Das norwegische Quarett GALAR hat letztes Jahr ein Demo veröffentlicht und damit einen Deal bei Heavy Horses landen können. Die werden sich ob ihres guten Riechers beglückwünschen, ist "Skogskvad" eine der besten Viking Metal-Platten des Jahres. Mit starker Black Metal-Tendenz ("Kronet Til Konge") bauen die vier Nordmannen eine dichte Atmosphäre auf und haben acht epische, kraftvolle und wuchtige Songs eingespielt. Der Genre-typische klare Gesang wird gekonnt ins Mikro geschmettert und läßt den Hörer in die Welt der Drachenboote, Hörnerhelme und ähnlicher Klischees versinken. Die andere Seite von GALAR ist das fiese Black Metal-Geknüppel, wie am Anfang vom treibenden "Hugin Og Munin", wobei auch hier der Bogen zum Viking Metal geschlagen wird. GALAR verstehen es, atmosphärisch dichte Songs zu schreiben und haben sich mit dieser gut produzierten Scheibe in die Spitzengruppe des Genres gesetzt. Respekt dafür!
Da sind sie wieder, die britischsten Amis. Die Nordamerikaner sicherten sich auch 2006 wieder die Unterstützung Joe Gittlemans (Ex-Bassist der Mighty Mighty Bosstones) –und der sorgte für viel gute Laune im Songwriting. Hosen-Campino hätte seine helle Freude daran, diese Band zu covern - hier rotzt der Punk auf die Straße, hier lacht der ranzige Typ bierselig. Die BRIGGS bekommen ihre räudige Mischung hin, und zwar in feinem Zwirn und mit einer Entspanntheit, die an das Beste aus Dropkick Murphys, Clash, Sham 69 und Social Distortion erinnert - gleichzeitig, wie sich von selbst versteht: Dreckig und doch nett, harmonisch und doch agressiv , gut gelaunt und doch nachdenklich. Schätze, wie diese Band klingt, so haben sich die Arbeiter-Punks der Gründerzeit gefühlt, als sie sich gegen das Establishment auflehnten. Und solange eine Band Songs wie den genialen "Song of Babylon" schreibt (Wenn schon Johny Thunders nicht mehr lebt), dann ist es auch völlig egal, dass tätowierte Straßen-Punks inzwischen längst selber zur etablierten Elite gehören. Als Begleitmusik für ein gutes Bier (oder einen Haufen mehr als acht) und einen Whiskey in einer schummrigen Pinte gibt es vielleicht keine bessere.
Mit vier Live-Tracks und einen Videoclip (zu "Doomsday Comfort") haben Dynamic Arts die Neuauflage des DEATHBOUND-Debüts "To Cure The Sane With Insanity" aufgepeppt und der Scheibe darüberhinaus noch ein neues Artwork verpasst, was eines der blutigsten Digipacks ergibt, die ich in letzter Zeit gesehen habe. Die vier Live-Tracks sind qualitativ in Ordnung, drei der Songs finden sich aber auch beim Nachfolger-Album. Die originalen neun Tracks des Finnen-Debüts bieten ultra-heftigen Grindcore, der besonders ROTTTEN SOUND-Drummer Q alles abverlang. So oft, wie sich die Songs in Blast-Attacken ergehen, muss der Mann ein echtes Konditionswunder sein, um nicht nach einem Song nach Luft japsend vom Hocker zu kippen. Das ist gleichzeitig das größte Manko der Finnen: die Songs ähneln sich zu sehr. Auf dem Nachfolger haben sie mit groovigen Mid-Tempo-Parts versucht, vom puren Geballer wegzukommen, bei ihrem Debütalbum sahen sie dazu noch keine Notwendigkeit, kompromißlos reiht sich Blast-Part an Blast-Part. Bei der Gitarrenarbeit haben sich hin und wieder punkige Riffs eingeschlichen ("´Silent City Deathcount"), die immerhin für etwas Abwechslung sorgen. Das reicht aber nicht, um die Scheibe abseits der Die Hard-Grindcore-Fraktion Freunde finden zu lassen. Solide gemacht, aber wirklich nur was für beinharte Freaks.
