Das SACRED REICH-Album “The American Way” von 1990 ist vielleicht eines der besten und vielschichtigsten Thrash-Alben aller Zeiten, das Comeback in Wacken trieb selbst den Hartgesottensten die Tränen in die Augen. Hier reiht sich Klassiker an Klassiker, auch, wenn das Tenmpo sicherlich nicht zu den höchsten der Thrash-Welt zählt, so hat „The American Way“ jede Menge Dampf. Es groovt allerorten, tolle Texte entbehren jeglicher Peinlichkeit und sogar das stil-fremde, funkige Stück „31 Flavors“ nervt auch heute, fast 20 Jahre später, nicht. Worte über das, vor allem in der zweiten Hälfte unglaubliche „State of Emergency“ und all die anderen Super-Songs zu verlieren, hieße eine Grand Canyon nach Arizona zu tragen. Danke Displeased für diese schlichtweg intelligente Scheibe als lohnenswerte Neuauflage. Die CD kommt als Jewelcase oder limitiertes Digi-Pack. Die Versionen sind remastert und enthalten als Bonusmaterial rohe, ungehobelte und ungewöhnliche Vorproduktions-Demoaufnahmen folgender Songs: „The American Way“, „Love... Hate”, “Crimes Against Humanity”, “State Of Emergency”, “I Don´t Know”, “31 Flavors” sowie ein zeitgemäß-politisches Promo-Video zu “The American Way”, das Digi-Pack noch einen zusätzlichen Patch. Also, Johnnys dieser Welt, niemals vergessen: “All that stuff is evil…“ oder auch: “Music is no cause of death, just open your ears and listen…“..
„Das ist der Krieg!“ – mit diesen vielsagenden Worten beginnt das sechste Album der Kieler Massenvernichtungswaffe ENDSTILLE. Eigentlich hatte ich gedacht, dass die Jungs ihr absolutes Meisterwerk „Navigator“ von 2005 nicht mehr würden toppen können, nachdem das letzte Album „Endstilles Reich“ das hohe Niveau seines Vorgängers „nur“ halten konnte. Doch der „Verführer“ hat ganze Arbeit geleistet: besser als hier haben ENDSTILLE noch nie geklungen. Vielleicht lässt man sich auch immer wieder durch die unglaubliche Ohrwurmwucht des überragenden 2005er Titelsongs täuschen, aber über die Spielzeit eines gesamten Albums habe ich das Quartett ganz subjektiv noch nie so kompromisslos, aufs Allernötigste reduziert und dennoch in seinem eng abgesteckten Rahmen abwechselungsreich vernommen. Unbändig nach vorne peitschende Stampfer wie „Hate Me… God?“ und „Suffer In Silence“, das überragende „Depressive/Abstract/Banished/Despised“ (einer der besten Songs der Band überhaupt!), aber auch gewohnte Hochgeschwindigkeitsattacken wie „Monotonous“ oder „Dead“ sind ungekünsteltes Black Metal-Inferno pur, ohne Schmachtfetzen, ohne Pomp, ohne Schnörkel, sondern nur und ausschließlich geradeaus in die Fresse. Dabei wechseln sich oftmals rasende Passagen und auffällig viele Midtempo-Parts ab, was „Verführer“ sogar noch an Heaviness gewinnen lässt. Die undergroundige, aber keineswegs zu sehr blecherne Produktion tut das Übrige um dieses Album als insgesamt bislang stärkstes ENDSTILLE-Werk über die Ziellinie laufen zu lassen. Diese Band ist endgültig erwachsen geworden und so gut wie noch nie. Erstliga!
