Drei Jahre haben sich KALMAH seit "Swampsong" Zeit gelassen. 2006 bringt nun das neue Album und mit POISONBLACK-Keyboarder Marko Sneck auch einen neuen Mann am Schlüsselbrett. Dennoch hat sich an der Dominanz der Keys und der Melodieverliebheit der Finnen nichts geändert. Shouter Pekka grolwt zwar deutlich mehr als noch auf dem Vorgänger, macht das aber leider viel zu eintönig und läßt seine schwarzmetallischen Gesangseinlagen vermissen. Beim Songwriting haben KALMAH nichts geändert, noch immer domieren klebrig-süße Keyboardmelodie und catchy Riffs das Geschehen, das sich vorzugsweise im Up Tempo bewegt. So recht Abwechlsung kommt nicht auch, die Songs gehen zwar ins Bein, klingen aber sehr austauschbar. Die ewigen Vergleiche mit COB wird "The Black Waltz" nicht beenden, aber mir schient, als wollten KALMAH das auch gar nicht. Alexi-Jünger, Keyboard-Fanatiker und Finnenfans können ja mal reinhören, der Rest kann sich die Scheibe schenken.
Nicht zu verwechseln mit den deutschen Hardcorlern I DEFY sind I-DEF-I aus dem schönen Manchester. Beim ersten flüchtigen Blick auf den Promozettel freute ich mich auf eine ordentlich Dröhnung HC, aber das währte nicht lagne. I-DEF-I klingen nur phonetisch so wie die Deutschen, sind aber in anderen Gefilden unterwegs. Bei der Gitarrenarbeit standen SOILWORK und IN FLAMES Pate, während der Gesang in den cleanen Passagen gar an GODSMACK erinnert, aber im Gesamtkonzept auch wieder bei SOILWORK landet. Die Songs selbst sind eingängig, setzen auf einen starken Chorus und bewegen sich im Mid Tempo. Da kann man als Band nicht viel falsch machen, vor allem nicht, wenn man noch eine so gute und druckvolle Produktion hat wie die Briten. Der ganz große Knaller ist unter den sechs Songs zwar noch nicht zu finden, als erster Release und zum Duftmarke setzen ist "Bloodlust Casualty" aber total ok.
Als "sehr eigenwillig" ordnete Kollege Ferber den Vorgänger "Opus Dementiae" ein, was sich nahtlos auf das aktuelle Werk "Project X-Katon" übertragen haben muss. Fünf Musiker mit hochintelligenten Pseudonymen räubern sich durch elf Songs plus eine "Reprise" und drei "Radio Edits" bereits in normalen Versionen vertretener Stücke. Ob man die Musik von ENSOPH nun als Electro Rock, Gothic Rock oder Bombast Avantgarde Bla durchgehen lässt, ist nicht einfach zu bestimmen. "Von allem etwas", lauter die Devise, so dass recht harte Riffs neben ausladender Konserve, allerlei noisiger Spielereien und auch hin und wieder weiblichen Vocals stehen. Das klingt wirr, wobei es die Band stellenweise tatsächlich ganz gut auf die Reihe bekommt, all ihre Ideen in nette Songs umzusetzen, wie etwa bei "Condemned (In The Personal Colony)" oder "The Source Becomes Desert". Aber die in psychedelischen Kostümen (Darth Vader in schwul) verhüllten Italiener zaubern auch genug Ausschussware zustande, bei der sich die Lauschlappen unter heftigem Protest nach innen falten. "D - Generation" etwa klingt nach CRADLE OF FILTH mit Verstopfung und Kabelbrand im Keyboard. "Un Petalo Di Pieta" ist