IN DEFENCE haben einige ihrer vergriffenen 7“ auf eine CD gepackt, um sie so wieder unter die Leute zu bringen. Die Idee ist an und für sich ja gut, allerdings sind einige Songs zweimal vorhanden, in der regulären 7“-Version und als Live-Version (von der „Live On 770 Radio K“-Session), die Trackzahl ist also etwas Augenwischerei. Geboten wird old schooliger Hardcore, der klar in den 80ern verwurzelt ist und mit hohem Grundtempo gezockt wird. Wie es sich so gehört, sind die Songs kurz-knackig, laden zum wilden Durch-die-Bude-Springen ein und haben viele Mitgröhl-Parts. Die Gitarren kommen zwar über Genre-Standard nicht hinaus, sind aber trotzdem effektiv genug, um die Songs gut nach vorne zu bringen. Sänger Ben macht mit seiner aggressiven Stimme eine gute Figur und passt zu den Songs wie Arsch auf Eimer. Einzig die Produktion könnte etwas druckvoller sein, andererseits ist sie in der vorliegenden Form authentisch-roh. Für Komplettisten und Leuten, denen ein der 7“ durch die Lappen gegangen ist, ist die CD eine überlegenswerte Sache.
Dass man von einer Band mit dem Namen DESCENDANTS OF CAIN mit großer Wahrscheinlichkeit keine Oden an die Freude erwarten darf, dürfte auch dann klar sein, wenn man die Band noch nie etwas gehört hat. Und so ziehen DESCENDANTS OF CAIN einen denn auch erwartungsgemäß hinab in die Düsternis, allerdings ohne dabei die Melodie-Elemente über Bord zu werfen. Durchaus stimmungsvoll ist es geworden, dass neuste Werk mit dem etwas sperrigen Titel "The Tao Of Wisdom And Misery". Der Opener "Between You And Oblivion" verbreitet eine ziemlich frostig-depressive Athmosphäre, "Made By You" wirkt durch die ruhigeren Gitarren etwas fragiler. Auch "Seraphim´s Desire" und das eingängig-melodiöse "Human" zählen zur ruhigeren Kategorie. "Hymn Of The Shades" klingt dem Titel gemäß auch dezent nach Grabestiefe, bei "Captive" dagegen werden Industrial-Einflüsse laut und "Winter´s Heart" bewegt sich schon eher an der Grenze zum Doom Metal. Bei "Break Down" wird plötzlich Gas gegeben und ebenso heftig wie ordentlich nach vorne gerockt, bevor beim ruhigen "The Listeners" Tempo und Härte ebenso unvermittelt wieder zurückgeschraubt werden und sich zu guter Letzt mit "Phantom Ball" sogar noch ein Piano-Stück anschließt. Geduldige Hörer werden belohnt, denn DESCENDANTS OF CAIN haben auf "The Tao Of Wisdom And Misery" noch sich anschließende Hidden Tracks versteckt, aber über die mehr zu verraten, hieße ja, den Spielverderber zu spielen- also viel Spaß beim Entdecken!
Das ist ein Opener! Die aus Alaska stammenden 36 CRAZYFISTS beginnen ihr fünftes Album „The Tide And Its Takers“ fulminant: Der Song „The All Night Lights“ ist der beste des Albums und der Bandgeschichte. Metallisch entfesselter Sound, cool vielseitiger Gesang und ein melodiöser Chorus mit böse schrammelnden Gitarren, das hat was. Die angezogene Härte zieht sich durch das ganze Album, so angedeutet-kuschelig wie früher werden die Vier nur noch selten. „We Gave Hell“ spielt mit hardcorigen Ansätzen, nicht nur hier ist der cleane Gesang druckvoll und sauber und gerade die Übergänge zum Gebrüll sind sehr passend gesetzt – wenn die 36 CRAZYFISTS dieses Niveau gehalten hätten, wäre „The Tide And Its Takers“ für meine(!) Ohren der Durchbruch dieser Band gewesen. Doch es sind komplett berechenbare Songs wie „The Back Harlow Road“ die aus dem Clean/Shout-Schema zu wenig ausbrechen als dass das im Metalcore-Genre noch auffallen würde. Mehr Originalität eines „Only A Year Or So“, dessen gesprochene Strophen einen tollen Kontrast zum kraftvollen Chorus bieten, oder die akustische Ballade „The Tide And Its Takers“ sind das Rezept um aufzufallen und Mut der belohnt werden muss. Gastauftritte wie der der WALL OF JERICHO-Candice bei „Vast And Vague“ sind nett und bringen etwas mehr stimmliche Vielfalt – doch Sänger Brock Lindow bietet diese 2008 auch ganz alleine, der Gesang ist sicher keine Schwäche der Band mehr. 36 CRAZYFISTS sind bemüht Tempo und Härte zu variieren, bei einigen Songs gelingt das beeindruckend gut, einige andere bleiben langweilig und wie man jetzt weiß auch hinter den Möglichkeiten zurück – denn nicht nur der Opener zeigt, dass sie wirklich coole Songs schreiben können.
