Der auf Cuba geborene Roger Miret hat sich als Frontmann von AGNOSTIC FRONT schon maßgeblich an der Geschichte von Hardcore und Punkrock beteiligt. Die ersten beiden Alben mit den DISASTERS haben gezeigt, dass er sich mit dieser Band auf seine Wurzeln besonnen hat, und zwar in Form von authentischem 77er Punkrock. Genau da setzt auch die dritte Scheibe an und ballert einem eine ordentliche Ladung dreckigen, melodisch-rock´n rolligen Street-Punk vor den Latz, angereichert mit jeder Menge hymnischer Mitgröl-Refrains und Ohrwurm-Melodien. Dabei fühlt man sich immer wieder an diverse alte Bekannte erinnert, wie SHAM 69, THE CLASH und natürlich die RAMONES, denen Roger Miret auch einen gleichnamigen Song gewidmet hat. Musikalisch wird nicht groß experimentiert, lediglich in "Janie And Johnny" werden etwas Reggae-Feeling und im Hintergrund eine Orgel eingebracht, und mit "Fxxx You" gibt es einen lupenreinen Hardcore-Song zu hören. Als Bonus-Track ist dann noch ein Reggae-Remix von "Runaway" enthalten, der einen zwar nicht umhaut, aber nett zu hören ist. Das einzige, das gelegentlich etwas nervt, ist Roger Mirets Gesang, der stellenweise ein bisschen jaulig und oft auch ein wenig zu sehr nach Hardcore-Geshoute klingt, was etwas unpassend und aufgesetzt rüberkommt. Alles in allem aber ein tolles Album, das von Anfang bis Ende Spaß macht und den MTViva verseuchten Skate-Punk-Kids mal wieder zeigt, was echter Punkrock ist.
Es ist fast schon inflationär zu nennen was einem da an Bands mit Frauen am Mikro in den letzten Monaten ins Haus flattert. Aber auch hier wird sich in absehbarer Zeit die Spreu vom Weizen trennen. Okay, für den Spruch müssten eigentlich 5,- Euro ins Phrasenschwein - nichts desto trotz wird der Geldbeutel der Fans das schon richten. FACELIFT aus Österreich können sich dagegen Hoffnungen machen weiter im Geschäft zu bleiben. Das Quartett bietet auf ihrem dritten Album zehn Songs welche zwischen Punk-Attitüde und Mainstream-Pop wandeln und dabei auch etwas von dem warmen Feeling der vergangenen Siebzigern transportieren. Dabei wird auf "Impossible Somethings" bewusst auf einschmeichelnde Keyboardtöne und Zuckersüßmelodien verzichtet - die Zerbrechlichkeit mancher Augenblicke wird von Sängerin Andrea Orso’s Gesang und dezent eingesetzten Geigen erzeugt - tiefmelancholische Songs wie "It’s A New Life. A New Beginning" stehen FACELIFT dabei ausgezeichnet. Daneben kann man als Schmankerl mal in das flott rockende "My Playground Pet Hate" (samt deftigen Geigensolo), dem eingängig heftigen Hit "Taxi (Wake Up On A Shiny Day)" und den von Gitarrengeschrammel getragene Popsong "In My Dreams" nennen. Hinten raus lässt das Songwriting zwar etwas nach, aber nach den beiden Scheiben "She" von 1998 und dem 2003er Werk "Pictures" sollte "Impossible Somethings" (in Österreich schon ein Jahr auf dem Markt) den Weg der Band weiter ebnen. Manche mögen FACELIFT in die Schublade Gitarrenpop stecken - vielleicht schon ein wenig, aber mit Schmackes und erfrischenden Ideen gemacht.
