„Seizures In Barren Praise” war Ende 2008 großes Wutkino, mit dem sich TRAP THEM endgültig ins Bewusstsein der HC-Gemeinde gebrannt hatten. Eine EP später sind die Herren nicht mehr bei Deathwish Inc., aber das ist die einzige Änderung; „Darker Handcraft“ ist genauso zäh, wütend und punkig wie sein Vorgänger. Vielleicht manchmal etwas eingängiger („Evictionaries“) und mit mehr Crust-Kante, aber das sind nur minimale Änderungen im TRAP THEM-Sound. Gleich geblieben ist auch die sehr gute Arbeit von Kurt Ballou (CONVERGE), der sich als Produzent ein weiteres Referenzwerk in den Lebenslauf schreiben kann, genau wie Justin Bartlett, der schon für SUNN 0))) das Layout gemacht hat und auch „Darker Handcraft“ unheimlich schick verpackt hat. Genau wie das Äußere stimmt, ist auch das Innere von „Darker Handcraft“ stimmig: die Songs sind durchgehend gnadenlos und auf einem gleich bleibend hohem Niveau, ja verschmelzen förmlich zu einer halbstündigen Wutorgie. Handwerklich haben sich die Beteiligten noch einmal gesteigert, das Drumming ist noch ruhelos-aggressiver geworden und Shouter Ryan ist noch einen Tick angepisster als auf „Seizures In Barren Praise“. Kurzum, hier stimmt einfach alles. Mit Album Nummer Drei legen TRAP THEM ihr bestes Werk vor, das bei der bekannten „make it or break it“-Frage eindeutig ein „make it!“ als Antwort hat.
Es gibt viele großartige Bands die jegliches Interesse und jegliche Faszination vieler Musikfans durch ihre eintönigen und massentauglichen Pop-Nummern verspielt haben. Und ich bin da ehrlich: Immer wenn ich „Radio GaGa“ höre wird mein Blick monoton und mein Gehör senkt sich auf das leise Plätschern meiner Kaffeemaschine – das soll alles von QUEEN sein?
Falsch gedacht! Neben den „Radiotiteln“ – übrigens primär vier, maximal fünf Nummern – haben QUEEN in den letzten 38 Jahren eine Menge CDs auf den Markt gebracht. Und wie so oft sind es die aller ersten Alben die besonders interessant sind. Und genau die kriegen nun im Jahre 2011 ihre wohlverdiente Neuauflage! Das Ganze ist komplett neu abgemischt und gemastert, wahlweise auch als Deluxe-Edition mit Bonustracks (in diesem Falle einen Teil der Titel von der „De Lane Lea“ Demo), Bildern und Videos.
Und da macht den Anfang ihre erste Pressung „Queen“, die CD die den Briten damals – 1973! - bereits alle Türen auf der Karriereleiter öffnete. Und bereits im ersten Titel „Keep Yourself Alive“ kann sich ein jeder Rockfan denken wieso: Diese klassischen Rocksounds die da aus den Boxen schallen sind der Sound mit dem ich den „Classic Rock“ der 1970ger Jahre definieren würde. Und das zieht sich über einen Großteil der Titel – „Great King Rat“ wirft das WahWah-Pedal an, „My Fairy King“ streut wieder viel Klavier unter das Schlagzeug und „Modern Times Rock ‘n‘ Roll“ quetscht auf nicht einmal zwei Minuten eine prall gefüllte Dose Rock.
Klar; QUEEN hat nicht den psychedelischen Einfluss vom frühen PINK FLOYD oder die bluesigen Gitarreneskapaden von LED ZEPPELIN, ihr Grundcharakter ist ein viel ruhigerer. Oft wird das Klavier benutzt, oft liegt der Fokus stark auf den Vocals von Freddie Mercury – oder man kombiniert das direkt mit der härteren Gangart und erhält einen Song wie „Liar“.
Man muss sich natürlich im Klaren sein das man hier das alte, noch so frische QUEEN hört. Hier gibt es zwar durchaus Titel die einem im Kopf bleiben, die oben erwähnten Chartstürmer darf man aber wo anders suchen. Und das sollte man auch; denn der kaum zu bestreitende Charme dieser CD liegt daran, dass er einen in die Zeit zurück versetzt. Das es klingt wie es klingen soll, das man hier noch eine Pionierleistung vor sich hat und das der Sound einfach zeitlos scharf ist. Es rockt. Und das völlig ohne GaGa.
