Angeblich haben DEEP INSIGHT schon mehr als 300 Shows auf dem Buckel, auch wenn ihre eigene Website dem widerspricht. Fakt ist, dass die Finnen ihre ungemein erfolgreichen Landsmänner THE RASMUS auf ihrer letzten Tour begleitet haben und da sicher ziemlich gut ankamen. Denn genau wie die Band um den Sänger mit der obskuren Frisur haben auch DEEP INSIGHT ein Händchen für eingängige und emotionale Rocksongs, die echten Rockern Marke Lutz Vegas zweifellos zu soft sind, die THE RASMUS-Zielgruppe aber voll treffen. DEEP INSIGHT verstehen es, immer zum richtigen Zeitpunt auf die Tränendrüse zu drücken und selbst eine Halb-Ballade wie "Background Symphony" nicht völlig schmalzig werden zu lassen (dankt den Gitarristen dafür). "Reg Lights, White Lines" zeugt von einigem Können der Finnen, die mit genug Werbung auch außerhalb des kalten Nordens ihren Weg machen dürften.
Deutsch-Punk? Wegen allgemeiner Verständlichkeit fährt der Musiker in diesem Genre gerne die peinliche Schiene. Zudem stellt sich die Frage: Was ist eigentlich Punk heutzutage? Für DRITTE WAHL allerdings sind diese Fragen und Bemerkungen unerheblich, weil sich die Kapelle aus Rostock seit Anfang der 90er durch überzeugende Outputs ihre eigene Nische erspielt hat, viele, viele Platten (etwa 12) rausgebracht hat und energetische und umjubelte Live-Gigs spielt. Woran liegt’s? Auf dem neuen Rundling, dem ersten nach Buschn, geben die Meck-Pommesse viele Antworten. Fast hat es den Anschein, als pickten sich die Jungs das Beste der Kollegen raus. Immer wieder kippt die Stimmung in Richtung Slime (Refrain bei "Feige Helden"), mal die Onkelz ("Wo?" oder "Fortschritt") oder Hosen ("Zeit Bleib stehen!" oder "Alle Tage - Alle gleich"). Diese Mischung der Einflüsse mutiert zur eigenen Note, und zwar keinesfalls zweite oder dritte Wahl…. Im eigentlichen Sinne jetzt. Das obercoole "Plakativ" reicht allein als Anreiz zum Kauf, eine Ballade mit schottischem Spirit gibt’s auch ("Auf der Flucht"), eine plattdeutsche Verabschiedung, und vieles mehr wie Gastmusiker von Daily Terror und anderen. Schlimm ist "Wir kaufen uns ein kleines Stück" (fuck for Rap oder HipHop!") und auch das Reggae-Stück "Rastermann" nervt Reggae-Unfreunde trotz netter Text-Idee. Aber: Und das ist wichtig: Es gibt’s ganz viele Dosenbier-mitsing- und feier-kompatible Stücke, eigentlich alle! Und das eben macht DRITTE WAHL aus. In Sachen Stimmung sind die Nordlichter nämlich erste Wahl. Deutsch-Punk eben - überhaupt nicht peinlich.
Schon wieder eine neue Veröffentlichung von KEN? Wohl kaum - hatte doch das Koblenzer Projekt um BLACKMAIL-Sänger Aydo Abay grade im Mai diesen Jahres gleich zwei komplette und zu Recht viel umjubelte Alben auf den Markt gebracht. "Have A Nice Day" ist dann auch ein um zwei Bonus-Tracks erweiterter Re-Release des Debüts von 2002, das den Grundstein für das zur Zeit wohl interessanteste deutsche Musik-Projekt und für die bis jetzt wohl besten beiden deutschen Alternative-Alben des Jahres legte. Auf "Have A Nice Day" erinnern KEN noch wesentlich stärker an BLACKMAIL, was wohl daran liegt, dass die Ingredienzen dieselben sind: Treibende Drums, noisige Schrebbel-Gitarren, melancholische bis düstere, teils leicht psychedelische Harmonien und darüber Aydo Abays charismatischer und einzigartiger Gesang. KEN im Jahre 2002 sind dabei vielleicht noch ein bisschen eingängiger - wenn es nach vorne geht, dann grade und schnörkellos, wie in den Rockern "Husk" oder "Voltage Point", wenn es ruhiger wird, entstehen Songs wie die fast schon meditative Ballade "On(n)", und gelegentlich wird sich mit Stücken wie "Whirlpool Of Terror" und "Swell" auch mal leichter Ohrwurm-Pop und Country gegönnt. Mit "Artificial Movement" und "1/2 bb" kommen dann aber auch die Psycheledic-Fans auf ihre Kosten. Insgesamt ist das Debüt von KEN druckvoller und rockiger als die beiden Nachfolge-Alben, dafür aber noch weniger verspielt und eigenständig. Ganz davon abgesehen ist "Have A Nice Day" aber eine großartige Scheibe, die jede Menge geniale Songs enthält und intensive Stimmungen vermittelt, und die sich jeder BLACKMAIL-Fan, der nicht aufs nächste Album warten will, dringend zulegen sollte. Und jeder KEN-Fan - sofern er sie nicht schon besitzt - sowieso. Und überhaupt alle, die auf erstklassigen Indie-Rock stehen.
