FALL BEHIND haben für ihr Labeldebüt mit "Between The Devil And The Deep Blue Sea" einen ebenso so schönen wie merkwürdigen Titel gewählt, der für mich keinen sonderlichen Bezug zu den ambtionierten sozialkritischen Texten hat. Im Gegensatz zu viele Metalcorebands haben die Polen sich offensichtlich tiefgehende Gedanken gemacht, was ihre Texte sehr in die politische Punk-Ecke bringt - beileibe nichts schlechtes. Musikalisch gehen sie da schon eher vorgegangeneWege und orientieren sich an DARKEST HOUR und COMEBACK KID, also eingängig, melodisch und mit den mittlerweile unvermeidlichen IRON MAIDEN-Gitarren. Was soll´s, immerhin versteht die Band ihr Handwerk und Sänger hat eine eigenwillige, kratzige, aggressive Stimme, die wie Arsch auf Eimer zu den wütenden Texten passt. FALL BEHIND haben mit ihrem Debüt alles richtig gemacht und werden unter Fans der angesprochenen Bands problemlos Freunde finden.
Wer es noch nicht ganz mitbekommen haben sollte, dem sei hier nochmal deutlich gesagt - die Haarspray-Glanzlackzeiten bei EUROPE sind (nicht nur äußerlich) längst vorbei. Die konsequente Weiterentwicklung von einer der erfolgreichsten AOR (Teenie) Bands der 80er Jahre zu einer soliden Rockband mit modernen Ansprüchen ist den Schweden mit dem aktuellen "Secret Society" Album eindrucksvoll geglückt. Dieses zweite Werk nach dem erfolgreichen 2004’er Comebackalbum "Start From The Dark" ist sogar noch eine ganze Schippe druckvoller mit mehr fesselnder Dynamik und auch vom Niveau insgesamt noch eine Kante besser als der Vorgänger ausgefallen, die Hooks sind ebenfalls prägnanter. Die Band scheint sich, wahrscheinlich auch durch die zahlreichen und nur positiv gewerteten Festivalauftritte, äußerst gefestigt zu haben und tritt so jetzt selbstbewußt mit breiter Brust erneut vor die Fans. Auch ein stimmiges Coverartwork (sicher das beste der Bandkarriere) trägt mit zum positiven Erscheinungsbild bei. Noch wichtiger sind natürlich die musikalischen Inhalte, da geht nicht mehr ganz so düster wie beim Vorgänger zu. Trotzdem dominieren noch eher in Moll gehaltene Tonarten mit relativ tiefen Gitarrenriffs, die Keys sind meist völlig in den Hintergrund gerutscht, die Scheibe besticht durch einen rauh-erdigen Rocksound mit fließenden Tendenzen zu heftigeren Melodic Metal Geschichten. Jawohl, die Jungs um Joey Tempest (den man an manchen Stellen fast nicht erkennt, da er manchmal relativ tief singt oder die Stimme noch künstlich verfremdet wurde) lassen es ordentlich laufen und nach dem zunächst etwas untypisch leicht verworren anmutenden Titeltrack folgen Track auf Track mit viel Biss, klasse heavy Gitarren und trotzdem stets griffigen Melodien, die sich aber weit weg von den ehemals hochpolierten Refrainkaskaden bewegen. Einfach aber effektiv und schnörkellos - die Gitarrenarbeit von Jon Norum ist exzellent geraten, so gut habe ich den Mann noch nie empfunden, seine klassischen Roots, die deutlich hörbar von LED ZEPPELIN oder auch Hendrixschen Klangmustern geprägt sind, kann man sehr gut herauszuhören. Dies verleiht dem Bandsound einen wunderbar organischen Charakter. Mal lässt er die Saiten singen dann geht er wieder stark riffbetont vor, in Verbindung mit dem prägnanten sowie energetischen Bassspiel kommt dies einfach super rüber. Die meisten Songs gehen so richtig ordentlich aufs Tempo, klingen einfach gut und reißen den Hörer mit. Songs wie "Always The Pretenders", "Love Is Not The Enemy" oder auch mein persönlicher Favorit "Brave And Beautiful Soul" (geiles Solo) sind wie geschaffen für die Livebühne. Klar, es gibt auch obligatorische Balladen, herausragend dabei: "Wish I Could Believe". Der Schnulzentouch bei "A Mother´s Son" ist dann doch etwas zu stark ausgeprägt. EUROPE verbreiten mit ihrem klischeefreien modernen Hardrock auf "Secret Society" schlichtweg gute Laune - jetzt sind die Jungs wirklich im neuen Jahrtausend angekommen und unterstreichen ihre Anwärterschaft auf die vorderen Plätze im heutigen Rockzirkus. Alte Fans dürften zwar eher etwas leicht verstört reagieren aber was solls, die Zukunft zählt.
