Die Wiener ENCLAVE haben vieles richtig gemacht. Das fängt bei der optischen Präsentation an: Logo und Cover passen wie die Faust aufs Auge zum melodischen Thrash Metal der Jungs. Geht über den Sound, welcher sehr ordentlich tönt,weiter und hört bei den gelungenen oldschooligen Songs auf. ENCLAVE machen es sich in einer Nische mit HEATHEN, alten MEGADETH oder DEATH ANGEL bequem. Auch neuere Bands wie die deutschen ABANDONED kann man als Vergleich heranziehen. Aber ENCLAVE kopieren nicht. Sie schaffen es sich durch das Einbinden klassischer Metalparts ein eigenes Profil zu geben. So taucht im Titelstück, einem eigentlich harten Mid-Tempo Thrasher, plötzlich ein traditionelles Hard Rock Gitarrensolo auf. Das macht Spaß und lockert die Chose amtlich auf. Highlight ist das abschließende „Beyond The Grace Of Light“, mit dem ENCLAVE beweisen, dass sie auch packende Stücke jenseits der 7 Minuten Grenze komponieren können. ENCLAVE haben mit ihrem Debutalbum ein gutklassiges Thrash Werk eingetütet, welches der Band einige Türen öffnen sollte. Früher nannte man so etwas „Thrash with Class“.
ACRONYM stehen für alles was im Moment angesagt ist: So gibt es Metal Core aus dem Lehrbuch. Growls, Kreischgesang und in homöopathischen Dosen auch cleane Vocals. Die Instrumentalfraktion verbindet Elemente der alten Göteburger Death Metal Schule mit melodischem Thrashriffing à la neuere KREATOR und vielen groovigen Parts. Die Songs sind durchsetzt von vielen Breaks, was die Sache recht abwechslungsreich macht. Auf Blastparts kommt meist der beliebte Breakdown und auf langsame Episoden folgt oft der Bleifuß. Mein persönlicher Favorit ist das bedrohlich daherwalzende und doch sehr melodische „A Beautiful Mind“. Allerdings muss ich ganz ehrlich gestehen, dass diese Spielart der harten Musik nicht wirklich die Meine ist und ich nur im Rahmen meiner Möglichkeiten versuche über Musik zu schwadronieren, welche mich nicht wirklich berührt. Freunde moderner, aggressiver und doch melodischer Sounds sollten ACRONYM aber ruhig mal anchecken, es könnte ihnen gefallen.
Die Truppe aus San Francisco gründete sich 1987 aus den Überresten einer Band namens ASSASSIN und legte schon recht früh, also 2009, sein Debütalbum „13“ vor, das uns nun als Re-Release beehrt. Dass das Quintett bei dieser rastlosen und dichten Veröffentlichungspolitik, anscheinend auch bedingt durch zahllose Line-Up-Wechsel, nie wirklich zum Zug gekommen ist, versteht sich trotz hunderter Shows mit Größen wie METALLICA, EXODUS, DEATH ANGEL oder DEFTONES fast von selbst. Nach über 20 Jahren bleibt daher die Frage, ob die Band mit „13“ aus ihrem Schattendasein ausbrechen kann. Um die Antwort vorweg zu nehmen: sie kann mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht. MY VICTIM sind eben nicht WARRIOR, WARLORD oder TERRORIZER, denen exzellente Musiker vorstehen, und die es geschafft haben, nach ein bis zwei Dekaden Anwesenheit brillantes Songmaterial zu präsentieren. Die Songs auf „13“ klingen zu keiner Sekunde nach einer derart erfahrenen Band, sondern dümpeln – fast schon symptomatisch für die lange Odyssee der Jungs - orientierungslos zwischen traditionellem US-Hardrock und groovigem/alternativem Neumetall der 90er herum. Stücke wie der lahme Opener „Time Wasted“, das flotte „Days Gone“, das balladeske „For Randy“, der Stampfer „Burning Life“, das schrammelige „This Bitter Pill“ oder das schmalzige „Wake Me“ sind solide gespielte, aber belanglose Rocksongs. „13“ klingt teil- und erschreckenderweise so, als hätten BON JOVI zusammen mit PEARL JAM (nach ihrer göttlichen „Ten“-Phase wohlgemerkt!) eine Platte mit B-Seiten aufgenommen. Nach so langer Reifezeit darf man deutlich mehr erwarten.