Nach der Split-CD mit Fated scheint Torsten der Unhold mit seinem Projekt AGRPYNIE ein wenig Lebensfreude gefunden zu haben. Während auf der Split suizidale Depression dominierte, macht sich auf der vollen Scheibe jede Menge Hoffnung breit. Vor allem das coole, sehr melodiöse "Kerkenseelenwanderung" vermittelt mit benahe süßlichen Melodien ein klein bisserl Optimismus. Die einem der "Spiegel?" dann aber sofort mit viel Tempo und Urwuchs wieder austreibt. Mit diesem Nocte-Obducta-Nachfolger gibt es immerhin eine Alternative für anspruchsvolle Black Metaller, die gern auch mal Keyboard hören, erhabene Melodien aber schleimigen Klebstoff vorziehen. Die Scheibe ist abwechslungsreich und detailverliebt, ohne den Hörer zu überfordern. Das Album hat Härte und Tempo, ohne auf Deibel-komm-raus- zu übertreiben. Und es hat mächtige Melodien, die aber nicht auf übertriebenen Bombast setzen. Nichts z vergessen, wenn auch zu erwarten: Die deutsche Texte streifen nicht ein einziges Mal den Zaun zur Peinlichkeit. Alles in allem ein gutes, trauriges Album oder, um es mit einem kleinen Zitat zu beenden: "Spieglein, Spieglein an der Wand, wohin ist das Licht im ganzen Land" - solange es noch solche Bands gibt, ist der Ofen noch nicht ganz aus!
Das BULLET FOR MY VALENTINE Feuer brennt munter weiter. Die "Hand Of Blood EP" gießt einmal mehr Öl in die Flammen dieses modernen Metals. Als Appetizer für die kurz darauf erscheinende DVD "Live At Brixton" enthält die EP fünf Liveversionen der Waliser Jungs. Die Beschränkung auf Maxis und bekannte Songs und auch die Kürze der EP bringen nicht das runde Feeling eines Konzerte rüber. Die Songs sind hart aneinandergereiht und bildeten beim Konzert in Brixton keinen zusammenhängenden Block. Sie bieten aber einen Einblick in die wuchtige Livequalitäten und dienen darüber hinaus als eine Art "Mini Best Of". Wenn das Publikum bei "Hand Of Blood" lautstark den Chorus mitbrüllt, kann man sich schon mal die Finger lecken nach der DVD. Der Gesang und die Instrumenten kicken ordentlich, technisch sauber und kompakt wirken BULLET FOR MY VALENTINE auf der Bühne. Bei "Suffocating Under Words Of Sorrow" passen die cleanen Gesangsparts und die Growls wie Puzzlestücke ineinander. "Cries In Vain", "Tears Don’t Fall" und "All These Things I Hate" machen die Handvoll komplett. Die "Hand Of Blood EP” ist was für Fans die sich nicht bis zur DVD gedulden können. Leider ist sie aber auch ein sehr offensichtlicher Versuch, Geld mit wenig Aufwand zu verdienen.
DELERIUM eröffnen "Nuages Du Monde" mit leichtem Ethnoeinschlag bei ansonsten massiv poppigem Gesamtappeal: "Angelicus" begeistert eine gute halbe Minute mit sehr präsenten Vocals und bombastischen, fast sakralen Klängen. Jede Luft nach oben und jeder Spielraum einer musikalischen Entwicklung wird dann von einem einfachen Beat geraubt. Eine DELERIUM Krankheit. Die beiden Kanadier Leeb und Fulber verdienten sicherlich den Großteil ihrer Reputation mit den wegweisenden FRONTLINE ASSEMBLY, der breiten Masse ist DELERIUM aber definitiv bekannter - nicht zuletzt durch den fast zehn Jahre alten Überraschungserfolg "Silence", der auf dem damaligen "Karma"-Album musikalisch eigentlich eine Ausnahme darstellte. Heute versuchen die Beiden mit einer immernoch großen Schar von Gastmusikerinnen daran anzuknüpfen. Nicht zum ersten Mal dabei sind Johnston (FAITHLESS) und Thirsk, zum ersten mal leihen dagegen Bayrakdarian und Ahluwalia ihre ausgebildeten Stimmen. Aber bei aller Klasse der einzelnen Sängerinnen ist das Dilemma dieses Projekts schnell ausgemacht: Pop ist wahnsinnig ersetzbar und so sind es viele der Sängerinnen. Dielemma Nummer Zwei: Es war immer Fulbers Stärke den Überblick bei eigentlich viel zu massig instrumentierten Stücken zu behalten. Doch nur "Tectonic Shift" gönnt er wirklich viel Zeit um sich zu einem beinahe erdrückenden Soundteppich zu entfalten. Es sind die oftmals ins klassische tendierenden Gesangsstimmen die dem Genre Pop eigentlich keine Ehre machen und so den Eindruck vermitteln, dass Fulber sich absichtlich und sehr gekonnt zwischen die Stühle setzt. Nur bei "Lost And Found" gelingt ein wirklich radiotauglicher Ausflug. Zum Glück bleibt es bei einem.