Das Quintett, das zum größten Teil aus Frankreich stammt, hält es ähnlich wie die vielen Kollegen aus Italien und hat sich symphonischem (Fantasy -) Metal verschrieben, nur eben ohne Metal. Man stelle sich RHAPSODY vor, nur sind die Gitarren noch weiter reduziert und der Bombast (wenn das überhaupt möglich ist) noch weiter erhöht. Und "Bombast" bedeutet hier ebenfalls genau das, womit man den geneigten Metaller die Flucht ergreifen lässt: pompöse Klimper - Keyboards, zwar fette, aber leider auch meist schwülstige Chöre und zwischendurch ein bemüht Malmsteen - artiges Solo. Ansprechen wollen FAIRYLAND ohne Frage Fans von BLIND GUARDIAN, AVANTASIA oder auch erwähnten RHAPSODY, doch macht der überladene Bombast gegenüber den viel zu wenigen metallischen Elementen einfach mehr kaputt als alles andere. Während die Referenzbands des Genres ihren traditionellen Metal mit Theatralik anreichern, machen es FAIRYLAND genau umgekehrt und erzeugen mehr Schmierenkomödie denn rockender Breitwand. Wer andererseits auch auf die üblichen, italienischen Verdächtigen steht (gibt´s da echt wen?!), kann sich Stücke wie das durchaus nicht üble "Eldanie Uelle" (mit starkem Hang Richtung Krefeld!) ruhig mal anhören. Vielleicht sollte man auch einigen Leuten mal sagen, dass der große "Herr Der Ringe" - Boom schon längst abgeebbt ist…
Einen besseren Opener als "Relentless" hätten sich BORN FROM PAIN für ihr neues, schlicht "War" betiteltes, Album nicht aussuchen können. Der Song ist feinster Metalcore-Stoff, der einem Panzer gleich über den Hörer hinwegrollt und nur verbrannte Erde hinterläßt. Treibend, kraftvoll, gnadenlos, genauso wie man BORN FROM PAIN-Metalcore kennt und schätzt. Hat man sich dann gerade wieder gefangen, rauscht "Behind Enemy Lines" über einen hinweg und läßt dem Hörer wieder keine Chance. Deutlich schneller als der Opener, mit fast schon punkiger Attitude, aber trotzdem saubrutal, ist der Track das nächste Highlight der Scheibe und ein garantierter Live-Killer. Eine alternative Version mit Guest Vocals von NAPALM DEATH-Barney, die nicht minder brutal ist, findet sich am Ende der Scheibe nochmal. Wo wir schon bei Gästen sind: Pepe (HATESPHERE) steuerte ein kleines Solo bei, Jan-Chris (GOREFEST) läßt seine Röhre bei "Crusader" erklingen und Lou Koller (SICK OF IT ALL) gibt "Doomsday Clock" ordentlich Power. Der Song ist der wahre Hit dieser Scheibe, einer der besten Metalcore-Songs, die jemals geschrieben wurde. So unglaublich brutal und gleichzeitig eingängig, zeugt dieser Track von wahrem Können. Ruhigere Nummern wie das mit vielen Backing Shouts unterlegte "Stop At Nothing" bestätigen, dass BORN FROM PAIN mehr können als nur prollige im Mid Tempo Beatdown Riff aneinanderzureihen - und treten trotzdem mächtig Arsch! "In Love With The End" war eine großartige Metalcore-Scheibe, der BORN FROM PAIN mit diesem Album einen mehr als ebenbürtigen Nachfolger verpasst haben. Für mich eine der besten Scheiben des Jahres!
