SPELLBIND aus Mittelfranken haben sich im Jahr 2001 zunächst als rein akustisches Pop-Projekt formiert. Sowohl vom Pop als auch vom Akustik-Sound haben sie sich aber mittlerweile zumindest größtenteils entfernt. Das beweist direkt der Opener ihres Debüts, der einen mit einem rockigen Riff, stampfenden Beats und einem echte Ohrwurm-Refrain positiv überrascht. Leider wird dieser Stil aber nicht durchgezogen. Direkt der nächste Titel "Fall Out" kommt ziemlich lahm rüber, noch dazu klingt der Gesang von Christian Hofbauer stellenweise unsauber. Im Gegensatz zum Opener befinden sich auch die meisten anderen Songs des Albums eher im Mittelmaß. Es gibt viele ruhige Stücke und getragene Balladen, die sich vor allem durch konventionelle und nichts sagende Akkordfolgen auszeichnen. Dabei können die Jungs doch gut rocken! Aber das zeigen sie erst wieder mit dem neunten Track "Starting At Mellow", der gut nach vorne abgeht und gleichzeitig tolle Harmonien hat. Zwar werden auch in den Stücken dazwischen öfter verzerrte Gitarren eingesetzt, die Songs sind aber eher schleppend und uninteressant. Aber zugegeben - neben den beiden Rockern ist es ausgerechnet einer der ruhigen Songs, der mich begeistert: Das zurückgenommene, rein akustische und leicht swingende "Last Night" strahlt eine wunderbare Ruhe aus, und nur allzu gerne lässt man sich in die schönen Harmonien fallen. Trotzdem: Für das nächste Album wünsche ich mir mehr Abgeh-Songs und weniger Depri-Geseier. Traut Euch, Jungs, Ihr könnt es! Mut zum Rock!
Manchmal ist es doch eher schädlich, wenn man sich als Schreiberling wirklich auf eine Platte freut und mit einigem Erwartungsdruck die CD in den Player schiebt und das Ergebnis einen dann leider eher nicht so überwältigt. Geschehen so mir mit dem aktuellen Werk der norwegischen Progrocker von WHITE WILLOW, über deren letzte CD "Storm Season" es soviele positive Kritiken gab. Enttäuschend als Gesamteindruck für die aktuelle "Signal To Noise" Scheibe wäre zu hart aber doch bleibt irgendwie der Eindruck zurück, hätte die Band sich stilistisch und auch inhaltlich nicht so verzettelt, wäre am Ende ein homogeneres Album herausgekommen. An der starken Produktion von KAI HANSEN liegt es jedenfalls nicht, auch nicht am gelungenen Coverartwork aber die mitunter zu stark experimentell angelegten Songs sowie zu abstrakten Klangbilder lassen einfach desöfteren den Drive und Kompaktheit vermissen. Ein gutes Beispiel ist schon der Opener "Night Surf" der fast drei Minuten in langweilig-wirren BJÖRK Attitüden versinkt ehe die Band dann endlich so richtig Gas gibt um dann erst in fast reinster Progmetalmanier richtig gut loszurocken. Bei "Splinter" beginnen WHITE WILLOW in bester Neoprogtradition mit singenden Gitarren und einem weiten Arrangement aber dann im Zwischenteil diese fast gehauchten Vocals, einem kirchlichen Kanon nicht unähnlich, passen dann irgendwie überhaupt nicht zum Rest. Mit allerlei verqueren Sounds, arabischen Klangelementen sowie viel Melltron wartet dann das Instrumental "Ghosts" auf und die sphärischen Gitarren sind so schlecht nicht aber es klingt trotzdem irgendwie so hingeschlampt. Bandleader Jacob Homlupo wollte dieses fünfte Werk mit modernen Elementen aufpeppen, dies ist nur bedingt gelungen. Ähnlich wie THE GATHERING hat man sich etwas zu weit von den ursprünglichen musikalischen Wurzeln entfernt. Die neue Sängerin Trude Eidtang ist zum Glück kein Sirentyp aber die Gesangsleistung mit ihrem glockenhellen Organ ist mir zu eindimensional und zu