PRYMARY passen mit ihrem epischen Prog-Metal der komplexeren Sorte so gar nicht zu ihrer fröhlichen südkalifornischen Heimat und wären wohl eher im regnerischen Norden oder Osten der USA gut aufgehoben. Irgendwo zwischen den instrumentalen Parts von Dream Theater und der europäischen Atmosphäre von Pain Of Salvation angesiedelt, durfte das Quintett dabei schon für Größen wie Fates Warning, King´s X, Spock´s Beard und Enchant eröffnen und sollte mit ihrem Zweitwerk "The Tragedy Of Innocence" einen guten Schritt nach vorne machen. Thematisch geht es auf dem Konzeptalbum um eine traumatisierte Frau, welche als Kind von ihrem Vater sexuell missbraucht wurde. Das der Wirklichkeit entnommene Thema (es geht um die Frau eines der Bandmitglieder) wird dabei von PRYMARY weder oberflächlich noch vordergründig verarbeitet. Auf "The Tragedy Of Innocence" wird die Geschichte in 12 Songs und zeitlicher Abfolge (Song Eins "Dirty Room - Part 1 ... 25 Years Ago" bis Song zwölf "Choices - Right Now!") nachvollzogen und, dem Thema entsprechend anspruchsvoll und nicht immer einfach musikalisch dargeboten. Eingängigen Tracks wie der Ohrwurm "In My Shell" stehen schwerer nachvollziehbare Stücke wie "Soul Deceiver" gegenüber. Sänger "Mike Di Sarro" macht an sich einen guten Job, kann dem druckvollen Instrumentalparts aber nicht immer folgen. Aber ebenso wie die hin und wieder über die Songdienlichkeit hinausgehenden Frickeleien stört dies bei dem gut produzierten Album kaum und damit dürften PRYMARY bei der Zielgruppe mit diesem Album durchaus Punkten. Anspieltipps sind hier allerdings nicht zu geben - "The Tragedy Of Innocence" wirkt definitiv nur als Ganzes.
Mit Namen haben es die Leverkusener KINGDOM OF SALVATION irgendwie nicht so. Der Bandname läßt an eine Eierkneifer- oder Progband denken, während der Plattentitel ein akustisches Inferno Marke MESHUGGAH ankündigt. Aber weit gefehlt: die Combo hat auf der Scheibe thrashigen Death Metal versteckt, der immer direkt auf die Zwölf geht und mit Chaos so gar nichts zu tun hat. In der Gitarrenarbeit hörbar vom Schwedentod beeinflusst und beim Gesang und Songaufbau von deutschen Thrashern Marke DESTRUCTION und KREATOR, haben die elf Songs ordentlich Wumms und viel Groove - wer auf so ein Thrash/Death-Gemisch steht, wird mit "Lost In Chaos" zweifellos glücklich werden. Zum Antesten sollte der groovende Mid Tempo-Titeltrack und das rasante "Crusader" locker reichen. Feine Sache!
FEAR MY THOUGHTS haben nach "Hell Sweet Hell" bei Century Media unterschrieben, ein Schritt, der durchaus Sinn machte. "Vulcanus" ist das erste Album dieser neuen Kollaboration, produziert von Jacob Hansen und mit fast einer Stunde anständig lang ausgefallen. Schon beim Opener "Accompanied By Death" wird deutlich, dass die Hardcore-Einflüsse von FEAR MY THOUGHTS der Vergangenheit angehören und stattdessen eine reine Metalplatte vor einem liegt. Die Songs sind vielschichtig ausgefallen und lassen sich nicht beim ersten Durchlauf in ihrer ganzen Komplexität erfassen. "Vulcanus" ist eine Scheibe, die entdeckt werden muss, ein Aufwand, der sich durchaus lohnt und die Komplexität der Songs nach und nach offenbart. "Soul Consumer" kann mit einem tollen, clean gesungenen Refrain überzeugen, während das pfeilschnelle "Accelerate Or Die" (bei dem Schmier (Vocals) und Mike (Gitarre) von DESTRUCTION mitwirken) eine echte Thrash-Granate geworden ist, die live mächtig Arsch treten wird. "Both Blood" ist dagegen sehr melodisch und tempomäßig deutlich gemäßigter und klingt durch die Gitarrenarbeit sehr modern. Überhaupt ist der Gesamtsound deutlich metallischer als in der Vergangenheit und gleichzeitig sehr an neuere Sounds wie SOILWORK oder die letzte GOREFEST angelehnt. Am Ende bleibt die Erkenntnis, dass FEAR MY THOUGHTS einen Haufen neuer Ideen in ihren Sound eingebaut haben und "Vulcanus" zur logischen Weiterentwicklung von "Hell Sweet Hell" genutzt haben. Grundlegend Neues bekommt der geneigte Metalfan zwar nicht zu hören, jedenfalls wenn er Bands wie SOILWORK, THREAT SIGNAL und IN FLAMES konsumiert, aber die zwölf Songs sind solide und haben durchaus ihren Reiz. Eigentlich sogar mehr als, im internationalen Verlgeich mit den genannten Combos brauchen FEAR MY THOUGHTS keine Scheu zu haben und können mit breiter Brust daherkommen.
