Nachdem die BABYLON BOMBS mit ihrem letztjährigen Debüt "Cracked Wide Open And Bruised" einen Bombeneinstieg in die Sleaze und Rock’n’Roll Szene feierten, legen sie jetzt Anfang 2006 mit "Doin’ You Nasty" auf ähnlich hohem Level nach. "Doin’ You Nasty" bietet zwölf eingängige Schwedenhappen mit Ohrwurmgarantie und einiges an Abwechslung - bereits der Opener "Jaded Heart" legt sich mit einschmeichelnden Refrain und einer Portion "ihr könnt uns mal" in die Gehörgänge. Die nachfolgende, mit starker Glamrock-Attitüde versehene Single "Louder" hat als Gast Mia Coldheart von den Crucified Barbara an Bord und rockt gewaltig (einen weiteren Gastspieler holte man sich mit dem Diamond Dogs Keyboarder Henrik Widén ins Studio). Bei "Crack Of Dawn" wird das Gaspedal zwar nur halb durchgetreten (der Song hat trotzdem kräftig Wums), nur um gleich darauf mit "Let It Loose" wieder astreinen Rock’n’Roll zu zelebrieren. Gegen Ende folgt auf die obercoole, fast schon AOR-mäßige Ballade "Proud" mit "White Trash Beauty" und "Moonshine Beat" zwei räudige Kick-Ass-Tracks. Die Überraschung des Erstlings kann das schwedische Quartett zwar nicht toppen - mittendrin wird’s mal etwas glatter - Schwedenrock-Fans können aber mit "Doin’ You Nasty" an sich nichts verkehrt machen. Ab mit den Teil ins Auto, Fenster runter, Dach auf (wer kann) und "Doin’ You Nasty" in den Player - mit den BABYLON BOMBS rockt der Frühling bestimmt.
Gary John Barden kennt alle Welt von MSG, und auch, wer die nicht mag, muss sagen, dass ein Sänger, der dort tätig ist, was können muss. Das stimmt, denn stimmlich hechelt der Gary keineswegs hinter Vorzeige-Locken wie Coverdale und Co. hinterher. Was aber dieser Scheibe (bei der übrigens Mad-Max-Sänger Michael Voss Gitarre und Bass gespielt hat und Udo/Maffay-Drummer Bertram Engel trommelt) zu schlechte gehalten werden muss: Viele Songs rocken nicht: So ist Song drei namens "Stop" mit einem dermaßen plumpen Chorus versehen ("Do You Believe In Magic…"), dass einem das Trällern kommt. Und "Let Me Down" klingt zwar sehr beswingt, aber eben auch sehr soft. Dann gibt’s noch schwülstige, pathetische, poppige oder auch gefühlvoll-gute (Semi-)Balladen (gut: "Wounded"), viel traditionellen Hard Rock, ein bisschen slidiges Western-Feeling ("No More Reasons"). Die Stimme ist toll, die Musik hochgradig professionell. Aber "The Agony And Xtasy" ist eben überhaupt nicht dreckig. Das ist zwar nicht Scheiße, aber sehr schade. Und es wird nicht reichen, um aus den Schatten der Genre-Anführer so richtig herauszutreten. Hard Rocker sollten aber dennoch ein Öhrchen beim Cola-Whisky riskieren.
HEROD haben sich seit ihrem Debütalbum Zeit gelassen und ihre musikalische Ausrichtung etwas verändert. Statt altem Thrash Marke METALLICA & MEGADETH gibt es jetzt richtig klassischen Heavy Metal zu hören, der manchmal sogar die Grenzen zum Hard Rock überschreitet und in seinen besten Momenten an ICED EARTH erinnert. Besonders gesanglicht testen die New Yorker die Grenzen aus, im wahrsten Sinne des Wortes. So hoch wie auf "Rich Man´s War, Poor Man´s Fight" können nur wenige Sänger kreischen, ich sag’ nur Air Raid Siren. Wem’s gefällt, mir nicht so sehr. Aber das ist ja kein Geheimnis. Anstelle der Kreischeinlagen hätte ich mir mehr aggressive Parts gewünscht, wie beim Opener "Assimilation", bei dem es recht heftig zur Sache geht. Aber HEROD sind ja nicht nur ein Sänger, sondern eine komplette Band, so dass natürlich das Gesamtergebnis zu sehen ist. Und da konnten sich die fünf steigern und klingen nicht mehr so verloren und Stil-mäßig durcheinander. HEROD haben sich besonnen, was sie eigentlich machen wollen und ein respektables Metal-Album geschrieben, dass manchmal zwar etwas altbacken klingt - aber da es auch altbackene Fans gibt, sollte das kein Problem sein, oder?