wenig mitreißend. Höhepunkt der schwächsten kompositorischen Leistung ist dabei ganz klar dass viel zu popig geratene "Joyride" (kein ROXETTE Cover!) eine Art Song der Marke THE CORRS meets SUZAN VEGA. Dass die Band aber doch auch anspruchsvollen Musik in bester Retromanier mit weiten Spannungsbögen über 9 Minuten mit vielen Rhythmus/Tempi und Stimmungswechseln machen kann, zeigt ein Track wie das recht düstere "The Lingering" mit den schweren Riffs zu Beginn und diesen unheimlich leichten Leads, dass ich eher als Postrock, denn Gothic bezeichnen würde. Ebenfalls sehr gelungen der beste Song des Albums "Dusk City" mit diesen energetischen Bassläufen auch hier stimmt der Mix zwischen verträumt gefühlvollen Passagen und richtig aggressiven Vocals und einer nachvollziehbaren Melodie. Hier sollten WHITE WILLOW vielleicht zukünftig eher weitermachen und überflüssige instrumentale Verwerfungen, bei allem vorhandenen technischen Können eher außen vor lassen. In diesem Bereich sind ansonsten PAATOS derzeit eindeutig stäker. Wer aber mit den moderneren Spätwerken von THE GATHERING etwas anfangen kann, sollte eventuell auch hier glücklich werden.
Mit "Seducer Of Human Souls" ist es SNIPER gelungen, Twilight auf sich aufmerksam zu machen, die die Scheibe mit ihrem Vertrieb überall erhältlich machen. Das sollte sich kein Freund heftiger Töne entgehen lassen und sich die erstklassige Scheibe zulegen. Den Worten von Kollege Otto ist nichts hinzuzufügen, "mit "Black Fire", dem sogar ins Schwarzmetallische abdriftenden "Liar", den fiesen Stampfern "Perished On The Cross" und "Hypochrist" oder dem völlig aus dem Rahmen fallenden Bonustrack "Last Goodbye" (atmosphärische, sehr emotionale Hymne mit clean - verzerrten Vocals - super!) hat man weiteres, erstklassiges Material am Start, das sich nicht hinter den Ergüssen "großer" Bands verstecken muss!". Recht hat er, die Scheibe ist ein Hammer!
Chuck Norris. Roundhouse-Kick-Gott, begnadeter Schauspieler, Herrscher über die USA (Stichwort: Chucktatorship) - kurzum, der Mann ist zurecht eine lebende Legende. Seine weltumspannende Anhängerschaft hat auch in Schweden Fuß gefasst und sich in Form von THE CHUCK NORRIS EXPERIMENT zu einem Akt musikalischer Verehrung entschlossen. Die sechs Chucks der Band huldigen auf der bisher nur als Improt erhältlichen Scheibe dem guten alten skandinavischen Rotzrock, den sie mit drei Gitarristen ordentlich aufpeppen. Von den sehr cool rockenden Gitarren vorangetrieben, kann die erstklassige Klischee-Rockröhre von Sänger Chuck Ransom Akzente setzen und Tracks wie das sehr grooive "Radioshadow" oder den Ohrwurm-Opener "The Roof Is About To Cave In" hervorragend in Szene setzen. Vergleiche mit MONSTER MAGNET-Dave kommen schnell in den Sinn, aber auch Biff Malibu sollte nicht unerwähnt bleiben. Mit "Not No, No Way" hat das Sextett einen richtigen Rotzrock-Hit geschrieben, den die HELLACOPTERS nicht besser hingekommen hätten, nicht einmal zu ihren Glanzzeiten. Unter den siebzehn Songs des Albums finden sich keine wirklich schwachen Nummern, auch wenn "Meteor Mana" etwas nervig ist und das abschließende Gitarrengedudel beim Rausschmeißer "158" zu lang ist. "Volume! Voltage!" macht verdammt viel Laune und ist eine der besten Rotzrock-Platten, die ich seit langem gehört habe. Frisch, rotzig und mit einem Gespür für gute Songs ausgestattet, haben THE CHUCK NORRIS EXPERIMENT eine Platte geschrieben, die nach langen Chuck Norris-Filmnächten der ideale Soundtrack für die anschließende Party ist.
