Auch das dritte Album des Kanadiers Big John Bates bietet die gewohnte Mischung aus Rockabilly, Psychobilly, Rock ´n Roll und Surf-Gitarren, die irgendwo zwischen den CRAMPS, den STRAY CATS, den METEORS und Dick Dale zu verorten ist und sich dort in guter Gesellschaft mit REVEREND HORTON HEAT befindet. "Take Your Medicine" geht aber noch eine ganze Ecke besser ab als der Vorgänger "Mystik". Das liegt zum einen am Sound, der mit mehr Dreck und Wumms, aber auch mit mehr Transparenz daherkommt. Zum anderen sind die Songs vielfältiger geworden und man ist immer wieder überrascht, was Big John zusammen mit seine beiden Mitstreitern da grade wieder aus dem Ärmel zieht. Egal ob die drei dreckig swingen wie in "Sunset Strip", böse rocken wie in "44 Love Bites" oder in "Train Wreck" ruhigere, aber dafür umso düstere Töne anschlagen - diese Scheibe rockt und rollt durchgehend und ultracool vor sich hin und selbst beim Anhören im heimischen Wohnzimmer wollen die diversen Gliedmaßen einfach nicht stillhalten, sondern zappeln ständig im Takt mit. Außerdem gibt es mit "Alison Hell" ein kurzes, aber wirklich originelles ANNIHILATOR-Cover zu hören, das eine Anspielung auf die musikalische Vergangenheit von Big John Bates darstellt: Dieser ist nämlich nicht nur ein alter Kumpel von ANNIHILATOR-Kopf Jeff Waters, sondern hat auch an drei Alben seiner Landsmänner mitgeschrieben. Auf der anstehenden Tour werden alleine schon die sexy VOODOO DOLLZ für heiße Stimmung sorgen. Und mit diesem Album im Gepäck ist eine schweißtreibende Rock ´n Roll-Show garantiert.
Die Italiener DAFNE bestehen bereits seit 1999 und haben bisher ein Demo veröffentlicht, dessen drei Tracks auch auf diesem selbst betitelten Debüt zu finden sind. Zu hören bekommt man sehr Gitarren - lastigen, traditionellen und mitunter recht schnellen Hard Rock / Heavy Metal, der stark an MALMSTEEN und stellenweise auch an diverse "Euro Metal" - Bands wie PRETTY MAIDS oder METALIUM erinnert. Zumindest Gitarrist Andrew Yourcenal scheint stark von dem schwedischen Saitenhexer beeinflusst zu sein, was unter Anderem das abgefahrene Instrumental "Concerto For Inferno" beweist, bei dem möglichst viele Töne in möglichst hohen Lagen möglichst schnell getroffen werden. Aber auch bei den anderen Stücken steht das Instrument fast gleichberechtigt neben Sänger Leo Ariel, dessen (ebenfalls hohes) stimmliches Organ für meine Begriffe jedoch schief und reichlich nervig neben der Spur tönt und für mich eindeutig das größte Manko von "Dafne" darstellt. Auch das Songwriting ist nicht sonderlich spektakulär ausgefallen, wobei jedoch Stücke wie "Believe In Tomorrow", "Long Awaited Stranger" oder "Dancer Of The Dark" durchaus ihre Momente haben. Im Ganzen outen sich DAFNE zwar als hörenswerte Band, wissen aber noch nicht, sich aus der breiten Masse herauszuheben. Ein großer Gewinn wäre auf alle Fälle das… ähm… Substituieren des Sängers durch jemanden mit Ahnung vom Singen! Erhältlich ist die CD für 15,50 Euro über www.hellionrecords.de.
