YOUNG THE GIANT werden mit ihrer Single „My Body“ ohne Zweifel weltweit die Charts entern. Der Song ist flott, geht ins Ohr und macht echt Laune – Mainstream Rock vom Feinsten, den es, das kurz angemerkt, in Nordamerika schon seit Mitte letzten Jahres gibt. Der mit dezenten Folk-Touch versehen Sound des kalifornischen Quartetts lässt sich irgendwo zwischen KINGS OF LEON, COLDPLAY und U2 einordnen, ohne die Indie-Schublade vollends zu verlassen. Der oben genannte Hit „My Body“ ist dabei eher etwas untypisch, denn meist lassen es YOUNG THE GIANT ruhiger, aber immer mit einem Gespür für Fröhlichkeit angehen. Sänger Sameer Gadhia spielt dabei geschickt mit seiner einschmeichelnden Stimme, welche Sanftmut und Rauheit zugleich ausstrahlt. Das balladesk poppige „I Got“ kommt mit zuckersüßer Melodie und 60er-Flair und die entspannten „Cough Syrup“ (Hit mit Riesen-Refrains) und „God Made Man“ wollen gar nicht mehr aus dem Ohr raus. Mit „Island“ landet recht weit hinten eine atmosphärische Überraschung. Auch wenn die Songs auf den ersten Hör einfach (gut) klingen, die Band hat Wert auf professionelle Arrangements gelegt und offenbart immer wieder Liebe zum Detail. Ganz neu ist man ja auch nicht im Geschäft. 2004 als THE JAKES gegründet hatte man Zeit Erfahrungen zu sammeln, zu reifen und sich seiner Ziele bewusst zu werden. Und die sind auf Erfolg getrimmt. Denn auch wenn YOUNG THE GIANT bewusst gen Radio und Mainstream schielen und keinen Innovationspreis gewinnen werden – das Konzept wird aufgehen; Können und Songwriting sind deutlich im grünen Bereich, da fällt es kaum ins Gewicht, das sich gegen Ende der Scheibe doch so etwas wie Routine einzuschleichen scheint. Egal! Auch bei mir werden YOUNG THE GIANT über den Sommer regelmäßig im Auto-Player rotieren. Definitiv eine Scheibe die Spaß macht – und mehr auch nicht will.
Solo-Künstler Aurvandil hat ein Problem: Seine Stadt Rouen wurde zwar schon 841 von den Wikingern überfallen, dennoch haben die Franzosen mit Nordländern wenig am Hut, freuen sich eher über Jeanne D‘Arc als über Nordmann Rollo und seine versoffenen Schergen. Nicht so Aurvandil: Er träumt weiter vom Leben auf den Spuren Odins und Thors. Da ist'S prima, dass er sich in der nordischen Mythologie ein bisschen auskennt. Ob die Geschichte vom gleichnamigen Riesen (der von Thor im Körbchen über zugefrorene Flüsse getragen wird, um sich dann den Zeh abzufrieren, der wiederum von Thor als Stern in den Himmel gesetzt wird) als Taufpate für ein besonders harsches Black-Metal-Manifest taugt, sei mal dahingestellt. Jedenfalls gibt es auch in der Normandie eine Garage, in dem der melancholisch-wütende Franzmann seinen Low-Budget-Sound im Alleingang eintüten konnte. Die Gitarren klingen nach Elektro-Rasierer, die Schreie sind spitz und verzweifelt, der Drum-Computer rasselt dazu monoton und ab und an überraschen sparsam eingestreute Keys wenig. Wundersamer Weise klingt immer mal wieder eine gelungene Melodie oder so etwas Ähnliches durch und die ruhigen Stücke lassen Burzum als Blaupause durchschimmern. Nach vier Demo-Veröffentlichungen und ebenfalls vier Splits seit 2007 ist es allerdings geradezu Pflicht, dass ab und zu auch mal was Brauchbares herauskommt. Aber insgesamt springt das „Ferd“ nicht so hoch, wie es müsste. Hat ja auch nicht mehr alle Zehen.
