VOMITORY, die unermüdlichen Death Metal-Recken. Auch 2011 gibt es ein neues Album der Schweden, die langsam zum VW Käfer des Death Metal werden. „Opus Mortis VIII“ überrascht beim ersten Durchlauf aber ganz gewaltig: das sind VOMITORY? Echt? Jo, richtige Scheibe drin, also wird das wohl stimmen. Und Death Metal ist dann ja doch, was hier in gut 35 Minuten zu hören ist. Aber VOMITORY, die bislang für gnadenlos schnellen Death Metal standen, haben sich in den zwei Jahren seit „Carnage Euphoria“ einer dezenten Wandlung unterzogen und die Tempo-Variation für sich entdeckt. Die Blast-Parts wurden zurückgefahren, dafür öfter mal fetter Groove und Mid Tempo eingebaut („The Dead Awaken“), ohne dass es zu Lasten der Brutalität ging. Klappt durchweg gut und macht „Opus Mortis VIII“ zu einer anfangs ungewohnt klingenden VOMITORY-Scheibe, die aber nach und nach überzeugen kann. VOMITORY waren offenbar nicht mehr zufrieden damit, nur auf Teufel komm raus zu blasten und haben sich nach mehr als zwei Dekaden einer leichten Kurskorrektur unterworfen, die ihnen gelungen ist. „Opus Mortis VIII“ ist eine würdige VOMITORY-Scheibe, die zeigt, dass auch alte Zirkuspferde noch neue Tricks lernen können. Chapeau!
Die Jungs um Mike Box legen nach, die aufkommende Classic Rock und Retrowelle darf sich freuen und fürchten zugleich, ein Original besteigt die Bühne. URIAH HEEP ist keine Welle, sondern Teil des Wassers aus dem Wellen entstehen. Ein Rock Fossil aus vergangen Tagen zeigt wie man Orgel und Gitarren verschmelzen muss, dass einem das Dope in der Pfeife verrückt wird. Schwierig war es den großen Vorgänger "Wake The Sleeper" zu toppen, aber die Qualität wird gehalten und das ist schon mal mehr wie die halbe Miete.
Typische Trademarks sind an Bord, melodiöse mehrstimmige Chöre, Orgelgewabber und knackige Gitarren. Das Songwriting ist stimmig und kommt schnell auf den Punkt, starke Melodien, Rhythmisch und ein wenig Retro. Yep, so fühlt sich der geneigte URIAH HEEP Fan wohl.
Hört Euch nur mal das atmosphärische "Trail Of Diamonds" an, welches Gänsehaut garantiert. Langsam steigert es sich, getragen von einem samtweich gewebten Teppich aus Keyboard und Sirenengesang, um sich dann rhythmisch, stampfend zu offenbaren. Auch das episch schöne „Kiss Of Freedom“ weiß zu gefallen und erobert mein Rockherz im Sturme und für immer. Nicht alle Songs zünden sofort, beginnen aber nach einiger Zeit ihren Eindruck zu hinterlassen. Generell festzuhalten gilt "Into The Wild" rockt frei von irgendwelchen Zwängen nach vorne, oft von einem tollen Keyboard untermalt. Ich sage ja, "Into The Wild" ist ne tolle Scheibe geworden und reicht allemal noch um manchen Jüngling der neueren Retro-Generation nass zu machen. Nicht die Welle, das Wasser eben.
NERVECELL haben mit ihrer Herkunft aus Dubai einen Exotenbonus in der Death Metal-Gemeinde, den sie aber schon beim Debüt “Preaching Venom” nicht nötig hatten, dafür war ihr Material für sich genommen schon gut genug. „Psychogenocide“ kann den guten Eindruck des Debüts bestätigen und wartet mit guten Death Metal-Songs auf, die stellenweise mit arabischen Elementen aufgelockert werden (beim Intro oder bei „Shunq“), im Großteil der Zeit aber guten alten Death Metal bieten, der sich stark an der US-Schule orientiert. Globalisierung macht eben vor nichts Halt, in einem Blindtest würden Songs wie das starke „Amok Doctrine“ als Nummer einer US-Combo durchgehen. Die Songs sind tight gespielt, langweilen nicht und können mit einer guten Produktion punkten. Am Besten ist dabei der BOLT THROWER-Wink „Nation’s Plague“, aber auch die anderen Songs wissen zu überzeugen. Totmetaller können hier ruhig mal reinhören.
