Seit einer guten Dekade ballert sich das ARKANGEL-Quintett durch die europäische Core-Szene und legt mit „Is Your Enemy“ ihren GSR Music-Einstand hin. Im Laufe der Jahre hat sich einzig das Tempo der Songs verändert, der Rest ist gleichgeblieben – es gibt also auch auf dem neuen Silberling gut einen vor den Latz, wie gleich der Opener „Damned Forever“ klarmacht. Baldur schreit sich wie gewohnt die Seele aus dem Leib und gibt den Aggressionslevel vor, dem sich seine Kollegen nur zu gerne anschließen. „Enduring Violence“ ist die Reminiszenz an die eigene Vergangenheit und hat einige schnelle Passagen zu bieten, kann aber überraschenderweise in den schleppenderen Parts mehr überzeugen, was nicht zuletzt an der vielschichtigen Gitarrenarbeit liegt, die mehr als nur bratende Riffs zu bieten hat. ARKANGEL haben sich mittlerweile viel Routine erspielt und diese beim Songwriting zu „Is Your Enemy“ voll ausgeschöpft. Das Ergebnis ist eine geschlossene Platte, in der kein Song qualitativ abfällt und die somit Corlern nahegelegt werden kann.
Was einem das eigene Gehirn für Assoziationen beim Anblick eines Coverartworks gibt. Reiten, geile Sau, Veganer spuckte meine graue Masse bei „Boar Riders“ aus, dem neuen Album der Dänen PILGRIMZ. Die haben mit I Scream Records endlich ein Label gefunden, sind bei vielen prestigeträchtigen Veranstaltungen dabei und überhaupt ein heißer Newcomer und so. Beim ersten Hören zündet die ihnen eigene Mischung aus schwedischem Rotzrock, hartem Metal und Hardcore ganz gut, der Opener „Jimmy’s Castle“ oder das heftige, mit leichtem Punk-Vibe ausgestattete „The Caravan Was Only Bait“ sind fette Songs geworden, roh, direkt und griffig. Aber irgendwie ist die Sau eine billige – leicht zu haben, aber schnell an Reiz verlierend. Ohne Tiefe, ohne Substanz. Gut, ganz so schlimm ist es bei der (gut produzierten) Platte nicht, dafür verstehen PILGRIMZ ihr Handwerk zu gut, aber die richtigen Kracher finden sich nicht und die Songs ähneln sich auf Dauer zu sehr, um „Boar Riders“ zum nächsten großen Danish Dynamite zu machen. Eine solide, gute Leistung, aber nicht der erwartete (erhoffte?) Überflieger.
Ordentlich martialisch sind Bandname, Plattentitel und Artwork ausgefallen, da überraschen die Death Metal-Klänge nicht, die aus der Anlage kommen. THOSE WHO BRING THE TORTURE bedienen sich fröhlich (oder besser: grimmig) bei CARCASS, ILLDIPOSED, ABORTED und der ganzen Schwedenchose, herausgekommen ist dabei brutaler Death Metal. Wenig überraschend, aber was soll’s. Die Schweden verstehen es, die Songs interessant zu gestalten und sich vom stumpfen Blastpart-Marathon abzugrenzen, ohne an Heftigkeit einzubüßen. Richtig gut ist „All Hail The Goat“ geworden, starke Riffs und ein treibender Grundbeat fräsen die Songstrukturen in die Gehörgänge. Erinnert ein wenig an selige „There’s Something Rotten In The State Of Denmark“-Tage von ILLDIPOSED. „You Should Be Brutally Slaughtered“ ist eine gelungene Hymne an späte CARCASS geworden, ohne das Brutaliätslevel nach unten zu drehen. Größtes Manko der Platte sind die Songs, bei denen der Fuß vom Gas genommen und das Tempo gedrosselt wird. Da können THOSE WHO BRING THE TORTURE sidn wirklich überzeugen und verlieren mit dem Groove ihren wichtigsten Trumpf, was einige mittelmäßige Songs zu Folge hat und den guten Gesamteindruck der Scheibe etwas schmälert, auch wenn „Tank Gasmask Ammo“ für die Death Metal-Kompanien interessant genug bleibt, um sich mal ein blutiges Ohr zu holen.