Normalerweise hat sich die Toleranzgrenze gegenüber italienischen "Power Metal" - Bands in den letzten Jahren gegen Null verschoben. Zu viele Plagiate und schlichtweg grausame Combos hatte die Halbinsel zutage gefördert. Eine der positiveren Ausnahmen sind SCREAMING SHADOWS, die seit etwa 1997/98 existieren und bereits ein paar Veröffentlichungen auf dem Buckel haben. Zwar wird auch hier das Rad nicht neu erfunden, aber dieses Quintett weiß durchaus, eigene Akzente zu setzen. Erstens kommen die Stücke leicht progressiv und verschachtelt daher, zweitens hat die Band mit dem Gitarrenduo Francesco Marras / Andrea Giribaldi (der auch für die geschickt eingesetzten und nicht nervigen Keyboards zuständig ist) zwei echt fähige Griffbrettschwinger am Start und drittens mit Luigi Usai einen kraftvoll agierenden Sänger, der zwar die eine oder andere Höhe gekonnt mitnimmt, aber von den fürchterlichen Eunuchenklängen diverser Kollegen weit entfernt ist. Wer auf tiefer gestimmte Instrumente (inklusive Grunzer) abfährt, dürfte mit SCREAMING SHADOWS nicht glücklich werden, aber alle anderen dürften mit Stücken wie dem Titelsong, "Screaming Shadows", dem superben "The Holy Grail" oder dem schleppenden Bonustrack "Dark Shadows" eine gelungene und technisch hochwertige Alternative zu den vielen schmalzigen Kollegen finden. "In The Name Of God" ist definitiv einer der besseren Releases "italienischer" Traditionskunst, der für 15,50 Euro über www.hellionrecords.de zu beziehen ist.
SHELTER sind zurück! Das Duo Porcell/Cappo hat einige der wegweisendsten HC-Alben überhaupt eingespielt, allen voran natürlich "Mantra". Der gleichnamige Song findet sich bei mir auf jeder Mix-CD und ist SHELTER, wie sie besser nicht sein können. Nach fünf Jahren Funkstille seit "The Purpose, The Passion..." (die bereits ohne Porcell eingespielt wurde und nicht so der Bringer war), ist Mr. Cappo mit "Eternal" zurück. Und wieder ohne Porcell... Trotzdem sind die Erwartungen an den Silberling hoch - und sie werden nicht enttäuscht, auch wenn "Eternal" den Klassikern nicht ganz das Wasser reichen kann. Bei einigen Songs werden nostalgische Erinnerungen geweckt, allen voran bei den schnellen und SHELTER-typischen "Lotus-like" (dem Übersong der Platte) oder "Meant To Be". Cappos Gesang ist noch immer so charismatisch wie in besten Zeiten, zudem glänzt er mit extrem eingängigen Texten und macht beinahe jeden Track zu einem Ohrwurm. Dazu das solide schnelle Drumming von ex-CRO MAGS Dave DiCenso, der den Songs eine anständige Grundstruktur gibt. Leider kann die Gitarrenarbeit nicht das Niveau der Porcell-Ära erreichen, auch wenn sich BETTER THAN A THOUSAND-Ken redlich Mühe gibt und sich einige coole Riffs und Melodiebögen aus dem Ärmel schüttelt. Und wie gesagt, einige potentielle "Mantra"-Nachfolger finden sich auf "Eternal" schon. Was für mich nicht so richtig passte, waren die eher ruhigen Songs, besonders "My Chance To Live" und "Built To Resist" sind mir zu zahnlos und langweilig. Das soll aber nicht heißen, dass "Eternal" eine langweilige Scheibe ist, dafür überwiegen die guten Songs bei weitem. Außerdem ist eine Band wie SHELTER zu wichtig, um im Nirvana zu bleiben. "Eternal" ist ein Schritt in die richtige Richtung.