Mit “Men Or Machine” wollen ALPHA TIGER sich ihren Platz in den Rängen des Power Metal erkämpfen, ob sie mit der Scheibe allerdings den durchschlagenden Erfolg verbuchen können wird sich wohl noch zeigen müssen.
Musikalisch wohl am ehesten Power Metal, jedenfalls von den gut getroffenen typischen 80ger-Jahre Vocals her, instrumental geht es teilweise eher in Richtung eines kratzigen bis teilweise aber auch recht druckvollen Heavy Sound, inklusive einiger fetziger Soli. Wäre (und ist teilweise sogar) ja ganz cool, mag aber kein gutes Gesamtbild liefern.
Denn oft sind die Kompositionen schnarchend langweilig; einen sich dauernd wiederholenden Metal-Rhythmus ohne besondere Finesse über sechs Minuten zu strecken („Exit: Night“), das ist was für IRON MAIDEN; eine Nachwuchsband scheitert hier kläglich. Auch an anderen Stellen wird etwas arg oft “Schema-F“ in Form einiger weniger Akkorde runtergespult und wiederholt, richtig spannend klingt das nicht auf Dauer.
Was mir allerdings wirklich gegen den Strich geht ist die grausame Abmischung der Scheibe. Die Vocals, wie erwähnt durchaus nicht ohne Potential, ersaufen in diesem Proberaum-Sound an Verzerrung. Wie soll da das einzige was mir irgendwie doch zusagt noch zur Geltung kommen? Aber immerhin: Meinen Preis für das schrecklichste Albumcover hat die Band schon mal im Kasten. Glückwunsch.
Bands, die Humor als Alleinstellungsmerkmal nutzen, sind mit Vorsicht zu genießen – viel zu oft wird mangelndes musikalisches Potential damit verschleiert oder ein Vorwand für uninspiriertes Songwriting gesucht. Ist ja immerhin alles witzig und was zum Lachen. Anfangs stimmt das, aber wer das länger als fünf Minuten durchhält und weiter lacht, ist in der Regel auch bei Karnevalssitzungen zu finden. Bei DR. ACULA (Wortspiel, zum Totlachen), die immerhin eine Hommage an „Scrubs“ aufweisen, kommt erschwerend hinzu, dass die lustigen Texte nur selten verständlich intoniert sind, ist der Sangesknabe doch in der für Metalcore üblichen Weise zu hören. Gleiches gilt für die anderen Humörbomben der Band, denen nicht mehr als Standard-Metalcore einfällt. Gut produziert und sauber gespielt, aber weder spannend geschrieben noch witzig noch im Ohr hängen bleibend. Ein paar Abschnitte sind ganz ok, einige Songtitel lustig (für so ungefähr drei Sekunden), aber das war es auch schon. „Slander“ brauchen nicht mal die in gelbe Shirts mit explodierten lila Teddies gehüllten Metalcore-Trend-Kids.
Die Franzosen OBSZÖN GESCHÖPF wildern bereits seit 15 Jahren umher, brachten jedoch zum Glück erst 2003 ein Debüt zustande, dem sich aber flott diverse Nachfolger anschlossen, so dass "Symphony Of Decay" inzwischen Album Nummer Fünf darstellt. Zu Hören gibt´s KORN-Psychokacke, MARYLIN-MANSON-Gekrächze, eine Handvoll RAMMSTEIN-in-der-Grundschule-Riffs und allerlei Sample- und Elektronik-Zeug, also eine ultramiese Mischung aus Ami-Trendschrott und Neuer-Deutscher-Härte-Sabberei, die wirklich niemand braucht. Oder anders ausgedrückt: dieser ganze akustische Dünnpfiff geht einem schon nach 10 Minuten dermaßen auf die Klöten, dass man fast zwanghaft die Notabschaltung betätigen möchte. Songs wie "Night Stalker" oder "The Cauldron Of The Human Flesh" hätten vielleicht vor gut zehn Jahren noch ein paar Knicklicht-Gothics auf die Club-Tanzflächen befördert, aber wenn ich darüber nachdenke, dass zu dieser Zeit schon ultrabeschissene Kopier-Kapellen wie COAL CHAMBER auf ewig in die An(n)alen der Bands, die die Welt niemals gebraucht hatte, runtergespült worden waren, bin ich mir umso sicherer, dass auch OBSZÖN GESCHÖPF mit "Symphony Of Decay" dort landen werden. Oder wie sang einst der lockige Schlagerbarde mit den Freundschaftsbändchen... "Müll, Müll, Sondermüll!".