HAVE HEART haben mit „The Things We Carry“ eine grandiose Debütscheibe abgeliefert, keine Frage, und auch „Songs To Scream At The Sun“ ist großartig (um mal das Fazit vorwegzunehmen). Aber die Scheibe bringt es gerade mal auf 21 Minuten Spielzeit und wird für den vollen Album-Preis verkauft! Was soll das? Konsumenten sind ja mittlerweile dran gewöhnt, dass gerade die Ami-Bands ihre Alben nicht über 30 Minuten bringen, was sie gerne mit der Intensität und der Qualität ihrer Songs begründen (wie oft das stimmt, mag jeder für sich selbst entscheiden). Das wird zähneknirschend hingenommen, auch wenn sich immer die Frage stellt, ob die Truppen einfach keine Zeit zwischen dem ewig langen Touren haben, um noch zwei, drei Songs mehr zu schreiben und aufzunehmen, oder ob sie das einfach nicht können. Aber 20 Minuten ist einfach dreist. Dabei können es HAVE HEART doch, gute Songs schreiben sie mühelos in großer Anzahl – „Songs To Scream At The Sun“ strotzt davor, genauso wie es der Vorgänger tat. Seien es das als quasi-Intro fungierende „The Same Son“, das intelligente „Boston“ oder die schnelleren Nummern Marke „On That Bird In The Cage“, jeder Song reißt den Hörer mit, fesselt ihn, verzaubert ihn, lässt ihn die Wut spüren. Da ist viel Hirnschmalz in die Musik und die Texte investiert worden und den Songs eine starke Punk-Schlagseite gegeben worden. HAVE HEART fordern eine intensive Auseinandersetzung mit der ganzen Platte und belohnen jeden der das tut mit zehn Kracher-Songs, die zum Besten gehören, was dieses Jahr im Hardcore-Bereich geschrieben, aufgenommen und veröffentlicht wurde. Trotzdem bleibt am Ende ein fader Beigeschmack, 20 Minuten sind einfach zuwenig für ein Album….
ARCHITECTS werkeln bereits an neuem Material, während „Ruin“ dank des neuen Deals mit Century Media weltweit veröffentlicht wird. Altbacken klingt das Material dennoch nicht, dafür sind ARCHITECTS zu tief im technisch anspruchsvollen Metalcore drin. Die elf Songs sind kein Easy Listening-Stoff, sondern verlangen vom Hörer volle Konzentration, um die tausend Feinheiten, kleinen Spielereien und technischen Kabinettsstückchen zu finden. Und zu verstehen, denn ARCHITECTS machen es niemandem leicht und bauen die Songs sehr verschachtelt auf. Gleichzeitig haben sie darauf geachtet, dass „Ruin“ durchweg brutal bleib und eine dunkle Atmosphäre bekommt,auch wenn (der alte, jetzt ex-)Shouter Matt bei zwei Songs cleane Refrains singt. Solche Parts bleiben die Ausnahme, sowohl was sein Shouting angeht (das etwas facettenreicher hätte sein können und über Genre-Standard nicht hinauskommt), als auch den Grundtenor der Songs, die meiste Zeit regiert Knüppel aus dem Sack auf hohem spielerischen Niveau. „Ruin“ kann zwar keinen echten Hit aufweisen, aber durch gleichbleibend hohes Niveau der Songs und genug zu entdeckende Spielereien für drei Platten lange Zeit fesseln. Für Freunde anspruchsvoller moderner Krachmusik dürfte die Scheibe genau das Richtige sein.
Bands wie ASUNTO führen dem europäischen Musikfreund immer die große Vielfalt vor, die jenseits des westeuropäisch-amerikanisch Topfes. Asien und Südamerika haben sicherlich verdammt viele Bands, die verwöhnten Ohren gefallen könnten, aber viel zu selten kommt eine Bans aus den Ecken beim „richtigen“ Label unter. ASUNTO sind in Chile und Umgebung eine ganz große Nummer in Sachen Metalcore, jedenfalls sprechen hunderte Shows, mehr als eine Dekade Existenz und einige Veröffentlichungen dafür. „Afirmación De Vida“ ist das neueste Langeisen der Band und bietet eine halbe Stunde hartes Metalcore-Gebretter. Das kommt in gutem Soundgewand druckvoll aus den Boxen und kann gerade am Anfang überzeugen. Der (spanisch singende) Sänger spuckt Gift und Galle, die Gitarre verlegen sich auf’s fette Braten und die Rhytmusabteilung unterlegt das Ganze mit dem nötigen Wums. Songaufbau und Spannungsbogen stimmen auch, so dass die ersten Minuten wie im Flug vergehen und für erstes Zucken in den Muskeln sorgen. Wenn sich das Gehirn nicht mit dem nörgeligen Einwand einmischen würde, dass ASUNTO auf Dauer zu uninspiriert zu Werke gehen und die Platte nach hinten raus dadurch etwas an Power verliert, wäre alles gut. Also Hirn aus, Herz an und ASUNTO eine Chance geben, dann läuft das.
Bei mittlerweile stolzen 24 verstrichenen Jahren seit Veröffentlichung ihres Debut-Albums können WHITE WOLF wohl getrost als Rock-Urgesteine bezeichnet werden, wenngleich sich die Studio-Aktivität doch eher in überschaubaren Grenzen hielt. Nach dem Erscheinen des dritten Albums und dem Re- Release der beiden vorhergehenden legt das Sextett nun, quasi zum Ausgleich, noch ein Live-Album vor, aufgenommen Ende September 2007 und, wie der Titel schon sagt, auf deutschem Boden, nämlich beim UFOR-Festival in Ludwigsburg. Überraschend ist das nicht, was WHITE WOLF da abliefern- klassischer 80er-Hardrock eben, man kennt das-, aber auf Überraschungen dürften vermutlich auch weder Band noch Publikum aus gewesen sein. Die Band ist durch das Vierteljahrhundert, das mittlerweile auf ihrem Buckel lastet, definitiv nicht ruhig geworden, die Songs rocken, was sich dagegen rar macht, sind wahre Mitsing-Hymnen mit erhöhtem Erinnerungswert. "What The War Will Bring" fällt durch sehr langes Intro und deutlich ruhigere Gangart etwas ins Auge, ist aber auch kein wirklicher Ohrwurm, der Rest ähnelt sich doch sehr stark und strengt auf Dauer daher eher an. Fazit: Solide Live-Performance, aber primär wohl nur ein Must-Have für Fans.