H2O kündigten recht überraschend ein neues Album an, schienen die Musiker doch mit ihren diversen anderen Verpflichtungen gut ausgelastet zu sein. Das selbstbewußt „Nothing To Prove“ betitelte quasi-Comebackalbum klingt dabei so frisch, als hätte es nie eine Pause gegeben und setzen ganz auf die H2O-Trademarks: eingängiger Hardcore, der von der ersten Sekunde an mit Singalongs glänzt und den Hörer zur Aktivität förmlich auffordert. Niemand kann ruhig sitzen bleiben, wenn „Fairweather Friends“ zum Mitsingen einlädt oder „1995“ punkig-flott loslegt. Da wird auch gleich die lyrische Ausrichtung klargemacht, H2O haben mit der heutigen Szene einige Probleme („What Happened“ drückt mit „Fashion Before Passion“ treffend aus) und machen deutlich, dass sie noch immer zu ihren Idealen stehen. Es lohnt sich, die Texte von „Nothing To Prove“ aufmerksam zu lesen, denn bei vielen Themen sprechen H2O eine deutliche Sprache und haben mehr zu bieten als den üblichen Poserkram, der sich on so vielen Texten findet. H2O stolz darauf sich immer treu geblieben zu sein, ohne dabei missionarisch zu werden - im Gegenteil, die älteren Herren sind ehrlich, aber dabei immer symphatisch. Und musikalisch so gut wie eh’ und je, wie die 10 granatenstarken Tracks beweisen. „Nothing To Prove“ ist eines der besten Hardcore-Alben das Jahres und hoffentlich der Auftakt zu einem lang andauernden Comeback!
Nachdem die Schweden MACHINERY letztes Jahr ihr Debütalbum „Degeneration“ veröffentlicht hatten, meinte es der Metalgott anscheinend gut mit dem Quintett und bescherte ihm einen Deal mit Regain Records, dem man jetzt mit „The Passing“ nachkommt. Mit ihrem kraftvollen, energiegeladenen Power Metal irgendwo in der gemeinsamen Schnittmenge aus NEVERMORE, (MORGANA) LEFAY, BRAINSTORM oder MANTICORA wissen MACHINERY über weite Strecken zu überzeugen, doch in Sachen Songwriting können sie mit den genannten vier Bands zu keiner Sekunde mithalten, da sie trotz ihrer unbestrittenen Fähigkeiten nicht in der Lage sind, mitreißende Hymnen zu kreieren. Alle Songs auf „The Passing“ sind irgendwie gut, aber irgendwie auch nichts Besonderes. Als Anspieltipps kann man etwa den melancholischen Opener „Cold“, das mit einem durchaus gelungenen Ohrwurmrefrain versehene „I Divine“ oder das bombastische „Decide By Pain“ empfehlen, die als Höhepunkte des Albums durchgehen und erkennen lassen, zu was die Band fähig sein könnte, wenn sie sich nicht mit ihren Ideen verzetteln würde. So bleibt eine sehr hörenswerte, aber auch leicht nichts sagende Scheibe, die man Power Metallern zwar zum Reinhören nahe legen kann, aber die sicher keinen Pflichtkauf darstellt.