So ist das eben: Da wirst Du als Kind in die englische Industrie-Revolutionszetrum Birmingham geboren. Naja, meilenweit nix anderes als rauchende Schlote, urbane Schuhkarton-Unterbringung – und eben Metal-Verarbeitung. Von der Wiege des britischen Metals entwickelten die Brummies eine Musikszene, die es in sich hat(te). Sabbath, Lizzy, Priest… Der aktuellste Höhepunkt (zumindest aus Sicht des geneigten Death-Metallers stammt aus der zerbombten Nachbarschaft:: Bolt Thrower. Womit wir endlich beim Thema wären: FORLORN wurde sicherlich in die Butze gesperrt und durften nur im reichhaltigen Fundus der Midland-Walze stöbern. Was zur Folge hat, dass „The Rotting“ einen ähnlichen Groove zeigt und in Songs wie „Crimson Star“ ähnlich langsam Panzer fährt wie die Fahrlehrer mit dem günstigen Merch. Allerdings müssen die FORLORN-Jungs auch mal ausgebüxt sein aus ihrer Wohnkaserne. Denn ab und an schimmert ganz leichter Metalcore-Einschlag durch, was wohl vor allem an der Stimme von James Shaw liegt, der gelegentlich doch ein wenig zu sehr zum Bellen neigt. Und doch beißt dieser Hund. Wie die gesamte Scheibe, die anfangs klingt, als verlöre sie mit der Zeit ihre Zähne. Letztlich aber entfaltet „The Rotting“ eine verblüffende Langzeitwirkung. Und ist damit nicht nur viel besser als Homies wie Duran Duran – sondern eine willkommene Abwechslung, um die Wartezeit auf die nächste (?) Bolt Thrower zu verkürzen.
Ja, ja, THE POODLES, der Bandname sorgt in meinem Bekanntenkreis (der zu 90 % aus Metal/Hardrock fernen Schichten besteht) immer für Belustigung, wenn er den fällt. Und zugegeben auch ich muss zumindest immer mit schmunzeln. Das haben sie schon doll gemacht, die Schweden, eine große Portion selbst Ironie, gute gestandene Musiker, melodiöse nicht allzu kantige Songs und fertig war der Start in die Szene vor ca.4 Jahre. Doch dem furiosen Start folgte nach weiteren zwei Scheiben ein wenig Ernüchterung. Die ganz große Nummer sind sie nicht geworden, zumindest außerhalb Schwedens und mal ehrlich, auch zu recht.
Mit "Into The Quiet Night" beginnen die Skandinavier ihren vierten Studio Longplayer, leicht düster mit starken Refrain, der toll in Szene gesetzt wird. Die Stimme von Jakob Samuels hat Charakter und prägt den Sound. Sein raues fast sleazige Organ ist auch mit verantwortlich das es nie zu schmalzig werden kann.
In der Produktion, der Scheibe, steckt viel Liebe fürs Detail. Bei "I Want It All" wird der Refrain durch sanfte Keyboard Untermalung aufgehübscht. Oder auch bei "I Believe In You" kommen Chöre und allerlei Soundeffekte zum Einsatz. "Love Is All" zeigt fast schon epische Ausmaße, eingeleitet mit einem Intro steigert er sich zum Finalen welches ein tolles, nur zu leises, Gitarren Soli hat. Die Songs sind ausrangiert und machen einen durchgestylten Eindruck. Hin und wieder rockt es zwar ordentlich aber generell wird das Album weich gehalten auch was den Sound betrifft. Mir gefällt das Teil, überzeugt mich aber nicht auf ganzer Linie. Es kommt manchmal ein wenig zu klebrig aus den Boxen und zwei, drei Songs langweilen mich.
Fazit: Performocracy ist eine ordentliches Album geworden mit großen und kleinen Momenten. Super Stars des Hardrock werden die gelockten Hunde auch mit diesem Album nicht, aber für eine gute Zeit und hin und wieder einem Lächeln auf dem Gesicht sorgt es allemal. Damit schließt sich wieder der Kreis THE POODLES machen Spaß, so oder so !
55 Minuten technischer Death Metal, ohne dass eine Sekunde davon langweilt – ULCERATE gelingt dieses Kunststück mit ihrer neuen Scheibe „The Destroyers Of All“. Immer noch stark von IMMOLATION beeinflusst, hat die Band beim Songwriting erkennbar viel NEUROSIS gehört, weisen die sieben Songs doch eine sehr markante Postcore-Attitüde auf, wie den fiesen Riffwänden in „Cold Becoming“. Generell ist das Material gleichzeitig hochkomplex und düster, so dass einige Durchgänge vonnöten sind, um auch nur annähernd alle Feinheiten der Platte erfassen zu können. ULCERATE verpacken haufenweise Ideen in die Songs, gerade bei der Gitarrenarbeit oder dem oft Death Metal-untypischen Drumming gibt es Einiges zu entdecken, wobei die warme Produktion dem sehr entgegenkommt – eine klinische Produktion wäre der Tod von „The Destroyers Of All“ gewesen. ULCERATE legen einen würdigen Nachfolger ihres 2009er Albums nach, der drückender, verstörender und intensiver geworden ist. Richtig gute Scheibe, die sich kein Totmetaller entgehen lassen darf und kann; ja auch die Postcore-Gemeinde sollte die Chose mal anhören.
