Auf manche Konstante des Rockbiz ist immer verlass – das gilt auch für die mittlerweile in die Jahren gekommenen Herren von UFO. Weiterhin mit drei Originalmitgliedern an Bord, dem Chef und Mann am Mikro Phil Mogg, dem Gitarristen (und Keyboarder) Paul Raymond und Drummer Andy Parker liefern UFO auf „The Visitor“ 10 klassische Hard Rock Nummern, melodisch eingängig, klar arrangiert, mit Blues-Einschlag und schönen Soli, welche der zweite Gitarrist Vinnie Moore (seit 2003 Nachfolger von Gitarrengott Michael Schenker) ohne Starallüren und mannschaftsdienlich präsentiert – und das mit der richtigen Mischung aus Feeling und Rockattitüde. Als Anspieltipps für Fans und UFO-Frischlinge seien mal der hitverdächtige Rocker „Hell Driver“, das fast schon als AOR-Rock daherkommende „Stop Breaking Down“ mit seinem klasse Gitarrensolo, sowie die vom 70er-Blues- Rock getragenen Nummern wie der Opener „Saving Me“ und das cool southern groovende „Living Proof“ genannt. Natürlich ist das alles nichts Neues, und natürlich sind das nicht die 70er. Aber mit „The Visitor“ haben UFO ein echt gutes Rock Album vorgelegt, welches den Fans ausgezeichnet munden wird und das wohl einen anständigen Platz in der umfangreichen Biografie der Band einnehmen dürfte.
“One Step Behind Anger” war cool old school, da machen CHAOSFEAR gerne so weiter und liefern mit “Image Of Disorder” die nächste Thrash-Vollbedienung ab. Weiterhin auf moderne Einflüsse einen Scheiß gebend ballern sich die Brasilianer durch 45 Minuten Thash-Gewitter und lassen das Herz von Bay Area-Jüngern und Deutsch-Thrash-Anhängern gleichermaßen aufgehen. Natürlich zieht die Combo Brasilien und Thrash unvermeidlich SEPULTURA nach sich, an deren Glanztaten CHAOSFEAR zwar nicht ganz rankommen (dafür ist das Songwriting dann doch zu schwach auf der Brust), für einen soliden Platz im Mittelfeld reicht es aber allemal. Und da nur wenige Bands anno 2009 noch so charmant, böse und retro zugleich zu Werke gehen, haben CHAOSFEAR eh leichtes Spiel. Da stören auch die Versuche, cleanen Gesang in die Songs zu bringen oder das zum Ende doch limitierte Songwriting nicht wirklich weiter. Thrash as Thrash can!
CHURCH OF MISERY haben mit Rise Above endlich einen kompetenten Partner gefunden, der die Scheiben der Japaner auch im Rest der Welt erhältlich machen wird. Das erste Baby aus der neuen Verbindung ist „Houses Of The Unholy“, auf dem sich die Doomer from Japan wieder ihrem Lieblingsthema, US-Massenmördern, widmen. Musikalisch wird das Ganze in old schooligen Doom verpackt, mit entsprechend erdiger 70s-Produktion, schweren Riffs (hier bitte BLACK SABBATH und KYUSS als Referenz nennen) und ausschweifende Songs. Interessant wird die Chose durch die vielen chaotischen Abschnitte, in denen CHURCH OF MISERY vom Stoner-Doom-Einerlei abkommen und ihre eigenen Akzente setzen, „Shotgun Boogie“ ist da ein schönes Beispiel. Dadurch bleibt „Houses Of The Unholy“ interessant, gerade die Gegensätze zwischen den monotonen Parts auf der einen und den wirren Einschüben auf der anderen Seite machen da viel aus. Für die Zielgruppe ist das Scheibchen definitiv interessant, vor dem Kauf Probehören sollte aber drin sein.
REINXEED aus Schweden legen mit „Higher“ ihr zweites Album vor und bedienen sich mal wieder jenem Bombast und Zutaten, denen Fans von SONATA ARCTICA bis RHAPSODY OF FIRE zugetan sind. Allerdings sind, wie bereits beim Vorgänger, die Ideen nicht immer konsequent ausgearbeitet worden – zu oft scheinen die Songs und Melodien sich um sich selbst zu drehen. Nur der Opener „Haunted Mansion“ und der Titeltrack „Higher“ bleiben da länger im Ohr. Sänger und Bandleader Tommy Johansson und seinen Jungs ist das spielerische Können nicht abzusprechen, auch die durchgehend hohe Geschwindigkeit könnte den einschlägigen Fans freuen, aber sein durchgängig hoher Gesang lässt Emotionen vermissen und die nur zum Teil interessanten Keyboards lassen den Gitarren und selbst dem Schlagzeug kaum Raum zur Geltung zu kommen – so klingen die Songs recht schnell austauschbar. Dazu klingt der Gesamtsound auch noch zu glatt – so als hätte die Band Angst „wen auch immer“ zu verschrecken – „everybodies darling“ funktioniert hier gar nicht. REINXEED bleiben mit „Higher“ also deutlich unter den oben genannten Größen zurück – Genrefreunde sollten hier lieber erst mal testen.
