiße Marketingunternehme aus einem zentralen Stadtteil – ähem - ankackt. Tradition(sverein)ell haben sich ABSCHLACH! auch dieses Mal wieder befreundete Gäste ins Studio geholt: Olly (Hamburger Jungz), Dennis (Sturch), der Hamburger TV-Koch Steffen Henssler und Fans sind zu hören. Neben dem von Arn Schlürmann und Olman Viper produzierten CD-Album gibt es eine streng limitierte Fan-Box, in der zusätzlich zum Album noch eine Abschlach!-Wintermütze sowie ein Abschlach!-Pin erhältlich ist, das Ganze in einer Box-Verpackung fürs Regal. Metaller können das Album allerdings nur hören, wenn sie ebenfalls den echten Salmi in sich tragen. Daran ändert sich wohl auch nix, dass ABSCHLACH! Mit Lemmy auf dem Klo koksen (würden) und sie „Before The Dawn“ hör(t)en. Also zumindest, wenn man den Texten Glauben schenkt…
Ich bin immer wieder erstaunt, wie der Realitätsverlust auch die Basis erreichen kann. Bands, die keine Sau kennt, glauben allen Erstes, etwas ganz Großes zu erschaffen, obwohl es nicht mal für ranzigen Kaffesatz reicht. So geschehen auch mit den Thüringern ASGAIA, die schon seit 1995 ihr Unwesen treiben. Liest man die selbst verfasste Biografie der Band, glaubt man, es hier mit einem Jahrzehnt-Newcomer zu tun zu haben; vielleicht besitzt das Quintett aber auch nur einen ausgeprägten Sinn für Ironie. Da ist von „sich selbst übertreffen“ die Rede (zugegeben, ich kenne die Vorgängerwerke glücklicherweise nicht…) und von einem „eigenen unverwechselbaren Stil in Sachen Aggressivität, Kraft, Atmosphäre und Wiedererkennungswert“. Hört man sich „Trinegra“ dann mal an, schüttelt man nur ungläubig das Haupt, allerdings um die Vertikalachse. Dieser uninspirierte, völlig belang- und kraftlose, langweilige Schmalz mit Alibigitarren, furchtbarstem Keyboardkleister und dumpf-monotonen Growls tönt schlimmer nach CREMATORY, als es CREMATORY jemals selbst könnten. In ihren „besten“ Momenten erinnern ASGAIA an neuere MOONSPELL, wenn sie einen ganz schlechten Tag erwischt haben. Der Sound ist matschig, das Songwriting nichtssagend und mies, so dass am Ende absolut gar nichts mehr für dieses Album spricht, das getrost in die Rubrik „Ausschuss“ einsortiert werden kann. Lieber Aasgeier als ASGAIA!
Nach der positiven Aufnahme des Vorgängeralbums im vergangenen Jahr waren ANGELINE fleißig und legen mit „Disconnected“ jetzt nach. Herausgekommen ist dabei hübsches Melodic Hardrock-Futter, die Schweden verstehen ihr Handwerk. Der Opener „When The Lights Go Down“ rockt schön eingängig drauflos und gibt die allgemeine Marschrichtung vor, „Falling Into You“ schließt sich nahtlos daran an. „Solid Ground“ erinnert an zeitgenössische Midtempo-Bon Jovi-Songs, mit „If It´s The Last Thing I Do“ darf natürlich auch eine Ballade nicht fehlen. „First Time Around“ kommt groovig daher und würde auch den Kollegen von AEROSMITH gut zu Gesicht stehen. Sicher, man mag argumentieren, dass ANGELINE mit „Disconnected“ keine großen Neuerungen präsentieren, aber müssen sie das denn? Die Musiker wissen was sie tun, das Album präsentiert rockige, melodiöse Songs und macht Spaß- was will man da mehr?
Hinter WARBEAST stecken Musiker, die schon einige Bands am Start hatten und entsprechend Erfahrungen sammeln konnten. „Krush The Enemy“ profitiert davon, da die Herren hörbar wussten, wie knackige Thrash-Songs zu klingen haben. Das von Phil Anselmo (DOWN, PANTERA) produzierte Album ist dann auch eine qualitativ durchweg hochwertige Angelegenheit, Füllermaterial haben WARBEAST nicht draufgepackt. Die Songs halten die Balance zwischen Brutalität und Eingängigkeit (gerade in der sehr melodischen Gitarrenarbeit) und gewinnen durch den eigenständigen Gesang an Profil. Irgendwo zwischen EXHORDER, SLAYER und (natürlich) PANTERA angesiedelt, ist „Krush The Enemy“ eine gute Thrash-Platte, die sich Fans des Genres ruhig anhören sollten.
SKARHEAD haben mit „Dreams Don’t Die” ein reines Coveralbum eingespielt, auf dem sie sich fast ausschließlich der New Yorker Szene widmen, was eine sehr starken Nabelschau-Charakter hat. Immerhin hat das Allstar-Ensemble um CROWN OF THORNZ-Danny allerhand Gäste eingeladen, u.a. ist Scott Vogel (TERROR) dabei. In den Songs geben sich SKARHEAD als Band, die Coversongs immer nahe am Original einspielt, eine wirklich eigene Note haben sie so keinem der Songs aufgedrückt. Andererseits wäre das auch angesichts der stilistischen Nähe schwierig. Wie dem auch sei, die meisten Songs funktionieren und werden im Regelfall durch die Gastsänger aufgewertet. Im direkten Vergleich mit den Originalen ziehen SKARHEAD bei der AGNOSTIC FRONT- und der S.O.D.-Variante den Kürzeren (an die Originalsänger kommen sie nicht heran), dafür sind MURPHY’S LAW, BAD BRAINS und SICK OF IT ALL sehr schön gecovert worden. Als letzten Song gibt es mit dem Cindy Lauper-Song noch was zum Schmunzeln. Der Song macht gut Laune und beendet ein gelungenes, wenn auch wenig eigenständiges Coveralbum. SKARHEAD war sicher mehr daran gelegen, die eigenen Einflüsse aufzuzeigen, mit ein paar Freunden im Studio abzuhängen und der guten alten Zeit zu huldigen, als sich künstlerisch mit der Verwurstung von Songs zu beschäftigen. Jedem das seine, Spaß macht “Dreams Don’t Die” auf alle Fälle.
Manchmal geht eine Band auch zu früh an die Öffentlichkeit. EDEN WAKES haben zwar drei Jahre von Bandgründung bis zum Release von „Darkest Before The Dawn“ gebraucht, aber beim Hören des Albums wird klar, dass hier zu schnell der Proberaum verlassen und das Studio betreten wurde. Bei der Briten-Band, deren hervorstechendes Merkmal die Zwillingsschwestern im Line-Up sind, ist die Ausrichtung nicht klar und werden die Schwächen im Songwriting schnell deutlich. Die Band versucht sich am modernen Metal, an traditionellem Stahl und Rock-Riffs zu bedienen, scheitert dabei an den eigenen Unzulänglichkeiten, wenn es darum geht, aus den Komponenten gute Songs zu machen. Unter den zehn Nummern findet sich keiner, der den Hörer wirklich packt. Im Gegenteil, stellenweise ist die Chose echt schlecht, was durch die allerhöchstens durchschnittliche Produktion und die (noch?) begrenzten musikalischen Fähigkeiten nicht besser wird. Oder anders: immer wieder wird’s sehr rumpelig. Als Demo wäre „Darkest Before The Dawn” hinnehmbar, aber als Vollpreisprodukt im Wettbewerb mit guten Metal-Scheiben braucht das kein Mensch.