Kollege Fischer war von dem Erstlingswerk der finnischen NOUMENA hellauf begeistert, bei mir stellt sich nach vielen Durchgängen des Nachfolgers "Anatomy Of Life" nur die Frage nach dem Warum ein. Man kann der Band nicht vorwerfen, dass Amateure am Werk sind und die (im Finnvox gemasterte) Produktion drückt mächtig, aber die Platte plätschert nur so vor sich hin. Natürlich haben die Landsleute von AMORPHIS und SENTENCED noch immer einen bleibenden Eindruck bei NOUMENA hinterlassen, die Selbstmörder diesmal stärker als die Seen-Liebhaber, aber NOUMENA erreichen mit ihren Songs nicht die Überklasse, die die genannten Bands zu Genre-Größen machte. Da nützen weder Duette zwischen Engelchen und Grunzer was, noch viele gute Riffs - das Gesamtpaket stimmt einfach nicht. Einige gute Songs finden sich (wie der Opener "Misanthropolis"), reißen "Anatomy Of Life" aber nicht aus dem Mittelmaß raus. Gewollt, aber nicht gekonnt.
KILLFLEX sind keine Anfänger mehr, vor "Profits And Breakdowns" haben die Schweizer bereits zwei Scheiben veröffentlicht, die hier aber nie besprochen wurden. Auf besagtem Album geben die Eidgenossen neunmal einen heftigen Mix aus Metal und Hardcore zum Besten, ohne dabei auf zu viele Genre-Klischees zu vertrauen. Hier gibt es einfach und stumpf einen auf die Fresse. Die Songs sind recht flott unterwegs und werden hin und wieder von Moshparts unterbrochen, die nicht gedankenlos eingebaut wurden, sondern sich gut in den jeweiligen Song integrieren. Leider haben es KILLFLEX bei allen Songschreiberqualitäten nicht geschafft, die Songs unterscheidbar zu machen. Mit zunehmender Dauer ähneln sich die Songs immer und rauschen am Hörer vorbei. Zwar zeigt sich die Band um Abwechslung bemüht, so klingt der Gesang stellenweise wie alte OBITUARY ("Never Lost"), was sich sehr gut anhört (auf jeden Fall besser als die arg schief gesungenen cleanen Parts), ist aber zu oft im eintönigen aggressiven Gebrüll-Stil unterwegs, um wirklich überzeugen zu können. Schlecht ist "Profits And Breakdowns" nicht, aber auf Dauer etwas eintönig.
MCQUEEN sind der nächste Versuch, eine all-female-band zu etablieren. Die vier Damen sehen ziemlich ansprechend aus, immerhin, da müssen die Songs auf "Break The Silence" nur noch überzeugen und fertig ist die neue Sensation. So jedenfalls der Plan. Mit "Neurotic" legen die US-Mädels dann auch ansprechend los, die Mischung aus Rotzrock, etwas Punk und GUANO APES-Gesang geht direkt ins Ohr und ist ein sehr guter Start für die Platte. Die beiden nachfolgenden Songs fallen da schon etwas ab, der Titelsong fällt dann ziemlich lahm aus, ist aber nicht so belanglos wie "Bitch" und "Not For Sale" am Ende der Scheibe, die sich beide als langweilige Rocksongs entpuppen, die jede Schülerband schreiben kann. Immerhin reißt das punkige "Don’t Know How To Break It To You" wieder einiges raus und entläßt den Hörer mit einem guten Song in die Nacht. Viel Licht und Schatten also auf der sauber produzierten Scheibe. Auf Mixtapes (oder cooler: im ipod shuffle) machen sich ein paar Songs gut, aber über die komplette Scheibe können MCQUEEN noch nicht vollständig überzeugen. Aber was nicht ist, kann ja noch werden.