BUCKCHERRY hatten Anno 1999 ein richtig geiles Debüt am Start und durften damals auch gleich im Vorprogramm von Kiss und im Jahre 2000 bei AC/DC ran. Danach lief es nicht mehr ganz so rund. Und obwohl Bandchef und Sänger Josh Todd das neue Album "15" nicht als Comeback verstanden haben will, ein gewisser Neuanfang ist es auf jeden Fall. Und was für einer. Kurz gefaßt - BUCKCHERRY schnappen sich AC/DC-Riffs und mixen einen kräftigen Schuss Black Crowes dazu. Dank gelungen eingängiger Refrains, einer dreckig angehauchten Stimme und trotz einer etwas mainstreamlastigen Produktion, welche etwas vom Rotzfaktor nimmt, fetzten die elf Songs auf "15" derartig gut, dass es mit dem Teufel zugehen müsste, sollten BUCKCHERYY nicht an die Erfolge des Erstlings anknüpfen können. Die Jungs scheinen dabei neben genannten Acts auch noch ausreichend Aerosmith konsumiert zu haben ("Out Of Line"). "Next 2 You" und auch die leicht sleazige Hitsingle "Crazy Bitch" (lief schon als Videoclip im TV) rocken das Hause und die Ballade "Carousel" hätte gar auf eine Siebziger-Wohlfühlplatte gepasst - und das im positiven Sinne. Mit dem leidenschaftlich lauten "Sunshine" und dem abschließenden, fast schon mit einem Status Quo Riff unterlegten "Broken Glass" passt es bis hinten raus. Ausfälle kann man in den etwas über 40 Minuten nicht vermelden. Retro oder doch einfach abgekupfert - egal - BUCKCHERRY machen einfach verdammt gute Rockmusik und auch richtig Spaß. Aus und basta.
LEPRASY sind eine weitere junge Band aus dem munter wachsenden Death Metal-Underground Belgiens. Das Quartett hat Ende 2005 sein Debütalbum "Morbid Pathologist" eingespielt, das man anhand des Titels und des Coverartworks problemlos in die Death Metal-Ecke einsortieren kann. Da fühlen sich die Belgier auch ganz wohl, in den neun Songs (plus langweiligem Intro und Outro) gibt es straighten Death Metal amerikanischer Prägung, sonst nix. Technisch sind LEPRASY ganz fit, wie gleich das erste Riff von "Seeds Of Voracity" beweist, das zum Glück kein Einzelfall ist. Leider gelingt es der Band nicht, ihre Fähigkeiten mit gut geschriebenen Songs zu verstärken. Jeder Song hat zwar einige gute Ideen oder Parts, aber keiner kann auf ganzer Linie überzeugen. Zu oft klingt das nach 08/15-Totmetall. So bleibt nach Ende der Platte ein "ganz nett" als Fazit. Eine Basis für weitere Platten ist da, der Hammer ist dieses Debüt aber nicht.