RETALIATION gehören zu den deutschen Bands, die irgendwie durchrutschen. „Seven“ ist bei Unique Leader Records schon 2010 erschienen, fand aber erst jetzt den Weg zu mir, was eine Schande ist angesichts des erstklassigen Materials. Die Kerle spielen in den zehn Songs technischen Death Metal auf ganz hohem Niveau, was sie problemlos en par mit OBSCURA bringt und NECROPHAGIST weit hinter sich lässt. Denn im Gegensatz zu denen haben RETALIATION Wert auf eine grundsätzliche Nachvollziehbarkeit im Songaufbau gelegt, wodurch „Seven“ hörbar ist und nicht nur ein Schaulaufen begnadeter Musiker. Vergleiche mit DEATH lassen sich nicht vermeiden, gerade in der Gitarrenarbeit, wie „Hope Of Zion“ unter Beweis stellt. Handwerklich sind die Kerle topfit und lassen sich nicht vormachen, besondere Erwähnung verdienen aber die beiden Sänger, die irre intensiv schreien und das letzte bisschen Luft aus ihren Lungen holen, um „Seven“ nach vorne zu bringen. Eine beeindruckende Scheibe einer technisch beeindruckenden Band, die in Zukunft hofffentlich mit mehr Werbung, Aufmerksamkeit und Liebe beacht werden wird. Verdient hätten sie es.
DEFEATER lassen sich für “Empty Days & Sleepless Nights” nicht lumpen: im schicken Doppelpack kommt die Scheibe, zusätzlich ist noch ein 64-Seiten-Booklet dabei, in dem die Geschichte des Protagonisten erzählt wird. DEFEATER verstehen sich seit jeher mehr als Geschichtenerzähler als alles andere, dass sie sich dafür Hardcore ausgesucht haben, ist der persönlichen Sozialisation geschuldet. „Travels“ und „Lost Grounds“ haben bewiesen, dass die Band ihr Handwerk versteht und atmosphärisch dichte, spannende Geschichten erzählen kann, die in den USA der 40er Jahre angesiedelt sind. Und weit entfernt von leicht verdaulichem Stoff, DEFEATER behandeln die tragische Existenzen, die Gescheiterten, die ohne jede Chance im Leben waren. „Empty Days & Sleepless Nights” führt das fort, konzeptionell wie musikalisch. DEFEATER haben ein komplett durchgeplantes Album aufgenommen, das macht der erste Durchlauf klar. Einige Songs leben stark vom heiseren Gesang, während andere durch ein rastlos agierendes Schlagzeugspiel ruhelos wirken. „Waves Crash, Clouds Roll“ und „Warm Blood Rush“ sind die erwartet komplexen Hardcore-Songs, die sich vor den 90er-Helden verneigen, während die Akustiksacehn wie das wunderschöne „Brother“ (mit Cello und Piano) oder „I Don’t Mind“ wunderschön traurige Songs sind, die unter die Haut gehen. DEFEATER haben ein grandioses Album geschrieben, mit dem sie nicht nur die eigene, mit „Travels“ hoch angelegten, Erwartungen erfüllen, sondern zeigen, dass sie sich Gedanken nicht nur über die Musik, sondern auch über die Geschichte gemacht haben. Das macht „Empty Days & Sleepless Nights” zu dem bewegenden, schönen Hardcore-Album, das es geworden ist. Ganz großes Kopf- und Gefühlskino, mit dem nicht nur Hardcore Kids auf ihre Kosten kommen werden. Wer auch nur ein wenig für emotionale Musik übrig hat, muss sich diese Album zulegen.
Power Metal. Frankreich. Französisch. Ihr lest noch? Sehr gut! Denn trotz diesen für viele Leute wohl eher nicht gerade einladend wirkenden Wörtern (schließt mich übrigens mit ein) kann man MANIGANCEs „Récidive“ (was so viel wie „Rückfall“ meint) durchaus in die Sparte des soliden und erwachsenen Power Metal einordnen, auch wenn es hier wie so häufig im Genre nicht gerade vor Innovationen strotzt. Das merkt man insbesondere daran das die CD ganze fünfzehn Titel auf der Tracklist hat, allesamt nur rund fünf Minuten lang und allesamt auch recht ähnlich gehalten: Wirklich klassische Metal-Riffs, ein sich eher im Hintergrund bewegendes Drumset, einige Melodielinien und Soli; alles soweit nichts was sich großartig von soundmäßig nahe liegenden Bands wie HAMMERFALL oder auch SONATA ARCTICA unterscheiden würde. Einige Songs sind zwar stärker und imposanter als andere (insbesondere das Instrumental „Vertiges“ oder „Chant De Bataille“), im Großen und Ganzen jedoch eher wenig er Ohrwürmer.
Doch was hier die Musik auszeichnet sind die Vocals. Auch das ist bei Power Metal nichts neues, doch hier sind die eher dauerhaft in höherer Tonlage gehaltenen auf Französisch anstatt auf Englisch. Und das klingt, so ehrlich muss man einfach sein, kein Stück nach einem Heiratsantrag an einen Frosch sondern sehr harmonisch und ausdrucksstark und weiß mich persönlich durchaus zu überzeugen.