AMORAL-Fans aufgepasst! Die neue Scheibe hat nichts mehr mit der Band zu tun, die melodischen Death Metal zockte (und Kollege Knackstedt anno 2007 verzückte)! Mit Ari Koivunen kam ein neuer Sänger an Bord (der eine dieser Superstar-Shows gewonnen hat) und brachte wohl gleich eine neue Ausrichtung mit – anno 2009 sind AMORAL eine weichgespülte Power Metal-Band, nicht anderes. Und das machen sie nicht mal gut. Die Songs sind vorhersehbar, die Produktion ist Standard und der Gesang selbst für Eierkneifer-Metal zu soft. Melodiebögen und Hooklines sind der von tausend anderen Bands bereits gemachte Standardkram, da will sich dann auch nicht ein einziger Song von „Show Your Colors“ im Ohr festbeißen. Das ist alles nix, Leute. Richtig schlimm wird es natürlich für AMORAL-Fans, die die neue Scheibe blind kaufen. Macht das nicht, lasst euch vorher von den MySpace-Songs abschrecken oder hört beim lokalen Dealer in die Scheibe rein!
Schon blöd, wenn der eigene Bandname mal witzig oder provokant war, dann aber die Realität zurückschlägt. So im Fall von BLACK PRESIDENT. Naja, kanste nix machen, außer Kopf runter und weiterrocken. Darauf haben sich die Amis dann auch besonnen und wäre dabei so gerne RISE AGAINST oder ANTI-FLAG, politisch, beliebt und erfolgreich. Bis dahin ist es aber noch ein weiter Weg, gerade beim Songwriting hapert es auf Dauer doch – die 15 Songs sind zwar ganz ok, über Albumlänge aber zu gleichförmig, da wäre weniger mehr gewesen. Handwerklich ist das alles solide, aber zum großen Wurf fehlt etwas mehr Talent beim Songschreiben und die Fähigkeit, einen Song auch mal nicht zu verwenden (gerade wenn er so klingt wie die acht vorher geschriebenen). Bonuspunkt gibt’s für das coole „Iron Fist“-Cover, aber auch das rettet „Black President“ nicht vor dem Mittelmaß.
Einen Sound, wie ihn MILLION DOLLAR RELOAD spielen, habe ich schon lange nicht mehr gehört. Na ja, mal abgesehen vielleicht vom letzten AC/DC-Album… Und genau in diese musikalische Richtung geht es eben auch mit dem Fünfer aus Nordirland: Hier wird noch der Hard Rock der alten Schule hochgehalten. So bewegt sich der Sound von MILLION DOLLAR RELOAD irgendwo zwischen den oben genannten, den alten GUNS ´N ROSES, AEROSMITH und SKID ROW und fällt mal bluesiger, mal rock ´n rolliger, mal auch sleazy oder glamig aus. Das erstaunliche ist, dass die Jungs dermaßen abgehalftert rüberkommen, dass man meinen könnte, sie wären schon seit 30 Jahren im Geschäft, es sich bei „Anthems Of A Degeneration“ aber um ihr Debüt-Album handelt. Gleichzeitig klingt hier aber nichts nach aufgewärmten, alten und angestaubten Kamellen, sondern gehen die Jungs mit einer Energie und Spielfreude zu Werke, die ansteckend wirken. Dazu lauern mit Songs wie „Dead Like You“, „International Anthem“ und „Livin’ In The City“ an jeder Ecke unwiderstehliche Ohrwürmer. Obwohl man alles schon mal irgendwo gehört zu haben glaubt, macht diese Scheibe von vorne bis hinten einfach nur Spaß.