Bandkopf, Sänger und Gitarrist Todd Youth hat die CHELSEA SMILES eigentlich nur zum Spaß zwischen zwei Touren mit DANZIG gegründet, für die er bis 2003 die Saiten zupfte. Mittlerweile hat sich das Projekt verselbständigt und nach einer 4-Track EP ist jetzt das erste Album erschienen. Der Titel ist wörtlich zu verstehen: Die vier New Yorker haben die Scheibe tatsächlich in 36 Stunden eingespielt. Das hört man ihr auch an, denn der Sound kommt so dreckig, rau und direkt aus den Boxen, das man meint, die Jungs würden vor einem stehen. Ihre Musik ist kurz gesagt eine Verbindung der frühen KISS mit den RAMONES oder genauer eine Mischung aus klassischem Hardrock, dreckigem Rock ´n Roll und Punkrock. Und dabei vermitteln sie eine Energie, die von vorne bis hinten mitreißt. Songs wie "I Want More", "Pillbox" oder "News For You" gehen mit ihren dreckigen Riffs, straighten Beats und melodischen Refrains dermaßen ins Ohr und in den ganzen Körper, dass man ständig mitzappeln muss. "Thirty Six Hours Later" ist ein wirklich tolles Album geworden, das durchgehend kickt und rotzt und das gleichzeitig modern klingt und den Geist von good old Rock ´n Roll versprüht.
Aachen - das sind Printen, Alemannia und früher Sabina. Spätestens 2006 kommen SCORNAGE dazu. Nicht, dass die Herrschaften irgendwas Innovatives oder Überraschendes schaffen. Aber Sie kloppen einem ihre Thrash-Scheibe mit einer Energie um die Ohren, dass der Thrash-Lunatic automatisch selig an "Sentence Of Death" oder die alten Zeche-Carl-Zeiten von Mille und Co. denken muss. Und eines haben SCORNAGE den Jungs von Destruction bislang voraus. Denn mit "Pure Motorized Instinct" schafft der Fünfer den Spagat zwischen Historie und Gegenwart scheinbar mühelos. Denn auf ihrer zweiten Full-Length paaren sich der Elan von früher mit der Professionalität von heute, ohne dass die Scheine klinisch wirkt. Allerdings braucht das Ding seine Zeit, denn anfangs ist der Vielhörer geneigt, die Westdeutschen unter "noch ne gute aber wenig aufregende deutsche Thrash-Band" wegzusortieren. Damit tätet ihr dieser höllisch flotten Scheibe aber mehr als unrecht. Hört einfach mal rein in Reisser wie "I’m Your Fear", "When There’s No More Room In Hell" oder das Titelstück. Geile Scheibe, bleibt zu hoffen, dass die Printen nen weiteren Scherz-Keks für ihre Live-Aktivität finden.
Eibon aus Goslar heißen schon länger INTO THE VOID und machen Gothic-Metal statt Death-Groove. Dabei erinnern sie auf ihrer dritten Veröffentlichung nicht selten an Amorphis, melodisch aber nicht zu matschig und nicht ganz so Schlüpfer-heischend wie HIM und andere Goten-Schwoten. Leider fehlt ihnen im Vergleicht zu den Trend setzenden Finnen die nötige Originalität, solide ist es allemal. Zumindest, wenn der geneigte Hörer vom furchtbaren Keyboardsound (zum Beispiel bei "Fear") absieht. Wenn man also nicht genauso so sehr vom Schlüsselbrett abgeschreckt ist wie ein Ei vom kalten Wasser, dann gibt es sicherlich einige sehr nette Melodiebögen zu entdecken, rauen bis grunzigen Gesang und sogar ohrwurmige Songs - die aber manchmal auch übertrieben ausgelutscht wirken. Neben dem Casio-Key nervt bisweilen zudem der klare Gesang. Alles in allem eine durchschnittliche Scheibe mit Höhe- wie Tiefpunkten.