ANOMALIE haben 2002 ihr erstes Album rausgebracht, danach aber einige Wechsel in der Besetzung gehabt, so dass der Nachfolger (und die erste Scheibe bei PXF Records) erst jetzt erscheint. Eine wilde Mischung aus Hardcore, Rock, Emo, dezenten Metal-Anleihen wird in einer anstrengenden, stellenweise sehr hektischen Mischung verwurstet und durch den Brüllgesang erst richtig vollendet. Man ist als Hörer nie sicher, ob auf einen ruhigen Part eine gnadenlose Attacke folgt oder es richtig soft-sphärig wird ("Bislang habe ich es mit ignorieren versucht"), was natürlich nicht jedermanns Geschmack ist. Manchmal übertreiben es ANOMALIE auch und verfallen in einen hektischen Mischmasch, der nur noch nach Krach klingt und selbst hartgesottenen Naturen zu weit geht. Bis dato ist "Zurück zum Singular" für Freunde abgefahrenen Kraches eine nette Sache, das großer aber sind aber die Texte. Schon der Titel und das Cover machen es deutlich: hier geht es um eine beendete Beziehung, hier wird der Herzschmerz musikalisch verarbeitet. Ein Blick auf die Titel bestätigt dass, "Gefühlsverlust", "Früher war es einfach, allein zu sein" oder "Die Angst vor der Angst" (fast schon poetisch) sind Emo-Texte reinsten Kalibers und gingen mir gehörig auf die Nerven. Durch den aggressiven Gesang (an dem nichs auszusetzen ist, im Gegenteil) werden Teile zwar unverständlich, aber die Abschnitte, bei denen der Text zu verstehen ist, waren mir viel zu weinerlich. Aber vielleicht bin ich wirklich so, wie mir von manchen Damen vorgeworfen wird... Zuurück zur Musik: die Scheibe ist technisch sauber, sehr vielschichtig und wen die Texte nicht stören, sollte den Silberling mal antesten.
Bei "Vermächtnis" handelt es sich nicht etwa um ein neues Demo oder gar ein neues Album der Salzgitteraner Formation, sondern um die offizielle Version des überragenden "Demo 2005", das hier bereits in einem Review ausführlich besprochen wurde. Geändert hat sich im Großen und Ganzen nicht viel. Die Songs gehören nach wie vor zum Geilsten, was der deutsche Underground in den letzten Jahren ausgespuckt hat, und auch die Produktion ist absolut top und kann es mit vielen "professionellen" Releases locker aufnehmen; nix typisches Demo - Scheppern, sondern rums bums auf die Zwölf! Etwas verwirrend könnte sein, dass "Vermächtnis" mit dem ursprünglich gedachten Cover des ersten Demos von 2002 daherkommt, dafür aber komplett mit Backcover und aufklappbarem, zweiseitigem Booklet. Als Gag ist noch ein gut siebenminütiger Bonustrack namens "Exit" angehängt worden, der sich jedoch als eine Art witziger "Hidden Track" entpuppt und theoretisch völlig verzichtbar ist.
Erhältlich ist dieser Hammer nun ganz regulär über die Bandhomepage (unter "Contact") für absolut faire 10 Euro plus 1,45 Euro für Versand.
THE DEEN ist eine junge Stoner Rock-Band, in der sich mit SECRET DISCOVERY-Drummer Lars kein gänzlich Unbekannter tummelt, dazu kommt noch ein Mucker, der schon mit den CRASH TEST DUMMIES gearbeitet hat. Erfahrung ist also schon vorhanden, was sich auch im Songwriting zeigt: die sieben Songs sind abwechslungsreiche, eingängige (fast schon poppig) Stoner Rock-Nummern, die an alte FU MANCHU oder QOTSA erinnern. Tief gestimmte, rockende Gitarren ("For My Wasted Years"), ein fett wummernder Bass und am Mikro eine gefühlvolle Stimme, die auch vor Alternative-Ausflügen nicht zurückschreckt. Zwischen entspannten Parts und emotionalen Ausbrüchen pendelnd, vergehen die sieben Songs wie im Flug und man ertappt sich dabei, immer wieder Repeat zu drücken, um noch einmal in Erinnerungen an Sommer, Sonne, Wüste und Cabrios zu schwelgen oder wenigstens ordentlich mitzurocken. Sehr feine Scheibe, mit der THE DEEN hoffentlich für Aufsehen sorgen werden.
So ganz stimmt der Titel der neuen RIGHTEOUS JAMS-Scheibe nicht. Zum einen ist der Longplayer (im Gegensatz zum Debüt) lang genug, um die Bezeichnung "Album" auch zu verdienen, zum anderen sind die Bostoner in leicht veränderter musikalischen Gefilden unterwegs. Das Grundlevel ist zwar immer noch der gute alte Hardcore, aber in den haben sich viele punkige Riffs und Melodien gemischt, außerdem langsame, rockende Parts wie beim groovigen "Nothing Happens" am Besten zu vernehmen ist. Auf trendige Einflüsse wie cleanen Gesang oder Metalriffs verzichtet das Quartett aber weiterhin konsequent, so dass "Business As Usual" für Anhänger des Ami-Old School-Sounds eine lohnenswerte Sache ist. Die Songs kommen schnell auf den Punkt, Joey C hat eine schön kratzige Röhre und die Produktion passt wie Arsch auf Eimer. Ruhig mal reinhören!
