Das Black-Metal-Trio aus Österreich ist jüngst mit Dark Funeral, den Labelkollegen von Endstille und Co. unterwegs, angepinselt und böse - letzteres versuchen sie musikalisch zu untermauern. Das klappt streckenweise sehr gut - wenn auch fast ausschließlich mit genretypischen Hausmitteln. Da klirren die Gitarren, da krächzen die Stimmen, da rasen die Drums. Musik, vom Frost geküßt, in der Dunkelheit eingespielt, Metal, um Angst zu verbreiten. Allerdings, und das mag mancher als Vorteil hören: Der Sound ist nicht so schlecht, wie es manch anderer für untergrundigen Black Metal verlangt - also echt ganz okay. Dennoch veranstalten die Austrianer ein ziemlich infernalisches Gezumsel - irgendwie aber dennoch meistens kontrolliert - frei nach Otto Rehagels sind hier quasi die Werderaner des Schwarz-Metalls am Werke. Erfreulich klingt außerdem die Tatsache, dass ASMODEUS nicht ohne Unterlaß kloppen, was das Zeuch hält. Denn es gibt sogar reichlich atmosphärischen Atempausen wie das getragene "Thorns", bei dem die drei Almdudler ordentlich Gas raus nehmen, die bös-unterkühlte Stimmung aber nicht kaputt machen. Fazit: Ein recht "ordentliches" Black-Metal-Album.
Von wegen, Schweizer sind gemütlich - wer "Blood Source" hört, möchte meinen, sie hätten ihre Finger auch beim Death-Metal-Erfinden im Spiel - nicht nur bei den Bonbons… Die Eidgenossen brauchen nicht mal eine Sekunde, dann geht’s voll ab, mehr als 40 Minute direkt auf’s Maul rauf. DISPARAGED verbinden Slayer–Riffing ("Banished") mit ultra-dickem Death Metal recht amerikanischer aber nicht zu verfrickelter Attitüde und ganz leichtem Grind-Einschlag. Allermeistens kloppen Sie in erhöhtem Tempo durch die Alpenwelt, für Abwechslung sorgen vor allem die eingespielten Intros und Filmsequenzen, die neben zusätzlicher Variabilität tatsächlich auch für eine erfreuliche Straffung der Spannungsböden sorgen. Dazu hat der Franko-Kanadier J-F Dagenais den Alpenhörnis einen Sound verpasst, der auch Jeans eigener Band Kataklysm zur Ehre gereichte. All das zusammen sorgt für eine sehr straight-harte, aber dennoch nie eintönige Scheibe mit jeder Menge Energie. Dazu kupfern die Jungs nicht einfach irgendeine der Stilrichtungen innerhalb dieses Genres ab, sondern sie versuchen, die Vorteile der Einflüsse zu bündeln. Und das ist wirklich prima gelungen und bringt unterm Strich einen ganzen Strauß überaus launiger Todesmelodien an den geneigten Fan. Jaja, viel besser als Ricola…
VANILLA SKY sind kein Garant für heftige Musik, das geht eher in Richtung Poppunk (und Veteranen der Punk-Bewegung drehen sich bei dieser Stilbezeichnung sicher im Grabe um). Das in einem kleinen Poppunker aber auch eine Stimme nach heftiger Musik verlangt, haben vinx und Brian von VANILLA SKY erfahren müssen und als Resultat THE GAIA CORPORATION ins Leben gerufen. So werden auf der EP auch keine klebrig-poppigen Melodien aufgefaren, sondern moderner Hardcore mit rockigen Elementen vermischt, was im Endeffekt eine gut knallende Mischung ergibt. Gesungen wird in bester Screamo-Manier, hin und wieder unterstützt von klarem Gesang, und die Gitarren haben ordentlich Härte. Einzig das Keyboad ist mal für die ruhigeren Momente zuständig, die aber nie lange anhalten und schnell in die nächste Attacke übergehen ("One Of A Kind"). Die fünf Songs sind allesamt oberes Screamo-Niveau, besonders gelungen ist den Italienern aber die Verwurstung der OASIS-Hymne "Wonderwall", die zu einer richtig fiesen Screamo-Nummer umgeschrieben wurde und dem durchschnittlichen Britpopper die Kinnlade runterklappen lassen wird. Ob die Band mehr als nur diese EP in Planung hat, weiß ich nicht, würde es aber sehr begrüßen. Bis dahin noch ne Runde "Wonderwall".
