Die Hessen DRAGONSFIRE legen mit „Speed Demon“ ihre vierte Veröffentlichung vor. Es gibt sechs neue Stücke, eine schräge Kollaboration mit den Gesinnungsgenossen von IRON FATE und eine Live-Version des alten Stückes „The Warrior“. Die sechs neuen Stücke zeigen DRAGONSFIRE als gereifte Band, welche ihren vor Klischees strotzenden Heavy Metal sauber auf den Punkt bringt und qualitativ nicht mehr weit von der nationalen ersten Liga entfernt ist. Hymnen wie „Allied Forces“ machen MAJESTY oder WIZARD auch nicht besser. Durch die rauhen Vocals kommen einem auch immer wieder GRAVE DIGGER in den Sinn. Damit dürfte die Zielgruppe von DRAGONSFIRE klar umrissen sein. Das mit einer spannenden Vocalrhythmik im Refrain aufwartende Titelstück bekomme ich seit Tagen nicht mehr aus dem Kopf. Sehr geil gemacht. Auch die Produktion von Rolf Munkes (Ex-MAJESTY, RAZORBACK, EMPIRE) genügt höchsten Ansprüchen. Well Done!!! Was sich die Jungs mit Hilfe von IRON FATE allerdings bei „Steel Eel“ gedacht haben, bleibt vorerst ihr Geheimnis ;-)
KILLSWITCH ENGAGE haben sich im vergangenen Jahr von Howard Jones getrennt, mit dem sie ja einige durchaus erfolgreiche Alben gemacht haben. Dass sie dann auf ihren ursprünglichen Shouter Jesse Leach zurückkamen, dürfte viele überrascht haben – und warf die Frage auf, wie weit sich das neue Album am Debüt und an „Alive Or Just Breathing“ orientieren würde, das ja die einzigen Sachen sind, die mit Leach zusammen aufgenommen wurde. Mit „The Hell In Me“ wird „Disarm The Descent“ dann auch durchaus knackig eingeleitet; Jesse Leach zeigt hier, was für Aggression in seiner Stimme steckt, da sind die klar gesungenen Passagen fast vergessen. „Beyond The Flames“ legt dann härtemäßig noch einen Zacken zu und schlägt in der Tat die Brücke zu den Frühwerken. Aber auch hier: clean gesungene Passagen, deren Chorus zudem nicht richtig zündet. Im weiteren Verlauf wird deutlich, dass das das Muster ist, dessen KILLSWITCH ENGAGE sich für ihr neues Album bedient haben. Es wird versucht, die Balance zwischen aggressiven („All That We Have“, bei dem Jesse Leach richtig zur Sache geht) und melodischen („In Due Time“) Parts ausgeglichen zu halten, was den erfahrenen Musikern natürlich gelingt - aber gleichzeitig nicht immer zündet und schon gar nicht die Ausnahmestellung rechtfertigt, die die Band immer noch im Metalcore innehat. Andererseits macht „Disarm The Descent“ dann doch durchgehend genug Spaß, um nicht zu enttäuschen, auch wenn immer wieder der Wunsch aufkommt, dass Jesse Leach von den Howard Jones-Gedächtnisparts ablässt (wie das bei „Turning Point“ so gut gelungen ist). Der Rest der Mannschaft liefert indes sehr gute Leistung ab und über die Produktion gibt es sowieso nur Gutes zu sagen, also kann „Disarm The Descent“ allen Interessierten empfohlen werden. (lh)
HIEROPHANT haben nach ihrem Debütalbum bei Bridge9 Records unterschrieben, was immer noch eine Meldung wert ist, sind doch bei dem US-Label recht wenige europäische Bands unter Vertrag. Davon ab sind HIEROPHANT auch eine Ecke fieser als viele ihrer neuen Kollegen, „Great Mother: Holy Monster“ entpuppt sich als schwere Mischung aus Crust-latigem Hardcore, Black Metal und Sludge. Wer jetzt an Namen wie SOYLENT GREEN oder THE SECRET denkt, liegt schon mal richtig, auch wenn HIEROPHANT etwas flotter unterwegs sind – eine Vorliebe für D-Beat wird nicht verhehlt. „Great Mother: Holy Monster“ wird so zu einer gut halbstündigen Abrissbirne, die den Hörer ob ihrer schieren Brutalität fordert, ohne dabei zu langweilen. Krasses Album, mit sich HIEROPHANT unter Krachmaten einen Namen machen werden.