WINDS OF PLAGUE haben sich für ihr neues Album „Against The World” mit Matt Hyde (SLAYER, HATEBREED, CHILDREN OF BODOM) einen richtig guten, richtig teuren Produzenten geleistet, damit es endlich mal mit dem großen Durchbruch klappt. Der Mann hat gemacht, wofür er bezahlt wurde und dem Album einen verdammt brachialen und gleichzeitig klaren Sound verpasst, der schlicht gut ist. Daran kann das Album schon mal nicht scheitern, aber wie sieht es mit den Songs selbst aus? Durchwachsen trifft es ganz gut. Die Band besteht aus fähigen Musikern, die handwerklich topfit sind („Monsters“), aber beim Songwriting nicht immer ins Schwarze treffen, gerade wenn sie dem Keyboard eine zu dominante Rolle einräumen oder einige Ideen einen Ticken zu oft wiederholen. Einige gute, brachiale Nummern in der Schnittmenge von Death Metal und Hardcore haben sie geschrieben, allen voran „California“, „Drop The Match“ und „Built For War“ (mit HATEBREED-Fronter Jamey Jasta am Mikro). Aber eben auch eine Handvoll allenfalls durchschnittlicher Songs, die kaum bis gar nicht im Ohr bleiben. Insgesamt bleibt so ein zwiespältiger Eindruck und WINDS OF PLAGUE wohl weiter auf den großen Durchbruch wartend, auch wenn die treue Fanschar mit dem Album zufrieden sein dürfte.
Erst seit gut drei Jahren aktiv, hat das aus BLOODSHED hervorgegangene Trio mit "Grand Tidal Rave" bereits ein Album auf dem Buckel, das von der europäischen Fachpresse ordentlich abgefeiert wurde. Dieser Umstand verwundert nicht, wenn man sich das Zweitwerk "Ashlands" zu Gemüte führt: die Schweden verbinden sehr gekonnt die schwarzmetallischen Wurzeln ihrer Heimat (allen voran DARK FUNERAL, deren rasenden, fett produzierten Ballersound man auch hier wieder findet, aber SETHERIAL oder MARDUK kommen als stilistische Referenzen ebenfalls in Frage) mit progressivem, schwer verdaulichem Songwriting, das man bevorzugt aus der französischen Black Metal-Szene von Bands wie BLUT AUS NORD oder GLORIOR BELLI kennt. Das Problem dabei ist, dass "Ashlands" auch nach zigmaliger Einfuhr nicht richtig zünden will und Songs wie das mächtige Titelstück, das atmosphärische Industrial-Intermezzo "A Study Of Patterns And Habits", der Stampfer "The Chase", das vielseitige, abwechselungsreiche "Rust Retinal Vein" oder das schleppende "Coal Mirror" sehr sperrig daherkommen, was zwar eine lange Halbwertzeit garantiert, aber doch einen kleinen Beigeschmack hinterlässt. Darum vergebe ich für "Ashlands" (ganz knapp) noch keinen "Tipp", aber ich bin überzeugt, dass diese erstklassige Band auf ihrem nächsten Streich noch einige Kohlen nachlegen wird. Trotzdem kann man dieses Album als sehr gute und sehr anspruchsvolle Black Metal-Walze bezeichnen!
FOUNDATION sind eine der jüngsten Zuwächse zum Bridge9 Records-Stall; “When The Smoke Clears“ mithin das Labeldebüt der Straight Edger – und das macht derbe Bock. Anders als einige Kollegen beim Bostoner Label sind FOUNDATION kein durchdeklinierter Studenten-Core, sondern brutal, stellenweise fast schon stumpf („Calloused“). Aber die Mischung aus mächtig Groove, simpel-effektiven Gitarrenriffs und einer Menge Wut im Bauch macht einfach nur Bock, Bock, Bock. REIGN SUPREME kommen da immer wieder in den Sinn, die haben ein ähnliches Gespür für einen gelungenen Song, während die üblichen Verdächtigen aus New York in Sachen Groove und Moshpart-Geschiebe ihren Teil zum FOUNDATION-Sound beitrugen („No Ones Writes Protest Songs Anymore“ beispielsweise mit schöner BIOHAZARD-Kante). Da die Jungs auch handwerklich mehr als fit sind, gibt es für HC Kids auf der Suche nach guter, ehrlicher Musik keinen Weg an „When The Smoke Clears“ vorbei.