NEGLECTED FIELDS sind eine der dienstältesten lettischen Metal-Bands, aber hierzulande ziemlich unbekannt, was aber nicht nur am (immer noch) exotischen Herkunftsland liegt, sondern auch an der mehrjährigen Funkstille seit des 2000er Albums. Jetzt sind die Jungs aber wieder da und haben mit "Splenetic" den Beweis im Gepäck, dass technisch anspruchsvoller Death Metal keine Landesgrenzen kennt. Der neun-Tracker wurde bei TT Oksala aufgenommen (u.a. TIAMAT, STRATOVARIUS, APOCALYPTICA) und im Finnvox gemastert, was "Splenetic" einen erstklassigen Sound beschert, der alle Feinheiten des komplexen Spiels hörbar macht. Und das sind wahrlich so einige, denn die Letten bedienen sich munter in den verschiedenen Metal-Sparten, auch wenn der Death Metal den mit Abstand größten Anteil hat. Hin und wieder kommt bei aller Komplexität auch etwas hektisch auf und NEGLECTED FIELDS scheinen den roten Faden zu verlieren, aber das ist nie von Dauer und mündet immer in einen weiteren kongenialen Part. Durch die Hinzunahme eines Keyboards gewinnt der technische Death Metal der Jungs deutlich an Atmosphäre, was genauso am dezenten Spiel des Drummers liegt, der im Gegensatz zu vielen Kollegen auf Mätzchen verzichtet und sich in den Dienst der Mannschaft stellt. Dadurch können sich sowohl die melodisch-komplexen Gitarren als auch das Keyboard voll entfalten und "Splenetic" Atmosphäre verleihen. Weit weg vom üblichen Technik-Gepose haben NEGLECTED FIELDS eine eigenwillige, anspruchsvolle Scheibe eingespielt - wahrlich keine leichte Sache und dafür Respekt! Bleibt zu hoffen, dass sich die Letten nicht wieder so lange in ihrer Höhle verkriechen, sondern stattdessen den Beweis antreten, dass ihre Musik auch live funktioniert.
Holla die Waldfee!v INFECTED MALIGNITY legen dermaßen brutal los, dass ich die Combo für einen weiteren Auswuchs der US-Szene gehalten habe. Aber nix da, das Trio kommt aus Japan, hat aber ein offensichtliches Faible für ultra-brutalen und technisch anspruchsvollen Death Metal, wie ihn DISGORGE, DEEDS OF FLESH oder Labelkollegen nicht besser machen können. Extrem tiefe Vocals, die jederzeit verständlich sind, und eine extrem wuchtige Produktion blasen alles hinweg, was sich zu dicht an die Boxen gewagt hat. Egal ob INFECTED MALIGNITY in SloMo spielen ("Cruel Recollection”) oder blasten das die Schwarte kracht, der Siberling entwickelt einen mörderischen Druck. Wie man in einem Genre mit so engen Grenzen verhindert, dass sich nicht alle Songs gleich anhören, haben die Sushis ebenfalls begriffen, was die acht Songs zu Perlen des Genres macht. Fans extremen US-Geballers können hier blind zugreifen.
"Torn Apart" haben DIVINE NOISE ATTACK Ende 2004 als MCD veröffentlicht, damals noch ohne Label im Rücken. Jetzt ist die Band bei MDD gelandet, die "Torn Apart" gleich nochmal auf den Markt bringen, allerdings um die Songs vom "Soulless Something"-Demo erweitert, was summa summarum 12 Songs ergibt. Soundmäßig sind die originalen "Torn Apart"-Songs erste Sahne, wurden sie doch bei Tommy Newton (u.a. HELLOWEEN) produziert. Dagegen fallen die Demo-Tracks etwas ab, sind aber immer noch druckvoll und differenziert genug. Musikalisch macht sich dagegen kein Bruch bemerkbar, DIVINE NOISE ATTACK weichen nicht von ihrem selbstgestecktem Kurs ab - und der heißt Death Metal! Mit dezenten Thrash-Anleihen und einer deutlichen Ausrichtung Richtung OBITUARY (Gitarrenarbeit und Bass) und SIX FEET UNDER (Gesang) grooven sich die Jungs durch die zwölf Songs. Technisch versiert werden Songs gezockt, die jedem Death Metal-Fan im Ohr bleiben werden und sich im internationalen Vergleich gut machen werden. zwar sind nicht alle Songs potentielle Hits, aber Kracher wie das abwechslungsreiche "Fields Of Starvation" oder der donnernde Opener "Torn Apart" sind schon feine Songs. Angesichts des Alters der Songs bin ich auf neues Material gespannt, wenn DIVINE NOISE ATTACK sich konstant weiterentwickelt haben, steht uns Großes ins Haus!