ENDSTAND, die alten Herren des finnischen Hardcores, haben sich nach ihrer Tour im Herbst letzten Jahres für zwei Wochen im Studio verschanzt und den Nachfolger zu "Burning Bridges" eingespielt. Wie nicht anders zu erwarten, ist auch "The Time Is Now" eine ziemlich direkte und sehr intensive Scheibe geworden. Das charakteristische heisere Shouting von Janne hat sich nicht groß verändert und ist neben den catchy Gitarren das Markenzeichen von ENDSTAND. Egal ob das recht ruhige, aber dafür mit einem Hammer-Riff beginnende "Sometimes Dreams Might Come True" oder die gnadenlosen Kracher "King Of Drama" und "To Feel Alive", ENDSTAND habens einfach drauf und rotzen zehn schlichtweg geile HC-Nummern runter, die man einfach lieben muss! Zum Glück geben sie auch anno 2005/06 nichts auf verkappten Death Metal oder SLAYER-Riffs, sondern bleiben dem puren HC treu - und haben mal eben eine der geilsten HC-Scheiben seit langem geschrieben. Grandios!
Was für eine Kehrtwende! War das Debüt der in Orlando, Florida gegründeten und mittlerweile in Los Angeles ansässigen FROM FIRST TO LAST noch nahezu reiner Emo, schlagen einem auf "Heroine" düsterste Töne und brachiale Sounds entgegen. Musikalisch ist das Ganze nicht mehr einzuordnen: An Emo erinnert mit seinem graden, melodischen Refrain höchstens noch "The Latest Plague", dagegen sind Songs wie "...And We All Have A Hell" und "The Crows Are Coming For Us" stark Prog-Rock beeinflusst und diverse Stücke erinnern aufgrund ihrer verschachtelten Beats und komplexen Strukturen an Bands wie AT THE DRIVE IN. Dazu sind stellenweise elektronische Sounds unter die Musik gelegt, die aber zum Glück nie wirklich in den Vordergrund treten; wirklich zum Tragen kommen sie lediglich in "Waves Goodbye", das extrem ruhig und fast schon meditativ daherkommt. Beim ersten Hören scheint das Album vor allem anstrengend und irgendwie hektisch zu sein, aber irgendwann entdeckt man dann immer wieder Passagen, aus denen sich geniale Melodien herausschälen, die einen so schnell nicht wieder loslassen. Für den oberfetten Sound zeichnen als Produzent Ross Robinson (KORN, SLIPKNOT, AT THE DRIVE IN) und als Mischer Andy Wallace (SYSTEM OF A DOWN, NIRVANA, SEPULTURA) verantwortlich - da kann natürlich nix schiefgehen, noch dazu, wenn jemand wie Ex-LIMP BIZKIT-Gitarrist Wes Borland den Bass einspielt. Diese Scheibe ist gleichzeitig völlig krank und absolut genial, aber in jedem Fall ein intensives und packendes Erlebnis, das man nicht alle Tage zu hören bekommt. Ob´s gefällt, ist letztendlich reine Geschmackssache, aber man muss dieser Band auf jeden Fall Respekt zollen für dieses vor Energie nur so strotzende Album und den Mut, sich über die eigene musikalische Vergangenheit komplett hinwegzusetzen und gleich eine ganze Reihe stilistischer Grenzen zu sprengen.