Dass bei den polnischen Death Metallern nach jedem Album traditionsgemäß eine EP folgt, dürfte sich bereits herumgesprochen haben. Somit ist "The Art Of War" (nach dem Album "The Beast") ein kurzes, aber wie gewohnt starkes Intermezzo geworden, das man von der Band erwarten durfte. Der leider kürzlich verstorbene Doc, dem diese EP auch gewidmet ist, wird an den Kesseln von Datay vertreten, der seine Arbeit wie sein Vorgänger höchst effektiv und höchst schnell erledigt. Wer die "Blitzkrieg 3" - Tour besucht hat, dürfte sogar schon in den Genuss von zweien der neuen Stücke gekommen sein, nämlich dem High Speed - Groover "This Is The War" und dem Stakkato - Massaker "Lead Us!!!". Beides sind hervorragende Songs im typischen VADER - Gewand. Weiterhin gibt es mit den Intros "Para Bellum" und "Banners On The Wind" zwei coole Synthie - Einlagen und mit "What Colour Is Your Blood" einen echten Oberhammer zu hören, der zu den besten Granaten der Band überhaupt zählt. Abwechselungsreich, mitbangwütig machend und sehr aggressiv, teilweise schon zähflüssig, geht die Post ab, bevor das ultrafixe "Death In Silence" den würdigen Schlusspunkt markiert. Als Bonus sind noch zwei Videoclips von "This Is The War" enthalten, jeweils ein toll aufgemachter Animationsfilm im besten "Mechwarrior" - Stil, die sich meiner Ansicht nach aber nur durch grafische Variationen und andere Szenen im Film unterscheiden. Eine sehr originelle Idee, die von gängigen Videoclip - Konzepten abweicht. Musikalisch und qualitativ gibt es an dieser Stelle ohne Frage den "Tipp", aber ob vier Songs plus zwei kurze Intros plus zwei Videos den Kaufpreis von vermutlich um die zehn Euro (und mehr!) rechtfertigen, steht wieder mal auf einem anderen Blatt. Zum Preis einer Maxi wäre "The Art Of War" jedenfalls ein echter Pflichtkauf!
Sie verstehen es als einen Lebensstil. Die SUICIDE GIRLS sind keine Band. Die SUICIDE GIRLS entstammen einer entsprechenden Dotcom Seite auf der man ihre mehr oder weniger nackte Haut gegen ein monatliches Entgelt bestaunen kann. Was aber hat das ganze mit Musik zu tun? Es ist die alternative Szene der die SUICIDE GIRLS entsprungen sind. Die SUICIDE GIRLS sind eher die "ganz normal verrückten" Mädels, die auf einem Konzert nicht zwingend auffallen würden. Sie sind tätowiert mit dicken Old School Schriftzügen und schicken Sternchen, sind hübsche Punks oder gepiercte Goths und verkörpern eine Art der Erotik die auf Hochglanz scheißt. Sie tanzen zu lärmigem Rock und unterstützten PROBOT bei deren Video. Aus dem Pool von fast 1000 Mädels der Seite hat man 10 auf eine Tour durch die Staaten geschickt und das dort entstandene Material in Form von kurzen Bühnenperformances auf dieser DVD unter dem Dach des renomierten (Punk)Labels Epitaph veröffentlicht. LONDON entblättert sich als düsterer Goth zu Noisemetal, PEARL turnt artistisch mit Hula-Hoop Reifen und bei STORMY tönt gar Hiphop aus den Boxen. Man kann in "The First Tour" durchaus einen interessanten Umgang mit Erotik sehen, eine Selbstverständlichkeit den eigenen Körper zu zeigen. Entblößte Brustwarzen sind dabei das pornografischste dieser Veröffentlichung, die FSK hat es daher mit dem "Ab 16" Siegel versehen. Neben den Auftritten gibt es jeweils ein musikalisch untermaltes und recht geschmackvoll gelungenes Fotoshooting sowie kurze Interviews mit dem Protagonistinnen. Ob das reicht diese DVD mehr als einmal zu sehen sei dahingestellt, dass das hier der wahre Punkrock ist bezweifle ich. Wenn aus dieser Seite aber eine entspannte Art der öffentlichen Erotik entsteht soll es mir recht sein. Größenordnungen ansprechender als die Fleischbeschau auf dem Kiez ist es allemal.