Es scheint da so eine NWORDDMB ("New Wave Of Russian Doom Death Metal Bands") - Bewegung zu geben, denn neben den Landsmännern NON IMMEMOR MEI zelebrieren auch LETHARGIA eine äußerst schleppende Mischung aus epischem, bombastischem Doom Metal und kellertief gestimmtem Death Metal mit fiesen Growl / Kreisch - Vocals. Das Ganze ist, wie bei den Kollegen, sehr atmosphärisch und düster geraten, doch in diesem Fall nicht ganz so überzeugend. LETHARGIA schreiben deutlich kürzere Songs und können daher keine so großen Tiefen aufbauen, obwohl man auch "The Kingdom Of Unrealizable Hopes" als Gesamtwerk am Stück genießen sollte. Über die gesamte Spielzeit hinweg baut sich trotz des schönen, melancholischen Sound - Teppichs doch eine gewisse Langeweile auf, die hier leider nicht durch Gastgesänge oder Ähnliches kaschiert werden kann. Eingefleischten Doom - Deathern dürfte das Album sicherlich zusagen, aber wer schon beim bloßen Gedanken an solche Genres eher die Nase rümpft, sollte einen großen Bogen um diese "NWORDDMB" machen!
Die Schnellsten sind sie nicht, die Herren von STARKWEATHER. Jedenfalls nicht bei Veröffentlichungen. "Croatoan" ist das neueste Album der Amis, die als eine der ersten Bands gelten, die Hardcore und Metal mischten. Wer jetzt aber einen leicht verdaulichen Mix erwartet oder tough guy-Kram Marke HATEBREED, hat sich schwer geirrt. "Croatoan" ist bösartiger, langsamer, komplexer. Der Gastauftritt von DILLINGER ESCAPE PLAN-Mitglied Liam kommt nicht von ungefähr, so viel sei gesagt. STARKWEATHER fallen von einer Sekunde zur anderen in ein emotionales Loch, depressive Klänge folgen so unvermittelt auf fröhlich (und clean gesungenen) Abschnitten, dass man als Hörer schnell überfordert wird. Nur wenige Bands schaffen es, von SUICIDAL TENDENCIES zu fast schon Black Metal-artiger Bösartigkeit zu wechseln, um dann in einen Moshpart zu münden. STARKWEATHER sind nix für trendige Corler. Durchgeknallte Existenzen werden andererseits ihren Spass mit der Mucke haben.
Bereits das letztjährige Album "The Decline Portrait" (das aber als EP gehandelt wurde) des Duos SONIC REIGN wusste zu begeistern, hatten die beiden Macher Ben und Sebastian den Dreh raus, wie man mit modernen SATYRICON (ab "Rebel Extravaganza") als Haupteinfluss einen eigenen Stil kreieren konnte, ohne als totales Plagiat dazustehen. Zwar sind Satyr und Frost auch heute noch allgegenwärtig und die Parallelen unüberhörbar, doch bewegen sich SONIC REIGN nun nicht mehr im Windschatten ihrer Vorbilder, sondern völlig auf Augenhöhe. Vergleicht man nämlich die aktuellen Alben "Now, Diabolical" und "Raw Dark Pure" miteinander, dann ziehen SATYRICON hier, trotz aller Qualitäten ihres neuen Werkes, sogar eindeutig den Kürzeren! Das unter dem hauseigenen Label Sovereignty Productions erscheinende "Raw Dark Pure" (von dem es auf "The Decline Portrait" bereits einen Vorgeschmack gab) ist nämlich neben DARK FORTRESS´ aktuellem Meisterwerk "Seance" das bislang beste Black Metal - Album aus deutschen Landen in diesem Jahr und auch über die letzten Jahre gesehen ein Highlight. SONIC REIGN vereinen nahezu perfekt hohen Anspruch und instrumentales Können mit "True Fuckin´ Black Metal" der alten Schule. Kein unnötiges Gefrickel, kein überflüssiges Avantgarde - Gehabe, aber auch kein stumpfes Gerüpele oder gar eine schlechte Produktion der Marke "guter Black Metal muss scheiße klingen". Unter den acht Songs befinden sich nur (!!!) Killer, die kaum einen Fan, egal, aus welchem stilistischen Schwarzwurzellager er stammt, kalt lassen dürften. Black Metal - Fans dieser Erde, hört Euch nur einmal Hymnen wie "Deceit Doctrine", "Reminiscence Of Imperial Wrath" ("…the Emperor returns with death on his lips…"), "The Martyr Urge" oder den alles überragenden Titelsong an und überzeugt Euch selbst, dass da eine ganz große Band heranwächst! Grandios!
Zu beziehen ist "Raw Dark Pure" für 12 Euro plus Porto über die Homepage der Band.