Eine der Deutschen Szeneikonen des True Metal legen nach fünf Studioalben und einer Live-DVD mit "Hammer Of Destruction" ihr neustes Werk vor. Und SACRED STEEL weichen auch auf Album Nummer sechs kein Jota von ihrem Weg des heiliges Stahles ab - "Hammer Of Destruction” trieft vor Klischees, hört, richt und schmeckt verflucht nach den 80ern und wird wohl auch wieder polarisieren - love it or hate it. Eingängige Mitgrölhymnen wie "Impaled By Metal", den Hammer "Black Church" (überlanges Metal-Epos mit leichten Doom-Anleihen) und heftige Kopfschüttler der Marke "Plague Of Terror", "Maniacs Of Steel" (dazu gibt es das erste Video der Bandgeschichte) und des deftigen Titeltracks "Hammer Of Destruction" halten sich die Waage und bedienen die Zielgruppe perfekt. Die Diskussion um den Gesang darf man auch als beendet ansehen. Fans der Band werten Gerrit P. Mutz und seine Stimmakrobatik als festen Bestandteil des Gesamtsoundes von SACRED STEEL. Für den unwahrscheinlichen Fall, dass hier mal Ersatz ans Mikro müsste, derjenige müsste schon wie Mr. Mutz klingen - Basta. Mit zwei Neuen an Bord, Jonas Khalil als Gitarrist und Kai Schindelar am Bass (der bisherige Bassist Jens Sonnenberg wechselte wieder zu seinem Stamminstrument Gitarre zurück) und einer recht fetten und zugleich 80er-lastigen Produktion (Harris Johns - Saint Vitus, Voivod, Kreator und die frühen Helloween) machen SACRED STEEL Anno 2006 echt Laune. SACREED STEEL haben ihren eigenen Stil und ihre eigene Fanschar - und letztere sollte sich mit "Hammer Of Destruction" weiter vergrößern. Für Fans echten 80er Metal ein Muss - aber auch Metaller welche bisher einen Bogen um die Ludwigsburger Band machten, sollten sich genannte Tracks doch unbedingt mal zu Gemüte führen.
KAMELOT kassieren schon seit Jahren Höchstwertungen für ihre Alben in einschlägigen Kreisen und erspielten sich parallel dazu eine große Fanschar durch ihre tolle Liveperformance. Mit "One Cold Winter’s Night” legen die Amis um Gitarrist Thomas Youngblood und ihrem norwegischem Sänger Khan ein opulentes, klanglich erstklassiges Dokument ihres Könnens vor. Das am 11. Februar 2006 in der Oslo’er Rockefeller Music Hall aufgezeichnete, 90-minütige Werk kann man dabei durchaus als wertige Best-of verstehen. Neben den Melodic-Granaten des letzten Albums "The Black Halo", vor allem "March Of Mephisto" (mit Elisabeth Kjærnes und Snowy Shaw von Dream Evil, King Diamond) kommt stark rüber; sind es Songs wie "The Edge Of Paradise", "Center Of The Universe" (mit Mari Youngblood), "Nights Of Arabia" (mit Elisabeth Kjærnes) , "Forever", "The Haunting" (mit Simone Simons), "Moonlight" (mit Sascha Paeth an der Gitarre), das 13-minütige "Elizabeth (Part I, II & III)" (mit Elisabeth Kjærnes), "Karma" und das abschließende "Farewell" welche einfach knallen. Erfreulich noch, es gibt kaum parallelen zu der vor 6 Jahren erschienenen letzten Live-Scheibe "The Expedition".