Erinnert sich noch wer an die finnischen RAISE HELL? Die haben anno tuck ihre ersten Scheiben eingespielt, als sie noch nicht mal volljährig waren, konnten mit der Mucke aber sogar Nuclear Blast überzeugen. LOST SOCIETY sind ähnlich gelagert, die Finnen sind zwischen 17 und 19 Jahre alt, klingen auf ihrem Nuclear Blast-Debüt „Fast Loud Death“ aber schon wie abgewichste alte Thrash-Profis. Die 15 Songs sprühen dabei nur so vor Energie, was stellenweise etwas außer Rand und Band gerät („Trash All Over You“), aber größtenteils echt Laune macht. Die alten Bay Area-Helden haben ihren Weg in die LOST SOCIETY-Anlage gefunden, auch alten METALLICA (bzw. jungen METALLICA) kann ein Einfluss auf die Finnen nicht abgesprochen werden. Dazu noch ein bisschen PANTERA und viiiiel ANTHRAX und ab dafür. „Fast Loud Death“ ist so zu keiner Sekunde innovativ, aber wen juckt’s in diesem Fall? Die Platte geht gut nach vorne, hat überwiegend gelungenes Songwriting und viel Spielfreude. Für eine anständige Thrash-Party reicht das allemal, für einen anständigen Einstand auch. Zack.
Ex-VICIOUS RUMORS / CHASTAIN Tieftöner Dave Starr (hier für Bass und Gitarre zuständig) holt zusammen mit seiner besseren Hälfte London Wilde (Vocals) zum zweiten Schlag aus. WILDE STARR bieten in etwa das, was man ob der Ex-Arbeitgeber von Mr. Starr erwarten durfte. Kraftvollen Heavy Metal, der zwar vergleichbar mit dem letzten Output CHASTAIN's, aber etwas hymnenhafter um die Ecke kommt, als das aktuelle Material von Meister Chastain. Auch die zweite Spielwiese der aktuellen CHASTAIN Sängerin Kate French -VAINGLORY- mag als Orientierung herhalten. Im Gegensatz zum doch recht rauhen Gesang einer Kate French oder auch Leather Leone, bewegt sich Frau Wilde in klareren, aber nichtsdestotrotz recht kraftvollen Gefilden. Gerade die schwindelerregenden Höhen hat sie drauf. Von speedig bis satt groovend werden alle Facetten traditionellen Metals bemüht. WILDE STARR legen aber ohrenkundig Wert drauf keine reine 80ies Band zu sein, sondern versehen ihre Kompositionen mit einer moderneren Kante. „A Perfect Storm“ hätte auch auf den frühen VICIOUS RUMORS Alben seinen Platz zwischen „Lady Took A Chance“ und „Down To The Temple“ gefunden, während der Groover „Seven Shades Of Winter“ eher CHASTAIN Spirit atmet und der Fullspeeder „Immortal“ zeigt, dass WILDE STARR auch recht eigenständig agieren können. Alles in Allem eine starke Heavy Metal Scheibe mit ebenso starkem Gesang.
ALPHA TIGER die zweite. Nachdem die erste Scheibe nahezu überall (außer bei uns ;-) ) ziemlich gut ankam, beglücken uns die Kätzchen nun mit einem weiteren Werk. Stilistisch blieb alles beim alten, außer dass ALPHA TIGER im Schnitt ein wenig mehr Gas geben und in ihren Kompositionen besser auf den Punkt kommen. Auch der Zahl der Ohrwurm - verdächtigen Refrains ist gestiegen. „Beneath The Surface“ ist ein gutes Werk amerikanischer Prägung, welches durch den superben Gesang von Stephan Dietrich auf ein hohes Niveau gehoben wird. ALPHA TIGER orientieren sich an 80er Jahre „Schöngeist-Metal“ der Marke ALIAS, CRIMSON GLORY, frühe QUEENSRYCHE, End-80er RIOT, frühe FATES WARNING und FIFTH ANGEL, garnieren das Ganze mit einem kleinen Euro-Twist à la LETTER X und JESTER'S MARCH und verpacken diese Einflüsse in überraschend straighte Kompositionen. Reinhören sollten geneigte Hörer in den treibenden Titelsong und die abschließende Hymne „We Came From The Gutter“. Wer sich das Digi-Pak (oder die auf der Homepage zu erwerbende „Fan-Edition“) sichert, wird noch mit zwei sehr geschmackssicheren Coversongs von LOUDNESS („S.D.I.“) und RIOT („Flight Of The Warrior“) belohnt. Die Fanedition bietet darüber hinaus noch eine Live-CD. Alles in allem eine sehr runde Sache für anspruchsvolle Traditionsmetaller.