BLUDGEON waren die erste Band, die Joe De Maio (MANOWAR) für sein eigenes Label gesignt hat. Da ist es klar, das der MANOWAR-Kopf auch gleich hinter den Reglen sitzt und bisher jedes BLUDGEON-Album veredelt hat. Soundtechnisch gibt es "World Controlled" dann auch Nichts zu meckern: der Sound ist fett, sehr druckvoll und trotzdem differenziert. Aber wie schon bei "Crucify The Priest" (das Debütalbum der Band) kann mich die Musik nicht lange fesseln, auch wenn die Mischung aus Death, Thrash und ein wenig Hardcore ganz solide gespielt ist. Mir geht das eintönige Geschrei von Sänger Marc aber genauso auf die Nerven wie das immer gleiche Strickmuster der Songs, die alle sehr gleich klingen - so was ist immer der Tod für eine Platte. Kein Song bricht aus dem Schema aus, kein Song bleibt wirklich im Ohr hängen. Das ist nix, nicht mal Mittelmaß.
Im sonnigen Brasilien scheint sich eine gesunde Progressive Metal - Szene zu formieren, denn BEFORE EDEN sind nicht die einzigen Vertreter ihrer Spezies. Angetrieben von Bands wie FATES WARNING oder DREAM THEATER (die beiden Hauptverdächtigen, die einen in diesem Zusammenhang immer wieder heimsuchen) versuchen zumeist junge Künstler, in die Fußstapfen ihrer Vorbilder zu treten, die nur oftmals (noch) ein paar Nummern zu groß sind. Auch "The Legacy Of Gaia" macht da keine große Ausnahme, obwohl das Quintett auf dem Album wahrlich gelungen agiert. Besonders auffällig ist der sehr epische, tolle Gesang von Jaison Peixer, der nicht selten die Atmosphäre der alten WARLORD - Scheiben in Erinnerung ruft. Die Songs sind durchweg komplex und ausladend arrangiert (mehrstimmige Gesänge und viel Keyboard - Bombast), outen sich aber leider kaum als Ohrwürmer. Am Dichtesten dran ist noch das geile "Wizard Of The South", das mit einem tollen Refrain gesegnet ist und als echter Hit durchgeht. Aber auch der verspielte, hymnische Opener "Nomad Soul", das getragene "Enemy Eve" oder die beiden überlangen "Nova" und "Reality" sind nicht von schlechten Eltern, vorausgesetzt, man mag es etwas sperriger und kommt mit wenig zugänglichen Kompositionen klar. Im Ganzen ist "The Legacy Of Gaia" ein überzeugendes, wenn auch nicht überragendes Album geworden, das man Proggies zumindest zum Hineinhören empfehlen kann. Rein potentiell würde ich BEFORE EDEN jedoch noch mehr zutrauen, denn drauf haben es die Jungs ohne Frage! Ganz klar ist mir auch nicht, wieso nur die Stücke vier bis neun das Konzept des Albums darstellen, während die Songs eins bis drei und zehn alleine zu stehen scheinen…
Die Engländer TRIBUTE TO NOTHING sind mit ihrem fünften Album scheinbar erwachsen geworden. Über 12 Jahre gibt es sie bereits - wobei sie dafür immer noch ziemlich jung sind, denn zur Zeit ihrer Gründung waren die drei Turner-Brüder zwischen 12 und 14 Jahre alt. Mit erwachsen meine ich, dass man sich ihre Musik jetzt endlich auch auf CD anhören kann. Die schweißtreibenden Live-Shows des mittlerweile um ein Nicht-Familienmitglied erweiterten Vierers waren immer schon ein