Die Polen HATE standen, zumindest hierzulande, immer im Schatten ihrer Landsmänner und Genrekollegen VADER. Auf der einen Seite nachvollziehbar, da beide Bands einen sehr ähnlichen Sound haben, aber andererseits besitzen HATE genug Klasse, nicht als zweitklassiges Plagiat durchzugehen. Und stilistisch sind HATE sogar noch eine Spur offener als ihre "Konkurrenten", fahren sie neben dem bekannten Highspeed - Gebretter eine fette Midtempo - Keule auf und streuen zudem, allerdings ganz dezent, Keyboard - Samples ein. Das Finale von "Hex" etwa erinnert ein wenig an FEAR FACTORY, und auch zeitgemäße Gitarrenfiepereien, wie in "Malediction", scheuen die Polen nicht. All diese Zutaten geben der Band sogar einen leichten Progressive, - und Industrial - Anstrich. Nur im Songwriting - Sektor sind die Jungs nicht ganz so stark wie ihre oben genannten Landsleute. Insgesamt ist "Anaclasis - A Haunting Gospel Of Malice And Hatred" ein sehr hörenswertes, kurzes, aber heftiges Album geworden, das sich Freunde des "Polen - Todes" ohne Bedenken in die Lauscher schießen können und das HATE hoffentlich einen Schub in Sachen Bekanntheit beschert. Cool!
Anaclasis - A Haunting Gospel Of Malice And Hatred
Ganze vier Jahre haben sich die Briten Zeit gelassen, einen Nachfolger ihres Überwerkes "Honour - Valour - Pride" einzuspielen. Neuzugang Dave Ingram hat die Band mittlerweile wieder verlassen und seinem Nachfolger / Vorgänger Karl Willets Platz gemacht, wobei beide Sänger einen sehr guten, gleichwertigen Job abliefer(t)en. Die einen werden sich nicht zu Unrecht über den zurück gekehrten Ur - Shouter freuen und andere werden, ebenso nicht zu Unrecht, seinem temporären Ersatzmann hinterhertrauern. Sei´s drum! Am Ende zählt das Resultat und hier haben sich BOLT THROWER ein weiteres Mal selbst übertroffen. "Those Once Loyal" beginnt recht untypisch mit den sehr melodischen, hohen Soli des Openers "At First Light", doch ein paar Sekunden später fühlt man sich gleich wieder heimisch an der Front. Überall Panzer, Truppen, Gitarrengewitter, noch mehr Truppen, Soldaten mit Bässen bewaffnet, und überall liegt totes Metall herum. Aus der Ferne nähert sich Verstärkung: zu Gänsehautmelodien und der königlichsten aller vertretenen Schlachthymnen, "Those Once Loyal", erklingt liebliches Artilleriefeuer, Pulvergeruch liegt in der Luft und die Armeen donnern aufeinander! Am Ende Stille! Welcher Schlacht wurde man Zeuge?! Vier Jahre hatte man Zeit, sich vom letzten Kampf zu erholen, aber ist man auch bereit für einen weiteren Kreuzzug dieses Kalibers? Seit 19 Jahren tobt jener Krieg schon, aber nie gab es einen Sieger; genau wie anno 2005! Neun Angriffe und jeder ein vernichtender Erstschlag! BOLT THROWER sind der Krieg, zu dem jeder hingehen sollte, gerade, weil es (stilistisch) nichts Neues im Westen gibt. Nur eines: einen weiteren Death Metal - Klassiker!!! Rückzug!