Hamburg und St. Catherine im schönen Kanaden sind die geographischen Anhaltspunkte bei dieser Split, Metalcore ist der gemeinsame Nenner der beiden Combos, die sich in den sechs Songs die Ehre geben. Den Anfang machen die Hansestädter, BETWEEN LOVE AND MADNESS. Die spielen altbekannten Metalcore mit allem was dazugehört, clean gesungene Parts und wuchtige Breakdowns inklusive. Besonders hervorzuheben sind dabei der Sänger, der sehr abwechslungsreich agiert, auch wenn er in den aggressiven Parts noch mehr Power entwicklen könnte, und der fett wummernde Bass. Zwar bieten BETWEEN LOVE AND MADNESS keine großen Überraschungen, liefern aber drei solide, nie langweilige Metalcore-Nummern ab, die für Genrefreunde interessant sein dürften.
THE AFTER CHAPTER hauen in die gleiche Kerbe, Metalcore schert sich nicht um tausende Meilen Luftlinie. Die Kanadier gehen brutaler zu Werke, verspielte Parts gibt es hier, dafür immer ordentlich auf die Zwölf. Shouter Adam unterstreicht das mit seinem sehr brutalen Organ und auch Gitarren sind deutlich brutaler als bei den Hamburger Kollegen. Allerdings geht das zu Lasten der Individualiät, THE AFTER CHAPTER können sich nicht eigenständig genug machen, um auf Dauer interessant zu bleiben. Für eine EP reicht das, ein Album wäre langweilig. Interessant ist die Split für Metalcore-Freunde auf jeden Fall, um zwei Nachwuchscombos vereint auf einem Tonträger antesten zu können, gibt es mittlerweile ja viel zu selten. In beiden Bands schlummert Potential, das mit etwas Arbeit voll ausgeschöpft werden kann.
THE ROTTED bringen mit „Get Dead Or Die Trying“ zwar ihr Debütalbum in die Läden, sind aber keine Unbekannten: hinter dem Namen verbergen sich GOREROTTED, die verrückten Londoner Death/Grind-Chaoten. Die haben nach dem letzten schwachen Album die Reißleine gezogen und ihren Sound soweit umgebaut, dass ein neuer Bandname her musste. War auch gut, noch so eine Scheibe wie „A New Dawn For The Dead“ brauchte die Welt echt nicht. Leider ist den Londonern bei allen Änderungen auch das chaotisch-verrückte Feeling abhanden gekommen, dass sie erst symphatisch machte. Wer die Truppe in ihren Glanzzeiten Live erlebt hat, wird das bei THE ROTTED umso mehr bedauern. Der zweistimmige Gesang ist auch nicht wieder aufgetaucht und auch die Pseudonyme wurden über Bord geworfen. Geblieben sind die bitterbösen Texte, immerhin. Die neuen Songs sind beileibe nicht schlecht und können durch den neu hinzugekommen Punk-Appeal überzeugen, zumal die Herren mittlerweile ihr Handwerk wirklich verstehen, sowohl an den Instrumenten als auch beim Songwriting. Besonders deutlich wird das bei Mr McCrow am Gesang, der deutlich variabler als zu GOREROTTED-Endzeiten röhrt. Wären THE ROTTED frei von ihrer Vergangenheit, wäre „Get Dead Or Die Trying“ ein ziemlich gutes Debüt, so verdrückt der GOREROTTED-Nachweiner eine Träne im Knopfloch beim Hören des neuen Werkes…
Kann sich irgendwer noch an Soundgarden erinnern – und damit den Unterschied zu coolen Ami-Rock-Bands und Alternative-Weichkäses wie Nickelback? Wenn ja, dann füllen diese Schweizer vom schlimmen Montag die Lücke für angesprochene "irgendwers" mühelos. GREY MONDAY haben coole Grooves, mitreißende Hooks und scheuen auch vor balladesken, stonerigen, aber niemals schmalzigen Parts nicht zurück. Rock, Grunge, Alternative heißen die Zutaten der Band um die Pfister-Brüder, die ordentlich Arsch tritt. Leichte Abstriche gibt’s beim recht abwechslungsvollen Gesang („Twilight Girl“ dürr, „Everything“ kommt mit New-Model-Army-Charme), der ein ums andere Mal auch etwas leierig daherkommt („Dealermen“) und seine beste Seiten bei den härteren Parts offenbart. Kein Album für absolute Härtner, aber für die Art von Musik ist das Ganze wirklich kompetent zusammengeklöppelt. Auch, wenn sie’s nicht erfunden haben….