Meine Kollegin Tennessee hat im Review zu „Evil Days“ (siehe Review), dem letzten Album der Schweden, den Nagel bereits auf den Kopf getroffen, der ohne Einschränkung auch für „Chaos And Greed“ gültig ist: erstens beschleicht einen wirklich alle paar Sekunden das Gefühl, hier alles schon einmal irgendwo anders (besser!) gehört zu haben, zweitens orientieren sich HEEL nicht nur an RAINBOW, sondern sie kopieren sie fast 1:1, wie die Chinesen unsere Autos. Und drittens überzeugt auch hier kein einziger Song wirklich! Ein Stück wie „Did You Know“ nervt geradezu mit zuckersüßem Kitsch, und bei „Kingdom Comes“ wird so dreist bei RAINBOW´s „Stargazer“-Jahrhundertwerk geklaut, dass es schon regelecht wehtut. Da fallen die paar netten Melodien, die sich die Jungs hin und wieder aus dem Kreuz leiern, kaum noch ins Gewicht. Da macht eine Band wie AXEL RUDI PELL, die seit Jahr und Tag den gleichen stilistischen Kurs fährt, einen um Lichtjahre besseren Job, weil dort die göttlichen Vorgaben zu einer eigenen Suppe verkocht werden und nicht nachgespielt und mit eigenem Etikett beklebt. Auch wenn HEEL objektiv nicht viel falsch machen: „Chaos And Greed“ ist lediglich eine Scheibe für Allessammler und dürfte im heiß umkämpften Melodic Metal-Sektor mit Schimpf und Schande untergehen.
Der erste Eindruck des dritten DISTANCE IN EMBRACE-Albums „To Hell With Honesty!” ist kein besonders guter, dafür klingt der Metalcore der Mindener zu unspektakulär. Aber siehe da, mit jedem Durchlauf wächst die Platte und schafft es, sich vom Genre-Einheitsbrei abzusetzen. Es zwar wirklich nicht neu, was von der Band hier verwurstet wird, von Hardcore („The Devil And The Sea“) bis Metal („Far From Eye, Far From Heart“) ist alles dabei, wobei der immer wieder schwarzmetallische Gesang für eine eigene Note sorgt, so giftig ist kaum jemand von der Konkurrenz. Dagegen stinkt der klare Gesang ab und kann nur selten überzeugen, meistens ist er zu gefühllos und generisch ausgefallen. Das lässt sich vom Songaufbau und gerade der Gitarrenarbeit nicht sagen, da haben DISTANCE IN EMBRACE gute Arbeit gemacht, die Sechssaiter können’s melodiös wie heftig und tragen viel zur Atmosphäre der Platte bei. „To Hell With Honesty!” ist eine mächtig heftige Abrissbirne, die zwar nicht ganz an Landsleute Marke NEAERA rankommt, aber überzeugen kann und das Potential der Band zeig. Als Bonus gibt es noch eine DVD mit Videoclips, Tourvideo und Making Of, was das Package zu einer lohnenden Sache für Metalcorler macht.