SKITSYSTEM haben nach dem Ausstieg von Sänger Tomas Lindberg (DISFEAR, ex-ATG, ex-NIGHTRAGE und 1000 andere) einige Zeit gebraucht, um die Lücke zuschließen. Eine erfolgreich verlaufene US-Tour im neuen Line-Up. Mikael Kjellman (MARTYRDÖD) übernham die freigewordene Stelle als Gitarrist, da der bisherige Saitenquäler Alex ans Mikro wechselte. Beim ersten Durchlauf von "Stigmata" machen die beiden ihre Sache ziemlich gut, besonders Alex läßt den legendären Tompa zu keiner Minute vermissen. Wie gehabt sind SKITSYSTEM gnadenlos brutal und ballern in einer knappen halben Stunde zwölf ultra-heftige Crust-Nummern raus, die zu keiner Sekunde an sowas wie Mid Tempo oder Entspannung denken lassen. "Stigmata" ist vertonte Wut. Die Texte wie gewohnt auf Schwedisch, die Stimme von Alex giftig, die Gitarren sägend und die Drums unmbarmherzig schnell - so soll das sein. Crustcore wie aus dem Lerhbuch und fast so geil wie auf den beiden Splits mit WOLFPACK und NASUM. SKITSYSTEM mögen älter werden, büßen aber nix von ihrer Aggressivität und Brutalität ein und sind somit das beste Beispiel, dass extreme Musik auch im Alter noch möglich ist. Well done!
"A Dedication", das 2003er Album von STILL IT CRIES, konnte Kollege memme zwar sehr beeindrucken, hat der Band aber irgendwie nicht die erwartete Aufmerksmakeit gebracht. Dieser Mißstand ändert sich hoffentlich mit "Take Leave", verdient hätte es das Quartett allemal. Wieder läßt sich die Musik schwer in eine Schublade stecken, am ehesten können die Worte Gothic, SENTENCED und Death Metal das Ganze beschreiben. Sehr düster, sehr melancholisch, sehr rockig ("Hypnotic"). Emotionaler Gesang, der zwischen klaren Einsätzen und düsteren Growls wechselt, viele Breaks und getragene Parts, genauso wie schwer rockende Abschnitte, die ordentlich Wumms haben. Eben genauso, wie SENTENCED zu "Frozen"-Zeiten. Oder LAKE OF TEARS vor ihrem Split. STILL IT CRIES haben einen ganz eigenen Stil, was man heutzutage über kaum eine Band sagen kann und "Take Leave" ist ein verdammt eigensinniges Album, das problemlos Gegensätze vereint. Ich hoffe ehrlich, dass den Jungs mit diesem Album mehr Aufmerksamkeit zuteil wird!
Schon das Cover und das Bandlogo bestätigt was dann kurz danach mit dem harten, schnellen und von kreischenden Gitarren dominierten "Shadowman" aus den Lautsprechern knallt. RAM sind wohl die geilste Zeitmaschine, welche mir in den letzten Monaten unter die Lauscher gekommen ist. Irgendwo zwischen alten Priest, Exciter und Mercyful Fate angesiedelt zelebrieren die Schweden auf "Forced Entry" was Anfang der Achtziger die Fans in Verzückung und diverse Eltern und Lehrer in den Wahnsinn trieb - und entwachsen damit (so hoffe ich doch) endgültig dem Underground. Neben dem bereits genannten kraftvollen Opener noch ganz groß: "Sudden Death" (Live-Killer), "Machine Invaders" (hart, kreischend hoher Gesang und mit eingängigem Chorus versehen), das abwechslungsreiche, purer Heavy Metal verströmende "Forced Entry", das etwas gedrosselte, lässige "Breaking Through" und die mit klassischem Soli ausgestatte Headbanger-Hymne "Infuriator". Nicht alle der zehn Tracks können da immer mithalten, aber RAM kommen auf "Forced Entry" definitiv ohne Ausfall aus. Die abschließende Ballade "Burning Scars" (auch das traditionell) könnte dann auch aus den Federn der Scorpions stammen. Und auch der Sound kann sich hören lassen; wohlig roh und erdig dröhnt es aus den Boxen, gut aber nicht überproduziert. RAM legen der NWOBHM einen roten Teppich aus - und so muss das auch sein und nicht anders. Das Teil sollte ähnlich einschlagen wie seinerzeit 3 Inches Of Blood. Ein Muss für jeden True-Headbanger.
