Die Texaner von den MAIN LINE RIDERS fahren auch auf ihrem aktuellen Longplayer „Worldshaker“ die stark von den alten AC/DC dominierte Rock’n’Roll Schiene. Dies machen die Jungs dann auch gekonnt und mit Schmackes. So lässt das klasse „Throwin' Bones To The Wolves" einen an groovend melodische AC/DC denken, das energetische „Hell Ain’t A Good Place To Be” animiert direkt zum coolen Fuß wippen, der Rausschmeißer „It’s A Revolution“ kommt als waschecht räudiger Aussie daher und das ruhige „Comin’ Home“ klingt nach einer Southern Rock Perle. Bemerkenswert ist dabei auch jener im Vergleich zum Vorgänger verbesserte Gesang von Shawn Edward Browning, welcher doch ein wenig an den (der Rock’n’Roll-Gott hab in Selig) großen Bon Scott erinnert. Wer also auf erdig dreckigen Rock’n’Roll á la AC/DC, ROSE TATTOO, KROKUS & Co. steht, sich nicht an teilweise christlich gefärbten Texten stört und noch einen Alternativ-Soundtrack für die nächsten Runden um den Block mit dem Truck sucht, fährt mit den MAIN LINE RIDERS und „Worldshaker“ sicher nicht so verkehrt.
SOUL CONTROL passen so dermaßen den Bridge9-Roster, mehr geht nicht. Und doch ist die Band nicht einfach nur ein HAVEVERSEDEFEATER-Abklatsch, sondern geht eigene Wege. Das fängt bei der komplexen Gitarrenarbeit an, die weit mehr als den Hardcore-Standard zu bieten hat und oftmals in noisigen Gefilden wildert, und geht bis zum stellenweise eigenwilligen Songaufbau („Beyond Words“). Gleichzeitig transportiert die Scheibe eine unbändige Energie, die selbst in den ruhigen Parts unterschwellig-ungeduldig darauf wartet, wieder losgelassen zu werden („Silent Reality“). SOUL CONTROL haben sich viel Mühe gemacht, um dem Vorwurf, eine weitere Band zu sein, die den derzeit angesagten Label-Sound kopiert, zu entkräften, was ihnen mit „Cycles“ gelungen ist. Ihr Mix aus noisigem 90er-Souund und modernem Hardcore hat Charme, eine Menge Hirnschmalz und Ellbogenfett inne und macht vom ersten bis zum letzten Song Spaß. Die Produktion von Jay Maas (DEFEATER) ist das i-Tüpfelchen und verleiht den Songs die notwendige Durchschlagskraft. Hier stimmt alles, für Bridge9-Freunde ist „Cycles“ ein Pflichtkauf. Am Ende gibt’s noch einen netten Hidden Track, in dem SOUL CONTROL einen Akustik-Song zum Besten geben und sinnloses Zeug sabbeln.
RAISED FIST werden im Promowisch als “rabid pittbull on stereoids” beschrieben, was für einen Promotext der Wahrheit schon ziemlich nahe kommt, kann doch das neue Album der Schweden in Sachen Aggressivität voll überzeugen. „Veil Of Ignorance“ macht da weiter, wo „Sound Of The Republic“ aufgehört hat und setzt nicht nur auf high Speed-Songs, sondern integriert fiese Mid Tempo-Passagen, die dem Sound ordentlich Durchschlagskraft geben. Daniel Bergstrand (IN FLAMES, MESHUGGAH) hat an den Regler wieder einen hervorragenden Job gemacht, auch wenn die Produktion dieses Mal etwas rauer ausgefallen ist als beim Vorgänger, was RAISED FIST sogar einen Tick besser zu Gesicht steht. Die Musiker selbst sind über jeden Zweifel erhaben und verstehen ihr Handwerk, oder erwartet jemand bei Matte Modin beispielsweise eine schlechte Leistung? Eben. „Friends And Traitors“ ist der perfekte Opener, eingängig und trotzdem übelst heftig, während „My Last Day“ fast schon poppig ist und Sänger Alle einiges abverlangt – und trotzdem kein bisschen weniger in die Fresse haut als die restlichen Songs. „Afraid“ und „They Can’t Keep Us Down“ sind traditioneller RAISED FIST-Kram und werden Live noch einen Zacken heftiger wirken als im Wohnzimmer-Pit. Kurzum: RAISED FIST haben alles richtig gemacht und ein intensives Album geschrieben, mit dem das hohe Level von „Sound Of The Republic“ locker gehalten werden kann. Die Scheibe tritt mächtig Arsch und wird jedem Hardcore Kid die Flausen aus dem Kopf treiben!