Was haben sich manche nach der Rückkehr des alten Gitarristen Twiggy von MARIYLN MANSON erhofft. Gar ein neues "Antichrist Superstar" wurde erwartet, doch "The High End Of Low" ist genau das nicht geworden. MARILYN MANSON ist nicht mehr ätzend, er schockt nicht mehr und zu seinem großen Glück: Er weiß das und versucht es auch nicht mehr. "The High End Of Low" ist ein schönes Album geworden, selten war Manson abwechslungsreicher und es scheint als hätte er das Songwriting-Zepter nicht gänzlich an Twiggy zurückgegeben sonden gemeinsame Sache gemacht. Es ist einiges geblieben vom eher ruhigen Stil des Vorgängers, die Songs scheinen weniger selbstreflektierend zu sein sondern gehen textlich wieder etwas bissiger zu Werke. Es tönt wieder rockiger aus dem MANSON-Lager, doch das Album beginnt dabei jedoch ziemlich wackelig, denn "Devour" ist kein Highlight und scheint den Weg zum wieder etwas härteren Industrial Rock mit Samthandschuhen einleiten zu wollen und braucht ewig um zu zünden. Eher unspektakuläre weil typische Songs wechseln sich mit spannenden Tracks ab: "Leave A Star" ist fast ganz normaler Rock (und damit ziemlich unnormal für MARILYN MANSON), "Four Rusted Horses" staubiger Südstaatenrock aus Twiggys Feder, der alles hat was ein solcher Song braucht - nur keinen Höhepunkt. "Running To The Edge Of The World" ist gewollt schnulzig und beinahe augestzt entspannt, die cleanen, höheren Vocals gegen Ende sind zerbrechlicher denn je, die kurzen Gitarrenausbrüche pointieren die Tatsache dass die Band genau weiß, dass sie dem Hörer vorenthalten was er glaubt hören zu wollen. Bei aller Abwechslung gibt es aber auch funktionierende Hits (beide schon als Maxi veröffentlicht): "Arma-Godd**n-Motherf**kin-Geddon" ist eher klassiche Manson Kost (der "Teddy Bears Remix" verpoppt den Song unnötig), das flotte "We're From America" ist sicher der coolere der beiden Songs mit einem fies monotonen Rhythmus und etwas untypischeren, weniger bissigen Gitarren. "The High End Of Low" erschreckt nicht mehr und zeigt MANSON weiter auf dem Pfad ein soliden Rockband.
Im Ingenieurwesen verhält es sich so, dass alles, was man auf den Markt bringen möchte, aufs Genaueste berechnet, simuliert und kalkuliert wird, damit die Funktionserfüllung stets gewährleistet ist. Demnach müsste OLD MAN´S CHILD-Mastermind Galder eher zu diesem Personenkreis als zur Gattung böser Schwarzmetaller gehören. Erneut hat er ein Album entworfen, das bis ins kleinste Detail vorausberechnet ist: die (zugegebenermaßen fette) Produktion stammt von Fredrik Nordström, die Drums wurden von Peter Wildoer (DARKANE, PESTILENCE, ARCH ENEMY,…) eingespielt, und das Songwriting bewegt sich auf immer stilsicherem Niveau. Das Album erfüllt seinen Zweck – aber leider auch nicht mehr. Man fühlt sich wie tief im Hollywood nordischer Schwarzmalkunst: gestylt, blank poliert, pseudo-ästhetisch. Songs wie „The Crimson Meadows“ oder „Unholy Foreign Crusade“ bollern mit wuchtigen Gitarren und mit erfreulich wenig Pomp aus den Boxen und erzeugen eine regelrechte Wand, die selbst die letzten DIMMU-Alben kaum toppen können. Doch hinter all dem Schein fehlt Galder einfach der Mut zu Tiefgang, Schmutz und Genre-typischer „Fuck Off“-Attitüde. Alles bewegt sich an der Oberfläche, ist vorhersehbar und irgendwie seelenlos. „Slaves Of The World“ ist fraglos eine sehr hörenswerte Scheibe, doch hat Galder eindeutig die gotisch angehauchte Zielgruppe im Visier, denn dort kommt es nicht auf Inhalte an, sondern nur auf Style, Vorausberechnung und unterkühlte Sterilität. Ein wirklich gutes Album, aber nicht für Black Metaller!