Auch NEAERA haben mal klein angefangen und klangen in ihren Anfangstagen wahrscheinlich wie die Ostfriesen ELEGY REMAINS. Gut gemeint, halbwegs sauber gespielt und gut produziert, ist „As Centuries Collide“ ein erster Schritt in Richtung große weite Welt. Gleichzeitig werden die Grenzen der Band deutlich, so hakt es zum Beispiel beim Riffing, was sehr nach Standard-Metalcore klingt, und der Variation im Songaufbau – Experimente wie „Stream Of Deceit“ klingen nett, kommen an die Vorbilder aber noch nicht heran. Als erstes Lebenszeichen ist die Scheibe völlig in Ordnung, macht aber auch deutlich, dass es bis in’s gehobene Mittelfeld und dann weiter in die Spitze noch ein ganzes Stück Weg ist.
NEGATIVVM machen sich mit “Tronie” daran, ihrem (laut Biographie) Misstrauen gegen die Gesellschaft einen musikalischen Ausdruck zu geben. Da kann nur bösartige Musik rauskommen, folgerichtig ist der Fünf-Tracker dann auch im Black Metal anzusiedeln. Ähnlich wie TODTGELICHTER sind NEGATIVVM mit deutschen Texten unterwegs, die durchweg interessant sind. Die Band bietet zwar nichts völlig Neues in den gut 36 Minuten, schafft es aber durch die Vermischung skandinavischer Einflüsse und kräftig Epik die Spannung über die gesamte Länge zu halten, „Tronie“ langweilt den Hörer zu keiner Sekunde. Wer sich völlig auf die Klanglandschaften der Band einlässt, wird nicht umhin kommen, die vielen kleinen Details und vor allem die packende Atmosphäre zu erkennen und zu würdigen wissen. „Tronie“ wird so zu einem sehr interessanten Black Metal-Album, das zwar das Rad nicht neu erfindet, aber in allen Bereichen überzeugen kann. Da es das Teil zudem als kostenlosen Download gibt, muss hier jeder Schwarzwurzler einfach zuschlagen.
PANDORA’S BALL mixedn auf ihrem Debütalbum „Full Size Nothing“ fröhlich knackigen modernen Rock Marke GODSMACK und FILTER mit den Grunge (ALICE IN CHAINS lassen grüßen) und einer Prise traditionellen Metal in der Gitarrenarbeit zu einer gut nach vorne gehenden Alternative-Scheibe. In den neun Songs ist erkennbar viel Zeit und Hirnschmalz verbraten worden, immerhin haben sich die Kerle ein paar Jahre Zeit genommen und nicht den Fehler gemacht, direkt nach Bandgründung ein Album zu veröffentlichen. So weiß auf „Full Size Nothing“ jeder der Beteiligten, was er zu tun hat, wodurch das Ergebnis stimmig ist. „Bloodless“ entpuppt sich als heimlicher Hit der Scheibe, während „171 Lake Washington Blvd.” und „Challenged“ schön knackig-wütend sind und „Holosex“ die grungige Seite der Band zeigt. Manchesmal jhuat das mit dem Groove noch nicht so ganz hin, aber das wird durch die tolle, markante Stimme wettgemacht, die etwaige Schwachstellen und Längen gekonnt verdeckt. „Full Size Nothing“ ist ein interessantes Alternative-Album geworden, mit dem PANDORA’S BALL bei Freunden oben genannter Bands punkten werden dürften, auch wenn hier und da noch Möglichkeiten zur Verbesserung bestehen. Aber was soll’s, das Ergebnis kann sich auch so schon hören lassen.
Die aus dem südlichen Kölner Raum stammende Formation MORTAL PERIL legt mit „Of Black Days And Cruel Alliances“ ihre in Eigenregie produzierte Debüt-EP vor und macht trotz einiger Anfangs-Holprigkeiten keinen schlechten Job. Die augenscheinlich noch sehr junge Band hat anscheinend schon in frühester Jugend angefangen, ihre Diskografien von EXODUS, OVERKILL, ANTHRAX, KREATOR und TANKARD zu vervollständigen und orientiert sich demnach stark an den großen Thrash-Helden der 80er. Die fünf Stücke dieser EP, von denen der ordentlich nach vorne groovende Opener „Win This War“, das recht vertrackte „One More Black Day“ sowie der Midtempo-Stampfer „Raper Of Phrases“ am besten gefallen, sind durchweg gelungen, und das Quartett traut sich sogar schon vorsichtig, aber geschickt an komplexere Songstrukturen heran. Dass hier (speziell bei den Drums) klangliche Abstriche gemacht werden müssen und Bassist und Fronter Jan Radermacher an seinem kräftigen, dreckigen, aber noch recht eindimensionalen Gesang arbeiten sollte, ist wirklich kein Malus. Für einen ersten Gehversuch auf Konserve ist „Of Black Days And Cruel Alliances“ nicht nur musikalisch ordentlich, sondern mit achtseitigem Booklet und Cover-Artwork mit Wiedererkennungswert auch gut verpackt. Daumen hoch!