Das ganze gibt es dann auch noch als DVD (Pyro und Licht vom Feinsten), mit identischer Setlist und einiges an Extras (Interviews mit den Bandmitglieder und Epica’s Sängerin Simone Simons, Videos, einen Livemitschnitt vom Sweden Rock 2006, Bilder und Bandbio, usw.).
Ich weiß noch, wie seinerzeit auf dem 2004er "Headbangers Open Air" eine Band auftauchte, die stilistisch eigentlich gar nicht ins Billing passte. Zudem sorgte die Beschreibung des Veranstalters, "Folk Metal von den Färöer Inseln", eher für Achselzucken auf einem Festival, das sonst nur Echtstahl präsentiert. Mit dem Ergebnis, dass TYR bei vielen Leuten für offene Münder sorgten und ihr selbst produziertes Album "Eric The Red" binnen weniger Stunden ausverkauft hatten. Mittlerweile ist dieses Album wieder veröffentlicht worden, und nun steht mit "Ragnarok" schon der nächste Streich der Insulaner vor der Tyr. Wenn man dem Quartett überhaupt etwas vorwerfen kann, ist es die Tatsache, dass im Vergleich zu anderen Folkgrößen wie SKYCLAD, IN EXTREMO oder auch KORPIKLAANI nicht immer eingängig zu Werke gegangen wird und es keine schnell konsumierbaren Ohrwürmer zu hören gibt, obwohl TYR keine fetten Chöre und einschmeichelnden Melodien scheuen. Die Musik lebt viel mehr von ihrer Atmosphäre (es empfiehlt sich, "Ragnarok" am Stück zu genießen) und dem "Exotenbonus", der TYR sehr eigenständig macht. Die Band könnte für den Folk Metal so etwas wie ein im positiven Sinne seltsamer, kauziger Vertreter werden, wie es etwa MANILLA ROAD oder BROCAS HELM für den traditionellen Metal darstellen. Als Anspieltipps empfehle ich den prägnanten, geilen Quasi - Opener "The Hammer Of Thor", das "trinkfreudig" klingende "Torsteins Kvaedi" oder die geile Hymne "The Hunt". "Ragnarok" ist ein Album, das Folk - Fans unbedingt anchecken sollten, auch wenn ich denke, dass das Ende der Fahnenstange bei dieser originellen, aufstrebenden Band noch längst nicht erreicht ist!
Live haben mich EKTOMORF irgendwann überzeugen können, von Konserve waren sie noch nie mein Ding. Mehr als ein paar Songs am Stück kann ich mir von den Ungarn nicht geben, das klingt mir irgendwann zu uniform. Für meine Ohren krankt auch das neue Album "Outcast" an diesem Syndrom, auch wenn sich EKTOMORF bemüht haben, das zu umgehen: so gibt es bei "Ambush In The Night" dezent folkige Töne (das Eingangsriff ist aber dreist von METALLICA geklaut), "Who Can I Trust" ist sogar noch ruhiger und folkiger. Aber kein Song bricht aus dem typischen EKTOMORF-Groove aus, kein Song wird mal von einer anderen Gesangsart unterlegt, kein Song kommt ohne Break aus. Einzig "Fuel My Fire" hat mal anderes Riffing und einen richtig genialen Refrain, ist aber leider nur ein Cover (im Original von PRODIGY). Die Songs an sich machen ja Spass und sind live echte Granaten, aber auf jedem EKTOMORF-Album finden sich zu viele gesichtslose Füller, bei denen die Band auf Nummer sicher gehen wollte, aber nur einen weiteren langweiligen Song hinbekommen hat. Für mich ist "Outcast" nicht der große Wurf, den ich den Jungs nach der letzten Tour zugetraut habe. Zu sehr auf Nummer Sicher. Aber das wird die Fans sicher nicht stören, zuviel Veränderung macht ja Angst.