intensives Erlebnis, aber an der heimischen Stereo-Anlage war ihr noisiger Posthardcore schwer nachzuvollziehen. Daher traut man seinen Ohren kaum, wenn mit dem Opener "Every Word´s A Whisper" ein Song in durchgehend gemäßigtem Tempo erklingt, mit gradem Takt und einem extrem melodischen Gitarren-Lick. Und selbst der Grölgesang ist deutlich reduziert und klingt für TTN-Verhältnisse fast schon weich. Und daran schließen dann Songs wie "Three Times" oder "Portraits Fall" an, die relativ grade und dreckig nach vorne rocken, dabei aber von den schönsten Ohrwurm-Melodien getragen werden. Bei genauerem Hinhören entdeckt man zwar noch an vielen Stellen ungrade Parts und Übergänge, doch die erinnern eher an Prog-Rock als an die kruden Song-Strukturen der vergangenen Jahre. Trotz der wirklich großartigen Songs gibt es allerdings ein Problem bei der Sache: Die Jungs klingen jetzt HOT WATER MUSIC teilweise täuschend ähnlich. Vielleicht sollte man daher beim nächsten Album doch wieder ein paar Noise-Attacken im alten Stil einbauen, damit die Musik nicht zu einem bloßen Plagiat wird. Wäre schade um diese Ausnahmeband.
Die fetten Jahre kommen wieder und KORODED werden ganz vorne dabei sein. Mit neuem Gitarristen und einer gnadenlos druckvollen Produktion von Jacob Bredahl (HATESPHERE) im Rücken klingt "To Have And To Unhold" deutlich wütender als der Vorgänger. Schon der Opener "Zero Minus Zero" stampft mit tonnenschweren Riffs voran. Und wirkte "The Absurd Beauty Of Being Alone" inhaltlich noch nicht vollkommen schlüssig, so hält "To Have And To Unhold" die Spannung über die volle Distanz und brilliert als Einheit: "Da war also schon viel Wut und Aggression da und die Musik war diesmal mehr als sonst das Ventil um das alles raus zu lassen", so Sänger Jan in unserem Interview. Sein Gesang geht nur selten zu extremen Shouts über, viel häufiger dominiert eine kraftvolle und harte, aber stets gut verständliche Stimme die Songs. Die cleanen Vocals kommen gänzlich ungezwungen rüber und scheinen ihm leichter zu fallen als auf früheren Outputs. Ein Umstand, der zu einem insgesamt organischeren Bild bei den Vocals führt. Mit fast schon punkigem Drumflair kann die Uptemponummer "Epigone" genauso überzeugen wie die kraftvolle, nachdenkliche Halbballade "In Love With Memories" bei der mich nur ein seltsamer Effekt auf den Vocals stört. "God Of Nothingless" beginnt bedrohlich und mächtig, die hochmelodiösen und sehr abwechslungsreichen Gesangsparts bringen dem Song aber auch musikalisch Tiefe. Mein Lieblingstrack des Albums ist aber das abwechslungsreiche "The Good Old BadTimes" mit seinem schönem Gitarrenthema und Tempowechsel im hinteren Drittel des Tracks. Das ultracoole "People Of The Abyss" kann als Abschluss sowohl als wahres Groovemonster die Power in den Gitarren gekonnt kanalisieren, ihnen aber auch eine sehr schöne Melodie im Hintergrund entlocken. "To Have And To Unhold" ist eine runde Sache geworden, mit einem Sound im Geiste alter MACHINE HEAD und unter die Haut gehenden Texten.