Wer die bereits seit fast 20 Jahren existierende Band um den kreativen Kopf, Sänger und Gitarristen Daniel Brennare immer noch ins Gothic-Genre einordnet (was aufgrund der stets melancholischen Atmosphäre der Schweden sicher nicht falsch ist), wird eine der dort beständigsten und qualitativ herausragendsten Bands vorfinden. Oder kurz: LAKE OF TEARS haben noch niemals eine schwache Platte veröffentlicht (nein, auch das Debüt "Greater Art" und "The Neonai" waren zumindest gut), womit sie mit "Illwill" auch gar nicht erst anfangen wollen. Auffällig ist lediglich, dass das Quartett nach dem letzten Werk "Moons And Mushrooms" noch eine Schippe Härte draufgelegt hat, die im abschließenden "Midnight Madness" mit fast schon schwarzmetallischen Zügen gipfelt. Schon der überragende, treibende Opener "Floating In Darkness" reißt mit seinem cool gehauchten "666" einfach nur mit, bevor mit dem ebenfalls flotten "The Hating", der tollen Hymne "U.N.S.A.N.E.", der relaxten Ballade "House Of The Setting Sun" oder dem fett rockenden "Parasites" nahezu durchweg Erstligamaterial aufgefahren wird. Auch der Rest des Albums hält dieses Niveau mühelos, was "Illwill" am Ende zu einer gewohnt richtig starken Angelegenheit macht, die nicht nur in Sachen Songwriting überzeugt, sondern LAKE OF TEARS weitere stilistische Facetten hinzufügt, die gar nicht erst den Gedanken an plumpe Selbstkopie aufkommen lassen. Top!
Mit „Sane and Insanity“ veröffentlichen die Schweden von M.ILL.ION ihr bereits siebtes Studiowerk. Das was einem sofort ins Auge fällt sind die Punkte im Name. Der Große Erfolg blieb bis Dato trotz Punkte aus, aber vielleicht packen sie es ja diesmal. Das Line Up ist teilerneuert mit Gitarrist Andreas Gröve und Keyboarder Angelo Modafferi. Die Musiker spielen einen melodiösen Hardrock skandinavischer Prägung aus einer Schnittmenge von EUROPE und PRETTY MAIDS.
Nach dem Intro starten M.ILL.ION schon mal verheißungsvoll mit "Cry to Heaven", welches zu gefallen weiß, nicht zu 100 %, aber 80 % sind es. Der Song hat Drive und packt mit einem tollen Groove. Wenn die Skandinavier ihre Qualität halten oder sogar noch steigern können, wird das diesmal vielleicht was. Doch leider ist dem nicht so. Die Songs fallen ab, statt dass eine Schippe drauf gepackt wird scheinen die Schweden schon ihr kreatives Pulver am Anfang verschossen zu haben. Den Songs die hier geboten werden mangelt es an packender Melodie, und leider meist auch an handwerklicher Präzision. So wirken, neben der nicht vorhandenen Eigenständigkeit, die Vocals von Ulrich Carlsson oft angestrengt und in höheren Lagen kraftlos. Auch dem Rest der Band fehlt es an Konturen, nichts besonderes oder ausgefallenes das Aufmerksamkeit erregt. Nichts bleibt wirklich hängen, sticht hervor oder kann einen richtig begeistern. Sicher sind gefällige Songs dabei, aber nichts für die Ewigkeit, das Niveau reicht gerade für die zweite Reihe, und vorne Sitzen die großen und versperren die Sicht. Es gibt in diesem Genre zuviel weit aus bessere und vor allem markantere Gesellen, gegen die M.ILL.ION einfach nichts zu entgegnen haben. Das ausgefallenste sind noch die Punkte in ihrem Namen und das ist mit Verlaub zu wenig, Punkt.