Eine schwer interessante Scheibe hat der Frank-Kanadier Eric Syre mit seiner Band gemacht - ein Album aus einem Song. Allerdings sind auf der Promo-CD gleich drei: Nämlich das gut 32-minütige ,Exist!’, eine auf knapp drei Minuten zusammen gekürzte Radio-Version sowie das erste Stück gleich noch mal. Was wohl ein Pressfehler seitens Osmose sein dürfte. Das Trio THESYRE stammt aus dem kanadischen, frankophonen Quebec. Seit 1995 ist "Exist" die dritte ganze Scheibe, eine außergewöhnliche, nicht nur wegen der langen Spielzeit des einzigen Tracks. THESYRE widmen ihr Album nicht von ungefähr dem verstorben Voivodler Piggy. Denn wie ihre Landsmänner mischen auch THESYRE Elemente aus dem normalen Metal, Neo-Folk-Anleihen, aus Black, Thrash und Industrial Metal, sind dabei nie so hart wie von mir aus Ministry, aber auch nie so verspielt-verzwickt wie die vermeintlichen Vorbilder aus Montreal. Beeindruckend ist vor allem die große Spannweite des THESYREschen Organs, die von Black metallischem Bellen über militaristisch klingende Phasen bis hin zu erstaunlich warmem Klargesang auch viele Zwischentöne bis hin zu akustischen Abteilungen bietet. Die Scheibe imponiert zudem mit einer ungeheuren Detailverliebtheit - alles in allem mutiert THESYRE zu einer abenteuerlichen Odyssee durch die Ängste der Menschheit. In diesem Sinne, um es mal mit Erics Worten zu sagen: "Exist! - Manifest yourself - Don’t rely on someone else - Before you die - Experience life.” THESYRE sind unbedingt eine Erfahrung wert.
Wie man den Bandnamen ausspricht und was er bedeuten soll, wird in der Band-Bio erklärt, und zwar "Why eight to five". Das haben sich die vier Jungs aus La Chaux-de-Fonds im französischsprachigen Teil der Schweiz auf die Fahne geschrieben und rocken seit 2003, was das Zeug hält. 2005 wurde ein Zwischenstopp eingelegt, um das Debüt-Album einzuspielen, das seit kurzer Zeit in den Läden steht. Zu hören gibt es souverän gespielten, dreckigen Rock, irgendwo zwischen straight, groovend und alternativ. Was schnell deutlich wird, ist, dass die Stärken des Vierers eindeutig bei den schnelleren Stücken liegen. So überzeugen grade, coole Rocker wie "Try" und auch groovig rockige Songs wie "Why", besonders auch wegen der dreckigen Stimme von Sänger Mike. Die Ballade "Let Me Go" dagegen klingt wie eine typische BON JOVI-Schnulze und ist nur schwer zu ertragen, und das letzte Stück "Flying Horse", bei dem der Gesang lediglich von einer Akustik-Gitarre begleitet wird, ist zum Einschlafen langweilig. Das reißt auch die Blues-Harp nicht raus, die irgendwann zum Einsatz kommt. Insgesamt haben Y825 hier aber ein solides Debüt vorgelegt, und ich kann mir gut vorstellen, dass die Jungs live ordentlich abgehen. Zumindest, wenn sie die Balladen weglassen...
Nee, SCHAFFRATH haben echt nix mit Gina Wild zu tun, hart und schmutzig sind sie aber trotzdem! Nach ihrem Demo, das 2003 eingetütet wurde, steht nun der erste reguläre Longplayer in den Läden, nachdem man einen Deal bei STF Records einfahren konnte. Martin Schaffrath und Co. spielen auf ihrem Debüt herrlich rotzigen Deutschrock der raueren Schiene, in etwa grob vergleichbar mit einer mittlerweile aufgelösten Kapelle aus Frankfurt. Auch gesanglich liegt der gute Maddin nicht allzu weit von Kevin entfernt, wobei seine Bandgenossen hin und wieder aus dem Hintergrund zu hören sind, was besonders bei Gitarristin Christina durchaus Sinn macht. Sehr auffällig sind auch die ungewöhnlichen Texte, die anfangs nicht immer nachvollziehbar sind und manchmal wie wild zusammengeklebt wirken, die aber nach mehrmaligem Hören einen großen Reiz an SCHAFFRATH ausmachen. Obwohl ganz große Hits leider nicht vertreten sind (der coole Rocker "Diamanten" ist noch am Nächsten dran), macht "Weg Aus Dornen" wirklich Spaß, nachdem man sich an den musikalisch zwar recht simplen, aber effektiven Deutschrock gewöhnt hat. Leute, die gerne mal wieder traditionellen, schmutzigen, aber auch eigenständigen, deutschen Hard Rock jenseits von Juli, Silbermond und Co. hören möchten, sind hier sehr gut aufgehoben!