GRACE WILL FALL mussten nach ihrem dem Release ihres ersten Albums krankheitsbedingt eine Auszeit nehmen und wurden in der Zeit auch gleich mal von ihrem Label gekickt, wovon sich die Schweden nicht unterkriegen ließen und sich auf den DIY-Gedanken besannen – so kommt „Second Album“ auf Bandeigenem Label raus. GRACE WILL FALL bieten 15 chaotisch-wirre Songs, mit denen sich natürlich REFUSED-Vergleiche beschwören, für die Hardcore-Fraktion muss dann noch CONVERGE und MODERN LIFE IS WAR dazu und fertig ist die Schublade, in die „Second Album“ gepackt werden. Aber ist das schlimm? Eher nicht, denn die Schweden werden sich da wohl fühlen. Der permanent keifende Gesang, die chaotisch wie sperrigen Songstrukturen und die immer wieder auftauchenden eingängigen Parts („Bittersweet“) lassen auch keine anderen Vergleiche zu – das ist Stressmucke. Immerhin am unteren Ende der Stresserskala angesiedelt, trotzdem weit weg von Massenkompabilität. Darauf zielen GRACE WILL FALL eh nicht ab; hier wird die Hardcore-Fraktion bedient und bekommt ein angenehm eigenwilliges New School-Album, das mit jedem Durchlauf wächst und fesselt.
Die schwedischen Bläckies DARK FUNERAL kleckern auf ihrer ersten DVD-Veröffentlichung nicht, sie klotzen! Während andere Bands einen einzigen, dreiviertelstündigen Gig in derber Handkameraqualität abliefern, schaufeln uns Lord Ahriman und Co. zwei prall gefüllte Scheiben ins Heimkino und nutzen das Medium DVD so aus, wie es eigentlich mal angedacht war. Drei komplette, recht aktuelle Shows, diverse alte Amateur-Konzertaufnahmen von 1994-97 (in wirklich mieser Qualität, aber als Bonus noch ganz nett) sowie ein Video zu „Atrum Regina“ werden aufgefahren, wobei die drei regulären Shows zwar öfter vom Bild her etwas körnig herüberkommen, ansonsten aber professionell mit bis zu sieben Kameras gefilmt wurden. Die beiden Shows vom 05.03.2006 in Tilburg, Holland und vom 17.03.2006 in Paris sind dabei von der Setlist her deckungsgleich; lediglich die Show vom 12.03.2005 aus Kattowitz, Polen zeigt eine etwas kürzere Songauswahl. Der Sound ist in allen Fällen sehr gelungen, wobei man zwar nicht sagen kann, wie viel Material im Studio nachbearbeitet wurde, man jedoch um die technischen Fähigkeiten der Band weiß, wenn man mal einen „echten“ Gig der Jungs miterlebt hat. In Sachen Bewegungsfreude waren DARK FUNERAL nie die Leistungssportler, sondern die Shows leben von der ungeheuren, kompromisslosen Soundwand, die in allen drei Fällen sehr gut eingefangen wurde. Zwar besitzt dieses Doppel-DVD-Set eine Spielzeit von insgesamt knapp vier Stunden inklusive Boni, doch der Preis, der um die 30 Euro rangiert, dürfte wieder einmal nur gestandene Fans der Band auf den Plan rufen, die dafür allerdings die Volldröhnung bekommen!
THE SIN COMMITTEE versuchen auf ihrer ersten EP Progressive und moderne Einflüsse in Einklang zu bringen. Das klingt beim ersten Mal auch ganz gelungen, aber mit jedem Durchlauf wird klar, dass die Musiker Schwächen im Songwriting haben und dadurch jeder Song recht ähnlich klingt. Da fehlt das Überraschende, was beim Progressive so wichtig ist. Zudem ist Sänger Joris sehr limitiert und bewegt sich beinahe durchgehend in der selben (klar gesungenen) Tonlage, was verkraftbar wäre, wenn die Gitarren dann die Akzente setzen würden. Diese Chance verspielen die Sechssaiter, indem sie sich ähnlich limitiert wie der Sänger geben und in den fünf Songs im Grunde immer das gleiche Muster bieten. So scheitern THE SIN COMMITTEE an den eigenen Ansprüchen und müssen sich mit der nächsten Veröffentlichung deutlich steigern, um für Progfans interessant zu werden.