Langsam grollend schieben sich Argus durch den Gehörgang. Die Stimme mit viel Hall kommt direkt aus dem Jenseits und beschwört die ewige Verdammnis herauf. Die Gitarren untermalen dieses Schauspiel mit Trauer, Wucht und Wut. Wie schön kann Verzweiflung sein! Yep, so muss Doom klingen.
Argus spielen eine gelungene Mischung aus BLACK SABBATH, SOLITUDE AETURNUS und vor allem CANDELMASS. Mit „Boldly Stride The Doomed“ legen die US-Amerikaner nach ihrem selbstbetitelten Debüt ihren zweiten Longplayer vor. Schon der erste "Auftritt" sorgte für Begeisterung in den Doomkreisen. Nach diesem neuen Silberling, werden sich Anhänger des langsamen Metals die Finger lecken.
Abwechslung ist nicht gerade die Stärke des Albums, aber Langeweile kommt keine auf. Die Gitarrenarbeit ist variabel, die Melodie-Läufe versprühen in manchen Momenten 80er-Jahre-Spirit und erinnern mich ein wenig an CIRITH UNGOL. Besonders gelungen finde ich die Steigerung in den Songs, wenn sich quasi ein "Showdown" gegen Ende langsam aufbaut, um dann zu implodieren - einfach groß! Die Idee, ein Klavier bei"42-7-29" als Rhythmus-Untermalung einzubauen, finde ich klasse, und zeugt von der Liebe zum Detail. "Pieces Of Your Smile" muss man gehört haben, ein Gänsehaut erzeugender Trauerklos, durchwachsen mit schluchzender Bitternis. Dieser Track veranlasst den Hörer, die Rollläden herunter zu lassen, damit ihm kein Sonnenlicht den Genuss erhellt.
Was soll ich noch viel schreiben? Jeder, ich wiederhole jeder, der Doom-Metal zu seinen Vorlieben zählt, kommt an diesem Album nicht vorbei. Zieht los und besorgt euch diesen Doombatzen, von mir aus auch ganz langsam, wenn das Euer Naturell ist, aber tut es!
Das letzte Werk, das ich von den Belgiern zu Ohren bekam, war das 2005er Album „Amartia“, das ich auch im Nachhinein als ziemlich langatmig und misslungen empfinde, auch wenn viele Begräbnis-Doomer deutlich anderer Meinung waren. Aber mit dem Abstand von gut sechs Jahren muss ich sagen, dass ich PANTHEIST ein ganzes Stück weiterentwickelt haben. Und nein, „Weiterentwicklung“ bezieht sich nicht darauf, dass das Quartett inzwischen moderner geworden wäre, sondern auf die Qualität des Songmaterials. Weniger ultra-langsam, dafür umso epischer und in Sachen Songwriting schlüssiger sind die Jungs anno 2011 unterwegs, und nicht nur die Tatsache, es hier mit einem selbst betitelten Album zu tun zu haben, spricht für das gewonnene Selbstbewusstsein der Band. Zwar sind Kompositionen wie „Broken Statue“, die monolithischen „The Storm“ und „Be Here“ oder das recht kurze, sphärische „4:59“ noch immer ausladend und für Normalhörer schwer verdaulich bis ungenießbar, doch speziell das bombastische Moment wurde hier hervorragend integriert, und tiefste Growls finden nur noch hin und wieder Anwendung, dann aber sehr gezielt und songdienlich. PANTHEIST sind spätestens mit diesem Album eine echte Nummer des mittlerweile wieder anziehenden Doom-Genres geworden, auch wenn die genialen 40 WATT SUN mit ihrem Debüt „The Inside Room“ in Sachen Intensität zurzeit ein wenig die Nase vorn haben. Trotzdem starke Scheibe!