Ihr sucht was zum Chillen? Dann seid ihr in Italien richtig, genauer gesagt in Rom, wo ja auch Klimt 1918 (von denen Herr Söllner übrigens bei "Isquosadmove") gastiert) oder Room With A View die sanften Gefühle des harten Rockers ansprechen. Also macht die Augen zu und lauscht den irgendwie traurigen Klängen, die oft akustisch betont sind und nicht selten an die ruhigen Augenblicke von Opeth erinnern - indes längst nicht so mathematisch daherkommen wie die monumentalen Aufgaben von Akerfeldt und Co. Und natürlich sind die amtierenden Weltmeister auch lange nicht so hart wie die Schweden. Vielleicht passen sanfte Anathema, Amorphis zu ihrer unmetallischen Phase oder auch Katatonia als Orientierungshilfe? Und die Stimme klingt sehr nach Alternative, vielleicht beruft das sich Info deswegen auch Alice In Chains? Auf jeden machen EN DECLIN ansprechende und anspruchsvolle, sehr smoothe und gefühlvolle Musik, könnte sein, dass hier der Begriff "Emo" wirklich seine passende Bedeutung gefunden hat, "emotionaler Rock" passt in jedem Fall besser als die aufgesetzte Stilbeschreibung "Ethereal Morphosis Music". Erstaunlich bleibt die große Qualität der Musik (inklusive Sound aus dem Hause Outer Sound), immerhin handelt es sich bei "Trama" um ein Debüt. Härtner können die Südeuropäer ignorieren, entspannte Charaktere aber könnten sich ruhig mal mit den Jungs befassen. Und schöööön chillen….
Nach dem Re-Release ihres ersten Albums haben NARZISS mit den Arbeiten zum "Neue Welt"-Nachfolger "Solang das Herz schlägt" begonnen und sich offensichtlich entschlossen, der deutschen Sprache treu zu bleiben. So findet sich auf dem Silberling kein Track, der in fremden Zungen eingesungen wurde. Manchmal ist es merkwürdig, deutsche Texte zu hören, so z.B. beim melodischen "Keine Grenzen", das zudem mit sehr schönen klaren Gesangsparts aufwartet, aber die meiste Zeit über hört man den Unterschied zum Genre-Standard Englisch nicht. An Genre-Standards orientieren sich NARZISS nach wie vor, bis auf die Akustik-Version von "Der Puppenspieler" ´sind alle Songs mit den üblichen Zutaten gebraut worden. Melodie und Brutalität kommen Hand in Hand, Sänger Alex erinnet an HEAVEN SHALL BURN und kommt besonders in den zahlreichen Breakdown-Parts ("Das Tier") voll zur Geltung. Vom sehr Schwedentod-lastigen Opener "Und du verblasst" bis zum Dampfwalzen-Rausschmeißer "Das Tier" halten die Songs ein gleichbleibend hohes Niveau, einzig die erwähnte Akustik-Version von "Der Puppenspieler" fällt aus dem Rahmen. NARZISS haben sich gleichzeitig weiterentwickelt (besonders beim Gesang), ohne sich zu sehr von "Neue Welt" zu entfernen. Feine Scheibe!
Schon mit ihrem ersten Demo "Mask Installed" konnten mich die Wiener DEVANIC hellauf begeistern und sich in meiner Favoritenliste für melodischen Schwedentod eintragen. "Mask Industries", das erste komplette Album der Ösis, hatte also schon vor dem ersten Hören einen Bonus bei mir. Und siehe da, die Jungs enttäuschen nicht. Die neuen Songs sind nochmal einen Tick besser als die acht Tracks des Demos und variieren das bekannte Melodic Death-Schema in interessanter Art und Weise. Praktischerweise finden sich auch die Songs des Demos auf dem Silberling, so dass ein direkter Vergleich leicht fällt. War "Mask Installed" schon mit erstklassigen Riffs gesegnet, kann "Mask Industries" das noch einmal übertrumpfen. Bei der Gitarrenarbeit wird halb Schweden grün vor Neid. Die Songs sind vielschichtig und gleichzeitig eingängig, auch wenn man nach fünfzehn Songs (plus langweiligem Intro) an die Grenzen seiner Aufnahmefähigkeit stößt. An dieser Scheibe stimmt so ziemlich alles, angefangen bei der guten Produktion, den erstklassigen Songs, bis hin zu den technischen Fähigkeiten der einzelnen Musiker. Nur die klaren Gesangspassagen können nicht ganz das hohe Niveau halten, auf dem sich der Sänger sonst bewegt. Schwedenfans kommen an dieser Scheibe schwerlich vorbei und werden mit Tränen in den Augen an die alten großen Göteborg-Tage denken. Hoffentlich geht es irgendeinem Label-Verantwortlichen auch so, dann bekommen DEVANIC locker den wohlverdienten Deal.