Ganze elf Jahre nach ihrem letzten Streich „Thrashback“ melden sich die kultigen WHIPLASH aus New Jersey mit ihrem Comeback-Scheibchen „Unborn Again“ zurück. Inzwischen ist mit Bassist Tony Bono eines der drei Gründungsmitglieder verstorben, und Drummer Tony Scaglione ist auch nicht mehr mit von der Partie. Das aktuelle Line-Up besteht aus Gründer und Gitarrist Tony Portaro (also dem letzten verbliebenen Tony des Gründungstrios), Bassist Rich Day (Ex-PRIMAL SCREAM) und Drummer Joe Cangelosi (Ex-KREATOR), wobei den Gesang ebenfalls wieder Tony Portaro übernommen hat. Das sehr coole Cover-Artwork stammt von Legende Ed Repka, die Produktion wurde von Szene-Ikone Harris Johns übernommen, und als Gastmusiker ist zudem Ex-SODOMist Frank Blackfire zu hören – alles Indikatoren für eine Hammerplatte, doch die Realität tönt leider nicht ganz so rosig. Nach einem kurzen Intro bollert der treibende, an alte METAL CHURCH (!) erinnernde Opener „Swallow The Slaughter“ majestätisch und mit geilen Aggro-Chören versehen durch die Boxen, doch danach klingt die Erektion langsam ab, denn Stücke wie „Firewater“, „Pitbulls In The Playground“, „Hook In Mouth“ oder die Montrose/Sammy Hagar-Coverversion „I´ve Got The Fire“ (von Drummer Joe Cangelosi reichlich verzerrt gesungen) kommen zwar noch amtlich kraftvoll daher, doch bleibt die gnadenlose Power, die etwa ein „Power And Pain“ seinerzeit versprühte, fast völlig auf der Strecke. Alles klingt irgendwie ok, mit guten Soli und auch dampfhaltig gesungen, aber das asoziale, dabei immer auf den Punkt gebolzte Inferno der Frühwerke bleibt (bis auf den wieder geilen Abschluss „Feeding Frenzy“) größtenteils aus. Möglich, dass „Unborn Again“ den einen oder anderen Altfan der Band auf eine harte Probe stellen wird, obwohl das Resultat für sich genommen völlig in Ordnung ist. Nur wird eine Band wie WHIPLASH, die nach Jahren wieder aus der Versenkung auftaucht, immer an ihrem Vermächtnis gemessen, und hier können die Jungs einfach nicht an alte Tage anknüpfen, obwohl sie ein wirklich gutes Album abgeliefert haben.
Tim Lambesis ist mit AS I LAY DYING anscheinend immer noch nicht ausgelastet oder hat ein manisches Wesen und nutzt den daraus resultierenden Schlafmangel. Sein AUSTRIAN DEATH MACHINE-Projekt geht in Runde Zwei, diesmal gleich mit einer Doppel-CD. Auf der ersten Scheibe gibt es neue Eigenkreationen, eingeleitet oftmals von coolen Arnold Schwarzenegger-Zitaten und „fast, pissed and brutal“ wie beim Debütalbum. Geht alles gut ins Ohr, macht bei einer Bier-Chips-B-Movies-Party richtig Laune und ist dazu handwerklich sehr ordentlich. Partyherz, was willst du mehr?
CD Zwei natürlich. Die hat eine Handvoll Coversongs, von „Hell Bent For Leather“ über „Iron Fist“ (richtig geil, Metalcore meets Lemmy) bis zum oberst kultigen „Gotta Go“. Allesamt sehr gelungene Verbeugungen vor den alten Meistern und ein Garant für einen weiteren gelungenen Partyabend. Mehr will AUSTRIAN DEATH MACHINE auch nicht sein, macht also auch mit Ausgabe Zwei alles richtig. Party on!