mit seinen verzerrten Travestie - Chören und den nur noch grausamen "Industrie" - Samples so dermaßen unfreiwillig komisch, dass man beschlossen hat, diesen Stil im nächsten Stück "Getsemani" in ähnlicher Form wieder aufzugreifen… Zugegeben: einige Passagen auf "Project X-Katon" sind ganz passabel, aber als Ganzes eignet sich das Album nicht, den gemeinen Electro / Gothic Rock - Freak aus dem Häuschen zu locken. Aber andererseits ist diese Zielgruppe ja generell sehr genügsam…
DAS ICH gehören wohl zu den bekanntesten deutschsprachigen Elektro - Bands, angeblich auch weltweit. DAS ICH besitzen einen Heimcomputer. Darauf läuft seit Jahr und Tag die Software "Electro Nerve Killer 6.66 beta", aber ohne jemals den Serial - Code zur Freischaltung aller Programmfunktionen eingegeben zu haben. Unregistriert taugt diese Software zu gar nix! Macht aber nix, muss auch so gehen! Echte Musikinstrumente haben DAS ICH auch! Spielen können sie sie nicht, wozu auch?! Egal, muss auch so gehen! Texte schreiben können DAS ICH zwar rein technisch, inhaltlich ist kaum Substanz erkennbar. Egal, muss auch so gehen! Schließlich wird man jeden Freitag, nachts, in der lokalen Gotik - Disko von hübschen traurigen Mädchen und ihren Verehrern in Stützstrümpfen und Netzhemden abgefeiert - man ist ja Weltschmerz pur! Und die Rechung geht sogar auf! DAS ICH sind bemerkenswerte Musiker: wer bis jetzt noch nie bei einer Platte geheult hat, wird spätestens bei "Cabaret" in tränenreiche Depressionen ausbrechen. Große Kunst, die schmerzt - besonders in den Ohren! Die ganz Hartgesottenen bekommen dieses unglaubliche Werk in einer limitierten Katastrophen - Edition mitsamt einer Remix - CD namens "Variete" und einer DVD namens "Panopticum". Beides war dem Rezensenten nicht vergönnt zu bestaunen… aber egal, muss auch so gehen! Ich kann nicht mehr, ich will nicht mehr… Hilfe!
Mit "Go" und "Miss Understood" fängt das Album "Schlicht und Ergreifend" der Braunschweiger BIONIC BRIT durchaus gelungen an. Schrammelnde Gitarren, treibender Rhythmus und eine gewisse Eingängigkeit in guter Alternative Rock / Britpop - Manier. Mit dem melodisch, anklagenden "Stell dir vor", dem leicht morbiden "Schlimmer" und dem fröhlich, stillen Popsong "A Perfect Day" gibt es dazu noch drei weitere gute Songs auf dem Album zu vermelden. Die restliche Tracks weisen trotz handwerklichen Könnens auf Grund mangelndes Ideenreichtums eine zu geringe Halbwertszeit auf und verlieren sich leider recht schnell nach dem Hören. BIONIC BRIT dürften mit "schlicht und ergreifend" eher das Klientel der Sportfreunde Stiller ansprechen, zu glatt und zu vorhersehbar agieren die Braunschweiger meist. An den Kompositionen gehört noch gefeilt um nicht in der Masse ähnlich gearteter Acts unterzugehen.
Da das "Pseudo-Debüt" teilweise aus Titeln der ersten beiden Veröffentlichungen besteht (2002 "A Perfect Day" und 2004 "Lautspeaker"), wurden noch zwei Live-Tracks ("Hirschie comes", "Stell dir vor") und das Livevideo "Das letzte Lied fuer Dich" mit draufgepackt.