Wenn jemand von "Prog Rock” spricht, gehen bei Dir direkt die Lampen aus? Is’ Dir alles zu altbacken, zu sehr Genesis und Pink Floyd? Und Marillion haben für Dich seit der Childhood eh nichts Nennenswertes mehr auf die Kette bekommen? Na, dann wird’s aber mal Zeit, sich den Kies aus den Muscheln zu reiben, Sportsfreund! Denn Wasa-Länd hält hier einen ganz feinen Happen modernen(!) Prog Rocks für uns bereit: Mit "Silence" liefern A.C.T. bereits ihr viertes Album ab, und das tönt auf gewohnt hohem Standard. Songs wie das traumhaft sicher in Szene gesetzte "This Wonderful World" sind verkappte Pop(!)-Hymnen zum Sich-rein-fallen-lassen. Der Fünfer versteht es, wie keine einzige andere Band der Szene, die genretypische Verzagtheit zu ignorieren und positive Stimmung zu verbreiten - da passt die augenzwinkernde Verneigung vor den Prog-Giganten Rush zu Beginn von "Useless Argument" und die immer wieder mal ausgepackte Metal-Axe nur zu gut ins wunderbare Gesamtbild. Trotz des dünnen Drumsounds: Herausragend! (heavy)
Meine schwedische Lieblings Prog-Pop Group A.C.T sind endlich wieder da, mit neuem Label und dem Album "Silence", sie zeigen dabei eindrucksvoll, warum mir die Jungs fast vier Jahre lang so gefehlt haben: Dieses Quintett zeigt sich erneut als Meister des 4-Minuten Progrocks.
A.C.T sind der Beweiß, dass Eingängigkeit und Anspruch doch zusammenpassen und nicht auf Kosten von Songwriting oder auch filigranen Fertigkeiten gehen müssen, sondern gekonnt miteinander harmonieren. Insbesondere die vornehmlich warmen sowie optimistisch hell gehaltenen Vocals erinnern in ihrem in leicht pathetischen Bombast eingebetteten Songstrukturen an Bands wie ELO, SUPERTRAMP oder auch QUEEN ("Call In Dead"). A.C.T bleiben sich aber trotzdem zu jeder Minute absolut treu und frönen dankenswerterweise ihrem leichten Hang für leicht skurile Momente bzw. Überraschungen. Satte 19 Tracks inklusive diverser instrumentaler Zwischenstücke, Reprises, Brücken wurden auf "Silence" so gekonnt und mit einer ungeheuren Leichtigkeit zusammengebastelt, dass dem Hörer unter zunächst vermeintlicher Easy-Listening Beschallung immer wieder mal Proghäppchen mit vielen Rhythmus sowie Tempiwechsel serviert werden - klasse gemacht. Die CD ist dabei außerdem in zwei verschiedene "Strukturen" aufgeteilt, wobei die ersten 10 Songs jeder für sich einzeln alleine steht, auf der anderen Albumhälfte gehen die Stücke dann ineinander über. Als Highlights der freien Tracks sind für mich ganz klar "This Wonderful World" eine melancholische Progpopnummer erster Güte , dass wunderbar 80er lastige "Out Of Ideas" sowie "The Voice Within" mit seinem mitreißenden gute Laune Feeling. Ich kann mir außerdem nicht helfen der Anfang des komplexeren Teil des Albums erinnert mich irgendwie an eine alte Gilbert O’SULLIVAN Schnulzennummer (dieses Thema taucht auch zwischendurch sowie am Schluß nochmal auf) aber der darin vorkommende fast metallische Mittelteil zeigen A.C.T wieder von ihrer überraschenden Seite und entführen den Hörer dann weiter mit vielen melodramatischen Momenten und verschachtelten Parts in eine recht tragische Story. Nicht nur beim heimlichen Titelstück "Johanna" sondern gerade bei dem genialen "A Wound That Won’t Heal" tauchen dann gleich mehrere SAGA meets IQ Dejavus in Serie auf - Neoprog trifft Pomprock. Die Story selbst handelt von einer jungen Frau mit unbedingtem Babywunsch, die - aufgewühlt nach heftigem Streit mit ihrem Freund - ein herannahendes Auto übersieht. Die Schweden schaffen hier aber gerade bei den gefühlvollen Stellen den schmalen Spagat zwischen packenden Melodien sowie unaufgesetzt wirkenden vertrackteren Parts. Einzige leichte Kritikpunkte eines ansonsten formidablen Werkes ist der etwas zu flache Drumsound sowie ein zu mittelmäßiges Cover ansonsten gilt hier - Gratulation A.C.T für 64 Minuten abwechslungsreiche Musik!