Anneke van Giersbergen hin oder her – das neue Album von THE GATHERING atmet die Sphären der letzten großen Alben der Band von Beginn dieses Jahrtausend, keine Frage. Die Niederländer zeigen auch nach dem Ausstieg ihres Aushängeschildes das sie noch immer meisterhaft melancholische Kompositionen mit dezent, gezielt eingesetzten Gitarren und wunderbaren Synthiepassagen erschaffen können. Die engelsgleiche Stimme der neuen Frontfrau Silje Wergeland (OCTAVIA SPERATI) erinnert dabei oft bis ins Detail an ihre Vorgängerin, einschließlich Chöre und Gesangslinien. Das dürfte kein Zufall sein. THE GATHERING haben sich bewusst dafür entschieden keinen Bruch zu wagen, sondern „The West Pole“ als eine Weiterführung des erfolgreichen Konzeptes, als das ihre Fans THE GATHERING verstehen, anzugehen. So hat auch das neue Album also weiterhin gar nichts mehr mit den harten Urzeiten der Band gemein, das mal vorneweg; ist aber auch nicht so getragen ruhig wie der direkte Vorgänger „Home“. Ansonsten starten die 10 Songs mit dem von einer verzerrten Gitarrenmelodie getragenen Instrumentalstück „When Trust Becomes Sound“ überraschend laut, bevor das bereits bekannte, auch wieder mit Gitarren versehene wunderschön melodisch traurige „Treasure“ den Hörer in die bekannte GATHERING-Atmosphäre eintauchen lässt. Vollends zu Giersbergen-Zeiten zurückgebeamt wird man dann mit dem Titelsong „The West Pole“, welcher Sehnsucht auf wunderschöne Weise vertont. Wie manches auf dem neuen Album erinnert auch dieser Song an den 2000er Überflieger „if_then_else“. Die beiden Schlusstracks „No One Spoke“ und „A Constant Run“ atmen dann wieder mehr Rockaffinität, schlagen an sich aber in die gerade genannte Kerbe. Das es eine ursprüngliche Planung gab, das Album von verschiedenen Gastsängern(Innen) einsingen zu lassen spiegelt sich darin wieder, das bei dem mit einem tanzbaren Beat unterlegten „Pale Traces“ noch die Mexikanerin Marcela Bovio (STREAM OF PASSION) am Mikro zu hören ist und beim träumerischen „Capital Of Nowhere“ Anne van de Hoogen den Gesangspart inne hatte. Beide machen ihre Sache richtig gut, aber es ist hörbar, das THE GATHERING mit Silje Wergeland sicher ein großes Los gezogen haben - wie auch, dass wir es hier mit einem Album auf durchgehend hohem Niveau zu tun haben – zurücklehnen, wirken lassen und genießen. Fans der Band können hier gar nichts falsch machen, und für mich ist „The West Pole“ eines der Highlight des Jahres. THE GATHERING – schön das es euch so noch gibt.
Im Jahre 2004 traten vier junge Italienerinnen an, um den Rock der 80er Jahre wieder aufleben zu lassen. Sie nannten sich CHERRY LIPS, verpassten sich authentische Outfits und schrieben Songs, die musikalisch zwischen Joan Jett und AEROSMITH liegen. Jetzt ist ihr selbst betiteltes Debüt-Album erschienen, und darauf verpassen sie dem Hörer 12 Songs lang Hard Rock der alten Schule, mal rock ´n rollig, mal glamig, mal auch poppig. Das positive ist, dass sie dabei so angenehm unangestrengt klingen, dass man ihnen ihre Masche absolut abnimmt und ihrem Sound kein Stück der Mief aus der Mode gekommener Musik anhaftet. Auf Dauer wird die Scheibe aber doch etwas anstrengend, oder böse gesagt: Irgendwann kann man’s dann echt nicht mehr hören. Hinzu kommt, dass es dem Gesamtsound etwas an Druck und Dreck fehlt und die Stimme von Sängerin/Gitarristin Stefania ein bisschen zu dünn rüberkommt, so dass es nie wirklich abgeht. Das programmatische Cindy Lauper-Cover „Girls Just Wanna Have Fun“ schließlich kommt nicht nur ziemlich uninspiriert rüber, sondern geht komplett nach hinten los. Unterm Strich ist das alles irgendwie ganz witzig, so richtig vom Hocker reiβt es einen aber nicht.