„Wolfbiker“ war der große Durchbruch für EVERGREEN TERRACE, keine Frage – und nur fair für eine Band, die so lange so hart gearbeitet hat wie die Florida-Jungs. Kein Wunder also, dass der „Wolfbiker“-Nachfolger „Almost Home“ dem Erfolgsalbum ziemlich ähnlich klingt und das eröffnende „Enemy Sex“ so auch auf „Wolfbiker“ hätte stehen können. Es gibt das gewohnt gute Wechselspiel zwischen Hungerhaken Andrews Geschrei und Gitarrist Craig Chaneys cleanem Gesang, wobei letzterer emotional klingt, ohne zu weichgespült-weinerlich zu werden. Dazu coole Hooklines und ordentlich Tempo. Ganz EVERGREEN TERRACE eben, was im Titeltrack auf die Spitze getrieben wird, so schnell hat sich selten ein Song im Ohr festgesetzt. Diese Rezeptur wird dann auch konsequent in den weiteren Songs genutzt, somit das EVERGREEN TERRACE-Gefühl in allen Songs gewahrt – wer „Wolfibker“ mochte, kann „Almost Home“ bedenkenlos kaufen. Nörgler könnten anmerken, dass die Band zu sehr auf Nummer Sicher gegangen ist, aber wer will ihnen das verdenken? Einzig der mit AS I LAY DYING-Tim eingespielte „God Rocky, Is This Your Face“ weicht vom Schema ab, ist er doch sperriger und heftiger als der Rest der Platte. EVERGREEN TERRACE können also, wenn sie wollen… aber warum ihre Fans mit zu vielen Experimenten vergraulen, wenn die Band von ihrer Musik leben will?
HALF PAST DEAD haben anno 2006 mit ihrer EP nicht nur das Saarland auf die Metalcore-Landkarte gebracht, sondern sich auch als aufstrebende Band präsentiert, die schön brutal zu Werke geht. Das merkwürdig betitelte erste HALF PAST DEAD-Album „Reborn To Bury My Pain“ (gibt es dafür einen Namensgenerator?) zeigt die Band drei Jahre nach der EP auf gleichem Kurs, dabei fokussierter im Songwriting und versierter im handwerklichen Bereich. Nicht nur die Aufmachung der CD ist absolut professionell, auch die Produktion geht voll in Ordnung, das machen Label-Bands heute nicht besser. Aber was zählt, ist auf dem Platz und da haben die Saarländer neun gute Metalcore-Nummern vorzuweisen, die durchweg brutal sind, ohne auf blödsinniges Beatdown-Gepose zu setzen, stattdessen wird die gute alte Variante Death Metal meets Hardcore genutzt – wie schon bei der EP. Erinnert dadurch natürlich an NEAERA, ohne ganz deren Klasse zu erreichen, dafür ist das Shouting stellenweise zu eindimensional (wie gut der Shouter sein kann, wird in „Only To Be Forgotten“ deutlich) und manche Idee einmal zu oft genutzt. Im Großen und Ganzen sind HALF PAST DEAD in den schnellen Parts am Besten und sich keinen Kopf um den nächsten Break zu machen scheinen. Die Gitarrenfraktion hat zudem haufenweise gute Melodien und Rifs in petto, die Freunde schwedischen Death Metals Verzückung bereiten dürften. Mit etwas mehr Variabilität beim Gesang und Songwriting könnte das nächste HALF PAST DEAD-Scheibchen eine richtig gute Nummer werden, bis dahin können sich Metalcore-Fans aber ruhigen Gewissens „Reborn To Bury My Pain“ zulegen und eine vielversprechende deutsche Combo unterstützen.
HAVOK aus Colorado zocken auf ihrem Debüt (?) „Burn“ waschechten Old School-Thrash Metal, der hörbar von Bands wie METALLICA (natürlich nur die ersten drei Alben betreffend), SLAYER, TESTAMENT, KREATOR, ANNIHILATOR oder MEGADETH beeinflusst ist. Zwar gibt das Quartett auch modernere Genrevertreter wie PANTERA oder ANTHRAX als Inspiration an, doch stehen eindeutig klassische Thrash-Riffs, rotziger Gesang und schlichtweg 80er-Attitüde im Vordergrund. Einen Originalitätspreis werden HAVOK damit ganz sicher nicht gewinnen, aber auf eine sehr bodenständige Art macht „Burn“ einfach Spaß, eben weil nichts Überraschendes passiert. Natürlich hat man die Grundideen zu Songs wie „The Root Of Evil“, „Morbid Symmetry“ oder „The Disease“ schon bei vielen der oben genannten Größen besser, ausgereifter und versierter vernommen, aber genau diese unbekümmerte „Scheißegal-Haltung“ der Jungs macht das Album zu einem echten Anspieltipp für die irgendwo vor ca. 20 Jahren stecken gebliebene Thrash-Fraktion. Eine hörenswerte, coole Sache; nicht mehr, aber auch echt nicht weniger!