DORRISDE aus der deutsch-polnishcen Grenzstadt Frankfurt/ Oder machen schon seit 2002 gemeinsam Musik, anfangs noch unter dem (wenig originellen) Namen DISORDER. Mit der Umbenennung in DORRISDE kam auch der Erfolg in Form gewonner Band-Wettbewerbe - und jetzt das zweite Demo, "Captured In Change". Was sich anfangs noch wie modern angehauchter Metal gibt, wird mt zunehmender Spielzeit rockiger und sehr viel variantenreicher. DORRISDE bezeichnen ihre Mucke als rockigen Metalcore, was es im Kern ziemlich gut trifft, wenn man die Stilbezeichnung als Synonym für Querbett-Wildern und Scheuklappenfreiheit nimmt. Die Gitarrenarbeit klang für mich sehr thrashig angehaucht, so Richung MH und PANTERA, wobei immer Wert auf Groove und Heavyness gelegt wird. Der Gesang ist HC-lastiger und ab "My Fear" mit dem Einsatz von klarem Gesang abwechslungsreich. Dieser klare Gesang hat mich am meisten überrascht, denn ab wird "Captured In Change" sehr eigenständig und mischt AMON AMARTH mit HC. Wikinger-Atmosphäre trifft auf Death Metal trifft auf HC-Einflüsse. Und das Beste ist: es passt und funktioniert. Ich weiß nicht, ob die letzten vier Songs das neueste Material der Frankfurter ist, aber ich will es stark hoffen, denn es ist sehr eigenständig und hat mit verdammt gut gefallen. Wer auf der Suche nach einer Band jenseits ausgelatschter Pfade ist, kommt um DORRISDE nicht herum. Vor allem nicht, da auch Produktion und Verpackung vollkommen in Ordnung gehen.
Die Vorreiter des androgynen Rocks waren noch nie ein Garant für Überraschungen. Und so ist auch "Meds" eigentlich vollkommen unverkennbar PLACEBO: Eine durchgeschlagene Akustikgitarre bringt den Titeltrack gezielt auf die gewohnte PLACEBO Schiene, erinnert gar ziemlich an "Every Me Every You". Brian Molkos einmalige Stimme hingegen ist erstmal nur kurz zu hören, denn Gastsängerin Alison Mosshart (THE KILLS) setzt die ersten Akzente des Albums. Bei einem weiteren Track ("Broken Promise") half übrigens Michael Stipe (R.E.M.) aus. Es sind die kleinen Überraschungen die zusammen mit Bewährtem - insbesondere dem immer noch unverändert vorhandenen Gespür für tolle Melodien - auch dieses Album ausmachen. "Infra-Red" beispielsweise streut die sehr coolen Eingangsklänge nur wohl dosiert in klassische PLACEBO Songstrukturen. Doch eigentlich sollte "Meds" elektronischer werden, so Molko im Vorfeld der Veröffentlichung. Ob das gezielte Irreführung war oder sich der wahre Sound doch wohl erst im Studio bei Tüftler Dimitri Tokovoi herausstellte: "Meds" besinnt sich ganz klar auf klassische Instrumentierung und setzt erstaunlich selten auf Elektronik. Und "Meds" wirkt nicht nur musikalisch vom Ballast befreit sondern auch inhaltlich bringt Molko Stimmungen schneller und effektiver auf den Punkt. Es geht um Drogen und Schmerz, den Weg dahin und irgendwie auch den Weg heraus. Es ist eine Selbsttherapie Molkos und wohl auch seiner Jungs... Eine bittersüße Mischung aus Melancholie und Aufbruch, die sehr konsequent auch in der Anordnung der Songs von durchaus singletauglichen Rocknummern bis hin zur packenden Überballade "In The Cold Light Of Morning" - auf den Hörer überspringt.