Knapp zwei Jahre nach ihrem gelungenen Debüt "Our Somewhere Else" können die sechs Münchner von BEYOND THE VOID mit "I Am Your Ruin" weiter zulegen und agieren gekonnt mit ihren Stärken - mal präsentieren sie ihren melodischen düsteren Goth-Rock kraftvoll rockig um dann unvermittelt in elegischer Melancholie zu schwelgen. Dies ohne ins kitschige abzudriften oder gar den Pathos zu übertreiben, die Songs immer mit einem gewissen Ohrwurmpotential versehen. Der variable Sänger Daniel Pharos hat von Ville Valo (HIM) bis Sven Friedrich (Zeraphine, Dreadful Shadows) einiges an Stimmlage zu bieten und das BEYOND THE VOID mit vier (!) Songwriter gesegnet ist tut ein übriges um keine Langeweile aufkommen zu lassen. Mit "Defiance To The End" startet das Album druckvoll und einschmeichelnd zugleich und gibt somit die Richtung für die folgende dreiviertel Stunde vor. Abwechslungsreich bleibt es dabei allemal, schon beim nachfolgenden Mid-Temposong "Ruinborn" spielt man gekonnt mit weiblichen Back-Vocals und eingestreuten Growls. "Reality Won’t Do" lässt atmosphärisch sogar mal Type O’ durchschimmern. Danach wird es einen Tick weniger intensiv, bevor die zweite Hälfte des Albums mit dem treibend rockenden, von Gitarrenriffs und bassuntermalten Gesang dominierten "Rejected" startet, gefolgt von der von Piano und Violine getragene Gänsehautballade "World Dies With Me". Das fast schon Pop-mäßige "Away From Here" würde auch gut auf eine "The 69 Eyes"-Scheibe passen, bevor das Album mit dem fast schon besinnlichen "Until Dawn Shall Us Part" und "Time To Repent" einen würdigen Abschluss findet. Die einwandfrei produzierten und auf gleichbleibend hohen Niveau angesiedelten zwölf Tracks auf "I Am Your Ruin" sollten BEYOND THE VOID den Weg in die Zukunft ebnen. Gutes Album, hörenswert; nicht nur für die düsteren Stunden und Tage.
Nur knapp drei Monate nach erscheinen der "Three Tracks"-EP kommen die Münsteraner CUBA MISSOURI mit ihrem Debüt-Album "This Year’s Lucky Charms" aus den Startlöchern und setzen da noch einen drauf. An sich ist der euphorischen Review von Kollege Mai nicht viel hinzuzufügen - kann doch auch das Debüt auf ganzer Linie überzeugen. CUBA MISSOURI brauchen nicht viel Worte um auf den Punkt zu kommen - ihre Songs, meist sparsam instrumentalisiert spiegeln dies gekonnt wieder. Gelegentliche Noise-Attacken lockern auf, zerstören aber nie das zerbrechliche Gebilde aus Melodie und Melancholie. Schon der Opener "Bitter Square" und das folgende "Scared Of Being Awake" kommen in allerfeinster Indie Rock-Manier daher; gekonnte laut-leise Dynamik ohne die Struktur der Songs zu stören, zeitlos komponiert und mit einem gehörigem dunklen Groove versehen. Mit "Dawn" ziehen CUBA MISSOURI den Hörer dann tief hinunter in ihre schwermütige Welt. "Away" lässt dann schon elektronische Ausflüge erkennen und zieht uns wieder nach oben, gibt Hoffnung. Das fast 8-minütige "By The Lighthouse" lockt dann mit Pink Floyd Atmosphäre, um dann aber doch wieder in lärmenden Gitarrenwänden einzutauchen, denen unvermittelt eine Dosis Psychedelic folgt - klasse. "My Sweet Complaint” und "Caramel" greifen dann wieder die Elemente der ersten Songs von "This Year’s Lucky Charms" auf, wobei hier doch ganz schön "gelärmt" wird, und ich meine schön. Dann wird es still - die wunderschöne traurige Akustikballade "Panes" und die direkt folgende, von Piano dominierte Soundcollage "Rust Belt Noise" lassen uns wieder aus dem Gitarrengewitter heruntersteigen. Perfekter Abschluss bildet dann mit "A Good Place To Hide" ein zweiter überlanger und ruhiger Song mit einem nicht mehr aus dem Kopf gehenden Melodiebogen. Da passt alles! Von den Kompositionen, über den Sound (produziert wurde von Blackmail-Gitarristen Kurt Ebelhäuser) bis zum gelungenen Artwork. Hier kann man nur intensives Reinhören empfehlen. Wenn das Teil nicht einschlägt, weis ich auch nicht.