Zwei Antipodensysteme liefert VOMFETISCH DER UNBEIRRTHEIT. Das erste System besteht aus sieben Subsystemen, die die Bezeichnung Song im weitesten Sinne verdienen. Denn Teile wie „Filterlose Trunkenheit“, „In erigierter Abgründigkeit“, „Zerrissenes Stück Hirn-Masse“ oder „Geistesinfarkt“ mischen durchaus black-metallischen Versatz mit suizidalen Klängen, psychotischem Gebrabbel und manisch-wabernden Sound-Effekten zu einer vergleichsweise verträglichen Mischung. Verdaulich nicht im Vergleich zu anderen Alben anderer Bands – denn selbst hierbei schnitte die „Psycho-Hygiene“ nicht ganz sauber ab. Aber was auf der zweiten CD veröffentlicht ist, spottet jeder musikalischen Beschreibung. Hier gibt es nur noch Sound-Patchwork, collagenhaft zusammengefügte Ambient- und Kunstklänge, die sich vor allem dadurch zu verbinden scheinen, dass sich nicht zueinander passen. Abschnitte wie „Schandungszyklus“. „Ein toter Wurf“ oder „Die Kybernetik-Funktion der Psychohygiene“ verstärken den Eindruck der Unhörbarkeit so sehr, dass sich der Rezipient entweder fragt, ob er hier erstens mächtig verarscht wird, zweitens immer noch nach dem Sinn sucht oder drittens glaubt, dass dieses Duo mächtig einen an der Marmel hat. Genauso wie diejenigen, die das Doppel-Album gut oder interessant finden. Letzteres hat aus irgendwelchen Gründen bei mir geklappt… Ach: Mag diese Veröffentlichung in der Kritik sicher umstritten sein, die Aufmachung ist es nicht, sie ist aller Ehren wert. Die beiden CDs kommen in einer buchähnlichen Digi-Pack-Hülle mit Hardcover und machen diese Veröffentlichung mit 26 Seiten und ekligen Bildern, die die kranke Atmo edel unterstreichen. Dass das Album auf einem Label aus Shanghai erscheint, ist dann nur noch eine Marginalie angesichts der Merkwürdigkeit dieser Scheibe. Bei aller gestelzten Horror-, Ekel- und Kotz-Attitüde ist es dann allerdings doch fraglich, ob es sein muss, dass die ersten 100 Besteller ein Stück präparierte Ratte im Glas geliefert kriegen. Folglich bleibt V.F.D.U. kranke Kacke für kranke Leute.
Auch wenn es sicher viele Fans der Schweizer anders sehen werden: spätestens seit dem 2007er Werk "Solar Soul" hat bei den einstigen Düsterpionieren endgültig der Streichelzoo Einzug gehalten. Und so geht es auch auf "Lux Mundi" weiter; bedrückende Atmosphäre, Beklemmung und akustisches Unheil sucht man inzwischen woanders. Durchweg und wenig abwechselungsreich in trägem Midtempo gehalten, stellt "Lux Mundi" zumindest stilistisch wieder die gewohnte Mischung aus knackigen Gitarrengewittern und Xys unbestrittenen Elektronik-Künsten dar, wobei ich allerdings finde, dass es die Herren mit Bombast und Synthetik bisweilen ein wenig übertreiben, nachzuhören etwa in den Stücken "For A Thousand Years" und "Pagan Trance", die fast schon in Gotenschmalzregionen wildern. Ein weiterer Kritikpunkt ist das bereits oben angedeutete, sehr gleichförmige Songwriting, das das Album ohne wirkliche Höhepunkte durchlaufen lässt und über die gesamte Spielzeit sogar ziemlich ermüdend herüberkommt, obwohl mit dem hymnischen, sehr coolen Quasi-Titelsong viel versprechend durchgestartet wird. Auf eine gewisse Weise stagnieren SAMAEL in ihrem eigenen kreativen Saft, und es wird, ähnlich wie bei den Kollegen DIMMU BORGIR oder CRADLE OF FILTH, immer deutlicher, dass man allein mit vielen instrumentalen Spielereien und Soundkniffen irgendwann nicht mehr in der Lage ist, die Ideenlosigkeit beim Songwriting zu kaschieren. SAMAEL sind mit "Lux Mundi" (rein qualitativ wohlgemerkt) meilenweit von ihren früheren Glanztaten, die übrigens ausschließlich im vorletzten Jahrzehnt stattfanden, entfernt.