Für fünf Währungseinheiten kann die Scheibe über die Homepage der Band bestellt werden.
Die Heppenheimer Kapelle UNSCARED bitten uns an die Theke auf ’nen ordentlich Pott voll Thrash. “Thrash Is Dead” betiteln die vier Herren ihr neuestes Album treffender Weise. 45 Minuten schenken UNSCARED unermüdlich einen nach dem anderen ein und sorgen so für einen ordentlich beduselten Kopp. Guter Sound, gute Instrumentenarbeit und gute Songs an sich, lassen “Thrash Is Dead” in äußerst positivem Licht erscheinen. Vor allem die allgemeine Schnelligkeit der Stücke auf dem Album, ist eine Eigenschaft, die sich viele Bands durch allzu angezogene Handbremsen, nicht leisten können. Punk ist eben auch nicht dead! Und so scheppern, rocken und kotzen sich UNSCARED auf “Thrash Is Dead” ordentlich aus und das steht der Truppe sehr gut. Gelungene Platte!
Das Presseinfo lässt Großes erahnen: DECLINE OF THE I wurden von A. K. gegründet, der nicht nur bei MERRIMACK und VORKREIST als Gitarrist aktiv ist, sondern unter Anderem auch noch bei den undergroundigeren EROS NECROSPIQUE und MALHKEBRE Dienst tut. Die französische Black Metal-Szene scheint inzwischen ähnlich inzestuöse Strukturen anzunehmen wie etwa die norwegische, was aber völlig egal ist, solange das Ergebnis passt. Und hier wundert es mich doch sehr, dass Herr A. K. zuletzt mit erwähnten MERRIMACK und VORKREIST zwei echt gute bis sehr gute Alben veröffentlicht hat und auf „Inhibition“ so einen lahmarschigen Unsinn verzapft. Auch nach mehreren Durchläufen wollen die mit allerlei Soundspielereien, Spoken-Word-Parts und „avantgardistischen“ Passagen (hört Euch nur mal „Mother And Whore“ an – boah, nee!) gewürzten Songs nicht zünden oder auch nur im Ansatz gefallen, da sie sich wie Kaugummi ziehen, ohne atmosphärisch oder düster zu sein. Auch das noch halbwegs viel versprechend und mit einem passend eingesetzten Chor beginnende, dann aber zu einer pseudo-intellektuellen Klangcollage mutierende „Static Involution“ ist ein gutes Beispiel für die monströse, dröge Langatmigkeit von „Inhibition“. Bandchef A. K. droht uns mit „Rebellion“ und „Escape“ noch zwei Nachfolger dieses als Beginn einer Trilogie mit den drei Themen „leiden“, „rebellieren“ und „meiden“ konzipierten Werkes an. Bei „Inhibition“ leidet man definitiv, insofern geht die Rechnung zumindest in dieser Hinsicht auf.
Keine Ahnung, was hier schief läuft. Die Finnen konnten mich vor knapp zwei Jahren mit ihrem mächtigen, aber gleichzeitig auch nichts sagenden und uncharismatischen Album „Anthems Of Annihilation“ nicht wirklich aus den Latschen hauen: immerwährendes Vollgas, monotone Riffgewitter zuhauf, dazu das ultratiefe Grunzkreischen von Fronter Psycho und viel monumentaler Bombast – das alles zusammen gerührt, kurz aufgekocht und auf Konserve gewuchtet. Und hört man sich „Lateral Constraint“, das inzwischen vierte Album des Quintetts, an, merkt man relativ früh, dass sich an dieser Rezeptur nichts geändert hat. Bombastische, Filmscore-artige Bombastbreitwände mit ruppigem Death Metal zu vermischen, ist sicher eine Herausforderung, der GLORIA MORTI aber einmal mehr nicht gewachsen sind. Jedes Soundloch wird in diesem ebenfalls wieder voluminös produzierten Klanggewitter gnadenlos zugekleistert, ohrenscheinlich mit dem Ziel, die nicht vorhandenen Songwriting-Qualitäten zu kaschieren. Die Jungs dürfen weiterhin gerne damit werben, bereits mit BEHEMOTH, DISSECTION oder THE CROWN die Bühne geteilt zu haben, aber an deren Sternstunden kommen Brachial-Klimper-Hybride wie „The First Act“ oder „Slaves“ in diesem Leben nicht mehr heran. „Lateral Constraint“ präsentiert, wie sein Vorgänger, viel Verpackung mit zu wenig Inhalt.