Und wäre dieser Faktor nicht könnte man sich eine hübsche CD mit netter Musik ins Regal stellen die aber wenig Eigencharakter besitzt. Da dem nicht so ist haben wir mit MANIGANCE eine Band die sich zwar auch teilweise instrumental, primär aber durch ihr französisches Markenzeichen zu behaupten weiß. Bon joué, MANIGANCE!
Satte anderthalb Dekaden ist es nun her, dass CHINA ihr letztes Album veröffentlichten- da mag man bei mancher Band schon ans Aus denken. Nicht so bei der schweizer Kombo, die auf eine mittlerweile über 25-jährige Bandgeschichte zurückblicken kann, denn jetzt sind CHINA mit neuem Material wieder da. Auf „Light Up The Dark“ wird gewohnt rockig zu Werke gegangen, dabei aber auch durchaus mal etwas experimentiert und Vielseitigkeit bewiesen, wie beispielsweise das gut gelaunt klingende „On My Way“ zeigt, das vor Country Rock- Flair nur so trieft. „Deadly Sweet“ rockt dreckig-rotzig, “Gates Of Heaven” dagegen ist eine sehr schöne, melodische Rockballade, die sich ordentlich nach BON JOVI anfühlt. An diese fühlt man sich auch beim eingängig-gradlinigen Midtempo-Rocker „Stay“ im positiven Sinne erinnert. Fazit: CHINA melden sich mit einem gelungenen Album zurück, an dem Melodic Hard Rock-Freunde ihre helle Freude haben dürften.
Nach mehrjähriger Pause melden sich BOY HITS CAR mit neuem Album im Gepäck aus dem sonnigen Kalifornien zurück. „Stealing Fire“ heißt das neue Baby und bietet eingängigen Heavy Alternative-Rock, den die Band selbst als „Lovecore“ bezeichnet und der in seinen gradlinigen Momenten an die Kollegen von PAPA ROACH erinnert (ein schönes Beispiel hierfür wäre das ebenso gelungene wie vorwärtstreibende „One Kiss Away“), stellenweise von der Gitarrenarbeit her aber auch ein Stück psychedelischer daherkommt (der eine oder andere Gitarrenpart von „Stealing Fire From The Sun“ ruft Erinnerungen an THE MISSION wach). Das ganze kracht ordentlich und macht Spaß, das Album klingt druckvoll und ist durchweg eingängig geraten. Highlight der Platte ist das melodisch-rockige „Dreams (Of Foreign Metabolic Circumstance)“ das mit seinem hymnischen Refrain sofort ins Ohr geht, Hänger bleiben erfreulicherweise komplett aus. Fazit: Daumen rauf und Ohren aufgesperrt!
SIDEBURN ist eine schweizer Band, die schon nahezu 20 Jahre im Geschäft ist. Naja, was heißt Geschäft, zumindest veröffentlichen sie mit "Jail" ihr bis dato sechstes Studiowerk. Enthalten ist kerniger Rock`n`Roll aus der Schnittmenge von AC/DC, KROKUS und ROSE TATTOO. Die Stimme von Roland Pierrhumbert erinnert ein wenig an Angry Anderson und auch sonst dröhnt der Sound aus diese Richtung aus den Boxen. Die Songs stampfen und rollen mal langsam mal zügiger nach vorne. Stimmt so weit. Aber warum haben Bands wie z.B. AIRBOURNE den Durchbruch geschafft nach nur einem Album und SIDEBURN dümpeln Jahre lang im Niemandsland herum? Sicher, AIRBOURNE kommen aus Australien und haben einen jungen Bon Scott mit Gitarre als Sänger. Aber ist das der einzige Unterschied? Nein. Es fehlt der richtig Rotz, Dreck und Schweiß. Authentizität ist das Zauberwort, nur damit kann man bei dieser Rock`n`Roll-Nummer punkten. Die Bandmitglieder sehen ein wenig aus wie Einzelhandelskaufmänner, die auf Rocker machen. Sicher es kann nicht jeder von Kopf bis Fuß tätowiert sein, aber es fehlt mir einfach auch, oder vor allem der Schmutz und Dreck im Songwriting und Produktion. So wie bei ROSE TATTOO deren Alben förmlich den CD-Player und die Boxen verdrecken wenn man sie hört. Wer glaubt ROSE TATTOO nicht, dass sie "Rock`n´ Roll Outlaws" sind? Oder Bon Scott, wer zweifelt daran, dass er es mit "Rosi" getan hat? Ich nehme SIDEBURN einfach die Rock`n Roll Nummer nicht wirklich ab. Die Jungs atmen Ihren Rock`n`Roll durch schweizer Alpenluft,und das hört man irgendwie raus. Die Produktion ist zu klar und sauber, druckvoll ja, aber die Erde fehlt. Ich will nicht sagen, dass "Jail" nicht rockt, aber nicht so ansteckend und heiß wie die Originale. Also wenn ich die Wahl habe, dann greife ich lieber zu ROSE TATTOO und mache danach sauber.