Das doch eher bescheidene Artwork des 2004er Vorgängers "Moments of Clarity" haben die Mannen von CRYPTIC VISION auf ihrem neuen Werk "In a World" jetzt schon mal locker um 100 Prozent getoppt, musikalisch gab es damals eigentlich nichts zu meckern und auch die aktuelle Scheibe bietet eine gutes "Mainstream" Progrock Niveau der oberen Klasse. Bot der Vorgänger doch noch etwas stärkere AOR Facetten ist diesmal eine mehr symphonischere Ausrichtung eindeutig in den Vordergrund gerückt. Gesanglich sind die geschmeidig hellen Vocals von Todd Plant nach wie vor mit Bands dieses Genres wie STYX, KANSAS oder auch BOSTON vergleichbar aber musikalisch geht es bei weitem vielschichtiger zu insbesondere die abwechslungsreichen Keyboardsounds sorgen für eine wohlklingend temperierten Sound völlig ohne nichtssagende hektische Läufe oder jegwelche spleenigen Tastensperenzchen wie bei so manch anderer Combo in diesen Bereichen. In Verbindung mit den Harmoniebackings entsteht so ein unheimlich dichter Klangteppich der natürlich von den abwechselnd geradeaus rockenden oder auch mal solo frickelnde Gitarren (aber ohne jedes Genöle) bestens unterstützt wird. Bereits der monumentale 16 Minuten Opener zeigt die großen Stärken dieser technisch absolut brillanten Band, zum einen eine ungeheure Detailverliebtheit mit wahnsinnig vielen Unterparts, Breaks und dann wieder fließende Momente mit diesen filigran vorgetragenen Instrumentteilen der sich dann mitunter in bombastischen Arrangements ausdrückt. Und dann wieder als Verbindung zwischen den vermeintlich leicht zugänglichen Parts und den etwas sperrig aber nie zu überladenen Progstellen kommen immer wieder diese fast schon zu eingängigen ausufernden geradezu hymnischen Chorpassagen. Das Album hat insgesamt einen eher ruhigen Charakter und läuft ineinander übergehend in einem Satz durch, ein etwas stärker akzentuierter Spannungsaufbau hätte ab und an nicht geschadet. Es geht mehr oder weniger immer im gleichen Baukastensystem durch die 12 Haupttracks, die Band bietet selten Verschnaufpausen. Die von diversen Gäste immer mal wieder eingestreuten Violinen oder Mandolinen als echte Streicherelemente und die gefühlvollen akustischen Gitarren sind zwar nicht neu (KASNSAS lassen grüßen) aber trotzdem zur Auflockerung absolut gelungen. In der üppigen Spielzeit von 73 Minuten hat sich trotz vieler instrumentaler Geschichten nicht ein wirklicher Langweiler eingeschlichen, CRYPTIC VISION schaffen den schmalen Spagat zwischen zugegeben etwas künstlich aufgemotzten Anspruch und Eingängigkeit ohne eine der beiden scheinbar widersprüchlichen Eigenschaften ganz zu vernachlässigen. Der Sound ist absolut frisch trotzt der natürlich starken Retrobetonung aus den 70ern mit fast jeder Note dieses Albums aber es klingt keineswegs altbacken. Für richtige Progfans gehen die Jungs aus Florida wahrscheinlich eine Ecke zu standardisiert vor mit zuwenig packenden Elementen ohne die großen Ah-Erlebnisse dies mag tatsächlich so sein aber für Retro/AOR Fans die auf nachvollziehbare Melodien mit dem ein oder anderen Ausflug ins proggige abfahren könnte "In a World" durchaus etwas bieten.