Wer ein Album im legendären Sunlight-Studio aufnimmt und Jeff Walker zu einigen Soli überreden kann, der hat bei mir schon mal einen Stein im Brett. Sogar wenn es sich nicht um reinrassigen Schwedentod handelt, wie im Falle der Italiener MERENDINE ATOMICHE. Die Jungs vom Stiefel sind nicht sonderlich schwedisch, sondern haben viel und oft über den großen Teich geschaut und Bands wie PANTERA, METALLICA und MEGADETH lieben gelernt. So ist "Raw" eine Mischung aus alten Helden und ein paar neueren Thrash-Einflüssen, immer schön eingängig und gleichzeitig aggressiv genug, um neben alten METALIICA-Pladden bestehen zu können. Sänger Luca klingt wie die italienische Antwort auf James Hetfield, die Gitarren braten in bester PANTERA/ METALLICA-Manier und die Songs gehen gut auf die Zwölf. Nur die schlechte Halb-Ballade "Ocean’s Shadows" trübt ein wenig den Spass der bei Meister Jack Frost aufgenommenen Scheibe. Ändert aber auch nicht viel, "Raw" ist grundsolide Thrash-Kost und für all diejenigen, die mit den modernen METALLICA nix mehr anfangen können, genau richtig. Und jetzt "Ride The Lightning"...
Nachdem UNDER SIEGE gemeinsam mit A TRAITOR LIKE JUDAS die coole "Ten Angry Men"-Split veröffentlicht und betourt hatten, entwickelte sich 2005 zum schwarzen Jahr der Bandgeschichte: einige Line Up-Wechsel machten den Hannoveranern zu schaffen und verzögerten ihr zweites Album "Days Of Dying Monuments" bis in dieses Jahr, was angesichts der Güteklasse des Silberlings sehr ärgerlich ist. Neben den fünf Songs der (mittlerweile ausverkauften) Split haben auch sieben neue Songs ihren Weg auf das Album gefunden und sich nahtlos an das Split-Material angepasst. Beinharter Metalcore, der alle Trademarks des Genres aufweist und besonders bei der Gitarrenarbeit überzeugen kann. Das an sich ist anno 2006 nichts Ungewöhniches, die Güteklasse der Songs aber schon. Neben Mid Tempo-Monstern Marke "Bloodred Ink, Crimson Paper" haben es mir besonders die schnellen Stücke wie das sehr melodische "Nightmare Engineer" oder das hammergeile "At The End Of All Days" angetan. Hier gibt es Metalcore mit schwedischen Gitarren und einem aggressiven Shouter in Reinkultur - viel besser als ein Großteil der Konkurrenz und mit genug Substanz, um den Niedergang des Metalcores überleben zu können. Mit dieser Platte haben UNDER SIEGE zur deutschen und internationalen Metalcore-Elite aufgeschlossen! Willkommen im Club!
Es ist nun nicht unbedingt so, dass ich viele der verbrauchten Crossoverbands der frühen und späten Neunziger sehr vermisse. Umso mehr freue ich mich aber, wenn Bands wie STIMPACK deren Geiste - wenn auch ohne DJ und Samples- ins nächste Jahrzehnt retten. Die "nächste Generation Schwermetall" findet sich in meinen Ohren hier zwar nicht, denn dafür haben STIMPACK einfach zu wenig Metal im Blut. Wohl aber versuchen die fünf mit gewitzten, wenn auch manchmal zu chaotischen Songstrukturen Boden gut zu machen. Wenn man auf cleanen Gesang steht, schaffen sie den Spagat aus leicht sperrigen Strophen und melodischem Chorus ganz gut. Anders als das Core-Genre setzen sie nicht auf die Mischung aus brachialen Sounds und zuckersüßen Eskapaden, die Breaks erfolgen sanfter, die rockige Grundstimmung bleibt. STIMPACKS Musik vereint New Metal mit Crossover und einer großen Portion Rock, abgesehen von den cleanen Parts hätten Tracks wie "Wargasm" und "Blame&Answer" aber noch abwechslungsreicher, grade beim stets hüpfbaren Rhythmus, geraten sollen. STIMPACK bringen nicht die große Innovation, sondern wie beim Vorgänger eher eine Collage bekannter Themen. Und dass das nicht schlecht sein muss, zweigt die EP "Wargasm" durchaus. Die Produktion ist im Gegensatz zum Debüt voller geraten, einen wirklichen eigenen Sound vermisse ich aber noch. Das zweite Album der Bayern soll in Kürze erscheinen– warten wirs ab und hoffen das Beste!