Die polnische DECLINE haben zwar inzwischen schon ein neues Demo am Start ("Obscure"), vor zwei Monaten schmissen Sie "Against All" auf den Markt. Dabei geben sich die Black-Thrasher alles andere als obskur, denn die drei Songs (mit Baller-Intro und Stechschritt-Outro) sind alles andere als irgendwie abgefahren. Die Osteuropäer kloppen zwar kompromisslos drauflos, erinnern irgendwie an heute erfolgreiche Bands in alten Tagen. Hoch motiviert, aber eben furchtbar unoriginell. Alte Schule und Spaß dabei sozusagen. Hier gibt es keine Keyboards, keinen Schwulst, keinen geträllerten Gesang. Hier regieren der Kreischkollege und seine stumpfen Dumpfen, Sound aus offener Garage inklusive. Insgesamt klingt die Scheibe nicht wie Satans Faust aus den tiefen Höllen in des Hörers Magengrube, sondern eher wie Beschäftigungstherapie für schwer erziehbare im Jugendzentrum. Ist aber immer noch besser als Klebstoff schnüffeln. Und andere Bands, die heute groß sind, haben sich früher auch nicht viel anders angehört - nicht viel, wenn man zum Beispiel die aktuelle Behemoth-Historienscheibe hört. Wer deswegen an diesem charmanten Statement Interesse hat, schaue auf die Homepage der Jungs. Außerdem solltet ihr die Biographie in unserer Band-Abteilung lesen. Stammt von der DECLINE-Seite. Auch charmant.
Das erste, das einem an diesem Album auffällt, ist der Aufkleber auf dem schicken Schuber, der RANDY PIPER´S ANIMAL eindeutig als Band eines ehemaligen W.A.S.P. - Mitgliedes ausweist. Klar, damit gibt man dem Kind einen Namen! Doch was man auf "Violent New Breed", dem Debüt des einstigen Lawless - Komplizen, zu hören bekommt, ist echt nicht von schlechten Eltern. Hier regieren W.A.S.P. und deren Spirit, es gibt keine Experimente oder modernes, dem Zeitgeist angepasstes Songwriting, nix, gar nix. Gleich der Opener und Titelsong erinnert verdächtig an "I Don´t Need No Doctor", bevor die arschgeile Hymne "Morning After" (erstklassig!) einem "Hellion" oder "I Wanna Be Somebody" in nichts nachsteht. Mit "Eye Of The Storm", "Hellchild" oder dem schleppenden "Salt" folgen weitere Hymnen, die jedem alten W.A.S.P. - Fan die Tränen in die Augen treiben dürften. Nur leider rettet das Album dieses hohe Niveau nicht ganz über die volle Spielzeit und fährt auch einige eher durchschnittliche Rocker wie "Hey You", die schmalzige Ballade "Turn And Walk Away" oder "In The Mirror" auf, die das Gesamtbild ein wenig trüben, was echte Fans der Originale aber nicht mal stören dürfte. Die Frage, ob eine solche "Kopie" gerechtfertigt ist, stellt sich sowieso nicht, da Randy Piper zum ersten Line - Up von W.A.S.P. gehörte und deren Debüt und "The Last Command" mit einspielte. Für Ottonormalmetaller ist "Violent New Breed" wahrscheinlich nur ein gutes, aber nicht überragendes Album unter vielen; beinharte Fans der Band dürfen sich hier aber ohne Probleme den "Tipp" notieren, denn diese Scheibe ist das beste W.A.S.P. - Album seit Jahren und sticht zumindest die nicht gerade geilen "The Neon God" - Dinger locker aus!