René THOMSEN ist im Musik-Biz kein Unbekannter – allerdings nicht als Künstler, sondern als Ausstatter zahlreicher großer Bands (BRS – Backline Rental Service). Sein eigenes Equipment, nämlich die Gitarre, wollte der gebürtige Schleswiger jetzt auch mal in den Mittelpunkt stellen und holte sich dazu reichlich Prominenz dazu – als da wären u.a. die Gitarristen Herman Frank (ACCEPT, VICTORY, MOON DOC) und Henni Wolter (PRIMAL FEAR), die Bassisten Neil Murray (BLACK SABBATH, WHITESNAKE) und Nibbs Carter (SAXON), die Schlagwerker Stefan Schwarzmann (ACCEPT, UDO, KROKUS) und Bobby Jarzombek (HALFORD). Das Mikro bei allen 12 Songs auf „Let’s Get Ruthless“ übernahm CHOLANE und MOON DOC Frontmann Jürgen Wulfes – THOMSEN zeigt da ein guten Händchen - denn Wulfes überzeugt mit seinem emotional-voluminösen Gesang der leicht an SAXON erinnert und schafft so eine Stimmung zwischen Hard Rock und Metal – passend zum 80er lastigen Stil von THOMSEN. Als Reinhörempfehlung seien mal genannt: der Banger „Ruthless“, die schnellen Hymne „Heaven & Hell“ und „Bang Your Head“ sowie das moderner klingende „Show Me Your Fear“. Das RATT-Cover „You’re In Love“ zum Schluss hätte man sich aber durchaus schenken können. So ist THOMSEN’s „Let’s Get Ruthless” ein respektables Album geworden – das zwar immer wieder sehr deutlich seine Affinität zu den genannten Vorbildern und den hier Mitwirkenden offenbart, aber trotzdem richtig Spaß macht.
Jo, was ein Hammer. Die neue Scheibe von CAGE legt los wie ein Hurrikane und zieht das dann gnadenlos bis zum Ende durch – ein wahrer Power Metal Vernichtungsfeldzug, welcher im Gegensatz zum Albumtitel „Science Of Annihilation“ wenig mit Wissenschaft zu tun hat, sondern auf Basis ausnahmslos qualitativ hochwertiger Songs instrumental ballert was das Zeug hält - und mit Sean Peck (an sich Sean Robert Livingston Peck) einen Sänger vorn hat, der mit seinem Gesang und insbesondere den Screams heute dahin kommt wo Freund Halford vor fast 20 Jahren die Messlatte hingelegt hat. Mit ex-PSYCHOTIC WALTZ Drummer Norm „The Legend“ Leggio hat man dann noch eine Koryphäe am Schlagzeug, welche den im Vergleich zum Vorgänger abwechslungsreicheren und auch mal leicht zurückgenommen Songs durchweg Druck und Groove verleiht und damit die fünfte Scheibe der Mannen aus San Diego noch zusätzlich veredelt. Jedweder Fan dürfte bereits nach den riffgewaltigen Opener-Duo „Planet Crusher“ und „Scarlet Witch“ (melodisch, temporeicher Überflieger mit Killerrefrain) restlos hinweg sein. Aber vom etwas am traditionellern, hymnischen Metal angelehnten „Spirit Of Vengeance“, dem speedigen und mit unglaublichen Vocals ausgestatteten „Black River Falls“ über das heiß gestrickte „Stranger In Black“, die Abrissbirne „Die Glocke“ bis zum fulminanten Titeltrack „Science Of Annihilation” passt da mal wieder alles. Es ist schon so – CAGE klingen (immer noch) so, als hätten sie sich aus dem „Painkiller“ entwickelt und in das Heute gerettet. Ergo - wer nur halbwegs auf anständigen Power Metal mit gehörig Wumms steht kommt Anno 2009 an CAGE und „Science Of Annihilation“ nicht vorbei.
FAUST AGAIN sorgen im ersten Moment für Verwirrung, sind auf der CD doch nur sieben Songs angegeben, während der Player 13 anzeigt. Hu? Des Rätsels Lösung: zwischen den reguläre Nummern finden sich immer wieder Keyboard-Stücke, die allerdings sehr unpassend wirken und die FAUST AGAIN-Songs nicht verbinden. Merkwürdig. Die eigentlich interessanten Songs präsentieren FAUST AGAIN wie gehabt als moderne Metalcorecombo, die sich munter bei angesagten Bands bedient und sich einen modernen Sound gegeben hat. Im Vergleich zum letzten Werk ist das Songwriting aber weniger gelungen, die Songs ähneln sich zu sehr und können das hohe Niveau des Vorgängeralbums nicht halten. Zudem ist der Gesang immer noch so monoton wie gehabt und geht nach spätestens zehn Minuten mächtig auf die Nerven. Das ist also alles nix, mit „The Trial“ kommen FAUST AGAIN leider nicht aus dem Mittelmaß eines überlaufenen Genres heraus.