Auch wenn die Jungs aus Brooklyn, New York bereits von vielen Seiten als kaum noch nennenswerte Rockdinosaurier abgetan werden, muss man nicht nur als Fan ganz objektiv zugeben, dass RIOT in ihrer mittlerweile 30 - jährigen Karriere noch niemals wirklich enttäuscht haben, auch wenn nicht immer Göttlichkeiten der Marke "Fire Down Under", "Restless Breed", "Thundersteel" oder "The Privilege Of Power" dabei herauskamen. Stilistisch bleibt man sich auch anno 2006 treu; RIOT leben nach wie vor von ihrem furztrockenen, dynamischen, oftmals sehr schnellen Gitarrenspiel (Bandgründer Mark Reale zeigt noch manchem hochgejubelten Newcomer, wo der Hammer hängt!) und der bluesig - verraucht - hymnischen Stimme von Mike DiMeo, der für mich nicht erst seit gestern zu den unterbewertetsten Shoutern der traditionellen Szene zählt. Und außerdem hat sich mit Frank Gilchrist ein neuer Schlagwerker eingeschlichen, der nicht nur bei VIRGIN STEELE einen tadellosen Job erledigt. Leichte Schwächen zeigt "Army Of One" lediglich beim Songwriting, das nicht immer völlig geglückt ist und den einen oder anderen leicht banalen Song (etwa das kitschige "One More Alibi" oder den 08/15 - Rocker "Still Alive") offenbart, die allerdings erstklassigem Material der Marke "Army Of One", "It All Falls Down" oder "Shine" (Killer!) gegenüberstehen. Alles beim Alten also bei RIOT, so dass man "Army Of One", wie auch alle seine Vorgänger, zumindest allgemein zum Reinhören empfehlen kann. Und lange Fans wissen eh, was sie an der Band haben! Noch ein Wort zum grausig schlechten Cover - Artwork: abgesehen vom nicht vorhandenen künstlerischen Wert haben es RIOT echt nicht nötig, ihren größten Klassiker so plump grafisch in Szene zu setzen!
Mit ihren letzten Scheiben konnten die Göteborger THE PROVENANCE zwar einige Achtungserfolge verbuchen, den ganz großen Wurf, zumindest beim Publikum, jedoch nicht landen. Wie bereits von den Kollegen erkannt, spricht die Band um Sängerin und Keyboarderin Emma Hellström vorwiegend Gothic Rocker an, die ebenfalls weiblich "gefrontete" Acts wie THE GATHERING, LACUNA COIL oder MADDER MORTEM mögen. Allerdings agieren THE PROVENANCE eine Ecke verspielter und lassen gerne leicht Science Fiction - artige, bombastische Sounds der Marke Devin Townsend einfließen, was "Red Flags" sehr wohltuend aus der Masse heraus hebt. Auffällig ist auch der für diese Art von Musik recht hohe Dynamikfaktor, der langweiliges Songwriting gar nicht erst aufkommen lässt und fast jeden Song zur Hymne macht, die in die Beine geht. Als gute Beispiele hierfür seien der flotte Opener "At The Barricades", das von Gitarrist Tobias Martinsson gesanglich unterstützte "Thanks To You", das treibende "Revelling Masses" oder die coole, sich steigernde Ballade "Deadend" genannt, die durchweg überzeugen und lediglich ein paar ganz harten Naturen zu "poppig" klingen dürften - aber irgendwas is´ ja immer! Dennoch dürfte "Red Flags" irgendwo im gemeinsamen Nenner von Gothic, - und Alternative - Fans seine Anhänger finden. Verdient hätten es die Schweden, denn ein paar der oben genannten Bands haben ja ihr großes Stück vom Kuchen längst bekommen…
Eine weitere finnische Melodic Metal Kapelle Namens WINTERBORN beehrt uns aus den Weiten ihrer tiefen Wälder. Aber braucht man so ein Album wie "Cold Reality" angesichts bereits vorhandener (zahlloser) guter Landsmänner wie z.B. SONATA ARCTICA oder auch ASTRAL DOORS oder europäischer Nachbarn (MASTERPLAN) tatsächlich (um glücklich zu werden)? Die Frage ist berechtigt, denn die Scheibe ist sicher kein Alltime Favorite, trotzdem kommt Musik einfach zu gut rüber, wer sie nicht angehört hat und Fan der genannten Bands ist, hat was verpasst. Wenn auch beiliegende Verkaufsprospekt mit den üblichen Absichten/Fertigkeiten der Band zunächst keine große Lust auf das knapp 55-minütige Werk macht, diesen Jungs solltet ihr eine Chance geben, das meiste im Werbetext stimmt diesmal sogar. Der erfahrene Fünfer, entstanden in 2004 wie so viele andere Acts aus einer ehemaligen Coverband