Mit NUMP kommt ausgesprochen konkurrenzfähiger Heavy Rock/Modern Metal aus deutschen Landen, um genau zu sein aus Würzburg. Mit "Reflections" sind NUMP zwar (noch?) weniger bekannt als Kollegen wie STAIND, brauchen sich hinter diesen aber ganz definitiv nicht zu verstecken. Das Album wandelt gekonnt zwischen harten bis aggressiven Parts und ruhigeren, emotionalen Stücken, wobei sich die Stimme von Sänger Christian perfekt in den Gesamtklang dieser Art Musik einfügt. Schön zum tragen kommt diese beispielsweise beim ruhigen "Who Are You?" und der Ballade "Pitying Space" am Ende des Albums, Gänsehaut-Potential hat auch das zwischen ruhiger Strophe und fetterem Refrain pendelnde "Judgement Day", das die bereits erwähnten STAIND definitiv auch nicht besser hinbekommen hätten. Tendenziell wird "Reflections" zum Ende hin ruhiger, harte Geschütze werden hauptsächlich in den ersten drei Vierteln der Platte aufgefahren, wie beispielsweise bei "Bridge To Light", "So Rough" und "Fuck Perfection", dann beginnt das Ganze langsam ruhiger, aber dadurch mitnichten weniger gelungen auszuklingen. Insgesamt fällt angenehm auf, dass die Arrangements durchgängig schön rund und voll klingen, egal in welchem Härtegrad sich die Band gerade bewegt. Kurz: NUMP haben auf jeden Fall das Potential, es mit etwas Glück ganz weit nach oben zu schaffen. (br)
Zwei Jahre nach dem Debüt „Sigh Of Relief“ legen die Franken NUMP mit „Reflections” ein zweites Album vor welches laut Band wiederum auf Einflüsse von Bands wie NICKELBACK, CREED und STAIND zurückzuführen ist. Die Paten sind auch noch durchaus zu hören, aber nicht mehr so stark wie beim gutklassigen Vorgänger. Auf „Reflections“ kommen NUMP zum Teil härter daher als die genannten Altvorderen. Und Songs mit ruppigen Elan wie „So Rough“ und dem Highlight „Fuck Perfection“ stehen dem Quintett mit Songwriter/Gitarrist Thorsten Geschwandter, Bassist Kai Liczewski, Schlagzeuger Jochen Waigandt, Sänger Christian Seynstahl und Gitarrist Sebastian Goess richtig gut. Aber auch das andere Extrem sitzt. NUMP setzen in 2008 neben den brachialeren Tracks auch verstärkt auf ruhigere Töne, welche aber in den Kontext passen und zum Teil leichte Assoziationen zu INCUBUS wecken. Neben dem fast schon semiakustischen „Depressions“ und der Power-Ballade „Insomnia“ kommt vor allem der atmosphärische Schlusssong „Pitying Space“ für Dauerrotation in Frage. Die Mischung ergibt Sinn und so passt es vom abwechslungsreichen, zwischen hart und melodisch pendelnden Openerduo „Bridge To Light“ und „Inside“ (etwas gemächlicher, mit schönen Mittelpart und mit Westcoast-Nebel-Stimmung) bis zum benannt ruhigen Ende die Mischung auf „Reflections“. Zwar können auch NUMP dem gesättigten Markt des Alternative Rock nicht gerade etwas Neues hinzufügen, aber eine gute Mixtur mit gelungenen Kompositionen präsentiert die Band schon. Wer also mal bei NUMP reinschnuppern will – auf der Bandhomepage und auch bei MySpace gibt es jeweils 3 Songs zu hören – lohnt sich für die Zielgruppe allemal. Die Platte selber ist fett produziert und das Digipack mit ordentlichen Booklet lässt sich sehen. Da darf mehr kommen.
Mit neuem Frontmann haben SIX REASONS TO KILL „Another Horizon“ eingespielt – und Thorsten zeigt gleich im Opener „Observer“, was in seiner Stimme steckt. Neben den üblichen Growls und aggressiven Parts überraschen die cleanen Abschnitte, die so nicht im SIX REASONS TO KILL-Sound zu vermuten waren und dadurch überraschen, aber gut zum Song passen. Unter den dreizehn Songs finden sich einige echte Perlen, wie das heftige „Bleeding Stereo“ oder erwähntes „Observer“, im Großen und Ganzen kann die neu besetzte Truppe mit diesem Album das Niveau des Vorgängers halten, zumal sie es jederzeit schaffen, ihrem Sound eine eigene Identität zu geben und nicht zum x-ten Göteborg-Klon zu verkommen. Die Hardcore-Anteile sind immer noch gering, die meiste Zeit regiert der schwedische Death Metal, der besonders in den treibenden Songs wie dem Kopfnicker-Titeltrack voll überzeugen kann. Mit ihrer Gitarrenarbeit konnten SIX REASONS TO KILL schon immer hohes Niveau aufweisen, was sie auch auf „Another Horizon“ schaffen, so manches Mal scheinen die Jungs direkt aus Schweden zu kommen. Der Longplayer ist für Death Metaller ein gefundenes Fressen und dürfte auch im Metalcore-Lager seine Freunde finden. Bleibt der Band nur zu wünschen, dass ihr Line-Up länger als bis zur nächsten Platte hält, dann steht uns noch Großes ins Haus.