LEMURIA sind ein ungewöhnliches Signing für Bridge9, denn das Bostoner Label steht ja für Hardcore in allen Facetten, wovon LEMURIA aber weit entfernt sind: das Trio zelebriert auf „Pebble“ zerbrechlichen, ruhigen Pop, der sich bei Singer/ Songwriter-Sachen wie auch beim Indierock bedient („Wise People“). Die drei Musiker schaffen dabei das Kunstück, alle Beteiligten gleichberechtigt zum Zug kommen zu lassen, von den ruhigen Gitarren über den guten Drummer (und ebenfalls recht ruhig agierenden) Drummer bis zu der Dame und dem Herrn am Mikro, von denen Sheena aber sicherlich als Stimme der Band im Kopf bleiben wird. Die Trademarks der üblichen Bridge9-Bands sucht man hier dagegen vergebens, auch wenn sich LEMURIA textlich manchmal am HC orientieren; an vielen Stellen ist der lyrische Erguss aber relativ belangloser Teenie-Scheiß. Wie ist das Album am Ende? Wer mit poppiger Musik was anfangen kann, wird mit „Pebble“ gut bedient, auch wenn sich auf dem Album kein wirklicher Hit findet. Immerhin sind alle Songs Radio-tauglich und lassen sich locker nebenbei weghören. Icht unbedingt was für beinharte HC-Fans, aber für alle, die (wie die Bridge9-Macher) die Scheuklappen in Bezug auf Musik abgelegt haben.
QUINTESSENCE MYSTICA wurden im Sommer 2008 in Kharkov (Ukraine) gegründet. Die Band besteht dabei lediglich aus den beiden Musikern Dromos Aniliagos und Master Alafern. Letzterer trägt den Mastertitel wohl zu Recht, hat er doch bei dem Erstlingswerk namens "The 5th Harmonic Of Death" alle Instrumente eingespielt. Angeblich wurde das Material innerhalb von nur 2 Wochen nach Bandgründung geschrieben, was dann doch eine recht kurze Zeitspanne darstellt. Kann man da Qualität erwarten? Direkt der erste Track "Vector Space of Desires" bietet einem schnellen Blackmetal mit orchestraler Keyboarduntermalung wie man ihn z.B. von CRADLE OF FILTH gewohnt ist. Ein sehr dichtes Klangbild mit bedrohlichen Melodien und nähmaschinenartigem Schlagzeuggehämmer. Der zweite Track names "Triumpf of Cold Steel", der zur Eröffnung eines Gladiatorenkampfes gespielt werden könnte, ähnelt jedoch dem ersten Song je weiter man ihn laufen lässt. "Aspects of Contemplation Projected Onto The Eternity" lässt vom Titel abermals die Frage aufkommen, welchen Kram man geraucht hat, als man sich solche Titel ausdachte. Musikalisch geht es weiter im gleichen Stil. Eine etwas quälende Geigenmelodie im ersten Drittel des Songs und eine Keyboardpassage im Mittelteil sorgen für etwas Abwechslung. Um die Scheibe etwas aufzulockern, gibt es kurze "Interludes" wie "Entropy Of Sanity", "Metaphysics Of War" und "Memorial". Diese lassen trotzdem die Gleichartigkeit und Gesichtslosigkeit der "echten Songs" nicht entfallen. Positiv hervorheben will ich den letzten der 11 Tracks namens "Frankenwald Mystery", der gerade in der zweiten Hälfte durch seine Melodieführung und der Gesangspassage gegen Ende zu überzeugen weiß. Hier kommt für mich zum ersten Mal etwas wie Begeisterung auf. Zusammenfassend ist die Scheibe der Ukrainer ein Black Metal Album, das mir leider zu wenig Abwechslung bietet. Der Gesang steht stets im Hintergrund. Es dominieren Gitarren mit unterlegten Keyboardpassagen, die jedoch auf Dauer zu wenig Spirit haben, als dass mir die Musik ins Ohr gehen könnte. Angeblich ist das zweite Album für Anfang 2011 schon geplant, so dass man Abwarten muss, ob sich die Band weiter entwickelt. Derzeit nur für Fans der Musikrichtung zu empfehlen, die unbedingt vorher reinhören sollten.