Das Ende der dritten Folge ließ viele Fragezeichen auf der Stirn der Hörer stehen - so abrupt wie die letzte endete beginnt dann aber zum Glück auch die vierte und gibt uns die Antworten nach denen man giert. Für das große Ganze scheint die Geschichte aus dem Dorf dabei aber eher unwichtig zu sein und bedient klassisches Abenteurertum. Überkrieger Garlan besinnt sich auf sein Ziel als hätte er es nie aus den Augen verloren. Die Sprecher sind wiederum überragend, der Sound extrem dicht und auch im Detail liebevoll umgesetzt. Die Geschichte nähert sich dem Höhepunkt, eine interessante und clever integrierte Wendung betrifft den Erzähler der Geschichte - eine Überraschung ist garantiert. Trotz vieler Intrigen, mehrerer Handlungsorte, teils eingeflochtener Visionen in Traumgestalt gelingt es dank geschickt gewählter Klangfarben der Protagonisten leicht zu folgen. Und sollte doch einmal ein Zusammenhang fehlen hilft ein Blick ins übersichtlich gestaltete Booklet. Und eine wahre Perle der Wortschöpfung findet sich dort bei der Benennung von Kapitel 18: "Was Fällt Mir Denn Da Aus Der Hose?" ließ mich laut lachen - aus solchen Sätzen (die aus dem Mund des mächtigen Garlan stammt) werden keine Helden gemacht. Weirdoz* hat eine tolle Hörspielserie kreiiert, die ihren Witz aus leisen Tönen bezieht und die qualitativ ein stabiles und hohes Niveau erreicht hat. Bis zur nächsten und letzte Folge muss aber etwas gewartet werden: Das Team der Hamburger Hörspielschmiede gönnt sich eine Sommerpause.
HACRIDE konnten mit ihren ersten beiden Scheiben bereits überzeugen, haben sich für ihr “make it or break it”-Album einer leichten Kurskorrektur unterzogen: Anders als früher werden wie melodischen, atmosphärischen Parts mehr in den Vordergrund gestellt, wohingegen chaotische Passagen beinahe genauso fehlen wie die klinisch Atmosphäre der von Industrial beeinflussten Bands Marke STRAPPING YOUNG LAD. Das gibt den sieben überlangen Songs eine leichte Postcore-Note (wozu auch der heisere Gesang seinen Teil beiträgt), gerade in den ruhigen Passagen. Auf der anderen Seite steht der Death Metal, der immer klar erkennbar das Gerüst von „Lazarus“ bildet. Herausgekommen ist eine atmosphärisch dichte Platte, die sich von den Vorwerken der Band unterscheidet und für eine erweitere Hörerschaft interessant ist. Allerdings fehlt HACRIDE noch das Gespür für die richtige Mischung aus Atmosphäre und Eingängigkeit: manche Songs sind schlicht zu lange, manche ruhige Parts dauern einfach zu lange und ziehen sich dadurch, ohne den Spannungsbogen halten zu können. Interessant ist „Lazarus“ allemal und zudem ein Grundstein für eine erfolgreiche Existenz als eigenständig klingende Band, auch wenn HACRIDE an den Details noch arbeiten müssen.
In den 60er und 70er Jahren gehörten TEN YEARS AFTER zur Creme de la Creme der internationalen Hardrock-Szene; darüber hinaus kann die Band, in der bis heute immer noch drei der vier Gründungsmitglieder von 1967 aktiv sind (lediglich Gitarrist Alvin Lee stieg 1975 zugunsten einer Solokarriere aus), auf rund 20 Alben zurückblicken. Zwar konnte man nie den immensen Status von Bands wie den ROLLING STONES oder LED ZEPPELIN mitgehen, trotzdem hat sich das Quartett aus Nottinghamshire bis heute gut gehalten, was „Evolution“ klar unter Beweis stellt. Übersieht man einfach mal das lieblose Cover-Artwork und den recht einfallslosen Titel, bietet das Album ganz traditionellen, wenig spektakulären, aber sehr hörenswerten, Blues-gefärbten Hardrock der ganz, ganz alten Schule. Ich bin mir sicher, dass jeder Metaller und selbst jeder nicht ganz so hart eingestellte Rocker, der jünger ist als 40-50 Jahre, wenig bis gar nichts mit dieser Musik anfangen kann, da sie mit dem heutigen Zeitgeist überhaupt nichts mehr verbindet. Dennoch besitzen Stücke wie die balladesken „Why´d They Call It Falling“ und „I Never Saw It Coming“ (schöne Melodien!) oder das rock´n´rollige „Slip Slide Away“ einen gewissen Charme, auch wenn sie sich stilistisch fast ausschließlich an die Generation richten, die mit dieser Musik aufgewachsen ist und seit Jahrzehnten zum „Establishment“ gehört. Eine gute Platte ist „Evolution“ aber allemal, vielleicht sogar völlig zeitlos, aber das muss jeder Fan für sich selbst entscheiden.