EVENT HORIZON, eine italienische Progmetalformation, hat nach mehreren EP’s und einem selbst veröffentlichten Werk in 2002 jetzt mit "Naked On The Black Floor" ihr Debüt bei einem großen Label vorgelegt. Gleich vorweg, mit ihrem eher technischen, unterkühlten sowie leicht industrial-geschwängerten Sound können mich die Jungs nur recht schwer überzeugen. Selbst nach mehreren wohlwollenden Durchläufen können die vier Jungs, dieser bereits seit 1996 aktiven Band, nur recht wenig Hängenbleibendes zu Tage fördern. Zu sperrig-fahrig sind die meisten Tracks dabei ausgefallen. Lobenswert ist zunächst zwar schon, dass hier nicht der x’te Dream THEATER Klon am Start ist, wie zuletzt reihenweise bei anderen Labeln geschehen, aber dieser progressiv aufgemotzte Powermetal mit den schneidenden aber mitunter auch recht dünnen Gitarrenlinien fehlt einfach das Entscheidende: Seele, atmosphärische tiefe und insgesamt die (prägenden) Melodien. Die Tracks sind durchgehend recht düster etwas verschroben "verdudelt" gehalten, die Arrangements sind zwar recht vielfältig im Aufbau, aber mir fehlt einfach der gewisse "Klick" Effekt der dieses technisch durchaus solide gehaltene Album, zu einem gerne wieder eingelegten Silberling macht. Vielleicht liegt es aber auch am Sänger, der einem einfach auf die Dauer merklich auf den Zeiger geht, denn an der typischen Eierschneider-Kopfstimme von Gianluigi Girardi werden sich so manche Geister genauso scheiden, wie bei mir. Klar, er kann natürlich schon gefällig singen, aber dieses oftmals hohe Geseiere schreckt einfach mehr ab als dass es fesselt, es fehlt den Songs dazu einfach an Volumen. Er sollte eventuell mehr in mittleren Bereichen agieren, dies könnte auch besser zu den oftmals recht rohen Riffs und dem schepprigen Drums passen. Die Jungs machen ebenfalls den Fehler, zu viel auf einmal zu wollen und insbesondere die zahlreichen elektronischen Samples und zu billig klingenden Computerkeyboardsounds sorgen für eine insgesamt zu überladene CD, die sicher instrumentell betrachtet einige gelungene Momente bietet - inklusive schöner Soli, aber abschließend bei mir einen überwiegend zwiespältigen Eindruck zurücklässt. Auch bei der etwas zu hohlen Produktion von "Naked On the black Floor" hätten EVENT HORIZON etwas mehr aus sich herausholen können. Daher ist hier gerade noch von einem einigermaßen annehmbaren Debüt zu sprechen, mehr ganz sicher nicht. Das gelungene Cover kann aber noch ein paar Pluspunkte sammeln.
Vor über zweieinhalb Jahren veröffentlichten die Saarländer Traditionalisten mit "Feel The Fire" ein sehr hörenswertes Demo (siehe Review), dem nun mit "Under The Sign" ein komplettes Album folgt, nachdem die Jungs einen Deal mit STF Records einfahren konnten. Und der Longplayer hält, was das Demo versprach. Vom Demo übernommen wurden die beiden Kracher "Feel The Fire" und das erstklassige "Pharao", die natürlich in neuem Sound erstrahlen. Aber auch unter den neueren Stücken befinden sich kaum echt Ausfälle, lediglich das reichlich kitschige "Kill The DJ" ("Kill the DJ, Heavy Metal ist the law" - anspruchsvolle Lyrik ahoi!) fällt etwas negativ aus dem Rahmen. Ansonsten rocken Songs wie der coole Opener und Bandhymne "Under The Sign", das treibende "Intruders", der geile Mitsingkracher "Pray To Odin" (leicht schwülstig, aber tolle Melodie) oder der abschließende Stampfer "Metal Day" ordentlich das Haus, wobei besonders Sänger Siggi Schüßler einen sehr guten Job macht, obwohl er seinem Idol Eric Adams gerade in den höheren Regionen noch nicht wirklich das Wasser reichen kann. Aber was nicht ist, kann ja noch werden… so ist "Under The Sign" ein wirklich gelungener Einstand beim neuen Label geworden, den sich traditionell orientierte Fans (den Begriff "True Metaller" vermeide ich mittlerweile!) ruhig mal antun sollten. Daumen hoch!