MEAN MACHINE, hat tatsächlich was ganz eigenes zu bieten, nicht was sie machen sondern die geschickte und unterhaltsame Umsetzung stellt hier die Leistung dar. Man vermengt packenden Power Metal mit mehr oder weniger opulent aufgemotzten Bombastarrangements sowie einer nicht gerade geringen Prise progressive "Twists", wie sie es selber nennen, und fertig ist die Laube. Sischer dat, gab es alles schon mal irgendwie aber selten zuletzt so mitreißend präsentiert mit frischen sowie forschen Drang nach vorne. Mit den stellenweise etwas zu kehligen Vibes im Stile von BLIND GUARDIAN ("Wildheart") meets DIO von Vokalist Teemu Koskela tat ich mich zunächst etwas schwer aber mit zunehmender Dauer schwimmt er sich besser frei und verpasst WINTERBORN seinen eigenen Stempel ohne mit zu hohem Quäkgesang zu nerven. Die Keyboards inkl. cooler Hammmondsounds sind hier (meistens) mehr als nur schmückendes Beiwerk, es gibt zwar auch die schnörkellosen Rocksachen "Last Train to Hell" aber die Tasten verstärken ansonsten bei den etwas üppigeren Nummern wie dem kleinen Epos "On The Edge Of Eternity" einfach gekonnt den dramatischen Songaufbau und sorgen für einen opulent-theatralischen Klang ohne aber zu dick aufzutragen. Hier sind musikalisch bereits fertige Könner am Werk mit genügend Routine, ungestüme Jugendwut sucht man hier vergeblich. Kein Song kommt ohne seine meist episch vorgetragene Hook aus, stets bedacht auf viel Melodie mit Anspruch und knalligen Gitarrenduellen (des gekonnten Soli und Tempoläufe von Saitenhexer Pasi Vapola sind großes Kino) aber auch vor tiefergehenden instrumentalen Passagen scheut man sich nicht und integriert diese gekonnt in das Gesamtkonzept. Daher hört man sich einfach nicht so schnell an dieser Mucke ab wie bei Kollegen des Genres. Egal ob schnelle Hymnen über getragene Stampfer bis hin zur schönen Bombastpowerballade ("Coming Home") hier gibt es alles was der Melodic Metaller gerne hört - für einen Newcomer absolut hochwertig. Weitere herausragende Tracks sind das rein instrumentale "In My Dreams" mit fast schon SATRIANI-ähnlichen Vibes sowie dass mit einem wunderbaren SCORPIONS Dejavuriff versehene "Lovehunter?, einfach klasse gemacht! Bin schon sehr gespannt wie das Liveurteil von Kollege Hardy von der aktuellen DORO-Tour ausfällt, denn da geben WINTERBORN den Support.
Eigentlich komisch, dass die Normannen nicht schon viel früher im extremen Metal mitmischen, wo doch die Normandie eine derart raue Schönheit verkörpert, Städte wie Rouen für gesunde Härte stehen. Nun denn, HYADNINGAR debütieren auf Ewiger Hass (aus dem Elsass) mit epischem Black Metal. Nein, keine Angst, es gibt kein Brimborium der Marke Cradle meets Dimmu. Vielmehr suchen sich die Franzosen die guten Seiten der wirklich bösen Musik heraus. Da grüßt sogar mal das Doomeltier (der Opener "Cross Destitution" erinnert an die vollverzweifelten Krohm), Sänger Marquis deckt die Breite zwischen verzweifeltem Schreien und deathigen Grunzen vollqualifiziert ab. Doch nicht nur in langsamen Gefilden fühlen sich die Jungs wohl, auch, wenn sie auf die Tube drücken, kommt eine anständige BM-Pasta heraus. Die depressive Stimmung wird zudem nicht selten von extrem eingängigen Melodien abgelöst, so dass die junge Band eine erstaunliche Varianz und Komplexität entwickelt - auch, wenn die geblasteten Parts manchmal ein wenig höppelig klingen. Dann sind da ein paar akustische Intros, die noch nicht ganz so überzeugen, letztlich aber haben HYADNINGAR eine erstaunliche Klischee-freie Zone geschaffen. Die Nordmänner aus dem Hexagon sind noch lange nicht so suizidal wie früher Shining, sind nicht so extrem wie von mir aus Endstille und nicht so dooomig wie Krohm. Aber sie haben bei ansprechendem Sound viele gute Elemente dieser extremen Bands verarbeitet - und sie verzichten auf den Schnick-Schnack der kommerziell erfolgreicheren Bands mit Bombast-Key und Co. Sehr gelungenes Debüt, das es übrigens sogar als Limited Box mit Shirt, Aufnäher und Sticker gibt. Befasst euch mit HYADNINGAR!