BOLT sind eine Ami-Truppe aus South Carolina und werkeln auf diesen 11 rein instrumental gehaltenen Stücken ihres zweiten Albums (das eigentliche Debüt "Circadian Rhythm" ist bei uns zeitgleich veröffentlicht worden) insgesamt recht unterhaltsam unter dem wie auch immer zu definierenden Oberbegriff "progressiv". Vom Cover her mit seinem leichtem Aliencharakter könnte man eventuell Spacerock vermuten aber weit gefehlt auch Begriffe wie Retro/Postrock oder gar Metal kennzeichnen diese Mucke nur relativ unzureichend. Auch die beiden Hauptprotagonisten zeigen neben Spielfreude sowie gekonnten meist relativ geradlinigen Melodien mit vielen abwechslungsreichen Riffs, dass sie ab und an gerne etwas "heftiger" zur Sache gehen. Richtig Experimentell oder gar fusionmäßig unterwegs sind diese Jungs übrigends nie, macht aber nix, denn es muß ja nicht immer spröde-sperrig klingen. Der Sound ist insgesamt ganz in Ordnung, wenn auch der Gastpercussionist mit seinen oftmals etwas zu beckenlastigen und etwas hohl klingenden Parts den Songs etwas von der Dynamik nimmt. Die Tracks sind zwar komplex gehalten, grooven auf "Movement And Detail" schon noch ordentlich stellenweise wird es dann aber auch schon mal etwas langweilig, da die Schose zu spannungslos aufgebaut ist. Es wird großen Wert auf Rhythmik gelegt mit betont eingestreuten Bassläufen ohne es jetzt mit Breaks ohne Ende zu übertreiben, hier dürfen sich Klänge auch mal entfalten ohne Hochgeschwindigkeitsgenudel - BOLT haben genügend solide Ideen und vor allem, die Band klingt wirklich sehr eigen. Manch einer wird mit nach dem Anhören sicher zustimmen aber letztlich fehlt einfach der gewisse Kick, der die manchmal sogar fast zu "normal" eingängig gehaltenen Songs etwas aus der gepflegten Monotonie herausreist. Würde es nur mehr solch gelungener Songs wie "Anaphase" geben. Trotzdem ist diese Scheibe irgendwie ganz gut anzuhören, mal vom schwerfälligen Opener abgesehen, der Frickelanteil hält sich schön in Grenzen, die Gitarren dürfen sich mit harmonischen Läufen austoben und so hat man nicht den Eindruck von effekthascherischen Instrumentalorgien, wenn jetzt noch etwas mehr Biss sowie Begeisterung zum Ausdruck kommen würde - "Movements and Detail" hätte dass Zeug zu mehr, als nur für angenehme Hintergrundmusik im Progmäntelchen zu taugen. Wer mehr dazu hören möchte, dem sei die MySpace-Seite der Band für einige Hörbeispiele empfohlen.