Das Produzentenduo "The Spinalzo Bros." läuft seit 2004 auch unter dem Namen REMEDY INC. auf, um mal kurz so alles an Sounds zu vermischen was ihnen unter die Hände kam - so mussten Crossover-mäßig Nu-Metal, Rap, Alternative Rock, Hardcore, Funk und was weis ich noch dran glauben; dazu soundtrackmäßige Samples, elektronische Spielereien, eingestreute weibliche Vocals und überwiegend Sprechgesang - mal deutsch und mal auf englisch aber desöfteren recht schräg. Klingt abwechslungsreich - ist es aber nicht. Denn "Short Bad Quarter Of An Hour” zieht einem nicht in seinem Bann sondern verstört und verwirrt. Durch die Vielzahl der Stile und einer fast schon überambitioniert zu nennenden Experimentierfreude verliert der geneigte Hörer frühzeitig den roten Faden, gelungene Parts werden unvermittelt überfrachtet und nach unten gezogen - schade. So scheint der Albumtitel "Short Bad Quarter Of An Hour” leider den Kern zu treffen. Da können auch Gastmusiker, Produzenten Know-how und einige gute Songansätze nicht helfen. Wer sich aber selbst eine Meinung bilden möchte - über einen Link auf der Band-Homepage kann man das Album für 8,- Euro inkl. Allem erwerben.
WICKED SIDEBURNS habe ich spontan mit den coolen Hellsinki-Rockern FLAMING SIDEBURNS verwechselt. Aber leider sind die WICKED SIDEBURNS noch ne ganze Ecke von den Finnen weg, sowohl geographisch als auch qualitativ (auch wenn sie nicht im gleichen musikalischen Gewässern unterwegs sind). Der Vierer hat sich modernem Metal verschrieben, Hardcoer und Metal mischt, aber kein gewöhnlicher Metalcore ist, sondern in Richtung New Metal geht. Dazu tragen die laut/leise-Dynamik bei und besonders Sänger Bastian, der ein sehr großes Spektrum abdeckt. Das schwere Riffing und der akzentuierte Bass tragen ebenfalls dazu bei, dass eher Assoziationen mit KORN als mit HATEBREED aufkommen. Am Besten gefallen WICKED SIDEBURNS wenn sie einfach und schnell losrotzen, wie beim aggressiven "Children Of War". Daneben gibt es aber auch Songs, die zu sehr auf ausgelutschte New Metal-Klischees setzen ("Rumours") und dadurch nicht mehr als ein Gähnen verursachen. WICKED SIDEBURNS kommen mit dieser Platte ein paar Jahre zu spät, um noch vom großen New Metal-Boom zu profitieren - andererseits haben sie aber den Vorteil, dass ihr Genre nicht mehr so überfüllt ist. Wer auf modernen Metal steht und eine Nachwuchscombo unterstützen will, kann sich den gut produzierten Silberling ja mal anhören.
FINAL PRAYER setzen sich aus (ex-)Mitgliedern einiger deutscher Hardcore-Combos zusammen, von denen mir SHORTAGE noch am geläufigsten waren - und wahrlich keine schlechte Hausnummer sind, wie "Control_1.0" zuletzt bewiesen hat. In die gleiche Kerbe hauen FINAL PRAYER: auf die Fresse mit old schooligem HC! Feine Sache, wenn das so exzellent wie hier gemacht wird. Wer TERROR mag, ist bei FINAL PRAYER bestens aufgehoben, denn genau wie die kalifornischen Durchstarter haben auch die Berliner die richtige Mischung aus heftigen Moshparts und schnellen Passagen gefunden, wobei sie immer grooven und eingängig sind. die Singalongs sitzen nach einem Durchgang (wie das eben sein muss) und werden live garantiert zünden. Shouter Stephan erinnert an HATEBREED, während die Gitarrenarbeit mit ebenjenen TERROR Gemeinsamkeiten hat. Die Produktion der Kohlekeller Studios geht auch wieder mal in Ordnung und die coolen Backing Shouts sind das i-Tüpfelchen auf einer arschcoolen HC-Platte. Also kaufen!