HOODS sind eine der Bands, die sich durch keine Widrigkeit vom selbst gewählten Kurs abbringen lassen. Kompromisslos gehen die Amis ihrer Version des Hardcores nach, komme was da wolle. Stilistisch in der New Yorker Ecke einzuordnen, sind HOODS seit jeher sowohl für Freunde von MADBALL, BLOOD FOR BLOOD und SHATTERED REALM gleichermaßen interessant, gehen dabei aber noch eine Stufe prolliger vor. Und wettern ordentlich über Trends in der Hardcore-Szene, gehen gegen Punks und Emos vor – war da nicht mal was mit Toleranz im Hardcore? Naja. Beim Songwriting haben HOODS ihren Stil gefunden und weichen davon keinen Millimeter ab, was „Pit Beast“ auf Dauer etwas anstrengend macht, aber gleichzeitig auch ordentlich brutal. Keine Schiebe für jeden Tag, keine Scheibe für jeden Corler, aber wer sich an der Attitüde der Bands nicht stört, bekommt genau das, was er erwartet.
„Ancient God Of Evil“ ist eines der ganz großen Death Metal-Alben und im Nachinein betrachtet ein würdiger Abgang für UNANIMATED gewesen. Aufhören, wenn’s am Schönsten ist und so. Knappe zehn Jahre Ruhe haben wohl gereicht, um alte Wunden heilen zu lassen oder das Feuer wieder zu entfachen, jedenfalls haben sich die Schweden 2008 wieder zusammengefunden und beim Party.San einen Gig gespielt; vorher wurde auch schon bei MySpace das Schreiben eines neuen Albums angekündigt. „In The Light Of Darkness” heißt es und muss das sehr hohe Level des Vorgängers toppen – eine Aufgabe, der es nicht gerecht wird. Natürlich sind die Songs der neuen Scheibe großartig und haben vom charakteristischen Gitarrenspiel (das so unglaublich schöne depressive Leads hervorbringt) über den bösartigen Gesang und den Gleichklang von Melodie und Monotonie im Songwriting alles, was der geneigte Fan erwartet. Aber die Songs von „Ancient God Of Evil“ waren einfach das letzte Bisschen besser, genialer, mitreißender. Gänsehaut überkam einen beim ersten Hören jener Scheibe, bei „In The Light Of Darkness“ ist das nicht so. UNANIMATED dringen nicht mehr auf den Grund der Seele vor, so schade das ist. Für die Songs dieser Scheibe würden 95% aller Bands ihren rechten Arm geben und die eigene Oma an den Teufel verkaufen, aber im Falle von UNANIMATED reicht das nicht, um die extrem hohen Erwartungen zu erfüllen. So bleibt es nur ein „Sehr Gut“, wo ein „Sehr Gut mit Sternchen“ nötig gewesen wäre. Aber irgendwie ist das auch jammern auf hohem Niveau. Freuen wir uns, dass sich die Band wieder zusammengefunden und eine starke Comeback-Scheibe abgeliefert hat.
Über die Qualitäten seiner Band GRABNEBELFÜRSTEN kann man geteilter Ansicht sein, aber mit seinem Projekt ALLVATERS ZORN und dem Album „Geburt“ (siehe Review) hat Dirk Rehfus ein wirklich gutes Album vorgelegt, dem sich nun mit „Der Einkehr Später Gast“ des Projektes DAS KAMMERSPIEL das nächste Werk des Lost Souls Graveyard-Chefs anschließt. Das hübsche, traurig dreinblickende Mädel auf dem Cover lässt schlimmsten Gotensabber vermuten, doch das Album offenbart fast noch Schlimmeres: viel zu leise und dünn abgemischt (ich musste meine Anlage zwei Stufen höher drehen um überhaupt etwas zu hören…) und mit viel zu langen elektronischen, Horrorsoundtrack-artigen Zwischenspielen ausgestattet, plätschert „Der Einkehr Später Gast“ unbeirrt und wenig aussagekräftig seines Weges. Dabei sind einige Melodien (zum Beispiel in „Auf Weiter Flur“) und auch diverse atmosphärische Parts (etwa in „Ein Heiliger Ort“) echt gelungen und offenbaren mitunter sogar Ohrwurmqualitäten. Über die wieder einmal sehr bedeutungsschwangeren Texte kann man wie üblich geteilter Ansicht sein, aber sie passen zumindest zum musikalischen Konzept, das in erster Linie tatsächlich die „romantische“ Gotenfraktion und nicht die hasserfüllte Pandagemeinde anspricht. Jene ebenso traurig wie das Covergirl durch die Gegend wandelnden Gestalten sollten sich „Der Einkehr Später Gast“ ruhig mal anhören und selbst entscheiden, ob dem Szene-Mastermind hier ein Griff ins Glück oder in den Abort gelungen ist. Meiner Meinung nach klingt das Album irgendwie nicht ganz fertig und „demomäßig“, was nicht nur für den Sound gilt, sondern auch für das gewöhnungsbedürftige Songwriting. (Black-) Metaller sind hier definitiv falsch aufgehoben!