Ihren mittlerweile dritten Longplayer haben die veröffentlichungsfreudigen NO TURNING BACK mit "Holding On" am Start. Dass die Niederländer in der HC-Szene mittlerweile voll und ganz akzeptiert werden, zeigt sich an der illustren Riege der Gastsänger auf dem Album: Aram von CHAMPION/ BETRAYED ("Alive Or Dead”), Pete von LAST NERVE/ NO APOLOGIES ("This World Is Mine”), Saki von SHATTERED ("Nothing Changes”) und Pjotr von ENEMY GROUND ("Thief”) waren gerne breit, einige der Songs zu veredeln - und dürften nebenbei von den insgesamt vierzehn Songs umgehauen worden sein. NO TURNING BACK haben es geschafft, keinen Füller auf den schick aufgemachten Silberling zu packen, stattdessen gibt es vierzehn Mal ein volles Pfund in die Fresse! Ohne Frage hat der NYHC den größten Einfluss auf unsere Nachbarn gehabt, was bei Testosteronbombern wie "Alive Or Dead" oder dem stampfenden "Take Your Guilt" eindrucksvoll gezeigt wird. Gnadenloses Drumming, kernige Riffs und die wütende Stimme von Martin bilden die Grundlage für eine HC-Scheibe der Spitzenklasse, die bei aller Brutalität auch Abwechslung zu bieten hat und nicht nur stumpfes Geballer ist, dafür sorgen die immer wieder eingestreuten melodischen Parts ("Find Another Day") und die vielen Breakdowns. Diese Scheibe ist ohne Zweifel in der Spitzengruppe diesjähriger Veröffentlichungen und in einer Reihe mit den neuen Alben von TERROR, WALLS OF JERICHO und HATEBREED!
Dass Roadrunner Records bei TRIVIUM wieder einmal ihr oft gerühmtes glückliches Händchen bewiesen haben stand schon vor "The Crusade" fest. Mit einem Durchschnittsalter in den jungen Zwanzigern mischten die Vier um Sänger Matthew Heafy die Metalcoreszene auf. Lustigerweise ist ausgerechnet vom Metalcore wenig, um nicht zu sagen fast nichts, geblieben. Schon der starke Opener "Ignition" meißelt die neue Marschrichtung in Stein: TRIVIUM machen Metal. Massive Stromgitarren, in jedem Song ein Solo, keine Soundspielereien, flotte Drums, Hetfieldscher Gesang vor dessen Entzug - in vielen Belangen erinnern TRIVIUM an METALLICA, METALLICA zu einer Zeit in der noch alles besser war. Früher eben. Die Soli haben weniger die technische Genialität von IRON MAIDEN sondern eher die Zweckmäßigkeit des schwermetallischen Durchschnitts. Und dennoch: Wo der moderne Metal genau hierum gerne große Bögen macht, treffen TRVIUM damit einen Nerv. Songwriting auf hohem Niveau bringen Tracks wie "Becoming The Dragon" an den Hörer: Geschickt inszenierte Breakdowns und die im Mittelteil einsetzenden harten Vocals machen aus dem Song die ultimative Dampfwalze und erinnern an den letzten TRIVIUM Longplayer. Denn genau diese härteren Vocals waren beim Vorgänger stärker vertreten und lassen "The Crusade" insgesamt oft deutlich softer wirken. Musikalisch wird es dagegen nur noch besser: "Tread The Floods" zieht gar krasse Tonartwechsel inklusive Halbtondramatik aus dem Zauberhut, der bangbare Chorus mit sehr knackig-flotten Drums tut sein übrigens und hebt diesen Track in die obere Liga. Gewöhnungsbedürftig ist die recht einfach gestrickte Heavy Metal Huldigung "Anthem (We Are The Fire)", deplaziert der schnulzige Metalpopper "This World Can’t Tear Us Apart". Das langsame "The Rising" passt ans Ende eines Livesets und ist textlich durchaus auf Hymne getrimmt: "(…) so raise your hands up with me and hold this moment eternally”, musikalisch aber der langweiligste Teil des Longplayers. Der abschließende Titelsong "The Crusade" kann als fast zehnminütiges Instrumental zwar mit einigen schönen Ideen punkten, das "Manko" des fehlenden Gesangs bügeln sie damit aber nicht aus. Und ob man bei einer Musik auf diesem Niveau einen Song nur ausfaden muss anstatt ihm ein cooles Ende zu verpassen sei auch dahingestellt. TRIVIUM gefielen mir schon mal besser, aber "The Crusade" ist dennoch ein verdammt gutes Metalalbum geworden - ohne Staub und mit verdammt viel Power.