Nachdem es bei den Traditionsmetallern WHITE WIZZARD vor einigen Jahren mächtig rappelte, gründeten kurz darauf einige ehemalige weiße Zauberer den heiligen Gral. Und während die Einen knietief in den 80ern stecken, blickten HOLY GRAIL von Anfang an nach vorne und sind fest im Hier und Jetzt verwurzelt. Natürlich spielen auch HOLY GRAIL Heavy Metal ohne wenn und aber, allerdings ist die Art und Weise ihrer Darbietung äußerst modern. Das fängt beim mittelhohen Gesang an, geht über den knalligen Sound und endet beim variantenreichen, mit vielen Breaks durchsetzten Songwriting. Auch bauen HOLY GRAIL auch immer wieder thrashige Parts in ihre Songs ein und umschiffen sämtliche Klischeeklippen. HOLY GRAIL könnten das Kunststück schaffen, welches ICED EARTH in den 90ern gelang, als plötzlich Leute ICED EARTH toll fanden, die Power Metal eigentlich doof und peinlich fanden. HOLY GRAIL dürften mit ihrer modernen Interpretation von klassischem Stoff zwar bei den absoluten Keep-It-True Die Hards durchfallen, haben aber trotzdem (oder gerade deswegen) das Zeug zur genreübergreifenden Konsensband, was den Jungs eine breite potentielle Hörerschicht garantieren dürfte. Denn objektiv machen HOLY GRAIL wenig falsch. Alles bewegt sich auf einem musikalisch sehr hohen Niveau und auch die Ohrwurmdichte ist ansprechend. Mit Songs wie „The Great Artifice“ könnten sich sogar tolerante Metal-Corler anfreunden (die müssten dann allerdings beim „Helloween-Solo“ kurz weghören). Das heftige „Crosswinds“ dürfte live für mächtig Stimmung sorgen und das treibende „Sleep Of Virtue“ schiebt auch so einiges weg. „Ride The Void“ ist moderner Metal für Hörer verschiedenster Fanlager. Die müssen nun entscheiden, ob sie den stilistischen Spagat von HOLY GRAILzu würdigen wissen, oder ob sich die Band damit zwischen allen Stühlen plaziert.
In der CD Flut etwas untergegangen ist das letztjährige Debutalbum der jungen Regensburger Band GUEST OF SALLY. Auf „Pathetic Enemy“ bekommen wir groovebetonten, modernen Rock zu hören, welcher durch eingängige Passagen auch schonmal Richtung Pop schielt. GUEST OF SHALLY schrecken auch vor balladesken Klängen nicht zurück und sorgen so für genügend Abwechslung. Das Album gefällt mit einem natürlichen Sound, welcher schön transparent aus den Boxen kommt. Für ein Erstlingswerk klingt „Pathetic Enemy“ schon erstaunlich reif. Besonders die immer wieder eingestreuten kurzen Gitarrensoli sind sehr geschmackvoll ausgearbeitet. Natürlich ist noch nicht alles perfekt, gerade im Bereich Gesang sollte Gitarrist und Sänger Philipp Hoffmann noch an Sicherheit und Eigenständigkeit gewinnen. Für die U-25 Fraktion, welche es gerne rockig aber nicht zu hart mag, sind GUEST OF SHALLY ein gefundenes Fressen und antestenswert. Der Traditionsmetaller hat eh spätestens bei „groovebetont“ aufgehört zu lesen.
ARA geben mit „The Blessed Sleep” ihr erstes Lebenszeichen von sich, in gut 20 Minuten werden fünf Death Metal-Nummern zum Besten gegeben. Dabei kann die Gitarrenarbeit des NORTHLESS-Sideprojects durchaus überzeugen, balanciert sie doch gekonnt zwischen Frickelei und Eingängigkeit, so dass der komplexe Sound der Amis gleichzeitig auch gut hörbar ist. Beim Gesang hapert es dagegen etwas, der ist zu eindimensional und würde eher zu einer Crust-Combo passen; zwar brutal, aber auf eine unpassende Art und Weise. Beim Songwriting können ARA ebenfalls noch zulegen, da sie doch recht ähnlich gelagerte Songs geschrieben haben, von denen keiner wirklich im Ohr bleiben will. Für ein Debüt ist „The Blessed Sleep“ in Ordnung, das nächste Ding muss aber durchdachter sein.
Bei MARGENTA HARVEST toben sich Leute von FINNTROLL, …AND OCEANS und weiteren finnischen Bands aus, die sich mit diesem Projekt dem schwermütig-heftigen Death Metal verschrieben haben, für den das Land der tausend Seen bekannt ist. „Apparation Of Ending“ ist ihre zweite EP und macht klar, dass hier Routiniers am Werk sind, die sich nicht am angesagten höher-schneller-weiter beteiligen, der bei so vielen Death Metal-Bands mittlerweile angesagt ist. Statt immer technischer zu werden oder die Produktion noch brutaler (und künstlicher) klingen zu lassen, legen MAGENTA HARVEST das Augenmerk auf stimmiges Songwriting. Das gelingt ihnen, wie das schleppend-bösartige „Carrion Of Men“ eindrucksvoll belegt: runtergestimmte Gitarren erschaffen eine bedrohliche Grundstimmung, die vom Shouter passend ergänzt wird. Death Metal der alten Schule, brutal as fuck und gut geschrieben. So soll das sein. Wer darauf steht, wird mit „Apparation Of Ending“ gut bedient. Modern ist das vielleicht nicht, aber Scheiß was. Krasse Gitarrenarbeit, krasse Breakdowns, krasse Tattoos machen noch lange kein krass gutes Album. Gutes Songwriting und Konzentration auf das Wesentliche dagegen schon.