Die Ein-Mann-Band GEBRECHLICHKEIT, die 2005 von Chaos ins Leben gerufen wurde (die erste Scheibe entstand sogar als Duo, doch das zweite Mitglied, Pestengel, verließ die Band nach jenem Erstling), besinnt sich ganz und gar auf abgefucktesten Underground-Black Metal, der durch und durch satanistisch geprägt ist. Auf der Homepage findet sich sogar ein (fast schon kultiger) Link namens „Support your local Antichrist“, unter dem man Presseberichte zu Kirchenbränden in ganz Deutschland findet. Musikalisch wird dieses überlange Album von den Essenzen alter DARKTHRONE (speziell zu „Transilvanian Hunger“/“Panzerfaust“-Zeiten), MAYHEM und natürlich BURZUM beherrscht, die roh und ungehobelt auf den Hörer einprasseln. Klanglich entsprechend dünn (was die Basis aber nicht schocken dürfte), ist „Antichrist. Sadist. Menschenfeind.“ sehr langatmig ausgefallen, da sich viele Songs (etwa „Ein Hauch Von Finsternis“ oder „Träger Des Lichts“) wie Kaugummi ziehen und durch gewollt sehr lange Instrumentalpassagen eher langweilen anstatt atmosphärische Düsternis zu verströmen. Auch Zwischenspiele wie „Das Flüstern Der Vergessenen“ strecken das Album unnötig in die Länge. Grundsätzlich könnte die Scheibe dem einen oder anderen Panda mit Ambitionen, möglichst evil und undergroundig zu sein, durchaus gefallen, aber zwischen GEBRECHLICHKEIT und ähnlich arbeitenden Bands/Ein-Mann-Schwarzmetallabrisskommandos wie THE RUINS OF BEVERAST liegen Welten.
SECRETS OF THE MOON haben sich langsam aber stetig zu einer festen Größe im deutschen Black Metal gemacht und legen mit „Privilegivm“ bereits ihr viertes Album vor. Das hat bei acht Songs plus Intro eine Spielzeit von 65 Minuten, ist also durchaus ambitioniert. Nach dem Intro kann „Sulphur“ nicht völlig überzeugen, in den neun Minuten des Songs werden zu viele Ideen zu oft wiederholt und der Song künstlich in die Länge gezogen, so dass irgendwann die Luft raus ist. Ähnlich geht es „Black Halo“, auch wenn es da SECRETS OF THE MOON besser gelungen ist, eine an SATYRICON erinnernde Atmosphäre aufzubauen. Aber auch hier wäre etwas weniger deutlich mehr gewesen. Die weiteren Songs zeigen das strukturelle Problem der Platte: zu oft haben die Niedersachsen eine notwendige Kürzung der Songlänge vermieden und ermüden damit immer wieder den Hörer. „Queen Among Rats“ stellt zwar unter Beweis, dass SECRETS OF THE MOON durchaus in der Lage sind, düstere und atmosphärisch dichte Songs mit langer Spielzeit zu schreiben, ist aber als einzig wirklich guter Song zu wenig. Das abschließende „Shepherd“ ist der zweite Lichtblick des Albums und entpuppt sich als dezent rockige Halbballade, bei der die Band alle Register zieht und ihr ganzes Können unter Beweis stellt. Unterm Strich bleiben so zwei ziemlich gute Songs und eine Handvoll gelungener, die sich aber nicht vom Genre-Standard absetzen können und auch im Band-internen Vergleich mit dem Vorgängeralbum den Kürzeren ziehen. So bleibt „Privilegivm” eine solide Platte, die die hohen Erwartungen nicht erfüllt. Ein fokussierteres Songwriting und der Mut, unnötige Längen zu entfernen, hätte dem Album gut getan. So bleibt es bei einem soliden Album, das zu selten das volle Potential der Band zeigt.