Eigentlich kann ich das Fazit zu "Tears Of The Sun” gleich vorweg nehmen. Das dritte Album von RICHARD ANDERSSON´S SPACE ODYSSEY kommt nicht ganz so obergenial aus dem Quark wie seine beiden Vorgänger. Das hat vorwiegend zwei Gründe: zum einen sind die Songs nicht ganz so dynamisch und mitreißend geraten wie zuvor, und zum zweiten ist Stimmwunder Nils Patrik Johansson nicht mehr mit von der Partie. Sein Nachfolger David Fremberg bewegt sich zwar in ähnlichen Tonlagen und erinnert stellenweise ein wenig an RIOT - Shouter Mike DiMeo, kann jedoch trotz aller Klasse nicht an das brillante Stimmvolumen des ansonsten bei WUTHERING HEIGHTS und ASTRAL DOORS werkelnden Sangesphänomens anknüpfen. Außerdem wirkt Maestro Richard Andersson auf "Tears Of The Sun" ungewohnt zurückhaltend; sein nach wie vor sehr songdienlich eingesetztes Keyboard "verschwindet" förmlich in den Songs, so dass man schon genau hinhören muss, um seine herausragenden Fähigkeiten wahrzunehmen. Das Album enthält zwar mit der sehr coolen Hymne "Obsession", dem Stampfer "Dark Wings Of Universe", dem balladesken "The Awakening" oder dem treibenden "Bloodspill" einige echt gute Stücke, aber alles wirkt hier gegenüber den Vorgängern leicht ausgebremst und - auch wenn das jetzt negativer klingt, als es wirklich ist - wie gute "B - Seiten" von "Embrace The Galaxy" und "The Astral Episode". Wahrlich nicht übel, aber meiner Meinung nach wäre hier noch Einiges mehr drin gewesen!
Rödental liegt in Oberfranken bei Coburg und stand dieser Band mit ihrem alten Namen Pate. Wie übrigens Dissection, Naglfar und Necrophobic in Sachen Musik. Deswegen verwundert das Banner "Melodic Death Metal", das sich die Band selbst gibt, doch ein wenig. Denn die drei neuen und drei älteren (von 2004) Songs weisen zwar ordentlich Melodie auf, doch die klirrenden Gitarrenläufe, das bisweilen blechern aber immer druckvoll antreibende Drumming und die keifende Stimme schlagen doch gewaltig in Richtung schwarze Wurzel aus. Mit den drei neuen Stücken beginnen IVENBERG, gemeinsam mit den drei älteren ist ihnen die (Über-)Länge, die zwischen fünf und gut sieben Minuten variiert. Ansonsten wirkt das Neo-Trio wesentlich ausgereifter und ambitionierter, wenngleich die 2004er-Tracks keineswegs enttäuschen - allerdings ist vor allem der Sound doch viel mieser. Die Ideen aber waren auch vor zwei Jahren schon vorhanden. Es ist schön, wenn Underground-Bands heute so klingen, schön, dass Black Metal nicht immer mit Garage und Co. verglichen wird. Warum IVENBERG sich aber als melodische Death-Metal-Band verstehen, ist mir ein kleines Rätsel.
Konservative Menschen haben Bausparveträge, viele Versicherungen und ein Eigenheim. Konservative Mucker haben eine Melodic Death Metal-Band. Jedenfalls, wenn man so uninspiriert wie MOORGATE auf "Close Your Eyes And Fade Away" vorgeht. Im immer gleichen Tempo zocken sich die fünf Schweden (woher auch sonst?) durch ihre Songs, die dadurch austauchbar und beliebig wirken. Der an einigen Stellen eingesetzte klare Gesang ("Dawn Of The Dead") und die gute (wenn auch sehr IRON MAIDEN-lastige) Gitarrenarbeit lockern die Songs zwar auf, können das Abgleiten ins Mittelmaß aber auch nicht verhindern. Die Musiker sind zwar technsich fit und leisten sich keine peinlichen Patzer, aber beim Songschreiben hapert es in Sachen Abwechslung und Mut zum Verlassen bekannter Wege doch noch ordentlich, wodurch "Close Your Eyes And Fade Away" zu berechenbar ist. Zum Auffüllen von Mixtapes oder um die letzten drei Megabyte vom Ipod vollzuhauen, kann man einen Song nehmen, das ganze Album braucht man aber nicht.