Hinter SARASIN A.D. steht in erster Linie Songwriter Phil Naro der mittlerweile auf jahrzehntenlange Erfahrung im Musikbiz zurückblieben kann und eine illustre Schar von „Kunden“ aufzuzählen hat (von Lou Gramm, Brighton Rock, Billy Sheehan bis zu Lee Aaron und Liberty N’Justice). Mit seinem eher in Insiderkreisen bekannten Baby SARASIN A.D. liefert Phil Naro seit langem seine eigene Version des Heavy Rocks ab. Zusammen mit den Gitarristen Greg Boileau und Johnny Rogers, Bassist Rob Grant und Drummer Roger Banks haben SARASIN A.D. nun mit „Daggers, Lust And Disgust“ eine neues Album am Start, das zahlreiche melodische Momente und eingängige Passagen zu bieten hat, dabei aber immer ausreichende Härte aufweist und mit Phil Naro selbst einen mehr als achtbaren Sänger aufbietet. Vor allem für die ersten Songs der Kanadier bieten sich dabei für Dauerrotation an. „In America“ rockt flott drauf los, „No Sensation“ und „Woken @ Noon“ bietet ebenfalls Hard Rock ohne unnötige Schnörkel und Pseudoausflüge. Und mit „Keep Runnin’“ ein semiakustischen Leckerbissen. Das SARASIN A.D. mit ihrem Hard Rock tief verwurzelt in den Siebzigern und Achtzigern stehen ist dabei genau das, was der geneigte Fan erwartet. Eine fast schon rau zu nennende Produktion verstärkt diesen Eindruck gar noch. Abgeschlossen wird das Album mit dem „Running Circles In My Brain“ und der zwar nicht klischeefreien aber mit Mundharmonica und Country-/Bluesflair versehenen Ballade „The Parting”. Und auch wenn sich im Mittelpart der Scheibe ein paar Längen eingeschlichen haben, so ist „Daggers, Lust And Disgust“ ein solides und recht abwechslungsreiches Hard Rock Album geworden.
WARRIOR SOUL werden wohl ewig einer jener Bands bleiben die als Kritikerlieblinge ihrer Zeit voraus waren und denen der kommerzielle Erfolg unverdientermaßen nicht zuteil wurde. Anfang der Neunziger mit mehreren Hammerscheiben am Start („Last Decade Dead Century“, „Drugs, God And The New Republic“, „Salutions From The Ghetto Nation“ und das vergessene „Space Age Playboys“) welche eine einzigartige, immerfort groovende Mischung aus Punk, Metal, Rock’n’Roll und düstereren Momenten in zeitlosen Kompositionen präsentierten gibt es nun mit dem Bühnenmitschnitt „Live In England“ ein Lebenszeichen der zwischenzeitlich schon als Kult abgeschrieben WARRIOR SOUL. Dass das Ganze noch als Appetizer auf ein angekündigtes neues Studiowerk verstanden werden soll wird dabei extra betont – können wir also schon mal gespannt sein, die Vorgaben sind hier ja verdammt hoch. Live passt das im Großen und Ganze trotz hörbar spielerischen Freiheiten, aber auch hörbaren Enthusiasmus der Protagonisten. Und auch wenn vom Original Line-Up gerade noch Kory Clarke dabei ist, dessen räudiges Organ aber ein Markenzeichen von WARRIOR SOUL ist, kommt auf „Live In England“ besonders gut die punkige Attitüde von WARRIOR SOUL zum Vorschein. Die Atmosphäre der Scheibe versprüht in ihrer Rauheit den Charme des Underground und transportiert dabei treffend die immer noch gültigen zeitkritischen Anprangerungen von Kory Clarke und die „lass und trotzdem feiern“-Einstellung rüber. Schöne Sache das!
FINAL PRAYER haben mit „Right Here, Right Now“ ein solides Fundament gelegt, das sie mit zahllosen guten Live-Shows festigten. „Filling The Void“ kommt beim rührigen GSR-Label raus und soll den guten Ruf der Berliner weiter festigen. Ihre Affinität zu US-Klängen können FINAL PRAYER auch mit dem neuen Longplayer nicht leugnen, ganz im Gegenteil: so manche Passage klingt so sehr nach den Straßen New Yorks oder HATEBREED, dass immer wieder der Blick zum Plattencover geht. Richtig, FINAL PRAYER laufen da gerade. Die Grundrichtung ist also klar, wuchtiger, heftiger Harcore, der ordentlich Arsch tritt und von der dicken Produktion gut in Szene gesetzt wird. Die Songs sind wie gemacht für Live-Shows und geizen nicht mit eingängigen Zeilen, die jeder nach einmaligem Hören mitschreien kann, um dann beim nächsten Moshpart Gas zu geben. Die durchweg hohe Qualität der Songs ist Beweis genug für das Können der Berliner, so dass „Filling The Void“ nur jedem ans Herz gelegt werden kann, der auf brachialen Hardcore der modernen Schule steht.