Ich frag’ mich, warum Ausgabe vier dieser Sampler-Reihe an uns vorbeging, ohne mit einem Review gewürdigt zu werden. Na ja, komische Dinge passieren jeden Tag. Jetzt gibt’s also Auflage 5 der serie und wieder haben die Macher einen bunten Querschnitt der (hauptsächlich deutschen) Underground-Szene erstellt. Da tummelt sich von Black Metal bis True Metal alles, was man an Metal spielen kann, auch wenn der Schwerpunkt auf den heftigeren Spielarten liegt. Im schick aufgemachten Digi findet sich ein informatives Booklet, in welchem jede Band auf einer Seite vorgestellt wird, inklusive Kontaktadresse. So soll das sein, dann kann man sich bei Gefallen gleich mal die aktuelle Scheiber einer Combo ziehen. Natürlich wird bei einem so breiten Stilmix nicht jeder Track gefallen finden, es dürfte aber für jeden Metalfan was dabei sein, zumal der Sampler für nur 5€ zu haben ist und diese zwei Bier locker wert. Unterstützt den Undergorund und legt euch die Scheibe zu, es lohnt sich!
LOST IN RHONE existieren zwar erst seit zwei Jahren, aber die beteiligten Musiker müssen vorher schon Erfahrungen in anderen Combos gesammelt haben. Oder es sind zimelich begabte Songschreiber - wenn man bedenkt, was für krude Sachen manche Bands auf ihrem Debüt haben, ist "Beloved Be The Ones Who Sit Down” ein echtes Goldstück. Die belgier wußten offensichtlich, was sie schreiben wollten: ein entspanntes Emo-Album, das modern klingt und gleichzeitig Verneigungen vor alten Metal-Helden nicht scheut. Das haben LOST IN RHONE dann auch hinbekommen, die Scheibe rockt sehr entspannt und dürfte in der einschlägigen Zielgruppe Beachtung finden. Songs wie das dezent rockende "Le Temps Du Loup" können mit ordentlich wummernden Bassläufen, nicht zu heftigen Gitarren und einem schmeichelndem Sänger punkten, beim nachfolgenden "On Becoming A Vampire" werden sogar Erinnerungen an die DEFTONES wach. Hin und wider schleicht sich ein verirrtes Metalriff ein und auch der Hardcore kommt, in Form einiger heftiger Parts und Breakdowns, nicht zu kurz - ohne dass die insgesamt sehr relaxte Stimmung dadurch groß geändet würde. "Beloved Be The Ones Who Sit Down” ist definitiv kein Album für die Scheißtage im Leben, viel eher was für die gammelig-chilligen Sonntagnachmittage.
Mastermind Gary Chandler scheint mit seinen Kollegen von JADIS wohl immer so um die drei Jahre zu brauchen, um ein neuen Album für die Neo-Prog-Gemeinde fertig zu stellen. Das es bei Album Nummer sechs diesmal zwar nicht schneller, aber noch intensiver zuging liegt nach eigener Aussage daran, dass Mr. Chandler das Album mit Pro Tools Höchstselbst mixte und am heimischen Equipment veredelte. Aller bedenken zum Trotze ist "Photoplay" trotzdem kein seelenloses, technisch perfektes Werk geworden, sondern ein Wärme und Gefühl ausstrahlendes Prog-Album, in Tradition von Marillion, IQ (keine Wunder, deren Keyboarder Martin Orford und Bassist John Jowitt sind JADIS-Bandmitglieder), Pink Floyd, Asia, Kansas und natürlich Pendragon. Überwiegend im Midtempo angesiedelte, atmosphärische, in ihrer epischen Ausstrahlung typische JADIS-Songs prägen das Album ("Please Open Your Eyes", "Asleep in My Hands"). Dazu cool entspannendes wie "Standing Still" und etwas lautere Tracks, wie der Floyd’sche Opener "There’s A Light", "What Goes Around" und "Make Me Move". Das elegische instrumentale Titelstück "Photoplay" rundet das Ganze schlussendlich ab. Nur das Coverartwork ist, sorry, unter aller S… - was aber auf den Gesamteindruck keinerlei Einfluss hat. Denn JADIS haben mit "Photoplay" kein neues Überwerk à la ihrem Debüt "More Than Meets The Eye" geschaffen, aber ein wahrlich gutes Prog-Album vorgelegt, dass sich nahtlos an Platz Nummer zwei in die Discographie der britischen Band einfügt.