Black Metal, also so richtiger, der ist ja kompromisslos. Und ohne Innovation. Und schlecht produziert. Die ersten beiden Fakten stimmen, letzteres nicht. Die Pestler aus Norwegen holen den Knüppel aus dem Sack und packen ihn eigentlich nie wieder ein, obwohl Songs wie "Nathicana" echte Breaks und schwermütige Parts haben - jaaa, und sogar Melodie. An sich aber regiert Satan mit Geschwindigkeit, vor allem in Bezug auf das frostige Drumming denkt die geneigte Schwarzwurzel eher an ein die gute alte M40 als an Musik zwo drei. Ach: Aber dafür haben die Herrschaften am Ende das Titelstück sehr archaisch-atmosphärisch aufgebaut, der Soundtrack zum Jahr der Pest, wie zufälllig sogar 13:49 Minuten lang… Das beste an dieser Scheibe: Siemachen zwar mächtig einen auf alte Schule, liefern dabei aber auch jede Menge Qualität ab, Qualität, die einen gehetzten Wutklumpen hat entstehen lassen, der sich eindeutig von den Pomp-Posern der Unterwelt absetzt, aber auch nicht zu sehr gekünstelt den Spirit der vergangenen Zeit ausatmet. Wer Darkthrone und Co. mag, bei wem Kompromisse spätestens bei Immortal aufhören, der sollte sich ein weiteres Stück Norwegen ins Haus holen. Auf das bei ihm das Höllenfeuer brenne. Aber richtig.
Ihre insgesamt sechste Veröffentlichung präsentieren die Osteuropäer mit dem so gut in die Vogelgrippe-wahnsinnige Welt passenden Namen. Die Tschechen machen harten und abwechslungsreichen Death Metal - sie knüppeln schnell, bleiben dann fast stehen, doomen und grooven herum, um dann progressiv bis unnachvollziehbar durchzudrehen. Die ganze Scheibe transportiert eine sehr düstere Atmosphäre - mit der PANDEMIA es schaffen, sich aus dem Normalo-Programm auszuklinken. Als Anhalt sei ein Mix aus polnischer zweiter Generation, der Florida-Bewegung und neueren Extrem-Metal-Elementen skandinavischer Prägung an die Hand des angesprochenen Rezipienten gegeben. So richtig eingängige Parts und Melodien fehlen, deswegen scheint das Album anfangs ein wenig am Hörer vorbei zu rauschen. Dafür fehlen, und das macht das Album gleich noch ein bißchen attraktiver, die ausufernden Griffbettwichsorgien vergleichbarer Bands aus Übersee oder eben Osteuropa. Wenn’ Soli gibt, dann passen sie eben auch in den Song ("Us And Them"). Zudem klingt der Sound recht fett - was "Riven" natürlich auch nicht schlechter macht. Wer sich erstmal an die anfang merkwürdigen Varianten PANDEMIAs gewöhnt hat, der wird an diesem Death-Metal-Silberling seine wahre Freude haben - egal, welche Richtung des Genres er bevorzugt. PANDEMIA scheinen kosmopolit - womit wir wieder beim Namen und der Vogelgrippe wären.
AVIAN nennt sich das neue Betätigungsfeld von Lance King, dem ehemaligen BALANCE OF POWER, - und amtierenden PYRAMAZE - Sänger, der das Debüt seiner neuen Band auch gleich mit Hilfe von Tommy Hansen (unter Anderem HELLOWEEN, PRETTY MAIDS) gemischt und mit Hilfe von Dave Ellefson (ex - MEGADETH) produziert hat. Das Trio King, Weingarten und Leviathan gibt sich epischen, getragenen, weitgehend melancholischen und teilweise bombastischen Power Metal - Klängen hin, die allein schon durch den Gesang gewisse Ähnlichkeiten mit PYRAMAZE nicht verleugnen können. Lance King könnte sogar als der inoffizielle Nachfolger von JD Kimball gehandelt werden, denn er versprüht einen sehr ähnlichen Charme und gehört meiner Meinung nach zu den zurzeit unterbewertetsten US Metal - Sängern überhaupt. Wer das nicht glaubt, sollte sich Stücke wie den genialen Opener "As The World Burns", den Stampfer "Black Masquerade", "Final Frontier", "Time And Space Part I - City Of Peace" oder "Blinding Force" anhören und sich selbst überzeugen. Leider können die Kompositionen nicht immer Erstliganiveau halten und ein paar Songs, zum Beispiel "Queen Of The Insane" oder der Titelsong, setzen sich nicht richtig im Ohr fest. Da war der PYRAMAZE - Erstling (siehe Review) vergleichsweise doch einen Zacken stärker. Nichtsdestotrotz ist "From The Depths Of Time" ein gutes bis sehr gutes Album geworden, dem US Metaller ohne Bedenken Beachtung schenken können und vielleicht sogar, je nach Geschmack, einen echten Glücksgriff damit machen!