Es gibt einige gelungene Coveralben da draußen, ENTOMBED und NAPALM DEATH seien da nur genannt. HATEBREED versuchen mit „For The Lions“ gleichzuziehen und haben sich 18 Songs vorgenommen, die für die Band bzw. die Musiker wichtig sind. Da finden sich erwartungsgemäß ein Haufen HC/ Punk-Bands, von NEGATIVE APPROACH, deren „Sick Of Talk“ HATEBREED schön räudig rüberbringen über SICK OF IT ALL („Shut Me Out“ ist sehr nah am Original, selbst beim Gesang) bis zu BLACK FLAG, von denen „Thirsty“ genommen wurde. Generell sind die Songs nah am Original und gleichzeitig ist die HATEBREED-Handschrift zu erkennen. Genau so, wie ein Coversong sein soll. Und über die Songauswahl lässt sich nicht streiten, da haben Jamey Jasta und Co. einige coole Songs genommen, auch wenn sie Überraschungen missen lassen. Potential für „For The Lions 2“ muss ja aber auch noch da sein…
8. Juni, Parkplatz Smalle Haven, mitten in Eindhoven: Beim zweiten Dynamo Open Air treten die Jünglinge TESTAMENT auf – und treten damit eine Lawine los, die damals wohl niemand für möglich gehalten hätte. Jahrelang ist die Stadt in Brabant das Mekka des Metal, erst als beinahe 120.000 Fans in ganz Holland für den absoluten Verkehrsinfarkt, deutet sich das Ende des Dynamo-Booms an. 1987 aber war irgendwie alles noch idealistischer – mit mehreren Tränen im Knopfloch denken alle dran zurück, wenn sie damals dabei waren oder/und heute in Wacken sind. Nun aber zu dieser Veröffentlichung. Es gab sie bereits als Vinyl-Veröffentlichung, heute hat sie Prosthetic wieder veröffentlicht. Unterschied: Der Sound ist nachgebessert (aber immer noch sehr authentisch). Und die Scheibe enthält den kompletten Auftritt, also neben den fünf ursprünglichen Titeln auch „Disciples Of The Watch“, „The Haunting“, „First Strike Is Deadly“, ein Skolnick-Solo, sowie „Curse Of The Legion Of Death“, dazu die Chose in richtiger Reihenfolge. Die Scheibe ist super, die Tränen der Melancholie kehren zurück, zumindest ins Knopfloch. Auch, wenn die neue TESTAMENT-Scheibe gut sein mag, damals waren sie göttlich. Und das Dynamo sowieso…
Soso, DEAD MEANS NOTHING (die nichts mit der gleichnamigen spanischen Band zu tun haben, auch wenn das häufig angenommen wird) sind also aus einem Motorradunfall hervorgegangen, weil Bandgründer Mickey Rude im Jahr 1996 aus diesem Grund von den Drums zur Gitarre wechseln musste. Danach lernte er seine Mitmusiker kennen, alle hatten sich ganz dolle lieb und beschlossen, von nun an Lemmy zu huldigen. Das Trio klingt ohne Umschweife wie MOTÖRHEAD, allerdings in einer deutlichen „Light-Version“. Dreckigster Bluesrock beherrscht das Geschehen, fördert aber leider keine wirklich nennenswerten Hymnen zutage. Zu beliebig, wenn auch nicht ganz schlecht und ohne Frage anhörbar, klingen Stücke wie „Thy Will Be Done“, „Teenage Punkrock“, „Back In Town“ oder die nette, aber doch irgendwie überflüssige Coverversion des Lemmy-Classix „Going To Brasil“, die gewöhnungsbedürftig verzerrten Gesang auffährt. „Nothing Of Devinity“ ist eine dieser Scheiben, die keinem wehtut, die fraglos sogar ein paar Fans anlocken wird, auf die die Welt aber nicht unbedingt gewartet hat. Dafür sind die „Originale“ einfach zu grandios.